Wizardry (SF 103)
In grauer Vorzeit, Anfang der 80er Jahre, gab es drei große Rollenspielserien auf dem Markt, die sich alle vom Pen&Paper-Spiel D&D ableiteten, aber sehr unterschiedliche Ansätze wählten: Es handelt sich um die Dunjonquest-Serie (1979 mit Temple of Apshai gestartet), Richard Garriots berühmte Ultima-Spiele und Wizardry, das 1981 auf dem Markt einschlug von eine Bombe. Thema dieser Folge ist das erste Wizardry, wir sprechen aber auch ein bisschen über die Teile 2-4, die thematisch dazu gehören.
Hört rein:
Hinweis: Zu diesem Thema ist im Unterstützerbereich von Patreon/Steady eine Ergänzungsfolge “Wusstet ihr schon…?” erschienen, in der die Podcaster noch eine Reihe von Fakten und Anekdoten nachliefern. Klick: Patreon/Steady.
Infos zum Spiel:
Thema: Wizardry: Proving Grounds of the Mad Overlord, 1981
Plattform: Apple II, später C-64, FM-7, Game Boy Color, Mac, MSX, NES, Wonderswan Color
Entwickler: Sir-tech Software, Inc.
Publisher: Sir-tech Software, Inc.
Genre: Rollenspiel
Designer: Robert Woodhead, Andrew Greenberg
Podcast-Credits:
Sprecher: Christian Schmidt, Gunnar Lott
Audioproduktion: Fabian Langer, Christian Schmidt
Titelgrafik: Paul Schmidt
Intro, Outro: Nino Kerl (Ansage); Chris Hülsbeck (Musik)
Impressionen:
Unterstützen: Wer uns unterstützen möchte, kann das am Besten durch ein Abo auf Steady oder Patreon tun – da gibt es auch massig sensationellen Extra-Content), zu dieser Folge etwa erscheint in Kürze noch eine fette Folge mit Trivia, Anekdoten und anderen Infos, die nicht mehr in die Hauptfolge gepasst haben.
Mehr von uns: Diese Podcast-Folge gibt es natürlich auch auf Youtube, Spotify, als Audio-Datei im Feed und natürlich auf iTunes. Wir freuen uns über Reaktionen und Empfehlungen auf Twitfacegram oder wie das heißt.
ACHTUNG REKLAME: DUNGEON MAP II, ein zu dieser Folge passendes Motiv gibt es in unserem kürzlich gelaunchten Shop namens Retro Shirty als T-Shirt, Tasche, Poster oder Laptop-Hülle. Schaut mal rein, es gibt dort viele schöne nerdige Sachen für Retronauten!
Charity: SF ist Fördermitglied im Retrogames e.V. und bei der Hamburger Tafel e.V.
Klasse, was habe ich die Wizardy Reihe rauf und runter gespielt.
Ach, wie die Zeit vergeht :-)
Oh, wie ich es Liebe, wenn an so einem verfluchten Sonntag eine neue Folge da ist.
Ihr seit die besten :)
Weil ja Wizardry in Japan zum Phänomen geworden ist und auch direkt Dragon Quest beeinflusst hat (also DAS Proto-JRPG), ist es vermutlich wenig verwunderlich, dass zum ersten Wizardry ein ganz ordentliches Anime erschienen ist (Eine Episode, 50min):
https://www.youtube.com/watch?v=kOTHNoODYmY
Aus dem Stand eine meiner Lieblingsfolgen – zusammen mit Dungeon Master und Ultima. Ich liebe eure Fantasy RPG Casts :)
Ja, die sind mir auch die Liebsten!
ist der videospielJournalist das sprachrohr und die gedankliche erweiterung für videospielentwickler in außenwelt ?
hey Herr Lot, Herr Schmidt,
ich wollte euch mal fragen was ihr dazu meint:
kurz im vorfeld erklärt fürs bessere verständnis: kontext meiner frage ist, in meiner bachelorthesis verwende ich sog. “künstlertheorien” aus der theaterpädagogik, um “auch” damit die “machart” und “bauweise” von videospiele zu erklären. künstlertheorien sind übrigens genaue beschreibungen von künstlern vieler kunstformen (in diesem fall hier mal nur beim theater) über ihre kunst wie z.B. von “Brecht” oder “Beuys”.
hier meine frage(n)
1.) sind videospieljournalisten das sprachrohr und die (rezeptive) verbindung zur deutschen öffentlichkeit für diverse spieleentwickler und publisher ?
