Liebe Freunde,
Unsere Geburtstagswoche liegt hinter uns, und für uns war sie ein voller Erfolg. Neben mehr als 800 (!) Kommentaren und Glückwünschen allein auf unserer Webseite und unzähligen mehr über andere Kanäle erreichten uns gleich mehrere Torten: Sowohl einer unserer Hörer als auch unsere Freunde von The Pod schickten Geburtstags-Backwerk. Das wir natürlich umgehend verputzt haben – schmeckte hervorragend! An dieser Stelle noch einmal ganz herzlichen Dank an alle, die an unserer Jubiläumswoche mitgewirkt und sie zu einer so gelungenen Sache gemacht haben.

Auch dieser Newsletter hat durch den Geburtstag eine Menge neuer Abonnenten bekommen, was uns sehr freut. Herzlich willkommen!
Eine der Fragen, die wir in der Ankündigungs-Folge zu unserer Geburtstagswoche gestellt haben, war: Welche Spiele sollten wir unbedingt noch behandeln? Die Antworten umfassen praktisch die gesamte Spielegeschichte, mehr als 300 Titel wurden uns vorgeschlagen. Aber es gibt ein paar klare Favoriten; manche mehr, manche weniger überraschend. Hier sind die Wunsch-Spiele, die von mindestens fünf verschiedenen Kommentierenden genannt wurden:

Wir haben also noch einiges zu tun; so bald wird uns der Stoff für neue Folgen nicht ausgehen. Ach übrigens – wenn dieser Newsletter erscheint, läuft unsere Jubiläums-Verlosung noch. Wer mitmachen will, schreibt einfach bis zum 5.9. einen Kommentar auf unserer Webseite unter die Jubiläumsfolge. Zu gewinnen gibt’s unter anderem jede Menge Gutscheine für unseren Retroshirty-Shop.
Wo wir gerade bei Auswertungen sind: Die Spiele für die September-Folgen von Stay Forever und Super Stay Forever wurden diesmal wieder von unseren Unterstützern auf Patreon und Steady bestimmt.
Für Stay Forever hatten wir vier Spiele von Interplay zur Wahl gestellt; gewonnen hat das Grafikadventure Star Trek: 25th Anniversary vor dem Endzeit-Rollenspiel Wasteland. Weil es sich anbietet, bereiten wir dazu dann auch gleich eine Folge “Die Welt von…” zur alten Raumschiff-Enterprise-Serie vor – allerdings kann es sein, dass deren Veröffentlichung in den Oktober rutscht.

Für Super Stay Forever standen drei 3D-Jump&Runs zur Auswahl; hier setzte sich Crash Bandicoot gegen Spyro the Dragon durch.

Im September geht es außerdem weiter mit Stay Forever Technik. Henner hat sich mal wieder tief in ein Hardware-Thema eingegraben und bespricht das mit Gunnar. Werden die beiden diesmal die 3-Stunden-Marke knacken …? Nachdem sich die letzte Episode um Shutterbrillen drehte, ist diesmal wieder ein klassischer Computer an der Reihe.
Unsere Unterstützer auf Patreon und Steady bekommen im September ein Potpourri von Folgen, bevor wir dann im Oktober in eine neue Staffel “Stay Forever spielt” starten. Auf dem Programm stehen:
- Die Fortsetzung von “Sammler unter sich”, dem Gespräch der Super-Spielesammler Pascal, Stephan und Christian, das letztes Jahr sehr gut ankam. Diesmal dreht es sich unter anderem um älteste Spiele, die enorme Wertsteigerung von originalverschweißten Spielen und die professionelle (?) Bewertung von Spielen durch Grading-Agenturen
- Eine ausführliche “Wusstet ihr eigentlich …?”-Folge zu Star Control – wir haben noch jede Menge Anekdotisches und Kurioses rund um den Klassiker nachzutragen
- Eine neue Heftkritik-Folge, in der wir wieder eine klassische GameStar-Ausgabe durchblättern und kommentieren – diesmal Gunnars letztes Heft als Chefredakteur, die GS 01/2008
- Ein weiterer Schub seltsamer Neuzugänge in unsere Sammlungen – dieses Mal ist auch wieder eines von Gunnars Spielen dabei
- Und natürlich die gewohnte Folge “Zehn Jahre klüger” über die Ereignisse im September 2011, diesmal unter anderem mit Electronic Arts’ Versuch, klassische Spielemarken neu zu beleben
Ach übrigens, ein kleiner Nachtrag: Vor ein paar Wochen haben wir für Unterstützer auf Patreon und Steady einen Prototypen eines neuen Format veröffentlicht, als Testballon. In “Eine kurze Historie der Roguelikes” zeichnen wir als Ergänzung zu unserer Rogue-Folge die Entstehung des Genres nach und beschreiben dessen frühe Evolution über die wichtigsten Roguelikes der 80er und 90er hinweg. Weil das sehr gut ankam, werden wir “Eine kurze Historie” wohl fortsetzen, wenn es sich anbietet – zum Beispiel bei Star-Trek-Spielen…
Außerdem:
- Es gibt mal wieder ein Komfort-Update auf stayforever.de: Tausendsassa Christopher hat in langer Kleinarbeit eine Liste aller Musikstücke aus unseren bisherigen zwölf Musikfolgen zusammengestellt, inklusive Links zu Quellen wie Youtube, Bandcamp oder den Webseiten der Künstler. Eine hervorragende Übersicht, wenn man sich nicht durch die alten Folgen wühlen will!
