Dieses Transkript wurde von KI erstellt und leicht nachbearbeitet. Enthält sicher immer noch Fehler und vor allem falsche Zeichensetzung.
Mháire:
[0:00] Hallo Rahel, wir haben uns heute zusammengefunden, um über eine der einflussreichsten Serien der 90er und 2000er zu reden. Und ich freue mich schon sehr darauf, es wird gelb.
Rahel:
[0:11] Es wird sehr gelb. Hallo Mháire.
Mháire:
[0:13] Gelb, normalerweise eher so mittig-warnfarbe, aber zumindest wenn man Matt Groening glaubt, ist das die Hautfarbe des Durchschnitts Amerikaners.
Rahel:
[0:21] Ja, zusammen mit einigen anderen Sachen, die scheinbar den Durchschnitt Amerikaner ausmachen. Denn wir reden natürlich hier über die Simpsons, die alles andere als durchschnittlich und gewöhnlich sind.
Mháire:
[0:33] Gleichzeitig aber auch eine gewisse, fast heimelige Normalität für Leute darstellen. Unsere Aufgabe ist es heute aufzurollen, wo kommt das her, wie ist das entstanden, wie hat es sich entwickelt, welche Folgen hat es für die Popkultur und die Kultur generell gehabt. Und wir haben auch noch jemanden zu Gast, der aus der absolut tiefsten Fan-Perspektive reden kann, als Betreiber einer Fansite. Ich weiß nicht, ob Leute noch wissen, was das ist, weil es heutzutage nur noch Fan-Wikis gibt.
Rahel:
[1:02] Ich möchte an der Stelle ganz stolz anmerken, dass ich das nicht nur weiß, sondern ich bin sogar auch noch Teil von Foren und sowas.
Mháire:
[1:09] Oh, Fan-Foren, ja. Für unsere jüngere Zuhörerschaft, das ist wie Discord nur ein Langsam.
Rahel:
[1:16] Das hast du schön gesagt.
Mháire:
[1:18] Aber die Serie, über die wir heute reden, die Simpsons, ist auch aus einer Zeit. Als es noch Fanforen und Shrines und Fansites gab, die haben ihren Anfang Ende der 80er genommen und sind in die 90er gestartet. Und ich glaube, dort haben sie, da sind sich, denke ich, bis heute alle einig, auch ihre einflussreichste Zeit gehabt, die dann in den 2000ern nochmal ein großes Juhu hatte, was sie nicht daran hindert, bis heute zu existieren.
Rahel:
[1:44] Ich traue mich gar nicht, wie viele Folgen es inzwischen gibt oder wie viele Staffeln, weil mein Gefühl ist, Egal, wann diese Folge hier gehört wird, das wird immer veraltet sein, weil die Simpsons einfach ein totaler Selbstläufer sind.
Mháire:
[1:55] Also aktuell sind es 36 Staffeln und es sind fast 800 Episoden. Aber meines Wissens nach sind schon Verträge unterschrieben, dass sie bis 2028, 2029 noch weiterlaufen werden.
Rahel:
[2:08] Hammer, wow.
Mháire:
[2:10] Ja, ihr könnt in eurem Kopf updaten, für wann ihr diese Folge hört. Einfach immer nochmal. Ich glaube, 15 Stück werden aktuell immer bestellt für eine neue Staffel, also tatsächlich eine reduzierte Staffelgröße. Einfach draufschlagen.
Rahel:
[2:22] Ja, anders als viele andere, die Welt von folgen, haben wir hier erstmals eine bodenständige Realsatire. Also in den Simpsons haben wir den Blick auf die Gesellschaft, aber durch einen Zerspiegel. Das ist überspitzt, das ist verformt, skurril. Man erkennt aber alles. Und deswegen ist es eben irgendwo der amerikanische Durchschnittsbürger, aber irgendwo auch nicht. Und da würde mich jetzt mal interessieren, Mairi, was ist denn deine persönliche Verbindung zu den Simpsons? Hast du das früher geguckt?
Mháire:
[2:52] Heimlich teilweise. Also dazu muss man Folgendes sagen. Jedes Mal, wenn wir über irgendetwas mit Zeichentrick reden werden, das älter als 2004 ist, wird das Wort heimlich fallen. Oder so um 2000 rum, weil ich in einem Haushalt aufgewachsen bin, wo die Überzeugung vorherrschte, dass Zeichentrick Kinder dumm machte. Das hat mich nicht daran gehindert, durchaus welchen zu schauen, weil es einen uralten winzigen kleinen Fernseher im Gästezimmer im Keller gab und ich ein stilles Kind war und Leuten nicht aufgefallen ist, wenn ich mal eine Stunde verschwunden bin. Also, ich habe die Simpsons nicht von Anfang an geguckt. Viel von meinem Kontakt ist zu Beginn so Schulhof-Sekundär-Kontakt gewesen. Alle anderen haben die Simpsons geschaut und haben sie sich gegenseitig zitiert und das hat ganz, ganz viel einfach von dem Lebensgefühl der 90er geprägt. Und dann habe ich einzelne Sachen geschaut. Jetzt in der Vorbereitung für diese Folge ist mir aufgefallen, wie viel ich tatsächlich dann in Stückchen und Häppchen und hier mal eine Folge und da mal eine Folge über die Zeit hinweg dann geschaut hatte. Also ich habe so ein bisschen das für mich dann selber aufgearbeitet, überrascht, weil ich erst dran ging mit, oh, ich habe doch gar nicht so viel Ahnung davon und dann doch. Erstens, weil es irgendwo immer lief.
Rahel:
[4:06] Ja, ja.
Mháire:
[4:08] Zweitens, weil so viel davon in meinen Alltag einfach eingeflossen ist dadurch, dass Freunde in meinem Bekanntenkreis es ständig zitiert haben und es irgendwie auch in meinen eigenen Wortschatz teilweise übergegangen ist. Es ist wirklich bemerkenswert, wie das quasi heimlich sogar in meinen Zeichentrick fernes Jugendleben sich reingeschlichen hat durch seine Allgegenwärtigkeit. Und bei dir?
Rahel:
[4:31] Bei mir ist das ganz ähnlich. Ich habe die Serie, sagen wir mal, so halbheimlich geguckt. Nicht, weil das jetzt so unbedingt verboten gewesen wäre. Aber das Ding ist, ich habe halt sehr früh in meinem Computer schon eine TV-Karte gehabt. Und sagen wir mal, ich habe mehr Zeit mit dieser TV-Karte verbracht als mit Hausaufgaben. Und die Simpsons, genau wie du gesagt hast, das lief immer irgendwo. Und so gerade frisch, wenn ich von der Schule nach Hause gekommen bin, gab es dann meistens in der Wiederholung ein bis zwei Folgen. Und die habe ich mir sehr gerne angeguckt. Und ich habe so genau wie du auch festgestellt, ich dachte immer, ja, ich habe hier nur wieder ein paar Folgen geguckt. Nein, das waren ganz schön viele. Und auch sehr regelmäßig, die ich geguckt haben muss. Und da ist eben sehr viel dann auch hängen geblieben. Immer so einzelne Versatzstücke. Und natürlich dann auch so geflügelte Worte wie Nein oder Haha. Das hat mich schon sehr geprägt. Das ist mir dann aber erst in der Recherche aufgefallen.
Mháire:
[5:30] Ein Running Gag bei einem Freund mit mir war, dass immer, wenn es darum geht, wer irgendetwas besser kann, hat der seelenlose Stahlbolzen gewonnen. Eine von den wenigen wirklich guten Übersetzungen von einem Gag. Es ist nicht wegzudenken gewesen.
Rahel:
[5:44] Machen wir doch mal für die Leute, die wirklich noch nie auch nur eine einzige Folge gesehen haben, den kurzen Abriss, worum es in der Serie eigentlich geht. Also, Die Simpsons, das ist eine Comedy-Zeichentrick-Serie, die seit 1989 existiert und sie zeigt eben das Leben der amerikanischen Durchschnittsfamilie, Mittelklasse-Familie in der Kleinstadt Springfield. Die Familie besteht aus den Eltern, Homer und Marge. Und die haben ihre drei Kinder, Bart, Lisa und Maggie. Auch noch zwei Haustiere, da kommen wir bestimmt auch später noch zu. Und es ist vor allem einfach ein Feuerwerk an Gags innerhalb von Sekunden. Also das sind mal Wortwitze, dann ist es mal Slapstick. Und dann haben wir wieder beißende Gesellschaftskommentare, die aber sehr lustig untergebracht werden.
Mháire:
[6:32] Sehr, sehr viel auch rein visuelle Gags, wo nur dadurch, dass irgendwo ein Schild im Hintergrund hängt oder man, nachdem eine Aussage getroffen wurde, im Hintergrund sehen kann, was die Realität ist, zu der diese Aussage stimmt. Also eine Serie, die sich noch darauf verlässt, dass man hinschaut und die dann tatsächlich teilweise verliert, wenn sie die Folgen, die noch nicht in Full HD und in 16 zu 9 produziert wurden, das kam erst irgendwann mit der Zeit, logischerweise, dass da dann Teile abgeschnitten werden in neueren Visionen, wo dann teilweise der visuelle Gag kaputt geht oder wegfällt. Und die Simpsons sind auch bekannt. und das ist sehr viel von dem Humor, wenn auch definitiv nicht der stärkste von. Charakter sagt A, Smashcut zu B und B ist das Gegenteil von A. Es gibt unglaublich viele von nur ein absoluter Idiot würde das machen, dreht sich um, tut genau das, was nur ein absoluter Idiot machen würde. Das hat sich auch ein bisschen durchgesetzt als das ist der Simpsons Humor, was gerade der früheren Serie sehr unrecht tut. Da ist es nur eine Kategorie von vielen verschiedenen Gagsorten.
Rahel:
[7:34] So eine typische Folge ist ungefähr 20 Minuten lang, die wird dann mit Werbung eben auf 30 Minuten gestreckt und werbebedingt, das hat jetzt ein bisschen was mit dem amerikanischen Fernsehsystem zu tun, besteht die durchschnittliche Folge immer aus drei Akten, das heißt wir haben ganz klassisch Anfang, Mittel und Ende, das ist also erstmal sehr formelhaft. Wenn wir uns dann angucken, was steckt denn in den Folgen drin, dann bleibt das formelhaft. Also wir haben üblicherweise zwei größere Handlungsstränge, den A-Plot und den B-Plot. Mindestens einer dieser beiden bezieht sich auf einen Mitglied der Simpsons-Familie. Und meistens ist der B-Plot nicht ganz so wichtig, sondern da werden dann die Nebencharaktere mehr in den Vordergrund gerückt. Das kann aber häufig den A-Plot unterfüttern. Und beide zusammen sind dann so, ich nenne es jetzt mal das Simpsons-Rezept, wo wirklich die Simpsons-Familie in den Vordergrund gerückt wird, zusammen mit dieser verrückten Kleinstadt Springfield, die eben vor allem durch ihre Nebencharaktere lebt.
Mháire:
[8:33] Und es gibt auch noch eine Sache, die erzählerisch gerade für die besten Folgen mit typisch ist, dass es mit einer Situation anfängt, die dann eine absolut bizarre Wendung zu einem gänzlich anderen Thema macht. Oder das sogar mehrfach.
Rahel:
[8:46] Ja.
Mháire:
[8:47] Ja, dass es damit anfängt, dass das Haustier der Klasse von Bart gestorben ist. Das muss begraben werden, dabei stößt man auf Öl. Das Öl bedeutet, dass es viel Geld gibt, das Geld muss für irgendwas ausgegeben werden und auf einmal geht es darum, dass man eine Monorail anschafft. Also diese sehr weiten und teils bizarren Gedankensprünge zwischen sehr unterschiedlichen Storylines, die dann aber am Ende alle von A nach B führen und einem während man das schaut auch logisch vorkommen irgendwie. Das ist auch typisch.
Rahel:
[9:14] Ja, aber wenn du es gerade so erzählst, das klingt schon so ein bisschen nach dem Schmetterlingseffekt.
Mháire:
[9:18] Ja. Tote Hamster. Leonard Nimoy erzählt etwas davon, dass die Hybris des Menschen ihr zu Fall bringen wird. Dazwischen sind mehrere Schritte, aber es ergibt alles Sinn.
Rahel:
[9:29] Das ist seit 1989 eben ein sehr simples Rezept und ein voller Erfolg. Und natürlich haben die Simpsons auch unzählige Auskopplungen bekommen. Wir haben 2007 den Simpsons-Film, der ikonischerweise auch einfach nur der Simpsons-Film heißt. Wir haben Theme-Park-Attraktionen, wir haben Comics, wir haben zahlreiche Nachahmer-Serien. Also die Serie hat wirklich sehr große Fußspuren in der westlichen Popkultur hinterlassen.
Rahel:
[9:57] Und natürlich gibt es auch zahlreiche Videospiele, wovon die meisten eher arcade-ig sind. Was ich sehr spannend finde, ich habe mir die jetzt für die Recherche noch mal so ein bisschen zu Gemüte geführt. Von den Spielen, die wir heute als, ich sag mal vorsichtig, gut bewerten würden, die haben meistens denselben Kern wie die Serie. Nämlich, dass eben auch da wieder die Simpsons-Familie und Springfield in den Vordergrund gestellt wird. Dass wir Springfield beispielsweise erkunden könnten. Also, das ist ja auch die Prämisse vom GTA-ähnlichen Hit and Run. Das ist chaotisch, es ist witzig, es ist actionreich und im Zentrum von all dem steht eben die Simpsons-Familie und die Stadt.
Mháire:
[10:36] Ich mag aber, wie deutlich man die Airquotes, die Anführungszeichen, als gut bezeichnen würde, gehört hat.
Rahel:
[10:43] Ja, ich finde das immer sehr schwierig, da so Werten zu sprechen, weil ich in meinem idealistischen Herz gehe immer davon aus, dass alle Leute sich für alles immer Mühe gegeben haben. Ja. Aber das ist eben nicht bei allen Spielen gleich gut geglückt. Na gut, schauen wir uns doch mal an, was die Welt so ausmacht.
Rahel:
[11:02] Und ich würde sagen, wenn die Serie schon Die Simpsons heißt, dann sollten wir auch mit den Simpsons anfangen.
Mháire:
[11:07] Oh ja. Wollen wir sie abwechselnd vorstellen? Und möchtest du anfangen oder möchtest du das Sandwich übernehmen mit den beiden sehr coolen weiblichen Figuren, die reden können?
Rahel:
[11:16] Das war jetzt aber schon so ein bisschen eine kleine Kritik für später.
Mháire:
[11:21] Leicht wertend.
Rahel:
[11:22] Wir können das gerne abwechselnd machen. Aber vorher vielleicht noch ein ganz kurzer Take zum Namen, die Simpsons. Das ist eine Anspielung auf das Wort Simpleton, also wie Einfallspinsel. Und tatsächlich verkörpern alle Mitglieder der Familie unterschiedliche Klischees. Die sind häufig flach oder eben einfältig, aber immer auch liebenswürdig. Was aus heutiger Sicht natürlich besonders beeindruckend ist, ist, dass die Simpsons ein Single-Income-Three-Kids-Haushalt sind.
Mháire:
[11:52] Ja, das ist etwas überholt inzwischen. Aber ja, nur ein Elternteil arbeitet, drei Kids. Obwohl es tatsächlich sehr früh schon durchaus Thema ist, dass die Tatsache, dass es drei Kinder sind, die Finanzen schon stark belastet hat. Aber es ist noch möglich. Ein eigenes Haus, ein Auto, zwei Autos sogar. Und offensichtlich auch durchaus Hobbys und genügend Spielzeug, Konsolen, Actionfiguren und sonst was für die Kids, dass sie glücklich sind. Naja, soweit sie glücklich sein können.
Rahel:
[12:17] Zwei Haustiere.
Mháire:
[12:18] Zwei Haustiere.
Rahel:
[12:19] Zwei Haustiere.
Mháire:
[12:22] Gut, den Hund kriegen sie umsonst, aber das stimmt.
Rahel:
[12:25] Tierarztkosten.
Mháire:
[12:26] Was für Tierarztkosten, der arme Hund, was mit dem alles passiert. Das ist bedrückend. Das sind unsere Fünfe. Und ich finde es schön, wie du gesagt hast, dass sie alle eine andere Art und Weise davon verkörpern, ein bisschen einfältig zu sein. Denn das heißt ja nicht, dass sie nicht schlau sind. Also sie haben jeweils eine vollkommen andere Art von Schleue, die sehr unterschiedlich funktioniert. Von Bauernschleue über ein bisschen Hinterfotzigkeit, Seit emotionale Schleue bis hin zu der klaren akademischen Schleue von Lisa. Also, möchtest du mit der Bauernschleue von Homer anfangen?
Rahel:
[13:01] Genau, Homer Simpson, der Familienvater und ich nenne ihn jetzt mal Patriarch. Also, wichtig zu wissen, die Charaktere behalten ja in fast allen Folgen auch immer ihre Outfits bei, außer sie fahren mal in Urlaub. Das heißt, die sind auch alle sehr gut zu erkennen. Homer, leicht untersetzt, weißes Hemd, blaue Hose, zwei Haare auf dem Kopf und hier eins über dem Ohr. Scheinbar war das übrigens im Zeichenprozess sehr wichtig, dass die Animateure alle lernen mussten, wie man die Haare von den Simpsons gleichbleibend zeichnet, damit das eben mehrere Leute reproduzieren konnten, den Simpsons-Look. Und dabei waren auch diese insgesamt vier Haare von Homer sehr wichtig. Also, wir verbinden Homer mit so Dingen wie, er guckt gerne Fernsehen, er isst sehr gerne Fastfood, trinkt zu viel Bier, er legt wenig Wert auf Bildung oder Kultur. Er ist auch sehr kindisch und faul, aber er ist im Herzen schon ein guter Mann, der seine Familie liebt und er hat eben, wie du es so schön genannt hast, eine Bauernschleue. Also man hat viele Folgen, wo Homer, naja, ich sag mal so, für sich kleinere Vorteile doch sichern kann. Das geht auch häufig in die Hose, aber man kann jetzt nicht sagen, dass Homer wirklich dumm wäre. Was natürlich ein bisschen unpassend ist, ist, dass er ohne jegliche Kompetenzen als Sicherheitsbeauftragter in einem Kernkraftwerk arbeitet. Das ist jetzt ein bisschen unpassend, aber gut.
Mháire:
[14:22] Findest du für die Welt, finde ich es sehr passend, in der wir uns da bewegen.
Rahel:
[14:27] Ja.
Mháire:
[14:28] Aber es ist ja auch ein Running Gag, dass Homer Dutzende verschiedener anderer Jobs ausprobiert. Glücklich ist er wirklich nur, wenn er etwas anderes macht als seinen Job im Kernkraftwerk, wo er nur darauf wartet, dass er wieder nach Hause gehen kann. Und zwischendurch mit seinen Kumpels, die da auch arbeiten, Donuts oder andere Sachen in sich reinstopft. Wenn er einen Schneepflug fahren kann, wenn er in der Bowlingbahn arbeitet, Er wird zwischendurch auch Zugführer und andere Dinge, für die er eigentlich überhaupt nicht geeignet ist. Aber irgendwie funktioniert es immer. Größtenteils aufgrund der Tatsache, dass andere Leute auf böshafte Art und Weise noch unfähiger sind als er.
Mháire:
[15:10] Marge ist die Familienmutter. Sie ist genauso wie Homer, immer gleich angezogen. Es sei denn, es gibt eine absolute Ausnahme oder es gibt ein Gag, dass ihr Haar ausnahmsweise anders ist. Denn das ist das Auffälligste an ihr. Sie hat einen gigantischen, lockigen Beehive, der noch mal mindestens halb so groß ist wie die Figur selber. Sie trägt immer das gleiche grüne, trägerlose Kleid. Sie hat immer, ich meine stylisch, sie hat immer eine Perlenkette und Pumps an.
Mháire:
[15:36] Und sie ist diejenige, die sich um die Kids kümmert. Das Baby Maggie ist eigentlich fast immer bei ihr auf dem Arm, wenn sie unterwegs sind. Sie hat eine ausgesprochen ungewöhnliche Stimme. Sie klingt so, als hätte sie die letzten 30 Jahre eigentlich nur mit Rauchen und Whisky verbracht. Also Marge ist… Hau mich, hau mich.
Mháire:
[15:59] Respekt vor allen Leuten, die es verkörpert haben. Im Deutschen mehr als im Englischen logischerweise. Und sie arbeitet meistens nicht. Es gibt aber Folgen, wo es darum geht, dass sie schon gerne was Eigenes hätte und was Eigenes machen würde. Und sie ist das emotionale und auch das moralische Zentrum der Familie. Sie holt die anderen immer wieder zurück in die Realität, wenn sie sich gänzlich in irgendwelchem Unsinn verlieren. Und sie ist auch diejenige, die zwar nicht sofort an die Decke geht, wenn sie Ungerechtigkeit sieht, sondern die erstmal einen Moment dasteht, aus dem Fenster schaut und macht, Aber dann aus dieser Unzufriedenheit Konsequenzen zieht und auch schon mal Protestmärsche lostritt oder irgendwelche Vereine gründet oder sonst irgendetwas. Also ein ungewöhnlicher Charakter für heute insofern, als dass sie sehr viele von diesen traditionellen weiblichen Werten der amerikanischen Kernfamilie mehr oder weniger manifestiert, aber kontinuierlich auch daraus ausbricht.
Rahel:
[16:56] Ja, sie ist auf der einen Seite dieser Hausfrauen- und Mutterstereotyp, wie man eben aus vielen Sitcoms kennt, aber sie wächst an vielen Stellen drüber hinaus. Was ich auch noch ganz lustig finde, ist, dass sie an vielen Stellen aber auch sehr zynisch ist.
Mháire:
[17:10] Ja. Und man hat nie die Dynamik, die ganz viele andere von diesen Sitcom-Pärchen haben, mit einem, in Anführungsstrichen, Idioten als Ehemann und dann der straight-faced Ehefrau, die ordentlich ist und sich immer um alles kümmert und ihren kindischen Ehemann mehr oder weniger wie ein weiteres Kind behandelt und aushalten muss. Es geht selten darum, dass Marge tatsächlich Hausarbeit-Dinge macht. Nur ganz, ganz wenige Fälle, in denen ich mich überhaupt daran erinnere, dass es darum geht. Das ist nicht der Kern ihres Charakters. Es wird nicht wirklich darüber geredet, dass sie die Hausfrau ist und Mutter, weil wenn sie eine Storyline hat, dreht es sich eigentlich immer darum, dass sie etwas tut, was eben nichts damit zu tun hat.
