Christian: Es ist Jahresrückblick-Zeit! Alle machen sowas! Das Beste und die Reste, und so!

Gunnar: Mmm. Müssen ja nicht alles mitmachen. Haben ja auch die Hipsterbärte ausgelassen. Oder war das schon 2010?

Christian: Wir sind Establishment. Von uns wird was Staatstragendes erwartet. Lass mal schnell fünf Empfehlungen zusammentragen.

Gunnar: Ah, Empfehlungen. So vom Missionarstrieb befeuert?

Christian: Ich fünf coole Sachen, du fünf Schnarcher für ältere Herren.

Gunnar: Pflegeprodukte? Gadgets? Fahrradzubehör? Ich habe ein tolles neues Rücklicht auf Kickstarter…

Christian: Wo auch immer deine Expertise liegt. Games können’s ja nicht sein.

Gunnar: Ah, Games. Ich merk schon, wie der Wind läuft und der Hase weht. Du willst wieder Games, weil du sonst nix weißt. Be my guest. Dann fang an: Was ist dein Konsolen-Spiel des Jahres? (Oder meinetwegen „AAA“-Spiel, falls deine Konsole wieder verstaubt ist.)

Christian: Pillars of Eternity. In Ermangelung von Alternativen habe ich 2015 wenige große Spiele gespielt. Pillars war oldschoolig unterhaltsam mit allen Haken und Ösen, bisschen unnötig sperrig, aber nett erzählt und angenehm nostalgisch.

Gunnar: Gott, wie retro. Dann bleiben wir konsequenterweise dabei: Was ist dein wiederentdecktes Spiel des Jahres? Typ alte Liebe, wie aufgewärmt.

Christian: Transport Tycoon. Einer meiner absoluten Favoriten, hatte ich jetzt aber ein paar Jahre lang nicht mehr gespielt. Bin vor Kurzem mal wieder bei OpenTDD hängen geblieben, der Open-Source-Variante. Wollte nur mal kurz reinschauen, mal Hallo sagen, bisschen über die alten Tage reminiszieren bei einem Gläschen Rotwein, und dann schaut man aus dem Fenster, und die Sonne geht auf.

Gunnar: Ahh. Aber wer spielt denn das noch? Gut, dann passend dazu: Dein Spiel des Jahres, das außer dir sicher niemand mag. Kein Geheimtipp, mehr so die heimliche Sünde.

Christian: HuniePop.

Gunnar: Was? Was ist das? Die deutsche Variante des Austropop?

Christian: Uhm … die offizielle Antwort ist: „Ein Match-3-Spiel.“ Genügt das?

Gunnar: Mehr müssen/wollen/dürfen wir nicht wissen?

Christian: Naja, es kommen noch nackte Frauen drin vor.

Gunnar: Uh.

Christian: Mehr musst DU nicht wissen.

Gunnar: Okay, dann dein Mobile-Spiel des Jahres 2015. Auch was mit farbigen Steinchen bestimmt, oder?

Christian: Nein, was mit Türmchen. Ich habe 2015 sehr gern Crazy Kings gespielt. Tower Defense aus Finnland als Free-to-Play, clever umgesetzt als Mix aus humorigem Stil und großer taktischer Vielfalt. Hat mich lange gefesselt. Trotz anhaltendem Mobile-Boom war 2015 eher ein durchwachsenes Jahr in Sachen empfehlenswerter Spiele, finde ich; ich hatte noch ordentlich Freude an You Must Build a Boat, Heroes Charge, Radiation Island, Score! Hero.

Gunnar: Hm. Tja. Nun. Ja. Was war Deine Enttäuschung des Jahres?

Christian: Leider Fallout 4. Es ist ein bisschen müßig, auf den Sack einzuschlagen, den eh schon alle durchgeprügelt haben. Aber ich habe mich 2015 auf kein anderes großes Spiel so sehr gefreut, und bin entsprechend hart gelandet. Was Bethesda abgeliefert hat, ist narrativ dürftig, spielmechanisch rückschrittlich, in der Bedienung unausgegoren, und technisch (auf dem PC) nichts weniger als eine Frechheit. Das war, leider, eine herbe Enttäuschung.

Gunnar: So, und jetzt, um versöhnlich zu enden, dein GEHEIMTIPP für 2015! Sag uns den BÖRNER, den jeder kennen sollte, der aber schmerzhaft unbekannt ist.

Christian: Schwierig. Ich hatte zuerst Her Story auf meiner Liste, weil’s eine ungewöhnliche Spielerfahrung mit schicken Aha-Momenten bietet. Aber letztendlich würde ich doch ein Spiel aus dem Hut ziehen, das zwar schon von 2014 ist, aber dieses Jahr immerhin eine Special Edition (für Kickstarter-Backer) bekam und im Januar die Crowdfunding-Kampagne für Teil 2 startet, also Aufmerksamkeit gut gebrauchen kann: Consortium. Brillant erzählt, hat mich weit mehr beeindruckt als manch hochgejubeltes Indie-Spiel wie z.B. das öde The Beginner’s Guide, und leider kennen es zu wenige Menschen. Also: Consortium! Spielen, freuen, Teil 2 unterstützen!

Gunnar: Gut. Danke. Das muss reichen. Also, zusammengefasst als Aufforderung: Man soll Pillars of Eternity spielen (wenn man rückwärtsgewandt und leidensfähig ist), HuniePop nicht googeln, Consortium 2 backen, Crazy Kings testhalber runterladen, OpenTDD vielleicht mal wieder angucken, aber nur, wenn man grad zu viel Zeit hat.

