REVIEW | Beyond Good & Evil – 20th Anniversary Edition
Ubisoft feiert 20 Jahre Beyond Good & Evil mit einer Neuauflage des Spiels. Das ist zwar nicht so schön wie eine Fortsetzung, aber trotzdem ein gutes Geburtstagsgeschenk. Ein Text von Fabian Käufer.
Gefühlt möchte man meinen, dass Beyond Good & Evil 2 schon vor 20 Jahren angekündigt wurde. Tatsächlich sollten wir uns wohl damit abfinden, dass das Spiel nicht mehr kommen wird – es könnte den Erwartungen nach all der Zeit eh kaum noch genügen. Ubisoft feiert stattdessen den 20. Geburtstag von Teil 1 mit einer Neuauflage für PC, PlayStation, Xbox und Switch – übrigens dezent verspätet, das Original erschien im November 2003.
Nun fragen sich PC- oder Xbox-Spieler vielleicht: Warum nicht einfach die Version spielen, die es in digitalen Stores schon vorher gab? Auch wenn das Ganze kein Remake, sondern ein Remaster ist, hat das Studio Virtuos Games unter der Aufsicht von Ubisoft Montpellier immer noch genügend geändert, um die 20 Euro teure 20th Anniversary Edition zur besten Version des Spiels zu machen. Zu loben ist die neue, automatische Speicherfunktion, anderes wie der Speedrun-Modus und Bonusmaterial aus der Entwicklungszeit fallen eher unter „nice to have“.
Ein Orchester wurde zum neuen Einspielen der Musik zusammengetrommelt, 4K-Grafik mit 60 Bildern lässt Fotografin Jade, ihren Schweine-Onkel Pey’j und alles andere schöner denn je aussehen. Unter der schickeren Schale steckt aber noch das gleiche Spiel – ein spielerisch nicht überbordend bemerkenswertes Action-Adventure mit Laufen, Fahren, Reden, Kämpfen, Schleichen, Rätseln und Fotografieren.
Damals wie heute überzeugt Beyond Good & Evil vor allem durch seine Atmosphäre, Geschichte und Figuren. Hier führt eine Alien-Invasion mal nicht nur zum spieletypischen Krachbumm. Vielmehr erlebt man die Auswirkungen auf die Gesellschaft mit. Lebensräume und Existenzen werden zerstört, Menschen entführt, Kinder zu Waisen. Im Zuge dessen streift das Spiel weitere ernste Themen wie Menschenhandel und Folter. Es beschäftigt sich auch mit der Aufbereitung von Krieg in den Medien und damit, wie Propaganda zur Manipulation verwendet wird.
Jade spielt eine Doppelrolle. Zum einen ist sie natürlich DIE große Heldin der Geschichte, die sich tapfer der Bedrohung entgegenstellt. Sie enthüllt im Verborgenen aber auch die Hintergründe einer gefährlichen Verschwörung. Jade bleibt jederzeit menschlich und durchleidet einige traurige Momente, wenn sie zum Beispiel die Reste ihres bei einem Angriff zerbombten Leuchtturms erreicht, oder Pey’j im letzten Spielabschnitt verloren scheint. Sie ist vielschichtiger und glaubwürdiger als viele andere Spielehelden und -heldinnen ihrer Zeit.
Eine spielerische Sensation ist Beyond Good & Evil nicht, war es auch nie. Wenn ihr diese Lücke in eurer Spielehistorie aber schon immer schließen wolltet, ist die 20th Anniversary Edition eine gute Wahl. Gar nicht mal so vielen Spielen ist über die Jahre eine ähnlich eigenständige Mischung aus charmanten Figuren, stimmiger Spielwelt und souveräner Behandlung ernster Themen in bunter Verpackung gelungen.
Mehr zu Beyond Good & Evil hört ihr in Folge 44 von Super Stay Forever, in der Gunnar und Fabian das Original besprochen haben.