2.) wieviel erklärungen/ (Theorien) sind notwendig um ein videospiel-genre einem ahnungslosen hinreichend verständlich zu machen.
gespannt und verbunden
Thiago Becker :D
Hi,
Äh. Keine Ahnung. Mir scheint der Begriff der Künstlertheorie hier gar nicht gut anwendbar, aber ich bin da nicht so drin – geht es da nicht immer um den Versuch, eine spezifische Idee einer Kunstform (meist in Abgrenzung zum Mainstream und in politischer Aufladung) zu etablieren? Wie bei Brechts Epischem Theater? Aber nun, zu den Fragen:
1. Klar ist Medienberichterstattung ein Weg an die Öffentlichkeit für Entwickler, aber “Sprachrohr” impliziert eine ungefilterte Widergabe, das ist nicht die Aufgabe des Journalismus. Ich sehe da auch keine weitreichende Wirkung des Videospieljournalismus auf die Rezeption, weil in der Welt von heute (wo jeder auch immer Sender ist) die Gatekeeper-Rolle des Journalismus ja verloren gegangen ist. Aber das sollte man vielleicht einen Journalisten fragen :-)
2. Gar keine, würde ich sagen. Ein Spiel ist ja erfahrbar. Das ist in der Kunst nicht anders – “Wie viele Erklärungen sind notwendig, um Bildhauerei einem Ahnungslosen hinreichend verständlich zu machen?” oder vielleicht passender: “Wie viele Erklärungen sind notwendig, um das Genre der Komödie einem Ahnungslosen hinreichend verständlich zu machen?” Klar haben Genres Konventionen, bei Games ebenso wie in der Literatur, aber muss man für die hinreichende Erfahrung nicht kennen.
Echt toller Folge! Ich nehm mir ja immer mal vor, von euch vorgestellte Spiele nachzuholen, aber hier hab ich jetzt echt mal angefangen. Ist ja ein echt übersichtliches Spiel, da ist der Einstieg gar nicht so schwer. Und das sage ich als RPG-unerfahrener! Mir sind jetzt auch schon ein paar Thiefs verstorben, weil sie ne vergiftete Truhe geöffnet haben. Aber da ich noch in lv. 1 rumdüse, sind die ja wirklich austauschbar (namentlich “Dieb1”, “Dieb2″…) und relativ schnell neu erstellt. Übrigens habe ich dabei den “Trick” entdeckt, dass man das Startkapital neuer Charaktere (sind ja so 150-200 Gold!) einfach einem anderen Gruppenmitglied zusteckt und ihn dann aus der Gruppe bzw. von der Klippe wirft. Tut einem auch nicht sonderlich leid, wenn er eh grade schon wieder mal grün angelaufen und danach umgekippt ist…
Ich hab das Spiel bzw. die DosBox auch schon mal gefrustet geschlossen, einfach weil ich auf einmal vor ein paar unscheinbaren Gegnern stand, die einfach direkt drei Charaktere aus dem Leben ge-one-shottet haben. Ey. Wenn DAS mit einem Level 10-Charakter passiert, geh ich wieder Freecell spielen…
Sehr schöne Folge :)
Obwohl Wizardry zu meinen absoluten Lieblingsreihen gehört, konnte ich mich nie dazu überwinden, die ganz alten Teile zu spielen. Dafür habe ich die späteren dann umso öfter durchgespielt. Und ihr habt jetzt quasi meine Lücke geschlossen.
Ich finde eure Interpretation Wizardrys als einer Expedition in ein Risikogebiet sehr gelungen und glaube, dass ist nicht nur ein der derzeitigen Situation angeähnelter Schnellschuss, sondern wird sich auch noch überzeugend ausnehmen, wenn man den Podcast in 5 Jahren ein weiteres Mal anhört.
So sehr ihr die Systemeleganz des Spiels auch lobt, so geradezu dürftig finde ich jedoch euren Umgang mit einem so spielmechanisch dominierten Werk wie Wizardry in narrativer Hinsicht. Ihr rümpft nur die Nase, weil es an einer ausgefeilten Handlung und sonstiger vom Autor induzierter Sinngebung fehlt – “erbärmlich” war glaube ich euer Urteil im Zitat.