- Nicht vergessen: Im September startet unsere große Hörerumfrage! Wir geben euch im Feed, auf der Webseite und auf allen sonstigen Kanälen Bescheid, wenn es losgeht und wie ihr teilnehmen könnt!
- Wir haben die 2.500er-Marke bei den Bewertungen in iTunes geknackt! Woot woot!! Danke an alle, die uns dort bewertet haben!
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Christians Neuzugänge
Christian berichtet über die schlechte PC-Umsetzung des Capcom-Automaten Street Football von Pacific Dataworks aus dem Jahr 1988, die Schauwerte vermissen lässt.
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Eigentlich finde ich an meinem Neuzugang diesen Monat nur ein kurioses Detail interessant. Aber dazu muss ich ein bisschen ausholen.
1985 entscheidet sich die japanische Firma Capcom, eine Dependance in den USA zu eröffnen. Capcom ist damals ein reiner Arcade-Hersteller, der in Japan mit 1942, Commando und Ghosts’n Goblins die ersten Hits gelandet hat. Die sollen nun auch in den amerikanischen Spielhallen die Kassen klingeln lassen.
Zwei Jahre später ist Capcom USA gut im Geschäft und beschließt, das eigene Portfolio auch für Heimcomputer umzusetzen. Da trifft es sich, dass gerade ein erfahrener Mann verfügbar ist: Troy Lyndon war Lead Designer beim amerikanischen Sportspiel-Entwickler Gamestar, bevor er sich 1987 selbstständig macht und die Firma Lyndon & Associates gründet (später wird er sie in Pacific Dataworks International umbenennen). Lyndon schließt mit Capcom USA einen Deal, seine Firma soll innerhalb von zwei Jahren 15 Titel von der Spielhalle auf die Heimcomputer bringen. Ein ehrgeiziger Plan; damit das überhaupt klappen kann, sind nur zwei Zielplattformen vorgesehen, nämlich der C64 und – ausgerechnet – der IBM PC. Der ist in den späten 80ern mit CGA-Grafik und Piepse-Sound das allerletzte System, auf dem man anspruchsvolle Arcade-Action erwarten würde.
Aber es muss ja nicht unbedingt anspruchsvoll sein. Zwar wird Pacific Dataworks auch Ballereien wie Bionic Commando oder Side Arms auf den PC bringen, und das genau so, wie man es sich vorstellt: grottenschlecht. Doch Capcom USA hat nicht nur die hauseigenen Titel im Programm. Irgendwie sind den Amerikanern Lizenzen für einige Titel des Konkurrenten Bally Sente zugewachsen.