Rahel:
[17:50] Bart ist der älteste Sohn von den beiden. Blaue Hose, blaue Sneaker, ein orangenes Hemd und eine Zeckenfrisur. Bart ist zehn Jahre alt. Immer. Es gibt eine ganze Folge, die sich nur darum dreht, dass Bart seinen 11. Geburtstag feiert und er gar nicht so recht weiß, was er jetzt tun soll, weil er war doch immer 10 Jahre alt. Das ist so ein kleiner, winziger Running Gag, der sich darauf bezieht, dass die Simpsons immer zur gleichen Zeit spielen, aber gleichzeitig auch mit der Zeit gehen müssen. Also inzwischen in den Folgen gibt es dann auch so Dinge wie Smartphones, was natürlich schwierig ist, wenn man dann Charaktere hat, die scheinbar nicht altern. Bart spielt sehr gerne Streiche. Also beispielsweise berühmt sind seine Telefonstreiche bei der lokalen Bar, also Monster Werner. Berühmt sind auch die Kreidesprüche aus dem Intro der Serie, wo er immer einen Strafspruch aufgegeben kriegt, der er an die Tafel schreiben muss. Und der Spruch an sich ist schon sehr lustig. Er skateboardet sehr gerne, er schaut auch sehr gerne Fernsehen. Er ist beispielsweise großer Fan der Crusty the Clown Show und insbesondere deren Segment Itchy and Scratchy.
Mháire:
[18:54] Entschuldigung, hast du auch den Effekt, dass du sofort den Jingle im Kopf hörst?
Rahel:
[18:57] Sofort.
Mháire:
[18:58] The itchy and scritchy show. Ja, Entschuldigung.
Rahel:
[19:02] In den ersten Staffeln ist Bart noch eigentlich der Protagonist oder sagen wir mal der Focalizer der Show, also so ein bisschen der Ankerpunkt. Das hat sich im Laufe der Zeit dann immer weiter in Richtung von Homer verschoben. Aber so am Anfang war Bart wirklich der zentrale Charakter. Und von ihm kommen dann auch so berühmte Aussprüche wie Aikadamba oder friss meine Hose, auch immer. Sehr beliebt auf dem Schulpausenhof, wie ich sagen darf.
Mháire:
[19:26] Und natürlich die alternative Version von Weihnachtsjingles, Batman smells Robin, laid an egg. Die deutsche Version weiß ich gerade gar nicht mehr auswendig. Was zu meiner großen Verblüffung direkt in der ersten Folge ist. Okay, eine der ikonischsten Sachen passiert innerhalb von fünf Minuten der ersten Folge.
Mháire:
[19:45] Lisa ist acht Jahre alt. Immer. Auch wenn es durchaus Continuity gibt und sich andere Charaktere rings um die Simpsons verändern, nicht älter werden, aber verändern und ihre Lebensumstände sich verändern. Niemand hier altert und niemand trägt jemals was anderes. Lisa trägt ein trägerloses Kleid. Das scheint genetisch zu sein, Mutter, Tochter. Nur, dass es bei ihr ein rotes Kleid ist. Aber sie hat auch eine Perlenkette, auch genetisch. Und sie hat eine sternförmige Frisur. Sie sieht immer aus wie so eine kleine Sternschnuppe, die durch die Gegend läuft. Und Lisa ist die linksliberale Intellektuelle ihrer Familie, obwohl sie erst acht ist. Einer ihrer Running Gags ist, dass Leute sie wie ein Kind behandeln und sie dann ein Kurz-Essay von sich gibt, das erstens mit tiefen philosophischen Überlegungen und zweitens wissenschaftlichen Fakten und drittens langen Worten gespickt ist, was dann viele Leute relativ ratlos zurücklässt.
Mháire:
[20:39] Sie fasst schon aufdringlich alle die Dinge, die wir mit linksliberale Intellektuelle denkenden Menschen verbinden. Sie ist für Klimaschutz und das war schon sehr früh. Sie vertritt feministische Standpunkte. Sie wird tatsächlich Vegetarierin und bleibt das auch, wirklich konsequent. Und sie ist diejenige, die sich immer mit wichtigen Fakten beschäftigt, die Dinge zitieren kann und das auch tut. Auch sehr schön, sie zitiert irgendwie ein passendes Gedicht zu einer Situation. Alle gucken, sie fragen dann, dann sie, Yay, Dad, go. Oh, also sie ist eine 35-jährige Uniprofessorin, gerade eben berufen auf einen neuen Job, aber im Körper einer Achtjährigen steckend und muss sich daran anpassen an das, was von ihr erwartet wird, begehrt dagegen aber auch oft auf. Sie ist dafür aber häufig emotional nicht sehr schlau. Sie kann häufig tiefer liegende, emotional komplexere Dinge nicht so klar sehen und übernimmt sich oft oder ist bissig in Situationen, wo es vielleicht gar nicht nötig wäre. Also sie ist auch immer so ein bisschen dieses, wenn du zu sehr nur in eine Richtung schaust, hast du Scheuklappen auf.
Rahel:
[21:50] Sie ist auch ganz schön intolerant anderen gegenüber, die ihre progressiven Meinungen nicht teilen.
Mháire:
[21:55] Ja.
Rahel:
[21:56] Es ist schon ein würziger Charakter, sagt es mal so. Damit haben wir aber auch schon die weiblichen Sprechrollen in den Hauptfiguren durch.
Rahel:
[22:07] Und wir kommen zu Maggie, dem jüngsten der drei Kinder. Denn Maggie ist im Grunde genommen noch ein Baby. Begleitet mit einem blauen Mischmarsch aus Strampelanzug und Schlafsack. Hat auch so ein passendes blaues Schleifchen im Zackenhaar, sieht also Lisa sehr ähnlich, auch mit diesem Sternschnuppen-Look. Und sie trägt einen roten Schnulli, denn sie ist noch zu klein zum Reden. Das heißt, sie kommuniziert eher mit Schnullersauggeräuschen, die aber ein echt ikonisches Geräusch in der Serie geworden sind. Einigen wenigen Folgen kann Maggie dann doch sprechen. Das sind entweder Folgen, die in so eine alternative Zukunft blicken oder eben, wo es dann um erste Worte geht. Und was ich total spannend fand, ist, dass in diesen Ausnahmefällen Maggie Simpson häufig von überraschend berühmten Leuten gesprochen wird. Also das übernehmen mal die regulären Synchronsprecherinnen von Lisa und Barth, also Yadley Smith und Nancy Cartwright. Aber dann haben wir auch auf einmal Leute wie Elizabeth Taylor und Jodie Foster. Also diese Leute haben alle schon Maggie Simpson gesprochen.
Mháire:
[23:08] Und es ist irgendwo ab einem Zeitpunkt dann ja auch ein Geben und Nehmen von, oh, Jodie Foster hat Maggie Simpson gesprochen oder andersrum, Jodie Foster durfte Maggie Simpson sprechen.
Rahel:
[23:22] Elizabeth Taylor hat übrigens, es ging um ein einziges Wort, das erste Wort, was Maggie je gesprochen hat. und sie hat sehr, sehr viele Takes dafür gebraucht, bis die Produzenten zufrieden waren. Also, muss man auch erstmal schaffen.
Mháire:
[23:32] Was war das erste Wort?
Rahel:
[23:38] Maggie scheint ähnlich wie Lisa auch sehr intelligent zu sein, eventuell sogar noch intelligenter. Das merkt nur niemand, zumindest von den Simpsons-Mitgliedern. Also sie hat beispielsweise schon die einsteinische Formel E gleich MC Quadrat mit Bauklötzen niedergeschrieben. Sie hat auch schon Lisa Saxophon gespielt. Also das ist auch eindeutig ein Charakter, die sehr viel in die Brainpower gesteckt hat.
Mháire:
[24:02] Das scheint eher in der weiblichen Linie zu liegen. Ich habe dann die Ehre, den Familienhund einzubringen in dieser Aufzählung. Austiere gehören nämlich zur Familie.
Rahel:
[24:11] Genau.
Mháire:
[24:11] Ich glaube, da sind wir uns einig. Der Familienhund heißt Knecht Ruprecht, beziehungsweise im Original Santa’s Little Helper. Und ist ursprünglich ein Rennhund, auf den Homer sein letztes Geld setzt, In der Hoffnung, dafür genügend Kohle zu bekommen, um Weihnachtsgeschenke zu kaufen.
Mháire:
[24:33] Schon bizarr genug. Ich muss ganz ehrlich sagen, ich habe die erste Folge jetzt nochmal geschaut. Und es erinnert mich an einen anderen Weihnachtsklassiker, an National Lapoon’s Christmas Holiday. Wo auch es ständig darum geht, dass das Weihnachtsgeld oder in der damaligen Übersetzung die Weihnachtsgratifikation ausfällt. Und wir haben das geschaut. Also ich habe das mit meinem Mann nochmal geschaut, jetzt eine ganze Reihe von ikonischen Folgen als Vorbereitung. Und wir so, haha, Weihnachtsgratifikation. Und dann sagen sie es tatsächlich auch in den Simpsons. Einmal ist nicht von Weihnachtsgeld die Rede, sondern von Weihnachtsgratifikation. Also da war jemand, zumindest zu dem Zeitpunkt, ausreichend belesen in der Popkultur, um das richtig zu machen. Sagen wir so, Knecht Ruprecht ist kein guter Rennhund. Also der Gag ist, dass sie sagen, wir warten zumindest, bis unser Hund noch durch das Ziel kommt. Und dann sitzen sie da mehrere Sekunden. Nee, doch nicht. Aber nachdem er dann rausgeschmissen wird, adoptieren sie ihn direkt und dann ist es ihr Familienhund, Knecht Ruprecht. Der hat dann auch noch ein sehr bewegtes Leben, wechselt auch noch ein paar Mal die Jobs. Fast ein bisschen wie Homer, für zwischendurch auch mal ein Wachhund, aber ist immer dabei und ist immer erbärmlich. Mir war früher, als ich jünger war, nicht klar, dass das ein Windhund, ein Greyhound sein soll. Und ich dachte, was stimmt mit diesem Hund nicht? Der sieht aber aus, als würde er verhungern, weil er gezeichnet wird, dass man so drei von seinen Rippen sehen kann. Aber das ist einfach eine Andeutung darauf, dass er eben diese sehr dünne, langgezogene Windhundrasse ist.
Rahel:
[25:51] Ich finde die Story, wie die Simpsons ihren Familienhund kriegen, das ist auch schon wieder ein sehr lustiger Gag und gleichzeitig sehr gute Charakterisierung. Also wir erfahren… Homer braucht Weihnachtsgeld. Also ist seine Idee, klar, ich gehe zum Hunderennen und weil ich so ein guter Papa bin, nehme ich auch noch meinen Sohn mit zum Hunderennen, wo wir Geld wetten werden. Aber sie adoptieren dann eben einen Hund, der soeben auf die Straße gesetzt wurde. Also irgendwie ist es auch wieder ganz liebenswürdig.
Mháire:
[26:18] Ja, diese Leute machen Hanebüchen und dumme Dinge, aber im Kern sind sie eigentlich okay. Zumindest ist das, wie sie anfangen. Wir werden wahrscheinlich später noch ein bisschen über Character Degradation möglicherweise reden, was so ein Phänomen ist, wenn ein Charakter auf Dauer sehr, sehr bekannt ist und vor allen Dingen popkulturell sehr bekannt ist, viele von den quintessiziellen Teilen fast wieder wegfallen, weil sie zu einer Parodie ihrer selbst werden.
Rahel:
[26:45] Damit darf ich die Katze machen. Ja, Snowball, die Familienkatze. Beziehungsweise eigentlich ja mit vollem Namen Snowball 2. Das ist die fünfte Familienkatze der Simpsons mit dem Namen Snowball?
Mháire:
[26:54] Ja, das tut mir leid. Der Gag ist so doof, aber er funktioniert für mich.
Rahel:
[26:58] Ja, den vorherigen Katzen ist allesamt nichts Gutes passiert. Also die sind entweder Autos oder Fenstersprüngen oder ähnlichen tragischen Umständen zum Opfer gefallen. Und scheinbar ist die Familie aber dem Katzennamen Snowball sehr treu.
Mháire:
[27:14] Ja, vor allen Dingen ist es eine schwarze Katze namens Snowball. Gut, die Art von Schnee würde ich mir nicht ins Haus holen.
Rahel:
[27:20] Ja, damit haben wir die Kernfamilie samt Kind und Kegel wortwörtlich.
Mháire:
[27:25] Oh, warte, Moment mal.
Rahel:
[27:28] Oh, oh, sorry.
Mháire:
[27:29] Das Sprichwort Kind und Kegel bezieht sich auf Kind ist eheliches Kind und Kegel ist außereheliches Kind.
Rahel:
[27:34] Ja, das stimmt. Warte mal.
Mháire:
[27:36] Ich glaube, Bart, Lisa und Maggie sind alle treu und brav im Ehebett gezeugt worden. Beziehungsweise übrigens, das ist auch etwas, was mich rückblickend verblüfft hat, als ich jetzt wieder viel aus den frühen Staffeln geschaut habe, wie viel Sexy Times March at Home haben und wie selbstverständlich das Teil einer ja durchaus für jüngere Zuschauer eine gedachte Serie ist.
Rahel:
[27:54] Das stimmt, ja.
Mháire:
[27:55] Ich weiß nicht, ob man das heute noch machen würde. Aber ich fand es irgendwie fast erfrischend, so eine Zeitreise.
Rahel:
[28:00] Ja, guter Punkt. Muss ich darüber nachdenken, ob man das heute so machen würde. Auf jeden Fall in den 90ern war das, glaube ich, auch schon eine aufregende Sache. Auch mit der Selbstverständlichkeit, wie es gehandhabt wurde.
Mháire:
[28:09] Und auch mit der Selbstverständlichkeit, dass eine Figur, die als so dick und haarlos und dumm dargestellt wurde wie Homer Simpson, er in den Augen von Marge aber sexiest man alive ist und nicht auf eine haha Art und Weise, sondern nicht wirklich auf eine anrührende süße Art und Weise, dass die beiden auch mit drei Kindern und mit einem Job, den er hasst und kontinuierlichen Problemen echt immer noch aufeinander stehen und auch immer noch ineinander verknallt sind, ist irgendwie niedlich.
Rahel:
[28:36] Kommen wir mal zu den Nebenfiguren. Also das Ganze drumherum, denn ich finde, das sind eigentlich die Aspekte, von denen die Stadt Springfield lebt. Also wir haben wiedererkennbare Figuren, die Springfield-Leben einhauchen, die aber gleichzeitig auch sehr wichtige Funktionen erfüllen. Also im Grunde genommen sind die Nebenfiguren in meinen Augen alles Metaphern,
Rahel:
[28:56] um mal ein Beispiel zu nennen. Die Welt der Schule. Da haben wir dann so Nebencharaktere wie den Schulleiter Simon Skinner, der so der typische Bürokrat ist und der irgendwie versucht, die abgeranzte Schule und demotivierten LehrerInnen zusammenzuhalten. Der versucht auch häufig, Lisa als Vorzeigeschülerin auszunutzen, weil Lisa ist ja so eine intelligente Schülerin und da kann man vielleicht dann doch noch bei irgendwelchen Wettbewerben oder Wettkämpfen mit Punkten, was nie so ganz klappt. Und gleichzeitig wohnt Skinner aber selbst noch bei seiner Mutter, kann sich auch überhaupt nicht gegen sie durchsetzen. Der ist also selbst irgendwo so ein hilfloses, unselbstständiges Kind. Genau.
Mháire:
[29:36] Simo! Ach, die Furcht.
Rahel:
[29:38] Und wenn man sich dann anguckt, wer denn so zu seinen MitarbeiterInnen gehört, dann haben wir da beispielsweise die Lehrerin Edna Krababbel, inzwischen verstorben. Die eine ziemlich schlechte Lehrerin ist, die sich auch überhaupt nicht für ihre Schützlinge interessiert. Wir haben die Lehrerin Elizabeth Hoover, die völlig zermürbt ist vom Schulsystem, die einfach zu viel Alkohol trinkt und raucht und permanent gestresst ist. Und so alles zusammen sind diese Charaktere alles, was mit dem Schulsystem falsch läuft. Also wir haben keine Ressourcen für die Bildung, wir haben schlechtes und oder überfordertes Lehrpersonal und das wird durch so wenige Figuren wirklich auf den Punkt gebracht.
Mháire:
[30:15] Und wir haben drumherum dann noch ein paar ergänzende Charaktere, wo ich sagen muss, dass als Jugendliche ich teilweise den Sinn oder den Gag oder die Selbstverständlichkeit hinter denen gar nicht so richtig verstanden habe, weil sie entweder in der Übersetzung teils verloren gegangen sind oder einfach sehr amerikanisch sind, wie den unglaublich schottischen Hausmeister Willy. Der schottischste Schotte, der je geschottet hat. Also ich habe jetzt in der englischen Version, in der deutschen Version vergleichend geschaut, ein paar Sachen. Und er ist ja immer gleich, ich kann das gar nicht nachmachen. Rothaarig, Kild, Dudelsack, alles das volle Programm, was dazu gehört. Ein sehr emotionaler Mann, sowohl schnell wütend als auch schnell am Wasser gebaut. Also ein Mann der vollen Extreme, der als Hausmeister arbeitet und alle unangenehmen Dinge erledigt. Und den Busfahrer Otto. Ich meine, ich bin Bus-Schulkind gewesen, aber wir haben ja ein anderes System in Deutschland. Wir haben nicht den gelben Schulbus, wo immer derselbe Typ die Kids zur Schule fährt. Dass das irgendwie so ein selbstverständlicher Teil des Umfeldes ist, war weird für mich. Und ich habe auch nicht verstanden, dass wir ziemlich eindeutig in den Kiffer sein sollten.
Rahel:
[31:28] Ja, das hat bei mir vielleicht auch ein, zwei Jahre gedauert, bis ich das verstanden habe.
Mháire:
[31:35] Dies sind die Leute, mit denen Jugendliche und Kinder umgeben sind. Es sind alles keine schlechten Leute, aber es sind alles auch nicht wirklich Vorbilder. Also es geht weiter über das Kollegium hinaus, was die möglicherweise Kritik an der Art und Weise, wie Kids Bildung erfahren und Gemeinschaft erfahren.
Rahel:
[31:54] Wir haben im Grunde genommen ein ganz ähnliches Konstrukt auch beim Thema Arbeit. Da steht bei den Simpsons eben das Kernkraftwerk in Springfield immer im Vordergrund. Das gehört Charles Montgomery Burns, besser bekannt auch als Mr. Burns. Und der steht eben durch und durch für diesen boshaften, gierigen Kapitalismus. Der ist steinalt, der ist unverschämt reich. Ihm gehört ein Atomkraftwerk. Und er ist so der offensichtliche Bösewicht und Stereotyp des amerikanischen Unternehmers. Dann haben wir aber auf der anderen Seite seinen persönlichen Assistenten, Wade & Smithers. Man könnte auch sagen, eigentlich sein Lakai. Und der ist derjenige, der das System eigentlich so wirklich am Laufen hält. Und trotz phänomenal schlechter Behandlung bleibt er immer loyal. Also er hat unter anderem den sehr wichtig klingenden Jobtitel Executive Assistant. Er wird sehr häufig zum Mitarbeiter des Monats ernannt. Das sind aber ja alles Dinge, von denen er nicht wirklich irgendeinen tatsächlichen Vorteil hat.
Mháire:
[32:52] Er ist ihm einfach gänzlich ergeben, auf eine sehr früh schon angedeutet romantische Art und Weise auch. Burns ist seine ganze Welt. Es gibt eine Ausnahme in der Folge Who Killed Mr. Burns? beziehungsweise der Doppelfolge, wo es zwischendurch so aussieht, als wäre Mr. Burns erschossen worden. Da schafft er es, selbst Smithers von sich abzubringen.
Rahel:
[33:12] Ja, das stimmt.
Mháire:
[33:13] Und einmal muss er ihn mit der Pistole auffordern, in ein Flugzeug einzusteigen. Was umso lustiger ist, weil das Flugzeug nur im Miniaturmaßstab ist. Das ist einer von den abstrusen, fast schon surrealen Jokes, der sich in mein Gehirn gefressen hat. Eine Anspielung auf die Spruce Goose von Howard Hughes, dem Aviator-Vorbild. Nur, dass das Flugzeug in dem Fall winzig ist. Damit wollen sie fliehen und dann stehen sie davor. Und Burns richtet eine Pistole aus Mithers und sagt, einsteigen. Was objektiv unmöglich ist. Es ist schwierig zu erklären, warum das so lustig ist, wenn man es nicht gesehen hat. Aber wir gehen ja fast davon aus, dass ich denke schon 80 bis 90 Prozent der Leute, die das hier hören, zumindest ein Grundwissen zu den Simpsons haben, weil es glaube ich schwer ist, aufgewachsen zu sein in den letzten 1, 2, 3, 1,5 Jahrzehnten ohne.
Rahel:
[34:03] Ich denke, das war eine faire Einschätzung.
Mháire:
[34:05] Springfield ist aber generell absolut voll mit Nebenfiguren. Oh, ich wollte aber jetzt gar nicht darüber hinweggehen, dass du ja angefangen hattest mit, er besitzt das Kernkraftwerk, was schon bizarr genug ist. Springfield hat ein Kernkraftwerk. Also das ist sicherlich nicht nur für Springfield da, aber es wird dann manchmal suggeriert, dass die Stromabnahme von Springfield durchaus wichtig ist für Mr. Burns. Und jedes Mal, wenn irgendetwas Schlimmes, Kapitalistisches passiert oder Geld im Spiel ist, taucht Mr. Burns auf und hätte das auch gerne. Oder es gehört ihm schon. Oder er verkleidet sich als irgendjemand, um es sich zu erschleichen. Also er ist einfach der… Und im Kinofilm gibt es diesen Spruch, wo Leute zu ihm kommen, um ihn etwas zu bitten und er sagt dann mit den Fingern in seiner klassischen Mr. Burns Geste, sofort im Körper zusammengelegt, mit den Fingerspitzen, den kahlen Kopf nach vorne geschoben, buckeligen Rücken und sagt, ah, endlich mal ist der reiche weiße Mann am längeren Hebel. Das ist eigentlich schon die Zusammenfassung. Er ist eine arschige, selbstverliebte, weltfremde, reiche, weiße, hyperkapitalistische Elite, die mit all ihren Hässlichkeiten und Warzen in diese eine Figur gekostet worden ist als Persiflage.
Rahel:
[35:17] Ich bezeichne das immer sehr gerne als personifizierte Monopoly-Pathie.
Mháire:
[35:20] Ja, das ist sehr gut. Es fehlt ihm nur noch das Mandela-Effekt-Monocle, das der Monopoly-Mann gar nicht hat. Das fiel mir gerade auf, was ich gesagt wollte. Es fehlt ihm nur das Monocle, das ist die Vorlage auch. Egal.