Dabei steht Wizardry in einer interessanten Tradition im Rollenspielgenre, das schon als Richtungssstreit zwischen seinen beiden Gründern (Arneson und Gygax) begann. Während Ersterer die Spielregeln vor allem als Inspirationshilfe für eigene Handlungskreationen der Spieler verstand, pochte Gygax auf einer Welt, die dem Spielsystem zu entspringen habe.
Ich würde mich freuen, wenn ihr diesen Zwiespalt, dem ja auch ganz wesentlich das Gezeter um die Frage, was denn nun ein “wahres” Rollenspiel sei, entspringt, künftig mit größerem Interesse aufgreift und nicht gar so entschlossen Partei für die eine Seite ergreift, ohne zumindest der anderen Sichtweise nachzuspüren. Gerade das interaktive Medium Videospiel wäre in meinen Augen ein fruchtbares Feld, um sich mit der angesprochenen systemimmanenten Narrative im gygax’schen Sinne auseinanderzusetzen.
Damit es nicht im Genörgel endet: Mir hat der Podcast gut gefallen. :)
Hi, hier ist Gunnar. Danke für das Feedback :-)
Ich bin nicht sicher, ob du den Richtungsstreit von Arneson und Gygax richtig wiedergibst – ich bin nicht mehr so recht im Thema, zugegeben, aber ich hab das immer so verstanden, dass Gygax (auch aus kommerziellen Gründen) gern alles kodifizieren wollte (Waffen, Fallen, Magie, Chancen) und Arneson der Meinung war, das könne man den Spielern oder dem Spielleiter überlassen. Aber da ging es ja zum großen Teil um Regeln, weniger um das Narrativ. Der große Erfolg von D&D basierte dann ja auch auf der Trennung zwischen diesen beiden Dingen – das Regelwerk lief gut, aber Geld verdiente man mit den Modulen, die quasi readymade stories waren.
Ich lese aus deinen Anmerkungen, dass du der Meinung bist, Wizardry habe keine systemimmanente Erzählung und würde von uns dafür verdammt, obwohl es doch nur ein Vertreter der Arneson-Richtung ist, die dem Spieler das Entwicklern der Handlung überlässt. Stimmt das oder verstehe ich da was falsch?
Also, wenn ich das nicht falsch verstehe, erschließt sich dein Punkt nicht. Ein Spiel wie Wizardry ist ja regeltechnisch weit entfernt vom fröhlichen Improv-Theater des frühen Arneson (auch wenn der Dungeon an sich genau Arnesons erstes Konzept ist) und viel näher am reglementierten Abarbeiten von Kämpfen und Ereignissen, das bei der Gygax’schen Regelfuchserei vorkommen kann.
Aber der philosophische Unterschied ist ja auf Computerspiele gar nicht anwendbar – es gibt ja keinen Spielleiter. Daher ist Wizardry in Sachen Narrativ weit weg von beiden Ansätzen, weil es ja einfach gar kein Narrativ gibt – keine ausgefeilte Handlung, keine vorkonstruierte Welt, aber eben auch keine Spielleiterbeschreibung, keine Reaktion der Umwelt et cetera. Außer dem groben Rahmen bietet es nichts an – es ist wie D&D mit Grundregeln ohne Spielleiter, einfach eine Kette von Kämpfen und kleinen Ereignissen in einer vorgefertigten Umgebung. Eine Story im Gegenwert eines D&D-Moduls war nicht möglich zu der Zeit, klar, aber die Chance zum environmental storytelling, später die Paradedisziplin des Genres, lässt das Spiel liegen, in dem die wenigen besonderen Räume für Witzchen genutzt werden.
Ist alles völlig okay für ein so richtungweisendes Spiel, das alles, aber ich finde, es ist schon eine berechtigte Kritik am Spiel, zu sagen, es zeichne sich nicht in erzählerischer Hinsicht aus.
Nee, genau andersrum. Ich sehe Wizardry in der “Gygax-Tradition”, schreibe ihm also gerade die systemimmanente Erzählung zu und bin deswegen nicht glücklich, dass ihr ihm keine erzählerischen Qualitäten zugesteht.