Der eher glücklose Arcade-Entwickler startet sein kurzes Leben 1982 unter dem Namen Videa und schlitterte direkt in den großen Konsolencrash, um dann vom geschassten Atari-Gründer Nolan Bushnell übernommen zu werden. Bushnell führt damals ein Pizza-Imperium und fiebert dem Tag entgegen, an dem sein fünfjähriges Wettbewerbsverbot ausläuft und er endlich wieder ins Spiele-Business einsteigen darf. Das wäre 1983 soweit, und in Vorbereitung kauft sich Bushnell schon mal Videa, das er in Sente umbenennt – noch so ein Begriff aus dem Brettspiel „Go“, wie auch schon „Atari“. Leider geht Bushnell fünf Monate darauf Pleite, und so wandert Sente weiter an den Flipper-Hersteller Bally. Unter dessen Fittiche hat Sente drei goldene Jahre, in denen mehr als ein Dutzend Arcade-Spiele entstehen. Keines davon hat Breitenwirkung; noch am erfolgreichsten ist Sente mit der knackigen Zwei-Spieler-Eishockeyvariante Hat Trick. In der Folge versucht sich Sente an weiteren Simpel-Sportspielen für die Spielhalle.
Und drei davon – Hat Trick, Mini Golf und Street Football – landen schließlich via Capcom USA bei Pacific Dataworks, um daraus C64- und PC-Versionen zu stricken. Damit sind wir endlich bei meinem Neuzugang angekommen: Street Football ist die Portierung des gleichnamigen Arcade-Automaten, in dem zwei Spieler ein American-Football-Match mitten auf einer Großstadtstraße austragen. Ein Spieler wirft als Quarterback den Ball und versucht ihn mit zwei Feldspielern zu fangen, das andere Halbstarken-Team will das verhindern. Nach vier Downs wird gewechselt, Ziel sind möglichst viele Touchdowns. In der Arcade-Version geht das auf Zeit; nach drei Minuten gewinnt der Spieler mit den meisten Punkten, oder es wird eine Münze nachgeschmissen zur Verlängerung. Weil das Gerangel auf der Straße stattfindet, geht die größte Gefahr nicht von der anderen Mannschaft aus, sondern von vorbeizuckelnden Autos und Zeitungsjungen, bissigen Hunden und offenen Gullideckeln. Das Spiel stammt von Lee Actor, der Jahre später bei EA die erfolgreiche PGA Tour Golf-Serie aus der Taufe heben wird.

Street Football ist ein harmloses Spielchen, das außer nett animierten Figuren wenig zu bieten hat. Die PC-Version überträgt das in schmucklose CGA-Grafik; alle Gefahren auf der Straße sind ersatzlos verschwunden. Wer zu zweit gegeneinander antreten will, braucht zwingend zwei angeschlossene Joysticks – eine Killer-Anforderung für ein System, an dem zu der Zeit schon ein einzelner Joystick eine Seltenheit ist.
Abgesehen von der amüsanten Grundidee ist Street Football also belanglos, aber für mich als Sammler gelten ja auch andere Qualitäten. Alle Capcom-Umsetzungen von Pacific Dataworks sind selten, die großen Namen (vor allem die PC-Version von Ghosts’n Goblins) zudem gesucht und damit teuer. Street Football kennt dagegen kein Schwein, und es ist einer von (soweit ich weiß) nur zwei der 15 konvertierten Titel, der es nur auf den PC geschafft hat, nicht auf den C64. Und auch auf sonst keine Plattform außer der Arcade. Das macht es für mich als Sammelstück reizvoll. 100€ hat mich die schicke Clamshell-Box als US-Import gekostet, in der außer einer 5,25“-Diskette und einem dürftigen Handbuch nichts weiter drinsteckt.
So weit, so gut – aber was ist denn nun das interessante Detail? Nun, das stammt aus der Arcade-Version: Der isometrische Straßenzug von Street Football scrollt mit den Spielzügen nach unten oder oben. Wenn es dem blauen Team gelingt, den Ball die Straße hinauf bis zur oberen Touchdown-Linie zu befördern, dann wird im Hintergrund ein Fenster sichtbar – und darin steht eine nackte Frau, gut erkennbar vom blanken Busen bis zum Schamhaar. Für ein amerikanisches Spiel der 80er mit jugendfreundlichem Thema, das für öffentliche Spielhallen gemacht war, ist eine solche Offenherzigkeit nachgerade skandalös.
Wobei man sich natürlich fragen kann, ob das jemals jemand bemerkt hat. Street Football war der letzte Automat von Bally Sente vor der Insolvenz, große Verbreitung kann er nicht mehr gehabt haben. Das International Arcade Museum bewertet die Seltenheit von Arcade-Automaten auf einer Skala von 1 (sehr wenig verbreitet) bis 100 (sehr verbreitet). Street Football steht bei 1.