Rahel:
[35:30] Er ist nun mal die bittere Realität vom American Dream. Also Mr. Burns hat ehrlich gesagt sehr wenig erreicht. Das erfahren wir ja auch. Er stammt schon aus einer reichen Familie. Er hat diesen Reichtum nur eben immer weiter ausgebaut. Durch Ausbeutung. Und Smithers ist dann so ein bisschen das Gegenstück, der immer daran glaubt, dass er irgendwann diese ruhmreiche Leiter auch wird erklimmen können. Aber naja, eigentlich wissen alle, nein, so funktioniert das nicht.
Mháire:
[35:53] Er wird nur kontinuierlich niedergemacht und muss den Dreck aufräumen, den Unsinn wieder gerade biegen, den sein Chef gemacht hat. Und ihn daran erinnern, was gerade der Anlass ist. Es gibt viel Smithers, kommt nach vorne und macht kurz so ins Ohr von Burns, nachdem er die falsche Rede begonnen hat oder sich auf falsche Dinge bezogen hat. Und dann so, ah, ja, also er ist auch noch das Gehirn von Burns. Armer Typ. Spivers!
Rahel:
[36:22] Wen könnte man denn aus dem Simpsons-Umfeld noch kennen?
Mháire:
[36:26] Ich würde gerne über die Nachbarn reden.
Rahel:
[36:28] Ja.
Mháire:
[36:29] Sie haben vor allen Dingen auf einer Seite Nachbarn. Und das sind die Flanders. Die Flanders sind das Vorzeigebild der braven evangelikalen Christen. Die das Wasp-Amerika, also White Anglo-Saxon Protestant, so sehr prägen. Flanders mit seinem Schnorres und seiner braven Frisur, seine sehr strikte und nörgelige Ehefrau Maud und seine knuffigen, sehr braven und manchmal schon grenzwertig dadurch nicht sehr durchsetzungsfähigen Kinder Todd und Rod, die in so Sprüngen in der Zeit nach vorne sich herausstellen, sehr schwul werden. Ja, und dann in diesem Elternhaus in eine ganz andere Richtung hinaus entkommen und entwachsen. Ned ist aber auch wirklich ein grundlegend guter Typ, aber wird ganz, ganz lange aufgebaut als die Hass- und Konkurrenzfigur von Homer. Ned hat immer die besseren Sachen, Ned hat ein cooleres Haus, Ned pflegt seinen Garten besser, Ned ist in allem erfolgreicher und er ist dann obendrein auch noch unerträglich nett zuvorkommt und hält immer die andere Wange hin, wenn man ihn ins Gesicht geschlagen hat. Und Homer schlägt ihm auf sehr viel Art und Weise und auch durchaus wörtlich ins Gesicht, klaut ihm ständig Dinge und sonst irgendwas. Und Ned Flanders ist eine von den absoluten Kultfiguren dieser Serie, weil es auch eine von denen ist, die anfängt als so ein Klischeebild und dann regelmäßig gibt es vollkommen überraschende neue Erkenntnisse über ihn.
Rahel:
[37:57] Ja.
Mháire:
[37:57] Wie zum Beispiel, dass er unglaublich fit ist unter seinem blöden grünen Pulli. Und ich hätte schwören können, dass Mord Flanders in einer der ersten Staffeln stirbt. Weil das so ein Ding war, dass Mord Flanders irgendwann auf eine Hanebüchenart und Weise stirbt. Aber es ist Staffel 11.
Rahel:
[38:14] Sehr spät. Ich hätte jetzt nicht mit den ersten Folgen gerechnet, sondern so Staffel 5 oder 6.
Mháire:
[38:17] Mhm. Aber es ist elf. Und ich meine, sie stirbt, weil sie von mehreren T-Shirts aus einer T-Shirt-Kanone getroffen wird. Und hintenüber von der Zuschauergalerie eines in einem Naturschutzparks abgehaltenen Autorennens fällt. Weil Homer die T-Shirts haben wollte, sich dann aber bückt, weil er eine Haarnadel sich hier aufhebt. Es ist mal wieder absolut abstrus und endlich stirbt sie dann, weil Homer auch noch in der Rettungskasse geparkt hat und der Rettungswagen nicht hinkommt. Es tut mir leid, aber Homer tut Ned Flanders kontinuierlich furchtbare Dinge an und es wird ihm verziehen dafür. Und ich möchte an dieser Stelle darauf hinweisen, wir werden noch viel über den popkulturellen Einfluss reden, den ich sehe, hat er. Aber es gibt eine Metal-Band namens Okili-Dokili, beziehungsweise The Okili-Dokilis, das ist der Catchphrase von Ned Flanders im Original, Okili-Dokili, weil er immer fröhlich ist und immer zustimmt, die Metal-Songs gemacht haben über langweilige Alltagsdinge von braven weißen Leuten. Also vor allen Dingen gibt es eins über White Wine Spritzer, also Weißwein mit Sprudelwasser aufgefüllt, eines der langweiligsten und bravsten alkoholischen Getränke, die man zu sich nehmen kann. Absolute Empfehlung. Versucht das mal zu finden, die Oakley-Dokeleys mit White-Wein-Spritzer. Back to you, Rahel.
Rahel:
[39:43] Wen man noch kennen sollte, ist die erweiterte Familie. Denn da gibt es natürlich auch aus dem direkten Umfeld Charaktere, die mal häufiger und mal seltener auftreten. Und zu den Familienmitgliedern, die wir immer mal wieder sehen, also recht regelmäßig, gehören die Zwillinge und Marges Schwestern Patty und Selma Bouvie. Die für mich einfach einen warmen Platz in meinem Herzen haben, weil die haben eine Attitüde, die gefällt mir sehr gut.
Mháire:
[40:10] Aha, du bist also insgeheim eigentlich auch ein Hater.
Rahel:
[40:14] Ja. Aber ich lasse es nicht so raushängen. Die zwei sind Kettenraucherinnen. Also eigentlich, wo die rumlaufen, ist es immer neblig. Sie können Homer wirklich nicht ausstehen. Ist aber andersrum genauso. Sie waren auch immer der Meinung, dass Marge eigentlich Besseres verdient hätte als Homer. Wo sich dann Marge immer gegen ihre Schwestern durchsetzen musste. Aber gleichzeitig auch ein gutes Verhältnis zu ihnen hat. Patty Bouvier ist seit der 16. Staffel geoutet als lesbisch. Das ist ein Punkt, wo wir später auch noch zukommen werden.
Mháire:
[40:47] Aber wir wussten es doch alle vorher schon.
Rahel:
[40:49] Natürlich wussten wir das vorher alle schon. Aber ab da war es dann offiziell. Was ja auch noch mal ein wichtiger Unterschied ist.
Rahel:
[40:55] Ein anderes Familienmitglied, da kommen wir dann mal zu Homers Seite. Nämlich Grandpa Simpson. Eigentlich mit Vornamen Abe genannt. Aber er tritt eigentlich immer nur als Grandpa, also als Opa Simpson auf. Er erzählt sehr gerne lange und scheinbar nie endende und auch nur schwer verständliche und immer unglaubwürdige Geschichten. Über seine Erfahrungen beispielsweise im Zweiten Weltkrieg oder ganz am Anfang auch noch im Ersten Weltkrieg. Man ist sich nie ganz sicher, was davon jetzt alles stimmt. Er ist auch sehr vergesslich, wird auch schon mal vergessen, unter anderem von Homer.
Mháire:
[41:29] Er ist ja eigentlich auch regulär ins Altenheim abgeschoben.
Rahel:
[41:32] Ja, ins Springfield Retirement Castle, was schon ein sehr warmherziger Name für diesen Ort ist. Also wir wissen nicht, ob es ein Schloss ist oder eine Burg, weil die Leute da drin so sicher ist oder weil niemand entkommen kann.
Mháire:
[41:44] Ich glaube, es ist, weil irgendjemand ein Wort brauchte, das Gebäude. Obwohl, sie haben eine schöne Auffahrt mit Blumen da, auch wenn es ein Running Gag ist, dass die Insassen, in Anführungsstrichen, eigentlich das Heim eh nicht verlassen, selbst wenn sie können. Ich meine, es sind teilweise auch sehr boshafte Witze über die Demenz von Abe Simpson.
Rahel:
[42:03] Ja.
Mháire:
[42:03] Ich glaube, das Meme mit, er kommt rein, hängt seinen Hut auf, geht wieder. Also dieses, ich weiß nicht, wo ich bin und ich weiß nicht, wohin ich gehe.
Mháire:
[42:10] Es gibt eine ganze Reihe von wiederkehrenden Figuren, wo wir auch unter anderem den schönen Effekt haben. Dass es eine Figur gibt, die im Original deutschstämmig ist, was in deutschen Synchronversionen dann immer ein bisschen so, was machen wir jetzt damit? Da sitzt ein Kind in Lederhosen, aber wir könnten ihm in Deutsch keinen deutschen Akzent geben. Also es gibt da ganz viele Charaktere, die, wenn sie nicht ausnahmsweise mal auf einmal Fokus von irgendeinem Plot werden, ein Running Gag sind. Aber es gibt ein paar, die auf Dauer wichtiger sind. Das ist zum Beispiel der Sohn des Sheriffs, Ralph Wiggum, der nicht sehr heller, aber irgendwie nett ist. Wir haben Nelson, den Bully, der auch wirklich ein Schläger ist und von dem die anderen Kids und auch Bart durchaus Schiss haben. Und ich finde es tatsächlich interessant, die Dynamik, dass wir mit Bart so ein sassy, fieses, durchaus auch auf diese kindische Art und Weise gewaltverherrlichendes Kind haben, aber dass er selber dann einen Bully hat, der ihn absolut fertig macht. Und das ist halt so wirklich so ein klassischer 80s, 90s Bully, wie ihn auch Stephen King geschrieben hätte, so grobschlechtig, fies, nicht sehr hätte. Und wir haben den schlauen und zurückhaltenden und leicht fertig zu machenden Milhouse, der der typische Nerd mit Glasses ist.
Mháire:
[43:30] Die Dynamik zwischen denen kann sich durchaus auch immer mal wieder einzeln ändern. Und ich finde gerade Milhouse hat mit der Zeit auch immer sehr viel Liebe bekommen. Aus diesem am Anfang fast ein bisschen so erbärmlich gezeichneten Figur mehr Tiefe gegeben haben.
Rahel:
[43:44] Ja, und auch ein bisschen mehr eigene Motivation. Ich finde am Anfang ist Milhouse immer so ein bisschen der Psychic von Bart.
Mháire:
[43:49] Ja, der sich immer reinziehen lässt in Dinge und eigentlich gar nicht will, weil er feige ist.
Rahel:
[43:54] Ja, genau.
Mháire:
[43:55] Oder die Stimme der Vernunft, je nachdem, wie man das lieben will.
Rahel:
[43:58] Später erfahren wir dann auch so Dinge wie, dass er eigentlich hoffnungslos in Lisa verknallt ist.
Mháire:
[44:02] Kann man ihm nicht jübel nehmen. Sie ist schon das coolste Mädchen an der Schule. Was auch auffällt, ist, dass die klarer gezeichneten Kinder-Nebenfiguren schon Jungs sind.
Rahel:
[44:15] Ja.
Mháire:
[44:15] Ich denke, das hat vor allen Dingen damit zu tun, dass Bart, wie du sagtest, am Anfang die Fokusfigur der Serie ist. Weil ich denke, man sich durchaus gedacht hat, dass das auch die Zielgruppe ist, an die man sich richtet. an sassy, aufsässige 90s-Kids. Ich meine, er ist ja das quintessentielle 90s-Kid mit Skateboard und einer Attitüde, möchte ich es nennen. Dementsprechend dann auch seinem ganzen Jungsfreunde.
Rahel:
[44:37] Das stimmt. Was aber auch auffällt, ist, dass wenn ich jetzt mal von Freundeskreisen doch spreche, dann erfahren wir viel über Bart und wir erfahren viel über Homer. Also der hat seine Freunde von der Arbeit und in der Taverne, also wie Mo, Barney, Karl, Lenny und Larry. Aber wir erfahren jetzt nicht so richtig, dass Marge beispielsweise eigene Freunde oder Freundinnen hätten. Und auch bei Lisa ist es ja so, dass viele von den Kids, mit denen sie in der Schule rumhängt, das sind eigentlich Barz-Freunde.
Mháire:
[45:06] Beziehungsweise sie ist eher diejenige, die wenn dann fast mit den Lehrern abhängen würde.
Rahel:
[45:10] Oder das, ja, genau.
Mháire:
[45:11] Und Marge hat vor allen Dingen ihre Schwestern.
Rahel:
[45:13] Ja.
Mháire:
[45:15] Ihre fiesen, lästernden, rauchenden Schwestern. Oh, wir haben noch nicht erwähnt, der Job, den die Schwestern haben, das ist nämlich fast das Beste. Die arbeiten beim DMV, also die Zulassungsstelle, wo die Leute aber auch ihre Führerscheine machen. Das heißt, sie haben sehr große Macht über Springfield.
Mháire:
[45:33] Sie entscheiden, wer einen Führerschein bekommt und wessen Auto irgendwann zugelassen wird. Und sie mögen diese Macht auch. Das merkt man schon. Vor allen Dingen, wenn sie damit Homer schassen können. Sie haben bei einer der Folgen, die ich jetzt nochmal geschaut habe, auch einen der besten Gags, der sich aus dem Hass auf Homer und ihre Lästerei bezieht. Weil das ist eine von den legendärsten Folgen, And Maggie Makes Free, wo nacherzählt wird, wie Maggie in die Familie gekommen wird. Und da geht es eben unter anderem darum, dass Marge schwanger ist, es aber Homer noch nicht sagt, weil er seinen Job gekündigt hatte in der Annahme, dass er nicht mehr so viel verdienen muss, weil er seine Schulden abbezahlt hat. Und sie haben zwei Kinder und für die hat er alles berechnet. Und die Schwestern erfahren das, wissen das. Und dann hast du eine Szene, wie sie durch ein Telefonbuch gehen und sie fangen an mit A. Aronson und sagen ihm, du möchtest sicher wissen. Und dann Cut und irgendjemand namens Süsauski oder so etwas sagt, und der Person das Gleiche. Weil es natürlich… Andeutet, dass sie das gesamte Telefonbuch durchgegangen sind und dann legen sie auf und sagen, gut, Aronson und Sissowski sind die größten Klatschpleute des Ortes. Es ist defying expectations. Wenn sie es gut machen, machen sie es brillant. Das stimmt. Another aside.
Mháire:
[46:42] Du hast aber gerade Homers Freundeskreis schon erwähnt, der größtenteils identisch ist mit den Leuten, mit denen er zusammen arbeitet und mit den Leuten, die in der Bar abhängen.
Rahel:
[46:49] Genau, was wir von Homer viel mitkriegen. Er ist auf der Arbeit und nach der Arbeit fährt er sehr häufig zu Monster Werner. und den Rest der Zeit verbringt er dann zu Hause. Also das sind so eigentlich die drei typischen Orte, wo man Homer antrifft. Und daraus ergeben sich auch die Leute, mit denen er Zeit verbringt. Wenn es also nicht seine Familie ist, dann haben wir seine Arbeitskollegen, Karl, Lenny und Larry. Die nimmt er aber auch häufig wieder mit nach Moes Taverne, wo wir eben Moe haben, den Kneipenbesitzer, mit seinen grauen Haaren. Die waren in der ersten Folge noch blau. Da gab es noch einen Fehler mit der Koloration. Und wo wir dann auch Barney treffen, der im Grunde genommen der Stammgast schlechthin in der Kneipe ist, der wohl auch scheinbar eigentlich immer einen Sitzen hat, sehr viel Bier trinkt. Wobei auch Barney viele Folgen hat, wo wir diesen Charakter uns dann genauer anschauen, wo wir auch mehr über seinen Hintergrund erfahren oder wo er auch mal eben dann abstinent wird, wo wir auch erfahren, dass Homer einer der Gründe ist, warum er Alkohol trinkt oder dass Homer ihn dahin gebracht hat.
Mháire:
[47:50] Ich wollte gerade sagen, es ist nicht einer der Gründe, Und es ist der Grund.
Rahel:
[47:53] Es ist der Grund, ja, okay. Stimmt schon.
Mháire:
[47:56] Barney ist eigentlich ein schlauer, erfolgreicher, sportlicher Typ gewesen. Und dann hat er eine Dose Bier von Homelie bekommen. Und das ist eigentlich echt tragisch. Es wird durchaus Witz gehandelt, aber es ist auch echt, echt bitter. Und selbst wenn er es zwischendurch schafft, nüchtern zu werden, reicht eine Andeutung von Alkohol sogar nur, damit er wieder diese Rückwärtsverwandlung macht. Das ist fast so ein Jekyll and Hyde-Situation, wo sich der gesamte Charakter verändert, wie er redet, wie er sich hält, wie das Gesicht gezeichnet ist. Es ist fast so eine Wehrwulf-Verwandlung. Also ganz furchtbar eigentlich. Jugendliche habe ich nur Haha gemacht, ohne die tiefere Tragik dahinter zu verstehen. Und so im Nachhinein ist es echt so, meine Güte, es ist furchtbar. Raleigh.
Rahel:
[48:40] Ja, Barney ist möglicherweise die gescheitertste Person von Gun Springfield.
Mháire:
[48:45] Ja. Ich glaube über Lenny Lennart und Carl Carlson. Ich meine, die Namen sagen ja schon alles. Das ist so Lenny Lennart, Carl Carlson. Es ist so, als hätten sie in der Mitte der Erschaffung der Charaktere aufgegeben, sich einen Namen auszudenken. Und die sind auch lange einfach da. Barney Gumbel, ich meine Barney Geröllheimer ist im Original Barney Grumble, also der beste Kumpel von Fred Flintstone. Und einen Buchstaben weggenommen und ihn erbärmlicher gemacht. Es gibt sehr viele Flintstones-Anspielungen in den ersten Staffeln.
Rahel:
[49:15] Ja.
Mháire:
[49:16] Ist nur fair, inzwischen haben alle Zeichentrickserie eine Anspielung auf die
Mháire:
[49:18] Simpsons. Wir haben noch die ganzen Weirdos.
Rahel:
[49:21] Ja, sehr viele Weirdos.
Mháire:
[49:23] Die Entertainment-Charaktere.
Rahel:
[49:26] Bei den Entertainment-Charakteren, da haben wir dann doch einige Kuriositäten. Der berühmteste wird ohne Zweifel Krusty der Clown sein. Und ja, das ist ein Berufsklown im Simpsons-Kosmos, der eine eigene Fernsehshow hat und eine eigene Bühnenshow. Und in Wahrheit ist das aber eine ziemlich heruntergekommene und ausgebrannte Persönlichkeit. Also auch Krusty ist Kettenraucher, trinkt viel Alkohol. Er ist auch besonders bekannt dafür, dass er sein Gesicht und seine Marke, Krusty der Clown, für minderwertige Merchandise-Produkte hergibt. So wie dann den Krusty Burger, der aber eigentlich ziemlich eklig ist.
Mháire:
[50:00] Aber das Standard-Fastfood zu sein scheint in Springfield.
Rahel:
[50:03] Und ziemlich eklig ist.
Mháire:
[50:04] Ja, es passt zu Springfield. Was für ein trauriger kleiner Ort im Schatten des Atomkraftwerks. Mit kontinuierlich irgendwelchen Giftstoffen im Grundwasser, in der Luft, in der Schule.
Rahel:
[50:17] Und zu Beginn hat Krusty ja auch noch seinen Showassistenten, Sideshow-Bob oder Tingle-Tangle-Bob im Deutschen, Der sich dann aber im Laufe der Serie zum wiederkehrenden Antagonist mausert, weil Sideshow-Bob versucht immer wieder Bart zu ermorden. Das heißt, das ist so ein bisschen das Klischee vom hochintelligenten soziopathischen und mörderischen Verbrecher. Wobei dieses Klischee aber aus irgendeinem Grund in der Welt von… Krusty und seiner Clown-Show anfängt. Auch das ergibt irgendwie Sinn, wenn man es schaut, aber wenn man es so nacherzählt, ist das eine ziemlich chaotische Verbindung.
Mháire:
[50:53] Wo du das sagst mit der schlaue Soziopath, es gibt ja oft den Witz, dass die bizarren Figuren auf einmal sehr gebildet und wortgewandt sind. Weil es gibt noch einen anderen Sideshow-Sidekick, nämlich Sideshow Mel. Das ist der mit dem Knochen im Haar, der ebenfalls immer hinter Krusty the Clown herläuft. Es gibt ja etwas, wo er auf einmal auftaucht und sagt, guten Tag, mein Name ist de Bellwin van Horn und dies ist mein Arbeitgeber und Freund, Herschel Khrustowski. Diese Leute haben halt ihre albernen Karnevals- oder reisender Zirkusnamen, aber dahinter ist dann auf einmal noch eine ganz andere und auch distinguierte Persönlichkeit als Gag.
Mháire:
[51:32] Und Sideshow Bob, einer der Witze, der gerade im deutschsprachigen Raum am häftigsten eingeschlagen ist, ist Die Bart Die.
Rahel:
[51:38] Und alle wissen sofort, was gemeint ist.
Mháire:
[51:40] Ja, exakt. Wenn man ein Strichdeutsch, der kann nicht böse sein.
Rahel:
[51:45] Also kurze Erklärung, Tingle Tangle Bob steht im Gerichtssaal, er hat quasi einen Antrag gestellt, verfrüht aus dem Gefängnis entlassen zu werden, wegen guter Führung und er verteidigt sich selber und die Simpsons versuchen eben diesen Appeal zu verhindern, wobei Bart ja immer das Hauptopfer von Tingle Tangle Bob ist. Und verweisen unter anderem, dass auf Tingle Tangle Bobs Brust die Worte Die Bart Die stehen. Also Stirb Bart Stirb. Worauf dann aber die Reaktion kommt, nein, das heißt Die Bart, Die. Oh, der Mann spricht Deutsch, der kann nicht böse sein.
Mháire:
[52:21] Es ist so doof. Das war ja noch die Zeit, wo in den amerikanischen Medien was Deutsches vorkam. Alle Leute, die das hier geschaut haben, haben gesagt, Senpai has noticed us. Die Kulturhegemonie der USA war unangefochten zu dem Zeitpunkt. Wir haben noch haufenweise kuriose Gestalten ringsum. Bei Entertainment würde ich noch mit reinpacken Troy McClure, der eine ganze Weile der B-Movie-Star ist, der immer auftaucht, wenn man einen traurigen und abgehalfterten Star braucht, der immer in Filmen mitgespielt hat, die eigenen Dreher doofer sind als reale B-Movies von den Titeln her. So eine traurige Gestalt, die genau weiß, dass ihre Karriere eigentlich vorbei
Mháire:
[52:59] ist. Und was mich teilweise fertig gemacht hat, teils einmalige, teils wiederkehrende Cameos, die auch von Anfang an schon mit dabei sind von bekannten DarstellerInnen. Ich denke, mit am bekanntesten ist, dass Adam West in der ersten Staffel auftaucht und anders gezeichnet ist als alle anderen Leute. Weil alle anderen haben diesen Simpsons-Style mit den großen Augen und dem Überbiss.