Vielleicht mal ein Beispiel: In den Witcher-Spielen bereitet mich eine durchgestaltete Zwischensequenz auf die aktuelle Aufgabe vor, ich darf ein paar Interaktionselemente betätigen, zwischendurch werden mit Hollywoodkamerawinkeln selbst noch kleinste Geralt-hockt-sich-hin-und-guckt-nachdenklich-auf-Blutschlotzespuren-am-Tatort-Momente inszeniert und dann laufe ich der Belohnungssequenz in die Arme, in der in prächtiger Aufmachung noch einmal ein Tatenresümee gezogen wird. Das ist alles sehr unmissverständlich, macht mir fraglos Spaß und erfordert kaum Decodierungsarbeit, um als Erzählelement aufgefasst zu werden.
Aber geht es nicht auch anders? Wizardry erzählt kaum Handlung, klar. Aber es erzählt sehr eindringlich von Aspekten des Heldentums, wenn es Entbehrung (Ressourcennot), Erkundung (Kartenzeichnen), Entscheidung auf Messers Schneide (unbarmherziges Design) durch seine Systeme vermittelt und dadurch in einer Weise erlebbar erzählt, für die einer reinen Geschichtsinszenierung die Mittel fehlen.
Ich möchte gar nicht A gegen B ausspielen – gar nicht mal, weil ich der große Philosoph des Ying und Yang wäre, sondern ganz plump, weil mich Videospiele lehrten, dass mir beides Spaß macht. Zudem wäre eine klare Trennung meist künstlich, denn bspw. in “Skyrim” existieren Inszenierung und System nebeneinander. Aber wenn man das System als Bestandteil der Handlung akzeptiert und entsprechend betrachtet, können daraus Kritiken entstehen, die ein Spiel darauf abklopfen, ob Handlung und System auch miteinander harmonieren, ob das Spiel nicht nur beliebte Klickroutinen auffährt, sondern in seinen systemischen Abwägungen auch Aspekte abbilden kann, die der Inszenierung eine weitere Tiefenebene vermitteln.
Und hier wäre Wizardry als ein so spielmechanikpures Spiel ein ungemein interessanter Kandidat gewesen, um mal das System als Erzählungsressource geradezu unter Laborbedingungen im Alleingang beobachten zu können – wenn man denn darauf blickt.
Ich bin so überhaupt nicht deiner Meinung, dementsprechend kann ich das Spiel auf die von dir gewünschte Art nicht würdigen, fürchte ich.
Eine Spitzenfolge, ebenso unterhaltsam wie informativ. Wäre auch ein würdiger Kandidat für die 100. Folge gewesen.
Einzig ein bisschen mehr zum Magiesystem, wie die Spruchnamen aufgebaut sind und dass man eintippen muss, hätte ich mir schon in der Hauptfolge gewünscht.
Das Bard’s Tale heute in Retro-Kreisen den größeren Ruf hat als Wizardry scheint mir eine etwas europäische Sicht zu sein. Weiß nicht, ob ich da mitgehen würde.
Fand auch interessant, dass ihr explizit die NES-Version erwähnt. Hat die irgendwelche Vorzüge gegenüber der (fanübersetzten) SNES- oder Windows-Versionen?
Wieder ganz toll! Zu RPGs höre ich eure Podcasts am Liebsten. Da kann man schön in Erinnerungen an damals schwelgen, als krude Grafik noch die eigene Phantasie beflügelt hat und man veremintlich mehr Open World vor sich hatte, als es heute in Open World-Spiegel geboten wird.
Tolle Episode. Auch ich kann mich nur anschließen – die RPG-Folgen von SF sind mir die liebsten.
Hach, wie schön wäre es, von Euch etwas zum sträflich unterbewerteten “Betrayal At Krondor” zu hören. Stoff genug hätte das Spiel (für damalige Verhältnisse umfangreiche und tolle Story, Zusammenarbeit der Macher mit einem renommierten Autor, doofe Bewertung in der PowerPlay…).
..Kommentar gehört zu einer anderen Folge, kann gerne gelöscht werden.
Es tut mir leid, hier off Topic zu gehen, aber macht Ihr mal einen Podcast zu Ultima 9? Ich finde dieses Spiel wirklich wahnsinnig faszinierend – einerseits wegweisend für RPGs, anderseits kaum beachtet von anderen Entwicklern. Gehasst von der Fangemeine aber anderseits technisch beeindrucken. Ich würde mich wirklich wahnsinnig freuen, wenn Ihr das einmal in eurer typischen Art kritisch bespricht. Ich finde es wirklich unterbesprochen, wenn man bedenkt, wie populär 3rd Person RPGs im EXAKT selben Stil heutzutage sind.
Hmm. Guter Punkt.