Und in der PC-Version? Ist statt der aufreizenden Nackten nur eine schwammige Pixel-Silhouette zu sehen. Nicht mal das haben sie hingekriegt. |
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Pile Of Shame -1
Fabian bleibt weiter am Backlog-Ball: Mit Final Fantasy VII Remake hat er sich die Neuauflage eines großen RPG-Klassikers vorgenommen.
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Seit meinen jungen Jahren bin ich ein riesiger Fan von Final Fantasy VI, das Christian und ich auch schon in einer schönen Folge von Super Stay Forever besprochen haben. Als die Serie einige Jahre später mit Final Fantasy VII nicht nur Nintendo-Plattformen, sondern auch 2D-Welten hinter sich ließ, musste ich mich zunächst daran gewöhnen. Das war aber kein allzu großes Problem, schließlich präsentierte sich das Abenteuer von Cloud, Aerith und Co. als ausgesprochen starkes JRPG mit zuvor kaum für möglich gehaltenen Schauwerten.
Den ikonischen Ruf des besten Serienteils aller Zeiten hat „Final Fantasy VII“ für mich aber nicht – es ordnet sich in meiner persönlichen Rangliste hinter den Episoden VI und IX ein. Dementsprechend war ich auch nicht komplett aus dem Häuschen, als 2015 ein Remake für die PlayStation 4 angekündigt wurde, welches dann noch mal fünf Jahre bis zur Fertigstellung brauchte. Ich spielte im Frühjahr 2020 kurz in die finale Version rein. Aber was ist denn das für ein seltsames Kampfsystem? Und wieso ist das so schlauchig? Nein, mir gefiel das Spiel initial nicht. Wenige Monate später kamen die neuen Konsolen, und Final Fantasy VII Remake verschwand aus meinem Bewusstsein.
Im Sommer 2021 erfolgte das Comeback: Im Rahmen eines Upgrades für die PlayStation 5 wurde das Spiel zum einen technisch verbessert, sodass es nun mit 60 Frames läuft. Mit Intermission kam zudem ein DLC rund um den Charakter Yuffie hinzu. Also doch noch nachholen? Dezent widerwillig startete ich erneut von vorne. Und diesmal funktionierte es. An Final Fantasy VII Remake muss man mit dem richtigen Mindset herangehen: Es interpretiert viele Facetten des Originals neu und will sich bewusst davon abheben.
Das betrifft am offensichtlichsten die Kämpfe. Hier steuert man Cloud und seine Bande nun direkt und schlägt wie in einem Actionspiel selbst zu. Das hat nicht mehr viel von der Betulichkeit alter Episoden und kann anfangs überfordern, auch weil das Spiel auf die Action zusätzlich ein rundenbasiertes Element stülpt: Während Laufen und Schlagen jederzeit möglich sind, laden sich für Magie, spezielle Fähigkeiten und Item-Einsatz nach wie vor Aktionsbalken auf. Es scheppert, blitzt und knallt an jeder Ecke, doch bleibt man ein, zwei Stunden dabei, blickt man schließlich durch. Ich verliebte mich regelrecht in die neuartigen Gefechte. Während sich die Zufallskämpfe im Original zeitweise wie ein nötiges Übel anfühlten, hatte ich im Remake richtig Lust, mich in jeden einzelnen Kampf zu stürzen. Da man die meisten Gegner vorab in der Spielwelt sehen kann, weiß man genau, was einen erwartet. Und die Mischung aus Action und Planung nutzt sich erfreulich wenig ab.

Darüber hinaus ist Final Fantasy VII Remake ein stellenweise betörend schönes Spiel. Was hier an Bombast und epischen Zwischensequenzen aufgefahren wird, hat mich fast noch mehr beeindruckt als seinerzeit im Original. Dass das Spiel nun in meist lineare Kapitel aufgeteilt ist und den Spieler in seiner Erkundungsfreiheit einschränkt, habe ich subjektiv dann auch als Vorteil empfunden. Ja, die Story deckt nur etwa ein Drittel des Originals ab. Und nein, man erreicht nie den Punkt, an dem man eine große, offene Welt frei bereisen kann. Schließlich beschränken sich die Schauplätze weitgehend auf die Slums von Midgar und Gebäude des bösen Shinra-Konzerns. Dafür nimmt sich das Spiel mehr Zeit für die Geschichte im Allgemeinen und die Charaktere im Besonderen. Was im Original weniger als zehn Stunden dauert, wird hier auf etwa 30 Spielstunden ausgeweitet, ohne dass man dies als störend wahrnehmen würde.