Christian: Jetzt du! Dein Top-Spiel des Jahres 2015 auf Konsole oder PC mit fetziger Produktionsqualität und Marketing-Budget in Millionenhöhe!

Gunnar: Easy. Witcher 3. Sieht super aus, hat einen eigenen Stil, ordentlich erzählerische Wucht und fühlt sich angenehm europäisch an. Dragon Age: Inquisition müsste einen Kranwagen bestellen, um der Witcher-Serie das Wasser zu reichen.

Christian: Tüüt tüüt! Hörst du das Pfeifen? Das ist der Mainstream-Hypezug, der fährt gerade in Lottstadt ein!

Gunnar: Kann ja nichts dafür, wenn die Leute da draußen einen guten Geschmack haben.

Christian: Ha! Nun. Welches Spiel hast du 2015 wiederentdeckt?

Gunnar: Warlords 2. Im Zuge der Recherche für den Podcast zur Warlords-Serie. Sensationelles Spiel, immer noch. Ich habe ja ein Faible für nicht allzu komplexe Strategiespiele.

Christian: Kann man nix gegen sagen. Wann baust du eine Karte für mich, für die zweite Folge von „One Must Fail“?

Gunnar: Nächstes Jahr vielleicht.

Christian: Welches Spiel des Jahres 2015 mag außer dir niemand?

Gunnar: Das trifft für die Majorität der Spiele zu, die ich gespielt habe. Ich nenne mal exemplarisch A Study in Steampunk, ein Text-basiertes Multiple-Choice-Spiel von der Firma Choice of Games.

Christian: Du hast ja ein Faible für nicht allzu komplexe textbasierte Multiple-Choice-Spiele.

Gunnar: Ja. Die anderen 25 Text-basierten Multiple-Choice-Spiele, die die dies Jahr rausgebracht haben, habe ich auch gespielt. Ich habe überhaupt ein Faible für nicht allzu komplexe Spiele, scheint’s.

Christian: Für nicht allzu komplexe Sachen. Sätze. Gedanken. Menschen. Was ist dein nicht allzu komplexes Mobile-Spiel des Jahres?

Gunnar: Sorcery! 3. Das beste Spiel ev0r! Auch im weitesten Sinne ein Text-basiertes Multiple-Choice-Spiel, aber mit Grafik! Und einer Karte! Und Kämpfen! Und Rätseln! BEI WEITEM DAS KOMPLEXESTE Text-basiertes Multiple-Choice-Spiel, das ich je gespielt habe. Spiele grad den Vorgänger nochmal, um da das Ende zu optimieren und stärker in Teil 3 zu starten.

Christian: Da fällt mir ein, 80 Days hat im Herbst ein Update mit einer Menge neuer Stories bekommen. Und 80 Days ist bekanntlich das beste textbasierte Multiple-Choice-Spiel ev0r!!!

Gunnar: Valider Punkt. Das ist ein guter dritter Platz hinter Sorcery 2 und 3, knapp vor Sorcery 1.

Christian: …! Dieses Fass machen wir jetzt nicht auf. Fehlt noch dein Geheimtipp des Jahres. Jetzt bin ich gespannt, welches Storybook-Spiel das wohl sein wird!

Gunnar: Schwierig, das mit dem Geheimtipp. Sunless Sea kann man ja nicht mehr sagen, das kennt ja wohl jeder mittlerweile. (Die große Schwester davon, das Browserspiel Fallen London, ist übrigens auch toll. Mit Text. Und Multiple-Choice.) Empfehlenswert, wenn auch nicht super-hochklassig sind auf jeden Fall die komplett unbekannten Knobel-Spiele der komplett unbekannten Firma Kittehface: Anode, eine Art Tetris-Variante und Unium. Aber da ich neulich auf einer Branchenveranstaltung Menschen getroffen habe, die Darkest Dungeon nicht gespielt hatten, sage ich auch das nochmal: DARKEST DUNGEON! Spielen. Ist super.

Christian: Wir fassen zusammen: Witcher 3 spielt Lott und die Welt, Warlords 2 geht immer, A Study in Steampunk und Sorcery! 3 muss man spielen, wenn man Text mag, und Darkest Dungeon gebührt das Licht der Öffentlichkeit. Ah ja, Enttäuschung des Jahres! Hast du eine?

Gunnar: Game of Thrones von Telltale. Bin schon eh kein Fan der Telltale-Sachen, aber nach dem tollen Wolf Among Us hatte ich Hoffnung. Vergebens. Game of Thrones bietet unsinnig und schlechte choreografierte Quick-Time-Events, dazu sinn- und folgenlose, aber immens aufgebauschte Entscheidungen, eine nicht sehr schlüssige Handlung und (vor allem stilistisch) mittelmäßige Grafik.

Christian: Punkt. Schluss. Danke. Falls irgendwer bis hierhin gelesen hat: Frohe Weihnachten!

Gunnar: Warum sollte irgendwer nicht bis hierhin gelesen haben? Grmpf. Ich wünsche ebenfalls ein frohes Fest, viele stromverbrauchende Geschenke, die innere Ruhe, mit den Verwandten ohne Mordtaten fertig zu werden und einen Magen, der stark genug ist, die Exzesse der kommenden Tage zu überstehen.