Mháire:
[53:24] Und Adam West hat eine Karikatur, aber doch deutlich realistischer als alle anderen seines eigenen Gesichts. Und ist dann auch eine kontinuierliche Anspielung auf die 1960er-Batman-Serie, in der er Batman gespielt hat, die für mich als Jugendliche… Die vollkommen unverständlich waren. Inzwischen habe ich durchaus Teil der Batman-Serie nachgeholt. Nur ganz, ganz am Rande, ich bin ein riesen Batman-Fan. Aber seit Ende der 90er erst. Und die 1960er-Serie habe ich auch noch erst sehr viel später irgendwo Sachen zu aufgetrieben. Und natürlich den Film Batman hält die Welt in Atem.
Mháire:
[54:00] Bis heute großartiges, einmaliges Machwerk. Möglicherweise eine Quiet Taste. Und wie weird. Das muss ja tief genug in dem Bewusstsein der Öffentlichkeit und in der Popkultur drin gewesen sein, dass das Sinn gemacht hat, dem so viel Raum zu geben in einer Simpsons-Folge.
Rahel:
[54:19] Er hat es aber auch. Das weiß ich zufälligerweise, weil meine Familie in den 80ern, also vor meiner Zeit, einige Jahre in den Staaten gelebt hat. Und ich bin von sehr klein an mit der 60er-Serie sozialisiert worden.
Mháire:
[54:31] Ich bin fast ein bisschen daidisch.
Mháire:
[54:35] Obwohl bis heute eine der heißesten Catwomen und ein anderer Celebrity Guest, der tatsächlich immer wieder auftaucht und der auch über andere Serien hinweg offensichtlich eine Faszination ausgelöst hat bei Matt Groening, Leonard Nimoy, also vor allen Dingen bekannt als Mr. Spock aus Star Trek, der als er selbst auftaucht, aber teilweise eben auch Dinge in der Realität passieren, die aus Star Trek entlehnt sind, wie dass er sich auf einmal wegbeamt. Also so ein ganz seltsamer Mischmasch aus der Person und ihrer Rolle. Schwer zu erklären, warum das passiert. Aber ich glaube, weil Matt Groening ein Riesenfan war.
Rahel:
[55:13] Das ist ja generell ein Thema, was die Simpsons perfektioniert haben. Diese Cameo-Star-Auftritte, wo eigentlich so ziemlich alle mit Rang und Namen, ihr gelbes Konterfei oder eben ein alter Ego verpasst haben. Also im Fall von Leonard Nimoy, der ist dann als er selbst aufgetreten. Aber wir haben ja auch eine ganz berühmte Gastrolle von Michael Jackson, der an seiner Stimme eben sehr erkennbar Michael Jackson ist. Aber die Figur sieht sehr anders aus. Und auch da wird immer wieder damit gespielt, na ja, ihr habt es ja schon erkannt. Aber gleichzeitig ist das auch nicht. Also diese Doppelrolle haben wir bei vielen von diesen Star-Auftritten. Man muss jetzt sagen, in späteren Staffeln wirft man der Serie berechtigtermaßen vor, dass sie Storys, Gags und ein Stück weit auch mal die eigene Identität der Serie für eben genau diese Celebrity-Auftritte ein bisschen geopfert haben.
Mháire:
[56:06] Das ist ein Henne-Ei-Problem. Am Anfang war es noch so, ich kann nicht glauben, dass XY in den Simpsons mitgespielt hat. Und jetzt ist es so, oh, XY hat es geschafft, eine Gastrolle bei den Simpsons zu haben. Es ist nicht mehr, oh, die haben das da eingebaut, sondern eher ein Prestige-Gag für die Celebrity-Person. Also es hat sich umgekehrt, weil die Simpsons so eine Bedeutung haben.
Mháire:
[56:24] Andere Charaktere, die ich auf jeden Fall noch erwähnen wollen würde aus der regelmäßig auftauchenden Besetzung von Springfield ist der Bürgermeister Quimby, der rückgratlos, semi-wohl meint und unfähig ist und überfordert.
Rahel:
[56:37] Und Demokrat.
Mháire:
[56:37] Und Demokrat. Manche bösen Zucken würden sagen, das geht durchaus miteinander Hand in Hand. Und Chief Wiggum, der Vater von Ralf, der das Klischeebild des unfähigen, faulen Donut-essenden Cops darstellt. Der regelmäßig irgendwo im Vordergrund ein Interview gibt, wenn im Hintergrund ein Verbrechen geschieht. Und wichtige Dinge ignoriert, nicht auf Kinder hört und nicht glaubt, dass das, was sie ihm sagen, stimmt. Was natürlich, wenn es Lisa ist, auf jeden Fall immer der Fall ist, dass es stimmt und dann sie von ihm ignoriert wird. Ein unfähiger Typ und der Gag mit der unsichtbaren Schreibmaschine wird mich ewig verfolgen, dass er eine Aussage ignoriert, weil sie eben doof vorkommt und sagt, ja natürlich schreibe ich mir das auf, auf meine unsichtbaren Schreibmaschine und dann in der Luft so tack, tack, tack, tack macht. Es tut mir sehr leid für mein Umfeld, aber das mache ich bis heute manchmal.
Rahel:
[57:26] Er ist unfähig und er arbeitet nicht immer ganz sauber. Sagen wir es mal so.
Mháire:
[57:31] Er arbeitet nicht, da kann man es eigentlich schon verspenden, beziehungsweise er möchte nicht arbeiten. Er wird gerne respektiert und er hat gerne eine Waffe, aber dafür etwas tun und tatsächlich seinen Job machen ist eine andere Sache.
Mháire:
[57:43] Und dann haben wir Apu und über den werden wir sicher auch noch reden.
Rahel:
[57:46] Ja.
Mháire:
[57:46] Der Besitzer des Quickie-Marts und aus irgendeiner indischen Region stammend.
Rahel:
[57:52] Wird sehr häufig angeschossen.
Mháire:
[57:53] Ja, sein Laden wird ständig überfallen.
Rahel:
[57:55] Das ist jetzt eine schöne Überleitung, wenn wir schon bei seinem Laden sind. Dann würde ich dir mal vorschlagen, dass wir uns Springfield selbst angucken. Denn das ist eigentlich so die wahre Stärke der Serie, in meinen Augen. Also das nicht so geheime Geheimrezept. Also es ist ja schön und gut, dass die Simpsons eine wirklich beknackte Familie sind und dass auch deren Umfeld sehr beknackt ist. Aber das entfaltet sich in meinen Augen alles nur so richtig, weil eben die ganze Stadt auch so merkwürdig ist. Auf den ersten Blick ist Springfield eine sehr nostalgische, idyllische amerikanische Kleinstadt mit viel Anspielungen auf heile Welt Fernsehserien. Und auf den zweiten Blick fällt das dann komplett in sich zusammen.
Mháire:
[58:35] Ja. Und wir hatten es ja vorhin schon mit den Namensherkünften von Dingen. Springfield ist nicht zufällig Springfield benannt. Beziehungsweise es ist Springfield benannt, weil wenn man zufällig irgendwo auf die Landkarte der USA zeigt, man wahrscheinlich unter seinem Finger ein Springfield hat.
Rahel:
[58:51] Es ist nach Washington der häufigste Stadtname in den Staaten.
Mháire:
[58:56] Das ist echt traurig. Aber die Idee ist halt, dass dieser Ort überall liegen kann. Und es gibt auch nicht wirklich Dinge, an denen man tatsächlich festmachen könnte, wo in den USA Springfield liegt.
Rahel:
[59:07] Nein, was der Plot gerade braucht, das finden wir auch in Springfield. Das macht die Stadt auch so skurril. Also wir haben Sümpfe, Berge, Gletscher, Ödland, Wüste und, und, und, und, und. Das hat auch mal eine Küste und mal nicht. Im Simpsons-Film machen sie da eine ganz große Kiste aus diesem Running Gag, weil da erfahren wir dann endlich, wo Springfield liegt. Und es grenzt dann die Bundesstaaten Ohio, Nevada, Maine und Kentucky an. Was sehr lustig ist, wenn man sich die Landkarte anguckt.
Mháire:
[59:39] Ja, von der Idee.
Rahel:
[59:41] Wie es aussieht, fangen wir mal von der Seite aus. Springfield hat sehr starke kalifornische Einschläge, Sowohl in der Farbgebung, aber wir kriegen auch hin und wieder mal, so unter anderem im Film, einen Panoramablick auf Springfield. Und da sieht die Stadt dann im Grunde genommen aus wie Klein-LA. Also die Stadt hat so ein Springfield-Zeichen statt des Hollywood-Zeichens. Und wir haben im Vordergrund ein Observatorium, das sehr stark an die Griffith-Sternwart erinnert. Und wir haben auch diesen typischen Hügelblick auf die geradlinigen Straßen. Aber gleichzeitig ist Springfield auch definitiv nicht Los Angeles.
Mháire:
[1:00:15] Ja, es ist eine Kleinstadt, das auf jeden Fall schon mal. Und es ist nicht dieses Konglomerat, das man in den USA oft hat, von einer Stadt-Stadt mit Downtown und dann ganz, ganz viel so Satellitenstätten, den Suburbs, außen drumherum mit dem Phänomen, was für uns in Europa ja teilweise überhaupt nicht nachvollziehbar ist, dass es diese krassen Zoning-Laws gibt. Und dass du in den Vororten nur wohnen darfst, aber keine Geschäfte hast und das alles dann in anderen Teilen sein muss. Springfield ist durchmischt. Du hast die Wohngebäude und zwei Straßen weiter ist Most Heaven und zwei Straßen weiter ist die Schule und eine Straße weiter ist der Quickie Mart. Ich habe das früher nie hinterfragt, weil das etwas ist, was für uns selbstverständlich ist. In den 90ern sahen auch hier Kleinstädte so aus, dass du Wohnhäuser und Läden und alles Mögliche nebeneinander hast und die Leute oft nicht weit weg von dem, wo sie gewohnt haben, gearbeitet haben, wenn auch nicht im Atomkraftwerk meistens. Für die USA ist es ja fast schon für viele Leute eine ungewöhnliche Wohnsituation, dass alles in direkter Reichweite ist und man mit dem Fahrrad oder einem Skateboard von A nach B kommen kann. Die haben sogar überall Gehwege, Rahel, Gehwege.
Rahel:
[1:01:24] Die Gehwege, die sind wirklich merkwürdig.
Mháire:
[1:01:27] Also ja, ich glaube, da ist es auch sehr, sehr Kleinstadt-Kalifornien inspiriert.
Rahel:
[1:01:31] Wobei man kategorisch bei den Simpsons nicht unbedingt sagen kann, dass alles so in greifbarer Nähe ist, weil auch Springfield ja sein Layout permanent verändert, ebenso wie der Plot es gerade braucht. Mal ist die Schule eben nur die Straße runter und mal ist es eine halbe Stunde Busfahrt entfernt. Also auch da haben wir jetzt nicht die feste Stadtkarte, nach der wir uns orientieren können.
Mháire:
[1:01:50] Das stimmt. Und vor allen Dingen in den Wäldern ringsum ist immer genau das, was wir gerade brauchen.
Rahel:
[1:01:55] Ja, es gibt noch eine Kleinigkeit, auf die ich eingehen möchte, um mal so eine Besonderheit hervorzuheben, dadurch, dass die Simpsons eine Cartoon-Serie sind. Denn nur deswegen können die Simpsons überhaupt Springfield als dieses komplette Universum der Serie benutzen. Weil bei einer Realserie, insbesondere bei so einer Sitcom, haben wir in der Regel ja nur sehr wenig Handlungsorte. Also denken wir mal an so Serien wie die Golden Girls oder auch meinetwegen aus den 90ern dann die Nanny. Da sehen wir in der Regel immer nur so vier, fünf Räume, weil ja Sets gebaut werden müssen. Und es müssen aus Kostengründen idealerweise immer die gleichen Sets auch benutzt werden. Die Simpsons sind eine Cartoon-Serie, die müssen sich daran nicht halten. Deswegen sehen wir in dieser Serie, obwohl es ja auch eine Sitcom ist, So viel mehr von der umliegenden Welt als in den Realserien. Und deswegen gibt es ja auch so viel zu entdecken, was dann wiederum Videospiele wie Hit’n’Run oder meinetwegen auch Virtual Springfield, Road Rage und, und, und, mal mit mehr und mal weniger Erfolg für sich nutzen. Dass es eben wirklich diese Stadt drumherum gibt. Golden Girls, ja, das spielt theoretisch auch in Miami. Es ist nicht so, als ob wir jemals irgendwas von Miami sehen.
Mháire:
[1:03:04] Nee. Ich meine, das ist generell ja die Überlegenheit, in Anführungsstrichen, des Zeichentricks gegenüber des Realfilms. dass Dinge machbar sind, die in der Realität nicht machbar sind. Sowohl eben von, es ist sehr viel billiger, einen neuen Schauplatz einzuführen, erstens. Zweitens, du bist einen Schritt von der Realität entfernt, deswegen kannst du sehr viel bizarrere Dinge einbringen, ohne dass die Suspension of Disbelief kaputt geht. Drittens, du kannst sehr viel extremere Dinge mit den Gesichtern und dergleichen darstellen, das Pull und Stretch und das Überzeichnen von Gesichtsausdrücken und dergleichen. Etwas, was am Anfang auch noch sehr viel krasser war als später.
Mháire:
[1:03:39] Und dann eben auch einfach, dass du vollkommen gänzlich losgelöste Sachen machen kannst. Früher war Fantasy und Science-Fiction etwas, was du am ehesten einen Zeichentrick gemacht hast, weil ja niemand die Kohle hatte, das in Realfilmen zu machen. Und manchmal ist das eben auch bei den Simpsons so. Heutzutage ist natürlich die Produktion von so einer Serie anders. Ganz kurz dazu, die Simpsons wurden in den USA gescriptet und dann hat es ein koreanisches Studio gezeichnet, zumindest regulär. Was sehr, sehr typisch ist für amerikanische Serien, dass man dann in Ostasien ein Studio hat, dass das Ganze produziert, relativ günstig und professionell. Und da sind dann so Sachen drin, wie wenn Homer high wird vom schärfsten Chili der Welt und überall Lichteffekte und LSD-ähnliche Sachen sieht oder so etwas. Mit dem gleichen Budget würdest du das in Realfilmen nicht hinbekommen. Also es nutzt die Stärken des Mediums extrem aus. Ich habe eine sehr große Liebe für klassische Animationen und meines Wissens nach wird auch bis heute zumindest teilweise immer noch von Hand animiert bei den Simpsons.
Rahel:
[1:04:40] Teilweise, ein Großteil entsteht am Rechner, aber viel wird auch immer noch von Hand gemacht, ja.
Mháire:
[1:04:45] Und das kann funktionieren oder auch nicht, aber da werden wir von unserem Spezialisten auch noch Meinung zu hören, denke ich.
Rahel:
[1:04:53] Kommen wir doch mal zur Stadtgeschichte.
Mháire:
[1:04:55] Soweit sie festliegt.
Rahel:
[1:04:57] Simpsons typisch ist die bei Springfield erstens sehr chaotisch, zweitens nicht ganz festgelegt und drittens total beknackt.
Mháire:
[1:05:03] Ja, aber ich meine für uns total beknackt, aber teilweise gibt es amerikanische Städte mit durchaus ähnlichen Storys. Okay.
Rahel:
[1:05:11] Ja, Springfield wurde 1796 vom Immigranten und Piraten Hans Sprungfeld gegründet. Der hatte erst im Jahr vorher seinen Namen in Jebediah Springfield geändert. Und eigentlich war Jebediah Springfield auf der Suche nach Neusodom. Er hat die Bibel dummerweise falsch gelesen. Naja, und so wurde dann Springfield gegründet.
Mháire:
[1:05:33] Wum, wum. Also man sieht sehr früh schon Statuen von Jebediah Springfield. Also da war zumindest schon die Idee da, dass es einen gleichnamigen Gründer dieser Stadt gab. Was? Angesichts der Tatsache, dass es so unglaublich viele Springfields gibt, die einfach nur, hier ist eine Wiese und sie ist nett, lass uns eine Stadt bauen und sie Frühlingswiese nennen. Dass dann jemand tatsächlich so hieß, ist halt auch schon allein ein Gag für sich. Und Immigrant und Pirat, du hast gelacht, aber das meinte ich mit. Es gibt genügend Städte, die so einen Hintergrund haben. Eine Freundin von mir wohnt in Newport und erzählt mir fröhlich darüber, dass ihre Stadt die Piratenhauptstadt der USA war.
Rahel:
[1:06:12] Das ist ja auch da wieder das Ding. Natürlich ist das irgendwie beknackt, aber es ist nicht komplett an den Haaren herbeigezogen.
Mháire:
[1:06:17] Naja, es ist mehr oder weniger an den Haaren herbeigezogen, je nachdem wie nahe Springfield gerade aktuell am Ozean liegt. Ja. Möglicherweise ist er ja auch ein Binnenwasserpirat gewesen. Ich will es ja nicht abstreiten.
Rahel:
[1:06:30] Seit der Gründung oder seit kurz nach der Gründung rivalisiert Springfield auch mit dem Nachbarort Shelbyville. Es gibt Eine Folge, wo man beide Städte gegenübergestellt sieht und Shelbyville ist ziemlich eindeutig das Spiegelbild von Springfield, aber in ein bisschen falsch. Wir kennen das auch aus vielen anderen Serien. Da laufen eindeutig die gleichen Charaktere rum, aber sie haben leicht andere Namen und sehen ein kleines bisschen anders aus. Aber sie erfüllen für die jeweilige Stadt die gleiche Rolle. Der Twist zwischen diesen beiden Städten stammt daher, dass sie unterschiedliche Ansichten dazu haben, ob Cousins nun heiraten dürfen oder nicht. Also in Springfield dürfen Cousins nicht heiraten, in Shelbyville wohl.
Mháire:
[1:07:06] Ich meine, es gibt auch immer wieder Hillbilly-Witze über Leute, die Kissing Cousins nennt man das in den USA. Also die Leute, die in kleinen Gemeinden leben und Cousins und Cousinen heiraten. Und es ist tatsächlich auch eine Frage der Denomination, also eine religiöse Frage, wie sehr man die Inzestregeln des Christentums ernst nimmt oder nicht ernst nimmt und so etwas. Aber es ist so ein blöder Punkt. Und natürlich ist es dieses Klischee von, die da drüben sind vollkommen anders als wir und wir hassen sie. Cut, die Leute da drüben sind exakt gleich, bis auf einen kleinen Punkt. Ich meine, das kommt uns als Zentraleuropäerinnen gar nicht so blöd vor, weil im Grunde ist das unsere gesamte Historie, wenn wir jetzt mal ehrlich sind. Also ich fühle mich das schon.
Rahel:
[1:07:52] Im Laufe der Zeit hat Springfield dann immer wieder Entwicklungen durchlaufen. Also in der Mitte des 20. Jahrhunderts beispielsweise hat die Stadt einen Boom erlebt. Kurz danach war sie aber auch schon die schlechteste oder schlimmste Stadt Amerikas. Dann hat sie sich wieder einen ganz guten Rang erarbeitet. Also es ist ein ständiges Auf und Ab, woran die Stadt jetzt eigentlich gerade ist.
Mháire:
[1:08:15] Ja, also auch wirklich von einer Folge zur anderen. Uns geht es gut. Oh nein, wir haben kein Geld und alle unsere Straßen sind furchtbar.
Rahel:
[1:08:22] Ja, das sind ganz häufig dann eben nur so kleine Wegwerf-Gags, aber sie ergeben eben schon ganz…
Rahel:
[1:08:28] Bewegtes Bild von Springfield. Schauen wir uns doch mal an, was wir denn in Springfield finden, also wie so die Stadtstruktur ist oder was für besondere Handlungsorte es gibt.
Mháire:
[1:08:40] Die Stadtstruktur ist rechteckig, quadratisch mit einem Atomkraftwerk im Hintergrund. Und das war es eigentlich fast schon an festbleibenden Tatsachen. Also gerade je nachdem, in welchem Medium wir auf Springfield begegnen. Das ist dann ja so ein Ding, das ich auch aus anderen IPs und anderen Serien oder so etwas kenne. Wenn dann jemand zum Beispiel ein Computerspiel oder ein Videospiel draus machen muss, muss man sich auf eine Karte einigen.
Rahel:
[1:09:06] Ja.
Mháire:
[1:09:07] Das ist zum Beispiel auch eine sehr interessante Frage bei Gotham.
Rahel:
[1:09:11] Ja.
Mháire:
[1:09:11] Wo wir kurz wieder bei Batman sind, wo es mehrere kanonische Gotham-Karten gibt. Und bei Springfield eben auch. Wenn du Springfield in dein Videospiel einbaust, was ist eigentlich wo? Weil du musst dich ja festlegen. Du kannst ja nicht jede Einstellung anders zeichnen. Also ich meine, du kannst, aber es würde die Leute vollkommen wahnsinnig machen. Also dementsprechend, es gibt keine Wahrheit darüber, was wo ist. Es gibt nur ein, diese Orte existieren auf jeden Fall in Springfield. Und alles andere ist einem fast schon Cthulhu-esken, ewig wandelbaren Chaos überlassen, wo meiner Meinung nach Jock Sothoth die Finger im Spiel hat. Oder seine Blasen. Was sind denn die Orte, die auf jeden Fall immer fest existieren?
Rahel:
[1:09:52] Fest existieren tun sehr viele Orte, aber immer an der gleichen Stelle bleiben eigentlich wirklich nur zwei meines Wissens. Nämlich links vom Haus der Simpsons ist immer das Haus von den Flanders.
Mháire:
[1:10:05] Ja. Es sei denn, eins von den beiden Häusern ist gerade in die Luft geflogen oder irgendwas anderes Schlimmes damit passiert, aber das wird meistens recht schnell zurück.
Rahel:
[1:10:14] Und der zweite Ort, der mir einfällt, ist, dass immer neben Maus-Taverne Kingtuts Musikladen ist.
Mháire:
[1:10:22] Du hast recht.
Rahel:
[1:10:23] Der jetzt nicht unbedingt so der wichtigste Handlungsort ist, aber der ist auch immer da.
Mháire:
[1:10:27] Der ist da, ja. Er existiert.
Rahel:
[1:10:29] Und die restlichen Orte springen immer dahin, wo die Handlung uns gerade braucht. Also die Stadtstruktur ist, ja, man kann es Cthulhu-Est nennen, ich nenne das gerne Powered by Plot. Was gerade benötigt wird, wird dahin geflanscht, wo es benötigt wird.