Die Charaktere werden deutlich besser mit Leben gefüllt, was selbst ehemalige Nebendarsteller zu interessanten Figuren aufwertet. So wird mir der ganze Konflikt zwischen Shinra und den Rebellen, die sich gegen die Ausbeutung des Planeten stemmen, eindringlicher vermittelt.
Ich bin froh, das Remake jetzt nachgeholt zu haben – aber vielleicht hätte ich noch ausharren sollen. Niemand weiß, wie viele Jahre Square Enix brauchen wird, um die im Abspann bereits angekündigte Fortsetzung, quasi Final Fantasy VII-2, zu veröffentlichen. Das Spiel endet an einem interessanten Punkt der Geschichte, der viel Interpretationsspielraum dafür lässt, wie das Ganze weitergehen und sich dabei unter Umständen weiter vom Original entfernen wird. Aber das erfahren wir vermutlich erst in einigen Jahren. |
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Hörer-Heldentaten: Eine digitale Videospiele-Ausstellung
Es wird wissenschaftlich: Christopher berichtet über die digitale Ausstellung unseres Hörers Robin zum Thema “Videospiele im Alltag”.
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Mit Wissenschaft waren Videospiele schon immer verbunden, wenn auch eher im technologischen Aspekt. Unser Hörer Robin Stecken hatte die Chance, das Thema von der anderen Seite zu beleuchten, der kulturellen Seite, die die Menschen der Videospielszene beleuchtet. Die Abteilung Alltagskultur und Sprache des LVR-Instituts für Landeskunde und Regionalgeschichte beschäftigt sich mit Themen wie Essen und Trinken, Kleidung und Wohnen, Normen und Werte – mehr oder weniger das gesamte alltagskulturelle Leben. Robin, der als wissenschaftlicher Volontär am LVR-Institut angestellt war, fiel auf, dass das digitale Portal des LVR auch Videospiel-Bilder beinhaltete – und zwar genau zwei. Videospiele sind in der Mitte der Gesellschaft angekommen, doch viele Menschen können nur wenig mit dem Thema anfangen. Mit Videospielen werden noch sehr stereotype Vorstellungen verbunden, seien es Themen, die Videospiele behandeln, oder auch die Motivationen und Erfahrungen, die mit Videospielen verbunden sind.
Robin sah seine Chance, mit seinem Projekt „Videospiele im Alltag“ das Thema wissenschaftlich anzugehen und die Lücke im sonst allumfassenden Portal des LVR zu füllen. Er spielte mit verschiedenen Optionen; Dokumentarfilm, Buch, sogar ein eigenes Spiel gestalten? Um die Einstiegshürde niedrig zu halten, entschloss er sich für eine digitale Ausstellung. Zweck des Projekts sollte es sein, die Spieler zu Wort kommen zu lassen, einen persönlichen Einblick in ihre Sichtweisen zu bieten und so das Spielen von Videospielen zum Einen verständlich zu machen und zum Anderen aus einer kulturwissenschaftlichen Perspektive einzuordnen.
Robin führte mit fünf Spielern Interviews, in denen die Befragten die Schwerpunkte selber setzen, also frei erzählen konnten, welche Aspekte an Videospielen für sie persönlich relevant sind. Darauf aufbauend erstellte Robin das Konzept der digitalen Ausstellung: Wissenschaftliche Thementexte wechseln sich ab mit liebevoll ausgewählten Illustrationen und Videos, ergänzt mit Interviewausschnitten. In vier digitalen Räumen können sich die Besucher durch eine benutzerfreundlich gestaltete Ausstellung klicken und scrollen, in der Hochkaräter wie Minecraft, The Witcher und Assassin’s Creed neben Retro-Erfahrungen mit Police Quest und Frogger besprochen werden.

Doch welche Erkenntnisse zieht Robin aus diesem Projekt mit wissenschaftlichem Anspruch? Im Vorfeld versprach er sich Darstellungen, die auch über seine eigenen Erfahrungen mit Videospielen hinausgehen. Für ihn war es interessant, wie unterschiedlich die Menschen über Videospiele sprechen, wie sie zum Spielen gekommen sind und an welche Momente sie sich erinnern. Nur einer der vielen interessanten Aspekte, die er im Rahmen des Projekts kennenlernte, ist der „Moment der Kunst-Erfahrung“, in dem der Rezipient eine besondere Perspektive einnimmt, wodurch auch negative Erfahrung positiv umgedeutet werden können.
Eine der großen Erkenntnisse der digitalen Ausstellung: Videospiele und ihre Spieler bilden keine homogene Masse. Videospiele bedienen unterschiedliche Bedürfnisse, und Spieler nutzen diese aus unterschiedlichen Gründen und mit unterschiedlichen Motivationen in ihrem Alltag. Je nachdem, wann Menschen in Kontakt zu Videospielen gekommen sind, können beispielsweise unterschiedliche Dinge faszinieren. Gerade der Kontakt mit alten Videospielen kann eine besondere Wirkung entfalten, da so ein Verständnis für Technik, Möglichkeiten und Entwicklung vorhanden ist – welches erst erworben werden muss, wenn jemand später angefangen hat zu spielen.
Die digitale Ausstellung wartet mit 11 hochinteressanten Themenbereichen auf, zum Beispiel Technikfaszination von Videospielen, Erleben und Erfinden von Geschichten, Emotionale Erfahrungen, Kreative Freiheiten und Soziale Funktionen. Zur Ausstellung geht es hier: Klick. |
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⚠️ Weltherrschaft!
Wer sich so fühlt, als könnte er… könnte er… DIE WELT EROBERN!, kann dies mit diesem feschen Day-of-the-Tentacle-Shirt zeigen. Das gibt es zum Beispiel aus nachhaltiger Bio-Baumwolle auf Retroshirty.
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sethabramson.substack.com
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In den letzten Ausgaben dieses Newsletters haben wir über diverse rekordbrechende Retro-Videospiel-Auktionen berichtet, zum Beispiel eine 1,5-Millionen-Dollar-Mario-Auktion oder 870.000 Dollar, die für das erste Zelda-Spiel geflossen sind. Jetzt melden sich Stimmen, die auf mögliche Irreführung und Schwindel durch Investoren, Spekulanten und Auktionäre hinweisen. Nach Ansicht des Anwalts, Autors und Journalisten Seth Abramson versuchen die Mächtigen auf dem Spiele-Auktionsmarkt „systematisch, Daten zu verbergen“, um sich zu bereichern. Abramson schreibt in seinem Blog:
„Angesichts der soeben erschienenen Dokumentation über Jeff Meyer, Jim Halperin, Wata Games, Heritage Auctions und Big Data auf dem Videospielmarkt gebe ich meine gesamte NES-Marktforschung kostenlos frei. Was mich schließlich dazu gebracht hat, war die Erkenntnis, dass die Machthaber auf dem heißesten und am meisten außer Kontrolle geratenen Markt der Nation systematisch versuchen, Daten über den Markt zu verbergen.“
Die Dokumentation, die Abramson erwähnt, ist eine umfassende Aufarbeitung des Themas von Karl Jobst (YouTube). Die Anschuldigungen richten sich unter anderem gegen die Bewertungsagentur Wata Games, die Spiele auf ihren Zustand hin bewertet und sich dafür fürstlich bezahlen lässt. Wata Games weigerte sich bislang, statistische Daten über die Menge der bewerteten Titel zu veröffentlichen. Durch einen API-Fehler sickerten dem Unternehmen vor einigen Monaten allerdings doch Informationen durch, die zum Beispiel zeigen, dass Wata mehr als 750 Exemplare von Super Mario Bros. 3 bewertet hat, seit es 2018 mit der Bewertung begonnen hat. Die bisher 65 auf dem Auktionsmarkt aufgetauchten SMB3-Spiele seien somit nur die Spitze eines Eisbergs privater Verkäufe und privater Besitztümer dieses Spiels, das nicht selten ist – nicht einmal in hoher Qualität – und daher nicht annähernd so viel wert sein dürfte wie seine aktuelle Bewertung.