Mháire:
[1:10:42] Ich denke mir nur, manchmal was wäre, wenn man das als real existierendes Phänomen ernst nehmen würde. Dann leben diese Leute in einer nirgendwo richtig verordneten Stadt, in der niemand altert, die trotzdem aber immer sich in der aktuellen Popkultur bewegt, in der alle Leute immer den gleichen Klischees entsprechen und wo jeden Tag die Dinge oder teilweise innerhalb von Stunden die Dinge an anderen Orten sind. Eigentlich schon ein interessantes Setting.
Rahel:
[1:11:06] Du greifst vor, über die Halloween-Folgen sprechen wir später.
Mháire:
[1:11:10] Das stimmt, ja.
Rahel:
[1:11:11] Es macht aber genau deswegen keinen Sinn, sich jetzt die Stadtbezirke anzugucken, weil die eben auch gar nicht so wichtig sind. Sondern ich würde vorscheinend, dass wir uns eben die Schlüsselorte angucken,
Rahel:
[1:11:21] auch wenn sie dann nicht fixiert sind. Beispielsweise das Haus der Simpsons.
Mháire:
[1:11:25] Ja, das bleibt immer gleich mit seinem Alkoven oder wie man das nennt. Also dass es so ein bisschen nach vorne gewölbt, ausgebaut ist mit seiner Garage und es verändert sich auch im Inneren nicht wirklich was. Das ja in verschiedensten Versionen inzwischen ist genau klar fest, was wo ist in diesem Haus. Aber es hat auch so eine Trennung, die Sitcom-mäßig eben von, du hast diese Szenerie mit der Couch oder in der Küche oder so etwas im Inneren. Und es ist nicht unbedingt zumindest für mich früher wichtig gewesen, dass das mit dem Äußeren irgendwie kongruent ist. Ist es aber inzwischen? Da hat zumindest jemand nachgedacht.
Rahel:
[1:11:58] Das ist auch ganz spannend, wie da wieder eben diese Sitcom-Sehgewohnheiten angesprochen werden, dass so viele Szenen dann eben im Wohnzimmer stattfinden oder am Esstisch. Das sind so ganz typische Setpieces, die wir eben aus Sitcoms kennen, die die Simpsons aufgreifen, aber sich gleichzeitig da eben auch wieder viel mehr Freiheiten nehmen können. Es ist übrigens scheinbar so, dass die Schlafräume im Obergeschoss schon mal ihre Position ändern.
Mháire:
[1:12:21] Ja, aber man könnte auch sagen, das liegt daran, dass zwischenzeitlich mal das Haus abgerissen wurde und dann vielleicht falsch neu gebaut. Also das lässt sich noch erklären.
Rahel:
[1:12:30] Das ist sehr faszinierend, dass du das gerade sagst zum Thema das Haus abreißen und neu bauen. Da habe ich nämlich ein kleines Funfact mitgebracht. 2007 hat in Nevada ein Architekt das Simpsons Haus in echt nachgebaut.
Mháire:
[1:12:40] Passend zum Film.
Rahel:
[1:12:41] Ja, das hat eine andere Farbe. Also das Simpsons Haus hat eben auch da wieder Kalifornier typisch so einen rot-pinken Putz. Die Farbe ist sehr ikonisch auch. Dann wieder mit diesem grünen Garten davor, wodurch das alles sehr idyllisch aussieht, wenn man jetzt mal vom Ölfleck in der Einfahrt absieht. Und das hat eben dann ein Architekt in Nevada, wo es dann optisch nicht so ganz hinpasst, sehr erkennbar nachgebaut. Der heutige Hausbesitzer fand das aber doof und hat das Haus ein bisschen ungeändert, sodass man es nicht mehr ganz so leicht erkennt. Wo ich mich frage, warum kaufst du dann dieses Haus? Aber gut.
Mháire:
[1:13:14] Ja, weil es erst irgendwie eine gute Idee vorkam. Und dann hat man nicht weitergedacht.
Rahel:
[1:13:20] Das ist so ein ganz typisches, freistehendes Einzelhaus, wie man es eben aus so einer Wohnsiedlung in einer amerikanischen Kleinstadt erwarten würde. Das heißt, wir können auch schon damit rechnen, dass die Häuser in der Umgebung vermutlich nahezu identisch aussehen. Es ist sehr unaufgeregt, das Haus.
Mháire:
[1:13:36] Ja, es ist eins, wie man in kleineren Städten und Vorstädten es zu Hunderten, wenn nicht Tausenden sieht. Mit diesem Grundriss, mit der Garage und den Panoramafenstern im Halbkreis und so weiter. Ich meine, zu dem Zeitpunkt war ich noch niemals in den Soar. Jetzt war ich schon öfters da und ich war auch schon in Airbnbs, die genau in solchen Häusern waren. Und ich dachte damals so, haha, das Simpsons Haus. Aber das Simpsons-Haus ist das Simpsons-Haus, weil es das langweilige Standard-Vorzeigehaus sein soll eigentlich.
Rahel:
[1:14:08] Ja, mir ist das schon ähnlich ergangen, aber mein Gedanke geht dann immer zum Film Poltergeist.
Mháire:
[1:14:13] Du hast recht, ja, ja, ja, ja, ja. Aus dem gleichen Grund.
Rahel:
[1:14:16] Diese Plansiedlungen haben auch was sehr Befremdliches und Verstörendes.
Rahel:
[1:14:21] Aber gut. Moes, die Kneipe.
Mháire:
[1:14:23] Ja, die traurige Kneipe von Moes, die voll ist mit Leuten, die Bier trinken, mit Moe, der grummelig hinter der Theke ist, eine Shotgun unter der Theke hat und es hasst, wenn er schließen muss und alles tut, um offen zu bleiben oder sich darüber hinwegzusetzen, falls irgendwie der Plot gerade einbringt, dass im Moment niemand in Springfield Alkohol trinken darf oder so etwas. Es ist eine Versammlung von gescheiterten Existenzen inklusive Mo. Immer düster, immer irgendwie speckig. Es ist die Quintessenz davon. Und es gibt immer irgendwie Dinge, die in Einmachgläsern sind. Und irgendwie verdächtig von dem Pickle-Juice, also dem eingelegten Gurkenwasser, das die Leute trinken, bis hin, dass Sohleier gezogen werden, um zu entscheiden, wer der Designated Driver ist. Es ist so der quintessentielle Seedy-Pub.
Rahel:
[1:15:14] Aber wichtiger Punkt, es gibt immer einen Designated Driver, denn nachdem Mo mal festgestellt hat, dass ein Großteil der Verkehrsunfälle in Springfield auf seine Kneipengäste zurückzuführen sind, hat er sich darum bemüht, dass es immer mindestens einen halbwegs nüchternen Autofahrer gibt.
Mháire:
[1:15:28] Ja.
Rahel:
[1:15:28] In der Kneipe wurde angeblich noch nie geputzt und sie scheint auch nur noch in Betrieb zu sein, weil der Bürgermeister geschmiert wird.
Mháire:
[1:15:37] Das ist nicht schwer. Der Bürgermeister ist, wie wir schon sagten, unfähig und spieler.
Rahel:
[1:15:42] Und ein Demokrat. Ein Running Gag in der Bar ist, dass Bart häufig anruft mit Telefonstreichen. streichen. Also das läuft eigentlich immer gleich ab. Bart ruft an, gibt sich als jemand anders aus und fragt dann nach einer Person in der Bar. Also er fragt dann beispielsweise nach einem Herrn Reinsch.
Mháire:
[1:16:03] Der Herr Reinsch, ja.
Rahel:
[1:16:04] Was dann passiert ist, dass Mo sich natürlich zu allen anderen umdreht und dann sehr laut ruft, hey, gibt’s hier irgendwen, der Reinsch heißt? Und das ist dann immer der Witz. Nur mit anderen Namen. Aber es ist immer so ein Wortspielwitz. Womit halt Bart seine Zeit verbringt und wo Mo immer wieder drauf reinfällt.
Mháire:
[1:16:21] Ja. Und es immer merkt, wenn das laut ausgesprochen hat. Ein bisschen zu spät.
Mháire:
[1:16:26] Was haben wir noch? Es gibt auf jeden Fall immer die Springfield Elementary School. Ich meine, es wird erwähnt, dass es auch eine Highschool gibt. Aber da die Kinder nicht altern, werden wir die wahrscheinlich nie sehen. Die spielt keine Rolle. Die Springfield Elementary School hat auch eine bewegte Geschichte. Meistens hat sie nicht genügend Geld für das, was sie vorhat. Das hatten wir ja schon, als wir über das Kollegium gesprochen haben. Aber man findet auch zum Beispiel mal Öl unter der Schule. Warum nicht? Es ist abstrus, aber daraus kann man dann immer noch einen Plot machen.
Rahel:
[1:16:56] Es gibt auch eine Denkmalplakette, wo die Namen sämtlicher Schülerinnen und Schüler festgehalten sind, die nicht von Schulausflügen zurückgekehrt sind.
Mháire:
[1:17:09] Immerhin führen sie Buch über die Kinder, die sie verlieren. Siehst du, das hatte ich gerade nicht mehr auf dem Schirm. Es ist auch Teil dieses amerikanischen Schulsystems, die man dann einfach akzeptiert hat, als dass es Teil von den Simpsons ist, aber die selbstverständlich sind. Das ist locker. Es gibt, ja, wo man seine Sachen wegschließt und dass man nicht einfach irgendwie zwischendurch durch die Gänge gehen kann und sonst irgendetwas. Aber vor allen Dingen ist es der Ort, wo man flieht, wenn die Schulzeit vorbei ist, wo Lisa sich bei den Lehrern einschleimt, wo man mit Kumpels abhängt in der Pause. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass niemand wirklich Unterricht gibt oder was lernt.
Rahel:
[1:17:44] Ja, es ist jetzt nicht unbedingt die beste Schule Amerikas, sagen wir das mal so. Vorsichtig ausgedrückt.
Mháire:
[1:17:50] Immer noch besser als Homeschooling, Rahel. Zumindest als das meiste Homeschooling, würde ich unterstellen.
Rahel:
[1:17:53] Fair.
Mháire:
[1:17:54] Der Quickie-Mart, den sollten wir nicht vergessen, der ständig überfallen wird. Die Verbrechensrate in Springfield ist ja auch bemerkenswert offensichtlich.
Rahel:
[1:18:01] Ja, wobei eben vieles davon zulasten vom Quickie-Markt läuft, der sehr offensichtlich eine Parodie von der Supermarktkette 7-Eleven ist. Was auch der Grund ist, warum dann zur Promotion vom Simpsons Film im Jahre 2007 einige 7-Eleven-Filialen sich optisch in einen Quickie-Markt verwandelt haben. Also da musste auch nicht mehr viel gemacht werden. Der Quickie-Markt ist bekannt für hohe Preise, schlechte Ware. Dafür hat der Laden aber im Prinzip nie zu.
Mháire:
[1:18:28] Es sei denn, es geht dem Plot darum, dass Apu überlebt, ihn zuzumachen. Es gibt irgendwie eine Folge, wo ja drüber sinkt, ob man den Quickie-Markt überhaupt braucht. Aber da muss ja erstmal lange Zeit aufgebaut sein, dass er immer zur Verfügung steht. Es ist so ein krustiger Laden, also ein kleiner Supermarkt, wo man aber auch ganz viel Scheiß einfach in der Theke noch bekommt.
Rahel:
[1:18:46] Was ich noch bei mir auf der Liste habe, ist das Kernkraftwerk, wo wir jetzt auch schon immer mal wieder drüber gesprochen haben. Das Kernkraftwerk ist so ein bisschen Fluch und Segen von der Stadt, weil es ist ein guter Arbeitgeber und eben auch Energielieferant für die Stadt. Gleichzeitig aber auch die Hauptbedrohung, weil Sicherheit nicht so ganz groß geschrieben wird. Es rührt beispielsweise sehr starke Umweltverschmutzung vom Kernkraftwerk her. Sehr berühmt ist der dreieurige Fisch Blinky. Und ich würde sagen, das Atomkraftwerk ist eigentlich, wenn man mal ehrlich ist, in einem ähnlich schlechten Zustand wie die Schule auch. Es hat auch schon die ein oder andere Beinahe, Kernschmelze hinter sich. Wer sich jetzt da beschweren möchte und dann den Boss, also Mr. Burns, aufsuchen will, hat es aber nicht leicht, denn das Büro ist auf der höchsten Etage, in einem sehr beachtlichen Turm. Und der Weg dahin ist gespickt mit teils tödlichen Fallen, wie beispielsweise Alligatoren.
Mháire:
[1:19:37] Ja, warum nicht? Ich meine, wenn man reich ist, dann braucht man irgendwelche exotischen Tiere, die Eindringlinge fressen, die man nicht haben will in seinem Reich. Also ich bin ja gänzlich auf der Seite von Mr. Burns, der übrigens generell ja als Hobby auch hat, seltene Tierarten auszurotten und andere Sachen. Er ist ja alles, was am Hyperkapitalismus furchtbar ist. Und dann ist er auch manchmal noch ein Bond-Villen. For fun. Auch die bösen und furchtbaren Leute dürfen sich hin und wieder mal so einen kleinen Tweet leisten. Krokodile. Oder was weiß ich. Haie mit Lasern auf dem Kopf. Das wäre sicherlich auch ein Ding für ihn.
Rahel:
[1:20:09] Ich würde auch nicht ausschlagen, dass er die nicht vielleicht hat.
Mháire:
[1:20:11] Ja, sagen wir mal so, ich bin mir ziemlich sicher, dass Smithers sie besorgen könnte. Definitiv.
Rahel:
[1:20:16] Das sind alles Orte, die wir auch schon im Intro zu den Folgen sehen. Und das ist, glaube ich, ein Punkt, über den wir auch noch dringend reden sollten. Denn das Intro von den Simpsons ist im Grunde genommen ein Schnelldurchlauf durch das, was wir in der Serie oder in den jeweiligen Folgen erwarten dürfen. Wir sehen da so einen schnellen Ritt durch Springfield nach Feierabend beziehungsweise Schulschluss. Also wir sehen Homer, wie er im Kernkraftwerk wortwörtlich die Arbeit fallen lässt. In dem Fall ein Brennstab. Wir sehen Bart, wie er in der Schule eben noch nachsitzen muss und dann aber mit der Schulglocke abhaut. Also so laufen wir alle Zimpsons-Mitglieder durch, wie sie sich dann auf den Heimweg machen. Und da sehen wir alle diese Orte, die wir jetzt eben gesprochen haben. Also fairerweise Maus sehen wir nur ganz kurz von außen. als Bart auf dem Skateboard daran vorbeifährt. Und das Schöne ist, am Ende landen die Simpsons-Mitglieder dann alle gemeinsam auf der Couch vor dem Fernseher.
Mháire:
[1:21:10] Oder in anderen Situationen, aber meistens ist es die Couch.
Rahel:
[1:21:12] Ja, das ist nämlich jetzt das Besondere. In jeder Folge ändern sich in diesem Intro jeweils drei Dinge. Nämlich einmal der Spruch, den Bart beim Nachsitzen an die Tafel schreiben muss. Das Solo, das Lisa im Orchester auf ihrem Saxophon spielt, beziehungsweise in der Big Band. Und eben diese Schlussszene mit der Familie vor dem Fernseher. Das heißt, die landen jetzt gar nicht so langweilig mal eben auf dem Fernseher, sondern mal werden sie noch schnell von Aliens entführt und also ganz skurrile Dinge.
Mháire:
[1:21:40] Ja, es ist eines der ikonischsten Intros ever und auf jeden Fall von Zeichentrickserien. Aus so vielen Gründen eben dadurch, dass es jedes Mal anders ist, dass es jedes Mal sich neue Gags überlegt. Die Musik ist nicht wegzudenken. Also Simpsons funktionieren nicht ohne dieses Intro-Thema von Danny Elfman. Ursprünglich Frontmann von Oingo Boingo, der ansonsten bekannt ist für Filmmusik, für Filme von Tim Burton vor allen Dingen, wie zum Beispiel die Tim Burton Batman Filme und für seine schwurbeligen Geigen und verspielten Themen bekannt ist oder die Sam Raimi Spider-Man Filme. Das hier ist eine seiner weirderen Kreationen, sag ich mal, aber einmalig.
Rahel:
[1:22:23] Ja, das Intro ist irgendwann überarbeitet worden. Also wir haben ab der zweiten Staffel bis zur 20. Staffel, also von 1990 bis 2008, das in Anführungszeichen alte Intro. Und das ist dann 2008 durch das in Anführungszeichen neue Intro, weil 2008 ist auch schon eine Weile her, ersetzt worden. Das liegt natürlich daran, dass irgendwann auch die Simpsons mit der Zeit gehen mussten. Und damit eben dieses Intro auch noch in HD gut aussieht und in einem anderen Bildformat und, und, und, und, haben sich die Macher der Serie dann dafür entschieden, dass sie es komplett neu aufsehen. Das heißt, in dem neuen Intro sieht man noch mehr von Springfield als im alten und vor allen Dingen viel von den Marken, die so zu diesem Kosmos dazugehören. Also wir sehen Werbung für Duffbier, wir sehen dieses Donut-Maskottchen. Es herrscht einfach generell noch mehr Chaos als im ersten Intro.
Mháire:
[1:23:11] Mir ist auch aufgefallen, das hätte ich vielleicht noch mal genauer überprüfen sollen, nachdem es mir aufgefallen ist und ich es mir notiert habe, dass, glaube ich, schon innerhalb der ersten Staffel teilweise oder innerhalb der ersten zwei Staffeln ein paar Dinge sich ändern. Am Anfang gibt es noch eine Bushaltestelle, wo Bart vorbeifährt und das Bushaltestellenschild klaut. Ist später nicht mehr drin.
Rahel:
[1:23:28] Das ist richtig, wo du das sagst.
Mháire:
[1:23:30] Ja, oder ein längeres Stück Fahrrad, das Lisa fährt. Also da haben sie schon relativ früh irgendwie Dinge daran geändert. Aber dann ist es sehr, sehr lange gleich, bis auf die drei Dinge, die sich immer ändern.
Rahel:
[1:23:40] Kann natürlich auch immer sein, dass das so ein bisschen der schnelle Handgriff war, um eine Folge gegebenenfalls noch zu kürzen oder zu strecken.
Mháire:
[1:23:46] Das kann sein, ja.
Rahel:
[1:23:47] Das ist ja mein Pet-Peef mit heutigen Serien, dass die ganz häufig überhaupt kein Intro mehr haben, weil sie haben keine Zeit mehr für ein Intro. Und ich will aber ein Intro mit cooler Musik und, naja, andere Geschichte.
Mháire:
[1:23:57] Oder sehr, sehr, sehr, sehr lange Intros, die nicht in die Pötte kommen. Das Simpsons Intro ist eine perfekte Länge.
Rahel:
[1:24:02] Das ist perfekt.
Mháire:
[1:24:04] Und hat, glaube ich, extrem auch dazu beigetragen, dass es so erfolgreich ist, weil es einfach so unglaublich,
Mháire:
[1:24:11] einprägend ist. Oh, eine Sache, die wir nicht erwähnt haben und die ich auf jeden Fall gerne erwähnen möchte, zu dem Thema, dass sich ständig Dinge ändern in Springfield. Es gibt regelmäßig Riesenkonstruktionen in Springfield, die absolut unrealistisch sind und von einer Folge zur nächsten wieder verschwinden. Oft ist das irgendein gigantischer Scheiß, den Mr. Burns baut. Wie eine an einem Arm gelenkte gigantische Scheibe, die die Sonde blockiert, damit die Leute mehr Strom verbrauchen. Mal ist es eine Monorail. Ich glaube, Aber das ist auch die Monoray-Folge, wo da die Kamera rauszoomt und dann im March noch erzählt. Und das blieb dann mit die dümmste Sache, die wir jetzt gemacht haben. Abgesehen von dem aus Zahnstöchern gebauten Hochhaus und der mehrstöckigen Rolltreppe, die ins Nichts führt. Also es gibt unglaublich viele extrem unrealistische, gigantomanische Zeichentrick-James-Bond-Villain-Bauten, die für fünf Minuten existieren und danach schon wieder verschwinden. Oder in den besten Fällen auf Shelby-Welt gestürzt werden.
Rahel:
[1:25:06] Diese Rolltreppe ins Nichts, ne? Ich muss diese Folge, also March vs. The Motor Rail oder Homer nimmt Fahrt auf, sehr unterschiedlicher Titel, Deutsch, sehr Englisch, in relativ jungen Jahren gesehen haben, weil ich konnte mich nicht so richtig gut dran erinnern, aber hatte auch da eben wieder so verschiedene Versatzstücke. Und ich war mir sicher, dass das eine Treehouse of Horror, also eine Halloween-Folge sein musste, weil zum Schluss diese Rolltreppe ins Nichts, die fand ich total lustig und sie hat mich gleichzeitig total verstört.
Mháire:
[1:25:33] Ja, same, same Vor allen Dingen, weil die Leute da hochfahren Und dann oben erst merken, dass sie jetzt nichts führt Obwohl sie 100 Meter über dem Ort ist Und dann alle so, ha, Überrascht, in die freie Luft gestürzt werden Und dann sind wir schon in der Ausblende In den Abspann und man hört noch einer.
Rahel:
[1:25:49] Das ist Ha im Hintergrund Es ist einfach eine Szene, die mir bis heute nachgeht Und ich weiß nicht so richtig, warum Aber ich hab sie definitiv unter, ja, das muss ja bestimmt Eine von den Horrorfolgen sein, abgespeichert Und dann hab ich festgestellt, nein, nein, das ist nicht so.
Mháire:
[1:26:01] Wir haben viel über Springfield, über seine Bewohner, über die Simpsons als Familie und schon ganz, ganz viele Ausblicke auf Storylines und allen möglichen Krimsekrams geredet. Und wir haben auch darüber geredet, wann es angefangen hat. Und es sind auch immer mal wieder wichtige Namen gefallen, wie Matt Groening oder eben auch Danny Elfman. Aber wir haben noch keine genauere Aufarbeitung von, wie ist das überhaupt dazu gekommen? Und wer hat das geschrieben und entschieden gemacht? Soll das unser nächster Punkt sein?
Rahel:
[1:26:30] Sehr gerne, denn die Simpsons sind wirklich ein sehr, sehr spannendes Stück Fernsehgeschichte. Was generell ein Thema ist, was ich sehr gerne mag. Und deswegen freue ich mich sehr, dass ich jetzt mal eine Ausrede habe mit dieser Folge, da so richtig eintauchen zu können. Die Simpsons sind erst ausgestrahlt worden am 17. April 1989. Da war das aber noch eine sehr andere Kiste als das, was wir heute kennen. Denn die Simpsons haben angefangen als Shorts.