Abramson zieht aus seinen Daten folgenden Schluss: „Das mag zwar legal sein, unterstreicht aber, dass der Markt bis 2024 mit Spielen gesättigt sein wird, für die man jetzt noch 30.000 Dollar bezahlt.“
Wer sich eingehender mit dem Thema beschäftigen möchte, kann eine kurze Zusammenfassung bei nintendolife.com lesen, das YouTube-Video von Karl Jobst schauen oder die ausführlichen Daten bei Seth Abramson abrufen. |
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✨ Lesens- und Sehenswertes…
- Nintendo: NES- und SNES-Designer Lance Barr setzt sich zur Ruhe (eurogamer.net)
- Lemmings: Dokumentation zum 30-Jährigen Jubiläum angekündigt (YouTube)
- Myst: Remake veröffentlicht (gog.com)
- Amiga 500: Mini-Edition mit 25 Spielen erscheint 2022 (golem.de)
- Wolfenstein 3D: Programmierer analysiert Raytracing anhand Wolfenstein-Level mit spielbarer Demo (reindernijhoff.net)
- Quake: Überraschendes Remaster für jede Plattform (kotaku.com)
- Quake: RPS über 25 Jahre Quake-Modding (rockpapershotgun.com)
- Tim Schafer: Feature über das Werk der LucasArts-Legende, u.a. mit im Adventure-Stil gehaltenen Motivationsschreiben von 1989 (gameinformer.com)
- Boss-Key: Die Geschichte der sogenannten Boss-Taste (howtogeek.com)
- Diablo II Resurrected: YouTube-Video vergleicht neue und alte Cutscenes nebeneinander (YouTube)
- Atari Lynx: Wiederbelebung mit vier neuen Spielen (engadget.com)
- Simpsons Hit and Run: Fan-Remake mit Unreal Engine (kotaku.com)
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Unsere Podcast-Empfehlung
Wir sind nicht nur Podcaster, wir hören auch gerne Podcasts. Hier empfehlen wir euch unsere Favoriten.
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11 Leben
Ein einzigartiges Podcast-Projekt von Max-Jacob Ost (Rasenfunk): In (anfangs geplanten) 11 Episoden durchleuchtet er das Leben und Schaffen von Uli Hoeneß, Weltmeister, Wurstfabrikant, Manager und verurteilter Steuerhinterzieher. Dabei gibt es zwei Erzählstränge: Der eine folgt chronologisch den Ereignissen in Hoeneß‘ Karriere, der zweite zeichnet die Entstehung des Podcast-Projekts nach, die Recherche, die Suche nach Zeitzeugen und das Bemühen um ein Interview mit Hoeneß selber.
So entsteht eine faszinierende Dokumention eines Podcast-Projekts, bei der Max freimütig von allen Widernissen und den eigenen Zweifeln erzählt, aber auch mit seiner Begeisterung ansteckt. Angereichert wird der Cast durch viele, viele O-Töne von Zeitzeugen, darunter Promis wie Willi Lemke (Ex-Manager von Werder Bremen) oder Bayern-Spieler Bulle Roth, aber auch Schulfreunde, Mitarbeiter, Weggefährten von Hoeneß.
Zum Zeitpunkt dieses Newsletters sind 15 Folgen erschienen, aber das Projekt läuft noch. Anspieltipp: bitte von vorne hören :-)
…und noch eine kurze weitere Empfehlung: Die Kollegen vom Down-to-the-Detail-Podcast haben gerade ihre Staffel zu Gothic beendet. Die insgesamt neun Folgen des Audio-Streifzugs durch das Spiel werden durch ein sehr hörenswertes Interview mit Tom Putzki ergänzt, einem der Gründer von Piranha Bytes. Wir legen euch die hervorragende Staffel nachdrücklich ans Herz!
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⚠️ Vorbesteller-Aktion fast vorbei!
Für das fantastisch gestaltete Mega-Drive-Pixelbuch läuft Ende September die Vorbesteller-Kampagne aus, in deren Rahmen ihr zum Hardcover-Buch einen stabilen Schuber und eine hübsch gepixelte Autogrammkarte der Autoren erhaltet. Schnell zuschlagen!
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Bis nächstes Mal!
Habt ihr auch nichts verpasst? Unser kurzer Übersichtsservice der zuletzt erschienenen Podcast-Episoden:
Gunnar, Christian, Fabian, Christopher
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