Rahel:
[1:26:57] Also kurze Videos von im besten Fall wenigen Minuten, die ausgestrahlt worden sind im Rahmen der Sketch-Show The Tracy Ullman Show. Und da waren die Shorts, also die Simpsons, dann ein Mittel, um einzelne Sketches voneinander zu trennen. Um quasi erkennbar zu machen, jetzt ist ein Sketch vorbei. Kurze Pause mit den Simpsons. Und jetzt fängt der nächste Sketch an. Und die Simpsons, wie wir sie da sehen, die sehen noch sehr anders aus. Es ist ursprünglich eine sehr unsaubere Zeichnung. Was interessanterweise zurückgeht auf ein Missverständnis zwischen Matt Groening und den Animatoren, weil Groening davon ausgegangen ist, dass eben seine groben Skizzen noch nachbearbeitet und bereinigt werden würden, was aber nie passiert ist. Deswegen sind die Zeichnungen in diesen kurzen Shorts aus heutiger Sicht total unpoliert, uneinheitlich, aber haben irgendwie auch sehr viel Charme dadurch.
Rahel:
[1:27:45] Noch im gleichen Jahr, weil die Simpsons so erfolgreich waren, dass irgendwann dann Leute auch angerufen haben, um zu fragen, Könnt ihr mir eigentlich ungefähr die Uhrzeit sagen, wann immer diese Shorts gezeigt werden? Weil ich will eigentlich nicht die Tracy-Olven-Show gucken, ich will nur die Simpsons gucken. Hat sich dann der Sender Fox dazu entschieden, die Simpsons als halbstündiges Format zu übernehmen? Das heißt, da haben sie dann schon im gleichen Jahr ab Dezember ihr eigenes Serienformat gekriegt. Und was da ganz wichtig zu wissen ist, bei diesem Sprung von den Shorts zur eigenen Serie hat der Producer James Brooks oder auch Jim Brooks, der schon bei der Tracy Ullman Show an Bord war, einen Vertrag ausgehandelt. Und dieser Vertrag hat es dem Fernsehsender Fox untersagt, in die Inhalte der Show einzugreifen. Und das wird noch sehr wichtig werden.
Mháire:
[1:28:29] Aber Rahel, wie könnte das denn wichtig sein? Ist denn mit Fox irgendwas Besonderes?
Rahel:
[1:28:34] Ich weiß auch nicht.
Mháire:
[1:28:36] Ja, ich glaube, da kommen wir noch drauf zurück. Ich habe mir da keine Gedanken groß dazu gemacht. Ich habe jetzt erst bei der Recherche für diese Folge mir diese Sachen alle angeschaut. Und wenn man das hier in Deutschland auf den wechselnden Sendern geschaut hat, dann ist einem die Vorgeschichte ja, mit welcher Sender bringt das in den USA, überhaupt nicht bekannt. Und dass da das System auch anders funktioniert mit der Syndication und sowas alles. Whatever. Aber dass gerade viele von diesen subversiven und seltsamen und auch linken Serien von Foxcom ausgerechnet, was wiederum jetzt dazu führt, seitdem Disney Fox bis auf Fox News gekauft hat, dass alles bei Disney auch läuft. Kuriose Geschichte, wie das Ganze da zusammen gehört, das Medienhaus von Rupert Murdoch und die Simpsons und ganz viele Serien, die sich von ihnen haben inspirieren lassen. Und dieser Vertrag ist dementsprechend sehr zukunftssicher gewesen oder vielleicht mit der Gabe der Vorhersehung behaftet.
Rahel:
[1:29:33] Bevor wir da eintauchen, lass uns doch mal über die kreativen Köpfe hinter der Serie sprechen. Also ich nenne es jetzt mal die Väter und Mütter der Serie.
Mháire:
[1:29:40] Ja, die Elternteile.
Rahel:
[1:29:41] Die Elternteile, genau. Da haben wir natürlich an allererster Stelle Matt Groening. Von dem stammen die Idee, die Skizzen. Er war auch während der ersten zwei Staffeln der Showrunner der Serie, ist auch bis heute immer noch als Producer beziehungsweise Executive Producer an Bord. Und er hat sich sehr großzügig von seiner eigenen Familie inspirieren lassen, als er die Simpsons erschaffen hat. Nicht, weil das jetzt eins zu eins Übertragungen wären, aber beispielsweise Marge’s Beehive-Frisur kommt von seiner Mutter. solche Dinge. Groening war zur Zeit, als er diesen Auftrag erhalten hat, ein eher unbekannter Comic-Künstler, oder sagen wir mal ein Comic-Künstler der Untergrundszene. Für den hat sich dann aber wiederum der Producer Jim Brooks stark eingesetzt. Der kannte den nämlich. Brooks war, wie gesagt, auch schon bei der Tracy-Ullman-Show als Producer verantwortlich. Und auch der ist bis heute immer noch mit der Serie assoziiert, als Executive Producer.
Rahel:
[1:30:38] Der hat sich wirklich damals, als es um diesen Auftrag gibt, wir brauchen jetzt irgendwas, um diese Sketches voneinander zu trennen, wie wäre es denn mit kleinen Cartoon-Shorts, da hat er sich gegen viele Widerstände eben für Graining durchgesetzt. Der dritte Name aus dem Gespann ist deutlich unbekannter. Das ist Sam Simon, der gemeinsam mit Brooks und Graining in den ersten Staffeln der Showrunner war, der auch schon von der Tracy Allman Show kam. Und von dem stammen beispielsweise so Figuren wie Mr. Burns und Dr. Hibbert. Also Dr. Hibbert haben wir jetzt eben nicht drüber gesprochen, Aber natürlich braucht Springfield auch einen durchgeknallten und nicht ganz vertrauenswürdigen Arzt. Sam Simon muss ein eigentümlicher Mensch gewesen sein, der sich auch später mit Graining zerstritten hat. Daraufhin hat er nach der vierten Staffel die Serie verlassen. Ursprünglich hätte er deutlich später, also viele Jahre später nochmal zur Serie zurückkommen sollen, auf Wunsch der Macher. Er ist aber in der Zwischenzeit leider in Krebs verstorben.
Mháire:
[1:31:33] Das ist unvermeidlich, wenn etwas so lange läuft wie die Simpsons, dass es inzwischen eine lange Liste gibt von Leuten, die daran beteiligt waren, in größeren und kleineren Rollen und auch, was ist das Wort, in Rollen, Sprechrollen, die gestorben sind.
Rahel:
[1:31:46] Ja.
Mháire:
[1:31:47] Man kann, glaube ich, einen eigenen ganzen Abspann nur mit In Memory Of machen.
Rahel:
[1:31:51] Es gibt noch eine Person, die mir sehr wichtig ist, hier zu erwähnen, auch wenn das ein Name ist, der gern unter den Tisch gefallen lassen wird, nämlich Georgie Kovash-Polos. Das ist die Frau, die die Serie koloriert hat. Deren Idee war es, nicht Granings Idee, die Figuren gelb zu machen. Das ist auch die Frau, die Springfield ihre typische, ikonische, kalifornische Farbgebung gegeben hat. Von Rot, Weiß und Blau, also auch sehr amerikanisch. Und die damit eigentlich so einen Großteil von der Atmosphäre, die die Simpsons ja ausmacht, dieser visuellen Atmosphäre geschaffen hat. Das heißt, der ganz typische Simpsons-Look, den wir dann aus ganz viel Merchandise kennen, den wir aus den Videospielen kennen. Also allein die Idee, dass die Farbe Gelb sofort die Simpsons ins Gedächtnis ruft, das stammt nicht von Groening, sondern eben von Georgie Pollos.
Mháire:
[1:32:38] Und ist das nicht typisch? Ein absolut prägender Anteil von einem großen popkulturellen Phänomen geht eigentlich auf die Kappe einer Frau, die aber sehr viel weniger Leute kennen. Wie zum Beispiel Marsha Lukas, die für den Schnitt der ursprünglichen drei Star Wars Filme zuständig ist und sie damit auf jeden Fall Episode 4 gerettet hat. Schön, aber vielen Dank, dass du sie auf jeden Fall nochmal aufgearbeitet und mit reingebracht hast. Ich fürchte, ich bin da oberflächlicher und muss erwähnen, dass… Gröning Mitglied einer legendären Band ist.
Rahel:
[1:33:10] Richtig. Das hatte ich vergessen.
Mháire:
[1:33:12] Sie ist nicht legendär, weil sie so irrsinnig gut ist oder so viele erfolgreiche Alben hätte oder so viel tourt. Sie ist legendär wegen der Leute, aus denen sie besteht. Nämlich nur aus Leuten, die im Journalismus und im kreativen Bereich arbeiten. Und ich denke, das bekannteste Mitglied der Band ist Stephen King. Das heißt, seit Ende der 90er, rocken Matt Gröning und Stephen King und eine Reihe andere Leute, die man in Deutschland aber deutlich weniger kennt, also bekannte Journalisten vor allen Dingen miteinander. Und das sind alles Leute, für die auch Musik extrem wichtig ist, was ich mir habe sagen lassen, auch einfach mit der Generation zusammenhängt, weil für diese Generation Musik extrem kulturprägend, also Jugendkultur prägend war. So wie für uns, du und mich, Fernsehen sehr, sehr prägend war, war das für die eher, welche Musik hast du gehört? Und dementsprechend ihr ganzes Leben lang da auch immer noch dran hängen. Groening hat auch früher als Musikjournalist gearbeitet, was ja quasi der Job ist, den alle Leute, die gerne schreiben und Musik mögen, machen. Weil zumindest früher brauchte man immer Musikjournalisten. Niemand hat sie bezahlt. Das heißt, das haben Leute gemacht, die das unbedingt wollten. Und dementsprechend ist das so ein Klassiker in der Vita von den Leuten. Und dann lässt es sie halt nie los. Und dann sind sie noch in der Band. Stephen King gehören mehrere Radiosender, solche Sachen. Und ich finde es irgendwie charmant, dass die dann ihre eigene Band haben als Hobbyprojekt.
Rahel:
[1:34:38] Es ist auch sehr charmant.
Mháire:
[1:34:40] Grinning hat, das ist ja nicht die einzige Serie, die eher prägend gestartet und auch länger geleitet hat. Bekanntesten daran ist Futurama. Ich persönlich bin großer Futurama-Fan. Und Disenchantment. Futurama, wo eben ganz, ganz viel Science-Fiction-Klischees aufgearbeitet wurden, wo man auch wieder die Liebe zu Star Trek teilweise durchscheinen sieht. Was heißt hier teilweise durchscheinen sieht? Sie ist in großen Buchstaben obendrauf geschrieben, wenn wir ehrlich sind.
Rahel:
[1:35:05] Sehr offensichtlich, ja.
Mháire:
[1:35:08] Und Disenchantment, was so ein bisschen eine Abrechnung oder eine Überarbeitung von Fantasy-Klischees ist, wobei ich sagen muss, dass Futurama meiner Ansicht nach besser gelungen ist. Aber vielleicht auch, weil Science-Fiction da mehr hergibt.
Rahel:
[1:35:19] Großer Unterschied auch, dass Disenchantment eine fortlaufende Geschichte erzählt und nicht diese Einzelfolgen haben. Also es ist kein Episodic-TV mehr, sondern es ist dann dieses serielle Erzählen.
Mháire:
[1:35:29] Ja, und ich glaube fast, das ist schwerer damit vereinbar, weil das Chaos und die Randomness, die Simpsons und dann auch Futurama immer noch sehr stark ausmacht, auch wenn Futurama mehr fortlaufenden Plot und mehr Continuity hat als die Simpsons, allein schon durch den Weltenentwurf bedingt, das funktioniert mit episodischem Problem.
Mháire:
[1:35:50] Und voneinander getrennt im Erzählen dann doch besser. Wir haben noch einiges an kuriosen Leuten und an Entwicklungsfakten. Wen man erwähnen sollte, ist jemand Großes, Dürres mit roten Haaren, den die meisten Leute für witzig halten und von dem ich, bis ich mich damit beschäftigt habe, auch nicht wusste, dass er eine ganze Weile für The Simpsons geschrieben hat.
Rahel:
[1:36:08] Conan O’Brien, der wurde im Herbst 1991 von Fox als Autor und Produzent der Simpsons unter Vertrag genommen. Das war wohl zu einem Zeitpunkt, wo seine Karriere ein bisschen gestrauchelt hat. Das heißt, er konnte sich dann mit den Simpsons ganz gut wieder auffangen. Der hat bis 1993 tatsächlich an der Serie mitgearbeitet. Ich wusste das vorher auch nicht. Er hat dann 1993 eben den Vertrag angeboten gekriegt, eine doch sehr andere, erfolgreiche Show zu übernehmen. Das ist auch da, wo wir ihn bis heute kennen.
Mháire:
[1:36:35] Die trägt sogar seinen Namen. Was für ein glücklicher Zufall.
Rahel:
[1:36:39] Tatsächlich hat Conan O’Brien nicht so super viele Folgen für die Simpsons alleine geschrieben. Das waren vielleicht drei oder vier. Unter anderem aber auch die Folge mit der Motorrail. Das ist eine Conan O’Brien-Folge. An vielen anderen hat er dann mitgeschrieben und ansonsten ist er eben in erster Linie Produzent gewesen. Conan O’Brien ist damit einer der ersten Neulinge der Serie, also einer der ersten, der eingestellt wurde nach der ursprünglichen Crew, wo dann so langsam eben auch ein Generationswechsel kommt.
Rahel:
[1:37:06] Und das haben wir eben den von dir schon erwähnten Danny Elfman. Was ich eben vergessen hatte da zum Thema zu erwähnen vom Intro, er hat wohl für den Theme Song eine Vorgabe bekommen. Er hat das Demotape dazu eingeschickt und das war schon alles ganz nett. Und das hat ja auch sehr starke Musical-Einschläge von der Komposition. Aber es war den Simpsons-Leuten zu ordentlich. Das heißt, sie haben ihm die Anweisung gekriegt, könnt ihr das irgendwie chaotischer und schludriger klingen lassen? Und daraus entstand dann das ikonische Intro.
Mháire:
[1:37:36] Das ergibt Sinn. Ich kannte die Hintergrundgeschichte noch nicht. Aber da ist immer sehr viel los in den Elfman-Tracks klassischerweise. Aber es ist auch sehr stringent sozusagen durchgedacht und folgt einem klaren Prinzip, während Simpsons sehr chaotisch ist. Und natürlich Platz lassen muss für das Saxophon-Solo.
Rahel:
[1:37:52] Ja, das coole Saxophon-Solo. Nun gut, ich würde sagen, der letzte Name, den ich an der Stelle noch ganz kurz erwähnen würde, aber nur deswegen, weil das eben der Name ist, der einem heute so viel begegnet, Al Jean. Al Jean war schon mal in den Staffeln 3 und 4 der Showrunner. Und seit der 32. Staffel ist er eben wieder zu The Simpsons zurückgekehrt. Das heißt, das ist die Person, die bis heute Showrunner ist. Der hat unter anderem vorher auch schon an der Serie ALF mitgeschrieben.
Mháire:
[1:38:19] Und er war bei National Lampoon, der Satirezeitschrift, die eben dann auch National Lampoon Holiday diese Filme hervorgebracht hat. Mit Chevy Chase, den ich schon vor der ganzen Weile hier im Podcast zitiert habe, mit, dass es Parallelen gibt zwischen der ersten Simpsons-Folge und der Weihnachtsfilm daraus. Vielleicht sind da schon Verbindungen da.
Rahel:
[1:38:37] Ich würde sagen, damit haben wir an der Stelle die wichtigsten kreativen Köpfe einmal genannt. Und jetzt kommt so langsam der Punkt, wo wir uns vorsichtig, aber stetig an das Thema die Simpsons und der Fernsehsender Fox heranwagen müssen. Daher vielleicht mal ein bisschen Hintergrundinfo zum Sender Fox. Fox ist im Oktober 1986 als viertes TV-Netzwerk der Staaten an den Start gegangen. Es gab zu dem Zeitpunkt nur ABC, CBS und NBC-Sendern. Und Fox hat sich dann eben den vierten Platz geschnappt. Das passierte unter dem Schirm von 20th Century Fox, der Filmschmiede, und mit der finanziellen Unterstützung, du hast es eben schon gesagt, vom Medienmagnaten Rupert Murdoch. Und innerhalb kürzester Zeit hat sich der Sender echt zu einem senkrechten Starter gemausert. Das liegt aber vor allem an der Firmenphilosophie hinter dem Netzwerk. Denn da wurde dann das Prinzip gefeiert, sende nie Serien, die auf NBC funktionieren würden. Mach genau das Gegenteil. Das heißt, auch wenn wir das heute nicht mehr ganz so zusammenkriegen, aber ursprünglich hat Fox mit einem sehr rebellischen Charakter angefangen.
Mháire:
[1:39:43] Ja, aber berechnend.
Rahel:
[1:39:44] Auch berechnend, ja.
Mháire:
[1:39:45] Also nicht so dieses, wir wollen dringend diese Position vertreten in den Serien, sondern wir wollen, dass die Leute die Aufmerksamkeit darauf richten. Wir wollen was Neues, was Frisches. Etwas, was auch mal dreist oder ein bisschen verrucht sein kann und nicht so langweilig ist wie das, was die anderen produzieren. Also eigentlich schon so ein typisches Privatfernsehen.
Rahel:
[1:40:03] Ja, und da müssen wir uns auch nichts vormachen. Das war auch von Anfang an auf Gewinnmaximierung ausgelegt. Eben über dieses, wir machen das, was andere nicht machen. Kennen wir ja auch von gewissen Videospielfirmen. Aber genau daher kommt dann auch der Mut, dass Fox eben gesagt hat, wir machen jetzt eine Cartoon-Serie für den Primetime-Sendeslot, die also nicht für Kinder gedacht ist. Das hat es seit den Flintstones nicht gegeben. Und die Flintstones sind zu dem Zeitpunkt schon eine ganz schön alte Serie. Daher kommt auch die Tatsache, dass auf Fox schon wenige Jahre nach dem Senderdebüt gleich zwei Versionen der gestörten amerikanischen Kernfamilie laufen. Also einmal die Simpsons ab 89 und schon ab 1987 laufen auch auf Fox eine schrecklich nette Familie. Und beides sind ja im Grunde genommen die Anti-Cosby-Show. Was eine der erfolgreichsten Sitcoms von NBC war. Also immer dieser Gedanke vom Gegenprogramm. Und das war sehr erfolgreich, denn über beide dieser Sitcoms haben sich viele Leute echauffiert. Damit haben sie die Einschaltquoten angefeuert. Das heißt, die Kontroverse wurde bei Fox von Anfang an eigentlich zur Erfolgsgarantie und damit auch zur Grundregel. Und so haben sie es dann bei Fox geschafft, innerhalb weniger Jahre mit den Simpsons eine Sendung unter den Top 30 der beliebsten Sendungen zu haben. Also da haben wir dann wirklich den Sprung in den Mainstream.
Mháire:
[1:41:25] Müssen wir ein paar Worte zu Rupert Murdoch sagen? Wollen wir ein paar Worte zu Rupert Murdoch sagen?
Rahel:
[1:41:32] Ich finde, wir haben schon genug über Mr. Burns gesprochen.
Mháire:
[1:41:38] Sehr gut. Dankeschön. Das ist eigentlich relativ gut zusammengefasst.
Rahel:
[1:41:44] Ja, der Unterschied ist halt, Rupert Murdoch gehört in Medienhäuser und nicht Kernkraftwerke. Aber ich würde nicht ausschließen, dass er nicht auch ein, zwei Kernkraftwerke irgendwo rumfliegen hatte. Wer weiß das schon so genau.
Mháire:
[1:41:53] Ja, ihm gehört sehr viel. Ihm gehören vor allen Dingen Sender und Zeitschriften. Ursprünglich Australier, hat aber sehr offensichtlich großes Interesse daran, die Politik in anderen Staaten zu beeinflussen. Soll den Brexit sehr stark mittels The Sun vorangetrieben haben. Zum Beispiel, ich sage das jetzt einfach mal, Schmierenblatt der englischen Presse. Und ja, schon vorsichtig gesagt in der konservativen Ecke einzuordnen. Was halt eben sehr seltsam wirkt angesichts der Tatsache, dass die Leute gerade viel von den Kreativen und den Gag-Schreibern und so etwas an Dingen wie The Simpsons ganz anders im politischen Spektrum unterwegs sind. Da kommt es dann gut, wenn man den Vertrag hat, dass man sich nicht einmischen darf, weil The Simpsons null Respekt haben. Da vorhatten und durchaus auch sich ja über Dinge, die ansonsten auf Fox liefen, auch einfach lustig gemacht haben. Inklusive eben zum Beispiel eine schrecklich nette Familie.
Rahel:
[1:42:48] Ja, das hat auch lustigerweise dazu geführt, eine Folge muss man wirklich über die Stränge geschlagen haben, weil in den Simpsons dann eine Nachrichtensendung zu sehen war, wo unten so ein Laufbanner durchläuft, wie das eben häufig bei Fox der Fall ist, wo dann irgendwelche Schlagzeilen eingeblendet werden.
Mháire:
[1:43:03] Breaking News.
Rahel:
[1:43:04] Ja, genau. Und das waren natürlich alles sehr bissige Kommentare über die Art von Schlagzeile, die man bei Fox lesen würde. Und das hat wohl Rupert Murdoch derart erbost, dass er gedroht hat, den Sender zu verklagen. Also sprich, Fox hat gedroht, Fox zu verklagen.
Mháire:
[1:43:20] Sich selbst. Ja, also ein Zweig von Fox den anderen.
Rahel:
[1:43:25] Ja, das ist ein wichtiger Punkt, weil da müssen wir natürlich trennen. Fox News, das, was wir heute also auch mit dieser ganz berühmt-berüchtigten, rechtsgerichteten konservativen Haltung und häufigen Diffamierung von den Demokraten kennen, Das ist noch mal was anderes als Fox Entertainment, also der Sender, auf dem die Simpsons laufen. Aber es gehört eben beides zum selben Netzwerk.
Mháire:
[1:43:46] Ja, beziehungsweise Disney hat inzwischen ja Fox gekauft.
Rahel:
[1:43:50] Das macht es nicht einfacher.
Mháire:
[1:43:51] Aber nicht Fox News. Die ganze Welt sagte, er hätte das mitkaufen und einstellen können, aber nicht das Thema.
Rahel:
[1:43:56] Ja, um mal so ein paar Kontroversen außer dieser einen Instanz, wo Fox fast Fox verklagt hätte, zu beleuchten. Also insbesondere die Figur von Bart ist eigentlich sehr früh schon immer kritisiert worden, Weil die Simpsons seien ja ein schlechtes Vorbild für Familien und Barth würde nie für seine Streiche ernsthaft bestraft werden. Und deswegen wäre das eine ganz gefährliche Sendung.
Mháire:
[1:44:17] Das ist sehr unterhaltsam, weil es gibt gleichzeitig auch die Kritik daran, dass dieses ikonische Bild, wie Homer Barth versucht zu erwürgen, überhaupt nicht vorbildlich dafür ist, wie man mit seinen Kindern umgehen soll.
Rahel:
[1:44:28] Ja, ja.
Mháire:
[1:44:30] Ich weiß es nicht, möglicherweise, ist aber nur eine Vermutung von mir, sollen diese Charaktere nicht vorbildlich sein, sondern sie sind nur eine überspitzte Beobachtung. Die Realität. Also das ist gar nicht ihre Funktion. Was glaubst du, Rahel?
Rahel:
[1:44:43] Ich mag das insbesondere dann immer am liebsten, wenn solche Charaktere keine Vorbilder sein müssen und mir kein gutes Leben vorleben wollen, dass ich mir dann bitte abzugucken habe. Aber das ist eben insbesondere im amerikanischen Fernsehen lange Zeit ein heißes Thema gewesen.
Mháire:
[1:44:58] Ja, dieses Moralverständnis, dass wenn du etwas zeigst, du dann auch für das eintrittst, was da gezeigt wird. Genau. Also, dass man Themen behandeln kann, ohne zu sagen, ich bin absolut dafür, dass die Realität auch so werden soll. Eine medienliterarische Eindimensionalität. A ist gleich A. Es kann nicht sein, dass A für B steht. Verstehst du, was ich meine? Es gibt keine tiefere Lesart.
Rahel:
[1:45:23] Ja.
Mháire:
[1:45:24] Was viel zum Light Entertainment in den USA erklärt.
Rahel:
[1:45:29] Das hat auch sehr konkret, jetzt sind wir schon wieder bei so einem berühmten Medienereignis um die Serie Drumherum, dazu geführt, dass sich 1992 der damalige Präsident George Bush, also der Ältere, zur Serie geäußert hat. Und da hat er nämlich gesagt, in einer Rede, war vielleicht nicht ganz durchdacht, will ich mal behaupten, auf jeden Fall hat er da gesagt, wir werden weiter versuchen, die amerikanische Familie zu stärken, damit amerikanische Familien mehr sind wie die Waltons und weniger wie die Simpsons.
Mháire:
[1:45:58] Der hielt sich da sicher für total up-to-date. Er spricht die Sprache des gemeinen Volkes.
Rahel:
[1:46:03] Das Problem ist nur, wenn man sich über eine sehr, sehr selbstreferenzielle Serie lustig macht oder sie implizit kritisiert, eine Serie, die sich selbst einfach nicht allzu ernst nimmt, dann erhält man prompt eine Antwort. Und das ist passiert. Denn bei der nächsten Gelegenheit, wo noch mal eine Simpsons-Folge lief, das war in dem Fall dann eine Wiederholung einer Folge, die Folge Die Geburtstagsüberraschung, haben die Macher der Serie einfach kurzerhand eine neue Eröffnungsszene für diese Wiederholung geschrieben und gezeichnet. Und da gucken die Simpsons nämlich genau diese Busch-Ansprache im Fernsehen und reagieren darauf mit sehr viel Witz. Nicht konfrontativ, aber sie greifen eben sehr gezielt diese Kritik auf und sagen sowas nach dem Motto, So, hey, wir beten auch dafür, dass sich die Wirtschaft bessert. Also das ist so ein Punkt, der ist etwas nach hinten losgegangen.
Mháire:
[1:46:53] Ja, es ist vor allen Dingen eine sehr souveräne und schlaue Reaktion darauf. Nämlich erstens, sich darüber lustig zu machen, dass ein Präsident der USA sich mit irgendwelchen Vergleichen mit einer Zeichentricks-Sitcom abgibt in seinen Reden, was nicht sehr präsidentenhaft ist. Gut, die Maßstäbe haben sich geändert mittlerweile. Aber damals war das schon erhebernd. Und zweitens, dass eben dann direkt ein Problem anspricht, das möglicherweise eher vom Interesse eines Präsidenten sein sollte, als was gelbe Zeichentrickfiguren sagen. Also Respekt.
Rahel:
[1:47:25] Was daraus erwachsen ist, aus diesen Kontroversen und auch dieser seltsame Zusammenhang von Die Simpsons als eben diese progressive, sehr linksgerichtete Serie und Fox, dem konservativen, eher rechtsgewandten Netzwerk dahinter, das ist so eine merkwürdige Symbiose geworden. Also Fox hat damals die Simpsons gebraucht, um überhaupt hervorstechen zu können. Und genauso haben natürlich die Simpsons aber auch Fox gebraucht, weil die Serie wird von diesem Fernsehsender finanziert. Aber dadurch, dass eben vertraglich festgehalten war, dass Fox niemals in die Inhalte eingreifen durfte der Serie, hält diese Symbiose, die ein bisschen was hat von einem dreibeinigen Pferd, bis heute an. Heute sind die Simpsons daher auch die am längsten laufende amerikanische Sitcom und die am längsten laufende gescriptete Primetime-Serie Amerikas. Das heißt, da sind schon einige Meilensteine erreicht worden.
Mháire:
[1:48:16] Es gab auch eine Reihe Emmys. Wenig überraschend. Ich meine, wenn man so lange läuft, muss man schon sehr viel falsch machen, um niemals ein Emmy zu bekommen. Wir gehen schon mal davon aus, dass sie verdient sind.
Rahel:
[1:48:27] Natürlich ist aber in der Zeit nicht alles rosig gewesen bei der Serie. Auch die Simpsons haben sehr bewegte Zeiten hinter sich. Also es hat Streitigkeiten um Gehälter gegeben. Es hat sinkende Einschaltquoten gegeben. Und du hattest es eingangs auch schon gesagt. Heute würden wir sagen, ja, die Hochzeiten der Serie sind vorbei. Aber es ist eben immer noch eine lukrative Produktion.
Mháire:
[1:48:48] Und deswegen wird sie auch weiterlaufen. Im Grunde ist das ja fast schon ein perfektes Kunstwerk, das am Ende symbolisch für die Dinge steht, über die es sich selber lustig gemacht hat. Quasi der Citizen Kane des Zeichentricks.
Rahel:
[1:49:02] Das war sehr schön gesagt. Das war eine schöne Metapher.
Mháire:
[1:49:07] Und auch sehr dumm, aber das passt irgendwie.
Rahel:
[1:49:09] In Deutschland, da hat die Serie ein paar Mal den Sender gewechselt. Die erste Ausstrahlung erfolgte auf Premiere, also im Pay-TV, ab Februar 1991.
Mháire:
[1:49:18] Da haben nur die reichen Kids das gucken können.
Rahel:
[1:49:20] Was eine wirklich merkwürdige Vorstellung ist, aber gut. Hat auch nicht lange gehalten, denn schon im September 1991, also ein gutes Dreivierteljahr später, ist die Serie dann zur Free-TV-Ausstrahlung nach ZDF gewandert. Du weißt schon, damals, wo alle möglichen Serien auf ZDF gelaufen sind, die aus heutiger Sicht so überhaupt nicht ins Senderprofil passen, aber gut.
Mháire:
[1:49:42] Ja, unsere Öffentlich-Rechtlichen haben mal sehr viel mehr coole und weirde Dinge gemacht und ausprobiert.
Rahel:
[1:49:50] Seit 1994 läuft die Serie dann auf dem Privatsender ProSieben. Da ist sie bis heute, hat auch da maßgeblich die Erfolge von diesem Sender beflügelt. War also auch schon immer eine wertvolle Marke.
Mháire:
[1:50:02] Ja, die werden die auch nie hergeben, solange sie sich irgendwie daran festkrallen können.
Rahel:
[1:50:05] Nein.
Mháire:
[1:50:05] Was damit zusammenhängt, ich will es nur erwähnen, weil unser Spezialist noch mehr darüber reden wird, ist, dass deutsche Ausstrahlung natürlich auch Synchro bedeutet und dass in der deutschen Synchro mehrfach Stimmen schon durchgewechselt sind. Und ich erinnere mich noch, was für ein Riesending das war. Anke Engelke hat die Rolle der March übernommen, nachdem die ursprüngliche Synchronsprecherin gestorben war. Und ich weiß, dass das noch richtig große News war, als das passiert ist. Es war wirklich ein einschneidender Moment und da gab es viele Diskussionen darum, wie sie das macht und dass sie das anders macht und dass sie sich mehr im Original orientiert und so etwas. Aber das ist eben dementsprechend etwas, was bei uns öfters passiert ist, weil im amerikanischen Original ist es meines Wissens nach so, wenn die Stimme stirbt, wird meistens auch der Charakter beerdigt. Und die Kernstimmen sind immer noch die gleichen.
Rahel:
[1:50:54] Das ist der eine Punkt. Der andere Punkt ist auch, in der Original-Synchro hat im Grunde genommen jede Synchronsprecherin, jeder Synchronsprecher eine Vielzahl an Rollen. Das ist im Deutschen nicht so, sondern da wird wirklich jede Rolle von irgendeinem anderen Hi-O-Pi gesprochen. Wodurch natürlich die Anfälligkeit für, wir wollen jemand nicht mehr bezahlen, uns ist jemand gestorben, einfach deutlich höher ist.
Mháire:
[1:51:17] Aber es ist ja eine Regel im Original, die, wenn ich das richtig gelesen habe, Matt Groening ja auch mit eingeführt hat, dass die Stimmen gleich bleiben sollen im US-Amerikanischen, wenn es irgendwie möglich ist. Was bedeutet, dass die SprecherInnen eine super Situation haben, um über ihr Gehalt zu verhandeln?
Rahel:
[1:51:35] Also, ja, das haben sie auch schon mehrfach einsetzen können.
Mháire:
[1:51:39] Ja, Genosse Groening, gut gemacht.
Mháire:
[1:51:42] Wir haben noch ganz, ganz viel zu reden über, was sagt die Serie aus? Wir haben jetzt schon viel darüber geredet, dass sie satirisch ist und dass sie eher linksgerichtet ist und dass sie sich über Dinge wie Präsidenten und anderes Fernsehen oder sowas lustig macht. Aber wir könnten das nochmal ein bisschen genauer ausarbeiten und den popkulturellen Status abschließend. Die Simpsons, angefangen als eine überspitzte Beobachtung der Durchschnittsfamilie, der heute stark schwindenden Mittelklasse, der Leute, die sich ein Haus leisten konnten und wo das nicht eine ungewöhnliche Sache war, wo das Geld nicht dicke ist, aber genug.
Rahel:
[1:52:16] Die Serie ist im Grunde genommen eine mikroskopische Variante von den USA, von diesem sehr großen, sehr vielfältigen Land. Und dementsprechend, wenn wir jetzt mal so herausarbeiten wollen, was denn so die zentralen Themen der Serie sind, haben wir da eine ganz schöne Menge. Und es spielt auch immer eine Rolle, über welche Staffel wir denn gerade reden, weil eben die Simpsons mit der Zeit gehen. Und dementsprechend sich die Themen, die verhandelt werden, auch immer ein Stück weit wandeln. Entweder die Themen an sich oder zumindest die Art, wie sie aufgegriffen werden. Ich würde mal sagen, das wichtigste Thema der Serie ist eigentlich Politik. Also die Lokalpolitik von Springfield ist Thema vieler Folgen, aber auch die Landespolitik darüber hinaus. Wir sehen in der Serie eigentlich das komplette amerikanische Politspektrum, aber auch das System an sich wird verballhornt. Natürlich kommt die Serie unterm Strich eher links raus, das hatten wir ja schon.
Mháire:
[1:53:10] Aber nicht ohne Kritik an eher linken Demokraten, die reichlich ist.
Rahel:
[1:53:15] Genau. Wie beispielsweise verkörpert durch den Bürgermeister.
Mháire:
[1:53:20] Durch den Bürgermeister Quimby, ja. Und es gibt auch einen kurzen Gag, wo man die zentralen Versammlungen der Republikaner und der Demokraten sieht. Und bei den Republikanern steht mehr oder weniger drüber, wir sind die Bösen und wir wollen euer Geld. Und bei den Demokraten steht, wir können nicht regieren. Das ist so extrem runtergedapft.
Rahel:
[1:53:36] Es ist so wahr.
Mháire:
[1:53:36] Ja, leider.
Rahel:
[1:53:37] Ich hatte eben schon gesagt bei den Nebenfiguren, dass die ja häufig als Metaphern funktionieren, dass die sehr konkrete Funktionen erfüllen. Und das ist eben auch beim Thema Politik in der Serie so. Also viele von den Figuren, auch von den Hauptfiguren, verkörpern im Grunde genommen so bestimmte, ich nenne es jetzt mal politische Archetypen oder Themen. Mit Lisa haben wir den Klimaschutz und den Feminismus und wir haben die soziale Gerechtigkeit. Wir haben mit Marge die Hausfrau, die an vielen Stellen ein bisschen konservativ wirkt, aber gleichzeitig auch starke feministische Tendenzen hat. Homer gibt sehr gerne Versprechen, die er nie einlöst. Der erinnert also gerade in den politischen Folgen, wo er dann auch als politische Figur inszeniert wird, sehr stark an einen Populisten. Und so arbeitet sich die Serie durch ganz viele erkennbare politische Themen, durch Kapitalismus, Immigration, die Kompetenz der Polizei.
Mháire:
[1:54:29] Oder der Mangel daran.
Rahel:
[1:54:31] Ja, genau.
Mháire:
[1:54:32] Ja, faul, unaufmerksam, bestechlich, nur darauf bedacht, dass sie mit einer Dienstwaffe durch die Gegend laufen können und eine Uniform tragen.
Rahel:
[1:54:40] Und Donuts essen.
Mháire:
[1:54:41] Und Donuts essen.
Rahel:
[1:54:42] Wichtig. Also immer wieder werden so Dinge wie das amerikanische Verfassungsrecht, Wirtschaft, Waffenrechte, ganz wichtig auch Waffenrechte, Bildung, Klimaschutz und natürlich auch Drogen aufgegriffen. Man denke mal nur allein an die Omnipräsenz der Biermarke Duff, die ja ironischerweise derart ikonisch geworden ist, dass wir heute im echten Leben Duff Bier kaufen können. Also an der Stelle ist in Simpsons ein kleines bisschen das passiert, was Jurassic Park passiert ist mit seiner Kapitalismuskritik. Und auf einmal war der Film die größte Merchandise-Schleuder. Aber gut.
Mháire:
[1:55:13] Wie kannst du das nur sagen, während ich auf den Plastik-Dino schaue, der auf meinem Schreibtisch sitzt?
Rahel:
[1:55:19] No shame für Plastik-Dinos. Ich liebe Dinosaurier. Dinosaurier, Beste. Gut.
Mháire:
[1:55:23] Ja, gut. Dankeschön. Es ist dein Parasaurolophus. Ich finde es wichtig, dazu zu stehen, was der Lieblingsdino von jemandem ist. Was ist deiner?
Rahel:
[1:55:30] Da ich gerne nach dem Prinzip mehr ist mehr lebe, ist es bei mir ziemlich eindeutig der Giganotosaurus.
Mháire:
[1:55:34] Uh. Ja, gut. Kann ich nachvollziehen. Zurück zu den Simpsons.
Rahel:
[1:55:39] War es vielleicht noch erwähnenswert in diesem Politikzusammenhang? Die sogenannte Simpsons-Verschwörung. Das ist so eine Behauptung, die seit vielen Jahren schon umgeht, wonach die Macher der Serie prophetische Fähigkeiten hätten, weil sie ja unter anderem Donald Trump als Präsidenten vorhergesagt hätten. Das ist nachweisbar völliger Quatsch, denn dabei handelt es sich ganz schlicht um das Gesetz der großen Zahlen. Also wenn man fast 800 Folgen auf dem Buckel hat und die Folgen inhaltlich ziemlich vollgestopft sind, vor allem mit so kurzen Wegwerf-Gags, dann muss es zwangsweise irgendwann kommen, dass auch mal einige der Gags dann sich später im realen Leben als wahr erweisen. Es haben sich Leute eben die Mühe gemacht, mal nachzuzählen, wie viele Vorherseiten die Serie so macht. Im Gesamtverhältnis, wie viele davon dann auch wirklich eingetroffen sind. Und das ist statistisch absolut unauffällig.
Mháire:
[1:56:28] Tja, schade. Es wurden nämlich auch gute Dinge vorhergesagt.
Rahel:
[1:56:32] Ja.
Mháire:
[1:56:32] Ich meine, es wurde auch Lisa Simpson als Präsidentin geweißsagt. Ich glaube nicht, dass das passieren wird. Allein schon aufgrund der Tatsache, dass sie nicht real ist.
Rahel:
[1:56:39] Nein, nein, das war alles ein Zufall.
Mháire:
[1:56:40] Es ist schön, wenn man ein reales Geschehen mit einem Simpsons-Bild begleiten kann. Hat einfach starkes Meme-Potenzial.
Mháire:
[1:56:47] Was wir auch schon ziemlich viel angesprochen hatten, ist die Kritik an Raubbau an der Umwelt und an Ausnutzung und Zerstörung von Wildnis und Natur. Ich meine, es ist ein Atomkraftwerk nebenan. Und es wird von Anfang an auch gesetzt, dass dieses Atomkraftwerk nicht sehr sicher ist und dass kontinuierlich giftige und strahlende Materialien daraus entkommen und unterschiedlichste interessante Dinge mit der Umwelt machen, von Tentakelbäumen bis hin zu dem dreieugigen Fisch, dem Maskottchen. Im Film sieht man, der See ist so giftig, dass er die schwimmende Insel auslöscht, auf der Green Day ein Konzert gibt, worauf auch Green Day ausgelöscht wird. Sorry. Und das ist wirklich etwas, was sich immer und immer wieder durchzieht. Es gibt immer wieder Folgen, in denen es darum geht, wie im Nationalpark was Schlimmes passiert. Dass Öl gefunden wird und dadurch alles vergiftet wird. Dass Mr. Burns den nächsten bescheuerten Plan hat, seinen Giftmüll irgendwo verklappt. Was weiß ich, was alles. Also das finde ich wirklich bemerkenswert, auch wie früh schon extrem starke Grüne, in Anführungsstrichen, Punkte da aufgegriffen werden. Und dass es in der ersten Staffel schon darum geht, dass es eine Klimaerwärmung gibt. Moment mal, mir kann niemand erzählen, dass das Leute nicht schon Ende der 80er gewusst haben.
Rahel:
[1:58:00] Mir fällt gerade, wo du das so erzählst, was sehr Paradoxes auf. Blinky, der dreieorgelige Fisch, steht ja für diese drohende Umweltkatastrophe, die tödliche Umweltkatastrophe, so mit Strahlung und so. Im Spiel Hit and Run ist Blinky das Speichereicon. Ich habe da nie so drüber nachgedacht, aber sehr paradox.
Mháire:
[1:58:20] Aber ich meine, Kapitalismuskritik wird am Ende dann zu etwas, was kapitalistisch genutzt wird, weil es nichts gibt, was ihm entkommen kann in diesem System und so ähnlich ist das. Man kann in einem erfolgreichen System und einer erfolgreichen Serie über Umweltschutz und dergleichen reden, aber wenn wir jetzt ehrlich sind, dann ist vieles von dem, was wir tun, und gerade Computerspiele zu einem Zeitpunkt, wo sie alle noch auf physischen Trägern unterwegs waren, das mag uns so sehr gefallen, wie wir es wollen, aber mein Gott, die Menge an Müll. Insofern finde ich es nur passend, dass Blinky einen dran erinnert. Hey! Ich weiß nicht, ob das Absicht war oder sie einfach nur ein cooles Icon gesucht haben. I don’t know. Ich versuche da was reinzudeuten gerade. Das ist eine Sache, die sich bei mir jetzt wirklich beim nochmal mich durch ikonische Folgen und durch eine ganze Reihe von Staffeln durchschauen überrascht hat. Wie früh und wie intensiv das ein kontinuierliches Thema ist. Naturschutz. Gefällt mir.
Rahel:
[1:59:10] Ein drittes Thema, was wir immer finden, ist irgendwas mit Medien, um mal den beliebten Ausspruch zu zitieren. Also sowohl einmal Medienkritik als eben auch dieser selbstreferenzielle oder meta-referenzielle Umgang schon fast mit dem Thema. was man denn zur Zeit im Fernsehen oder in der Musik und so weiter und so fort alles erleben kann. Wir hatten schon darüber gesprochen, wie der eigene Fernsehsender Fox immer auf die Schippe genommen wird. Das wird unter anderem auch durch den selbstverliebten Nachrichtensprecher Brock Kentman gemacht. Wichtiger Punkt ist aber eben auch diese fiktive Zeichentrickserie Itchy & Scratchy.
Mháire:
[1:59:44] Oh Gott.
Rahel:
[1:59:45] Die im Grunde genommen ein blutrünstiges Tom & Jerry Rib-Off ist. Da wird gefoltert, da wird gemordet. Das ist sehr offensichtlich nicht kindgerecht, aber es wird halt irgendwie immer erst nach der Ausstrahlung ein Disclaimer eingeblendet, der auf die Gewalt hinweist und dass Kinder die Serie definitiv nicht sehen sollten.
Mháire:
[2:00:00] Das ist so treffend, vor allen Dingen ja wiederum aus der europäischen Sichtweise. Ich finde das spannend, ich habe mich da mal eben bei Interviews mit der USK zum Beispiel mit beschäftigt, dass ja jeder Kulturraum, jede Nation andere Regeln dafür hat, was nicht kindgerecht ist.
Rahel:
[2:00:19] Ja.
Mháire:
[2:00:20] Oder was man der Öffentlichkeit nicht zumuten kann. Aus moralischen, historischen oder anderen Gründen. Und die Amis sind immer entsetzt davon, wie viel Nacktheit und Sex in Europa zugelassen ist. Und wir sind entsetzt davon, wie viel Gewalt bei ihnen zugelassen ist. Also ich finde das wirklich eine sehr scharfe Selbstbeobachtung. Dass all dieses wirklich blutrünstige, aber dann als Ha-Ha verkaufte Abschlachten und Morden eine amerikanische Selbstverständlichkeit sind. Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich finde das immer zutiefst unangenehm, die Itchy- und Scratchy-Einblendungen.
Rahel:
[2:00:55] Ist es auch.
Mháire:
[2:00:56] Also auf genau die richtige Art und Weise, also schockierend und unangenehm, wo man auf dem Sofa sitzt und dann rüberschaut zu der Person, mit der man das zusammenschaut. So haben wir das gerade beide gesehen. Das funktioniert für mich immer noch genauso wie damals.
Rahel:
[2:01:07] Das reibt sich auch nicht ab, weil es aber einfach so drastisch ist.
Rahel:
[2:01:11] Es zählt auch dazu, zu diesen Themen Blockmedien, dass beispielsweise das Thema Musik sehr wichtig ist in den Simpsons, dass wir viele Musikeinlagen haben. Unter anderem dann eben mit Michael Jackson, um mal so einen Namen zu nennen.
Mháire:
[2:01:23] Aber generell regelmäßig Musicalnummern, die teilweise auch einfach unglaublich gut sind, die sich so in deinem Hirn fressen. Also zum Beispiel Mr. Burns, der darüber singt, welche seltenen Tierarten er zum Aussterben gemacht hat und aus ihnen Kleidungsstücke oder irgendwas anderes gemacht hat. See my vest, see my vest, made from real gorilla chest. Diese Respektlosigkeit und regelmäßig Country-Nummern, in denen Dinge gesungen werden, die in diese Herzschmerz-Düdelü-Variante übertragen werden, aber wo dann bizarre Themen oder die unpassende Wortwahl oder sowas drin sind. Das muss man überhaupt erst mal können. Also es ist nicht nur die Gagdichte, sondern dann auch noch musikalische Gagdichte. Das ist ja noch ein ganz anderes Medium. Super. Ich weiß nicht, hast du da irgendwie einen Lieblingssong?
Rahel:
[2:02:07] Ich muss schon wieder an die Folge mit der Monorail denken.
Mháire:
[2:02:09] Ja, der Monorail-Song ist auch exzellent.
Rahel:
[2:02:12] Ja, weil da ist die Musical-Anlage auf einmal wirklich plotrelevant, weil die Stadt Springfield lässt sich von irgendeinem Scammer-Investor überhaupt überreden, dass sie jetzt in eine Monorail investieren sollten, weil er ihnen halt einen coolen, flippigen Song vorsingt. Und das funktioniert. Und ich denke mir, ja, das könnte auch bei mir funktionieren. Ich will nicht lügen.
Mháire:
[2:02:34] Die Kritikpunkte werden dann ja auch gesungen. Also dieser Song übernimmt das gesamte Gespräch in der Town Hall, bis alle nur noch Monorail, Monorail singen.
Mháire:
[2:02:41] Das ist schon auch einer der Besten tatsächlich. Zum Thema Medienkritik bzw. Medien und die Simpsons und die Interaktion. Wir hatten es ja schon öfters mit den Star-Auftritten und dergleichen. Aber mir ist auch wieder aufgefallen, wie oft die Simpsons generell einfach anderes Fernsehen zitieren und dann entweder sich darüber lustig machen. Ich bin bei der abgebrochen, bei einer kurzen Hörmal-Wer-der-Hämmert-Persiflage. Ohne dass genannt wird, welche Serie es ist. Aber es sind zehn Sekunden und es ist perfekt. Aber … Etwas, was ich als Jugendliche beim besten Willen niemals hätte erraten können, was das soll, aber dass direkt Twin Peaks zitiert wird. Ja, wo Homer dann irgendwas träumt und auf einmal im Red Room ist, wie im Twin Peaks, Agent Cooper. Großartig und auch seltsam alterslos, obwohl es damals ja nicht alterslos gedacht war. Aber sie haben da etwas zitiert, was genauso zeitbeständig ist in seinem Kultstatus wie die Simpsons selber. Fragt mich dann teilweise, wie viele Gags verstehe ich gar nicht oder sind für mich einfach nur random Sachen, weil sie Zitate oder Anspielungen auf eine Fernsehlandschaft sind, die ich gar nicht kenne.
Rahel:
[2:03:47] Ich glaube, das wäre eine ganz schöne Menge sein. Man muss ja sagen, das ist eigentlich ein Aspekt, der, wenn man mal ehrlich ist, nicht gut altert. Weil eben um diese ganzen Anspielungen lesen zu können, muss man auch mit der Medienwelt aus der Zeit jeweils vertraut sein. Und heute kennen wir eben die Sachen, die es geschafft haben, dass sie im kulturellen Gedächtnis da bleiben. Twin Peaks ist da ein super Beispiel für. Twin Peaks ist ein Name, den kennen die Leute, auch wenn sie es selber nicht gesehen haben. Und vielleicht haben sie so ein bisschen Vorstellung, wie das auch sehen könnte oder dass das irgendwas mit Mystery zu tun haben könnte. Aber ich glaube, sehr viele Gags, vor allem dann ja auch nochmal nicht über die Zeit, sondern auch noch über den Kulturraum von den Staaten nach Deutschland hinweg, sind einfach lost in translation.
Mháire:
[2:04:26] Im wahrsten Sinne des Wortes teilweise. Aber dafür haben wir einen Spezialisten, der da sehr klare Worte zu verlieren will. Und ich erinnere mich noch, dass es ein Riesending war damals, dass es einen Akte-X-Crossover gab. In dem Sinne, als dass Skully und Mulder aufgetreten sind und tatsächlich von den Originaldarstellern gesprochen wurden.
Rahel:
[2:04:44] Ja.
Mháire:
[2:04:44] Also ich war ein Riesen-Akte-X-Fan und das war für mich so… Das ist möglich, dass so etwas passiert?
Rahel:
[2:04:51] Ja.
Mháire:
[2:04:52] Cool, abgefahren. Ich würde sagen, es ist sogar irgendwie eine Meilenstein-Folge für die popkulturelle Bedeutung von Simpsons.
Rahel:
[2:04:58] Ja.
Mháire:
[2:04:59] Dass so, weil es möglich war, organisiert werden konnte, fertig gemacht und ausgestrahlt und alle Verträge unter Dach und Fach und die richtigen Stimmen und so etwas, das ist bemerkenswert. Sozusagen ein Cinematic Universe.
Rahel:
[2:05:10] Jetzt ist es Kanon.
Mháire:
[2:05:12] Jetzt ist es Kanon. Ich meine, es gibt noch das Family Guy Crossover.
Rahel:
[2:05:16] Ja.
Mháire:
[2:05:16] Was ja aber auch durchaus daraus entstanden ist. dass Family Guy ganz offensichtlich der Wunsch ist, die Simpsons nochmal zu machen. Insofern ist das ja eigentlich fast schon ein sehr lautes Senpai Notice Me von Family Guy gewesen.
Rahel:
[2:05:31] Kommen wir mal zum nächsten Themenblock. Und ich kopiere das mal gerade zusammen unter Repräsentation von marginalisierten Gruppen.
Mháire:
[2:05:40] Gut gemeint, ist nicht.
Rahel:
[2:05:42] Genau. Ich werde mal so zwei Dinge da herausarbeiten. Das erste ist die LGBTQ-Repräsentation. Wir haben in The Simpsons schon sehr früh queere Charaktere, die aber anfänglich vor allem für lustige Stereotypen genutzt werden. Also wir haben ja, das hast du eben erwähnt, sehr früh die Anspielung, dass Smithers schwul sein könnte und in Mr. Burns verliebt ist.
Mháire:
[2:06:06] Ja, ich glaube fast eher, er ist burnsexuell.
Rahel:
[2:06:08] Er ist burnsexuell, definitiv.
Mháire:
[2:06:10] Für Smithers gibt es nur einen Menschen.
Rahel:
[2:06:12] Das wird aber auch später dann im Laufe der Serie kanon, dass er also tatsächlich eine romantische Anziehung für Mr. Burns empfindet. Und wir sehen auch, dass die queeren Charaktere im Laufe der Serie immer dreidimensionaler werden. Die wachsen also über die Stereotypen, die sie am Anfang sind, hinaus. Und da hat es die Serie auch geschafft, mehrere Meilensteine mal wieder zu erobern. Also wir haben beispielsweise schon in einer Folge der zweiten Staffel, das ist 1990, einen queeren Mann, der Homer küsst, auf den Mond küsst. Das ist ein Jahrzehnt, bevor Dawson’s Creek das als erste Realserie im amerikanischen Fernsehen gezeigt hat.
Mháire:
[2:06:46] Siehst du, ich hätte nicht mehr gewusst, welche Serie das war, die das im Realfernsehen gemacht hat. Ich lerne hier noch eine Menge Dinge.
Rahel:
[2:06:51] Ich habe es extra nachgeguckt. Ich hätte auch nicht gedacht, dass es ausgerechnet Dawson’s Creek war, aber jetzt wissen wir es. Wir haben dann schon in der achten Staffel, das ist 1997, auch noch verhältnismäßig früh, erstmals eine Episode, wo sich dann auch der Hauptplot um eben ein LGBTQ-Thema dreht. Das ist die Folge Homer und gewisse Ängste. Oder wie sie im Englischen viel lustiger heißt, Homophobia. Wo es eben darum geht, dass er Angst hat, dass er in so einem Schwul sein könnte.
Mháire:
[2:07:17] Too real.
Rahel:
[2:07:17] Ja. Dann, ich hatte es eben schon erwähnt, seit 2005 steht fest, kanonisch, dass Patti Bouvier lesbisch ist, weil sie möchte in der Folge Drum prüfe, wer sich ewig bindet, ihre Freundin Veronica heiraten. Und da kommen wir jetzt, solange es zu einem Punkt fortschrittliches und weniger fortschrittliches. Denn, was wir merken 2005 sind insbesondere weibliche queere Charaktere, Noch im Prinzip unsichtbar im Fernsehen. Das dauert deutlich länger, bis man diese Charaktere überhaupt wirklich gezeigt bekommt, explizit gezeigt bekommt, über irgendwelche Andeutungen, wie wir es in Xena noch sehen, hinaus. Und ja, ich habe die Gelegenheit genutzt, um noch schnell Xena reinzuschuhornen.
Mháire:
[2:08:00] Ich weiß das zu schätzen.
Rahel:
[2:08:02] Das Problem ist, dass genau diese Folge aber auch dadurch hervorsticht, dass sie eine transphobe Darstellung von eben dieser Freundin Veronica ist. Weil im Laufe stellt sich dann heraus, Veronica ist gar nicht als Frau geboren und die hat Patty die ganze Zeit belogen und das ist alles eine Falle. Und das ist ein sehr durchgekautes Narrativ, das war auch schon zu dem Zeitpunkt durchgekaut und problematisch. Das heißt, was wir hier ganz gut sehen, ist, dass die Simpsons, und das hat sich bis heute nicht verändert, sie haben eine LGB-Repräsentation. Bei T und Q im Allgemeineren wird es dann rar gesät.
Mháire:
[2:08:36] Und ey, aber das fällt ja bei den meisten Repräsentationen irgendwie hinten vom Tisch runter. Es ist kein Platz mehr für mich.
Rahel:
[2:08:42] Ja.
Mháire:
[2:08:43] Ja, ich glaube, dass das wirklich ein Fall von gut gemeint und nicht gut gemacht ist.
Rahel:
[2:08:47] Ja.
Mháire:
[2:08:48] Einfach zu wenig Beteiligung von den Personen, über die man da redet.
Rahel:
[2:08:52] Ja, genau.
Mháire:
[2:08:53] Und das Wiederholen von Schenkelklopfern, die man einfach unreflektiert dann weiter in sein Material schreibt. Ohne mal drüber nachzudenken, wie boshaft es eigentlich ist.
Rahel:
[2:09:05] Das ist der Serie auch an einigen anderen Stellen nochmal passiert. Nämlich ist das dann das Thema People of Color und Migration. Positiv an der Serie ist, wir haben sehr viele nicht-weiße Charaktere. War jetzt nicht unbedingt üblich. Also auch nicht-weiße Charaktere, die schon seit der ersten Folge dabei sind oder seit fast der ersten Folge.
Mháire:
[2:09:23] Und die auch teilweise vollkommen selbstverständlich in allen möglichen verschiedenen Jobsituationen und Umfeldern auftauchen. Das ist auch nicht ganz von Anfang in allen Bereichen so, aber dass man dann People of Color auch in Nachrichten, als NachrichtensprecherInnen, als ÄrztInnen und sowas alles sieht. Nicht selbstverständlich.
Rahel:
[2:09:42] Oder auch, dass Homer selbstverständlich einen schwarzen Arbeitskollegen hat, mit dem er auch befreundet ist. Die gehen zusammen nach der Arbeit ein Bier trinken.
Mháire:
[2:09:49] Ja, und es ist kein Thema für sie. Meistens.
Rahel:
[2:09:50] Meistens, genau. Es wird ja auch das Thema Einwanderung, illegale Einwanderung immer wieder in den Vordergrund gerückt und wie vor allem populistische Politiker damit umgehen. Alles gut, alles fein. Wenn man dann aber genauer hinguckt, dann hat man auch so Charaktere wie Apu in seinem Quickie-Markt. Und da rutscht die Serie dann ganz tief in so einen Stereotyp rein. Der spricht mit einem lustigen, überzeichneten Akzent, wird dabei auch von einem weißen Synchronsprecher gesprochen. Der verpasst niemals einen Tag Arbeit, selbst wenn er angeschossen wurde. Der verkauft schlechte Ware, er ist hyperfruchtbar. Auf einmal hat man da so ganz eindimensionale Aspekte, auf die an der Stelle ja eine komplette Kultur reduziert wird.
Mháire:
[2:10:31] Ja, gerade das mit dem Hyper-Fuchtball, irgendwie so ein Cutaway-Gag, wo er mit sieben Kids da sitzt, die zwischen zwei Folgen irgendwie aufgetaucht sind. Das ist wirklich so, okay, mhm, mhm, ja. Damals dachte man, oh, lustig. Also zumindest viele. Wir haben die Ausrede, wir waren ja noch jung.
Rahel:
[2:10:49] Ja, weiß ich nicht, weil Apo ist jetzt auch nicht das einzige Negativbeispiel. Also auch indigene Völker von Alaska werden immer wieder sehr stark stereotypisiert. Das sehen wir auch noch im Simpsons-Film von 2007. Also die unterhalten sich dann in Grundslauten, die haben albern große Brüste und die kulturellen Besonderheiten werden als was sehr Primitives dargestellt. Das hat alles letztlich dazu geführt, dass 2017 dann auch eine Dokumentation erschienen ist mit dem Titel The Problem with Apu. Das war natürlich nicht die erste Kritik ihrer Art, aber es war die erste, die eine Breitenwirkung entfaltet hat, wo eben mal auseinandergelegt wird, was das Problem ist daran, wie die Simpsons diese nicht-weißen Charaktere darstellen. Und das hat Konsequenzen gehabt. Die Macher der Serie haben sich mit dieser Kritik auseinandergesetzt. Wenn jetzt auch nicht zunächst ausschließlich würdevoll. Das hat also ein bisschen gedauert, aber mei, es hat Konsequenzen gegeben. Das hat unter anderem dazu geführt, dass Apu seitdem ein Hintergrundcharakter ohne Sprechrolle ist. Also ob das jetzt der beste Umgang ist, sei mal dahingestellt. Aber der größere Effekt ist, dass seitdem auch weiße SynchronsprecherInnen nur noch weiße Charaktere sprechen. Und zwar nicht nur bei den Simpsons, sondern auch bei Family Guy und South Park.
Mháire:
[2:11:58] Ich bin da keine Expertin für. Ich kann nur sagen, dass es von außen betrachtet eben eine seltsame Wirkung ist, dass wenn es heißt, es gibt Kritik an der Darstellung dieser indischen Person, dann reduzieren wir sie.
Rahel:
[2:12:11] Ja.
Mháire:
[2:12:13] Hätte es vielleicht andere Lösungen dafür gegeben.
Rahel:
[2:12:16] Sicherlich.
Mháire:
[2:12:16] Dem Charakter vielleicht mehr Dreidimensionalität zu verleihen oder sich damit wirklich zu beschäftigen. Keine Ahnung, dass Abo irgendwann sagt so, was, nein, ich komme aus der Gegend, eigentlich rede ich überhaupt nicht so, Aber alle Leute haben das von mir erwartet. Sich damit beschäftigen, dass es ein Klischee ist.
Rahel:
[2:12:32] Ich wollte gerade sagen, gerade bei einer Serie, die ja so selbstreferenziell und auch selbstkritisch an vielen Stellen ist, wäre das die leichteste Lösung gewesen. Ja, Leute, ich habe halt einfach die ganze Zeit eure Erwartungen erfüllt. Hat mir ein gutes Leben beschert. Habe jetzt keine Lust mehr.
Mháire:
[2:12:45] Ja, Ende mit Quickie Mart.
Rahel:
[2:12:47] Genau.
Mháire:
[2:12:47] Ich habe sehr viel Freizeit jetzt, die ich angespart habe, eine Überstunde. Und bye. Du sagtest es ja auch Anfang schon. Sie zeigt mit großer Selbstverständlichkeit die Serie People of Color. Im Alltag, in verschiedenen Positionen und hat definitiv die richtigen Absichten. Und dann des Öfteren nicht eine durchdachte Umsetzung des Ganzen. Und eben gerade so Sachen wie der Umgang mit indigenen Personen ist halt schon wirklich schwierig. Schmerzhaft, möchte ich sagen. Schmerzhaft. Aber das ist das, was passiert, wenn du über Leute redest und nicht mit ihnen. Fast zwangsläufig.
Rahel:
[2:13:20] Da fällt mir aber auf, ein Thema, das wir schon angeteasert haben, was sich jetzt aber bei dieser Repräsentation ausgeklammert hat, obwohl es da genauso drunter zählt. Es gibt… Auf den zweiten Blick, wenn man genauer hinschaut, erstaunlich wenig weibliche Charaktere in den Simpsons. Also insbesondere, wenn man den Umfang und die Anzahl von Sprechrollen vergleicht. Es gibt viele weibliche Charaktere, die aber nicht oder nur wenig sprechen. Das heißt, die Simpsons sind auch eine von den Charakteren her ziemlich männliche Serie.
Mháire:
[2:13:50] Ja, und jetzt kann man sagen, Lisa und Marge sind die Schlauen in der Familie, aber das ist ja durchaus auch ein Klischee mit den dummen Kerlen. Ja. Die aber trotzdem erfolgreich durchs Leben purzeln, weil selbstverständlich ist, dass du doof sein kannst, wenn ein Mann ist. Das ist beleidigend für Männer.
Rahel:
[2:14:05] Ja.
Mháire:
[2:14:07] Um mal eine Lanze für euch zu brechen. Ihr kommt auch klar, ohne dass euch eine Frau ständig den Hintern hinterher trägt und alles für euch regelt. Um ehrlich zu sein, ich bin zum Beispiel eine sehr chaotische, unordentliche Frau und ich habe einen ordentlichen und durchgeplanten Mann, der mir den Hintern hinterher trägt. Nimm das, Klischee. Aber auch positive Klischees. es gibt ja auch toxische Positivität sind anstrengend. Es ist mir auch früher nicht so aufgefallen aber diesmal habe ich auch so ein bisschen durchgezählt. Die meisten wichtigen Standardfiguren in der Stadt sind alles Typen. In der Politik oder in Läden oder als führende Personen, als der Priester alles Kerle. Und die Dauersprechrollen sind dann zum Beispiel die kettenrauchenden Zwillinge. Die sind super. Aber es ist auch noch zweimal quasi die gleiche Person.
Rahel:
[2:14:55] Also unterm Strich, ja, die Simpsons machen schon vieles gut und die waren auch für ihre Zeit häufig fortschrittlich, aber die Serie ist eben keineswegs unfehlbar. Und das ist mir unter anderem deswegen so wichtig zu sagen, weil sie in meinen Augen, zumindest wenn ich an meine Schulzeit zurückdenke, gerne so gehandelt wurde. Die Simpsons haben es so gemacht, deswegen muss es gut sein. Das ist jetzt nicht uneingeschränkt so.
Mháire:
[2:15:16] Nein. Ich möchte aber an dieser Stelle auch sagen, das heißt nicht, dass man es nicht mögen darf. Häufig ist dann ja so, die haben aber diesen Punkt problematisch behandelt. Ja, darüber kann man reden, aber das heißt jetzt nicht, dass man die gesamte Sache wegschmeißt. Und es ist auch vollkommen okay, Dinge zu mögen, die schlecht sind in manchen ihrer Aspekte. Das will ich einmal hier ganz klar gesagt haben.
Rahel:
[2:15:36] Du läufst bei mir offene Tore ein, weil ich bin Vorsitzende der Lovecraft-Gesellschaft, von daher.
Mháire:
[2:15:41] Ja, zu dem Thema habe ich auch des Öfteren schon Gespräche geführt in unterschiedlichste Richtungen. Und ich meine, auch wenn ich manchmal bei den Simpsons heutzutage vom Sofa cringe, wenn ich ein paar Sachen sehe, ist es trotzdem immer noch etwas, was mir Freude bereitet.
Mháire:
[2:15:55] Und das ist vollkommen okay so. Die Simpsons sind etwas, was glaube ich auch auf lange, lange, lange Zeit noch freudebereitet und nützlich sein wird. Für unsere Kommunikation und prägend. Und das auch für Leute, die das Originalmaterial nicht kennen. Ich muss über Memes reden mit dir.
Rahel:
[2:16:09] Auf geht’s.
Mháire:
[2:16:10] Damit ordnen wir uns ja auch ein. Ich habe mir sagen lassen, dass die Memes von der Folgegeneration nach uns vollkommen andere sind. Und wir dann wiederum alt, unwissend den Kontakt mit der Jugend verloren und cringe sind. wenn wir Simpsons Beans benutzen. Aber wir benutzen sie und wir werden das bis in unser Grab tun. Ihr könnt sie uns nicht wegnehmen. Aber ich glaube, Homer, der rückwärts in die Hecke verschwindet, wird immer funktionieren.
Rahel:
[2:16:34] Es ist einfach eines meiner wichtigsten Kommunikationsmittel. Genauso wie eben Grandpa Simpson, der irgendwo reinläuft, seinen Hut auffängt, sich denkt, nope, den Hut wieder nimmt und sofort geht. Das bin ich.
Mháire:
[2:16:47] Ich möchte an dieser Stelle sagen, dass ich, während wir diesen Podcast aufnehmen, kurz die Frage bekommen habe, ob wir noch podcasten. Ich geantwortet habe, ja, wir podcasten noch und ein Simpsons-Meme dazu geschickt bekommen habe, wie Flanders und Homer sich unterhalten. Okay. Einer meiner Favoriten, den benutze ich nicht klassisch als Meme, als GIF oder so etwas, sondern gesprochen ist, I for one welcome our insect overlords. Und dann halt Insect eintauschen gegen was auch immer. Our AI overlords. Die Bedrohung du jour, der man sich einfach rückgratlos unterordnet, kann man so oft verwenden und das ist immer noch so gut. Allein diese Formulierung, I for one welcome our blog. Old Maniel said Clouds.
Rahel:
[2:17:24] Sehr wichtig.
Mháire:
[2:17:27] Wende ich inzwischen manchmal auf mich selber an. Die Jugend von heute. Du hast es schon erwähnt, dass sich Dinge wie Ay Karamba auf einmal für eine Weile in der Jugendsprache festgesetzt haben.
Rahel:
[2:17:35] Ja.
Mháire:
[2:17:36] Ich glaube, das Do von Homer im Original ist auch dramatisch in der Nutzung angestiegen. Und was ich lustig fand tatsächlich und mir eine lange Zeit gar nicht bewusst war, es gibt ja auch dieses Meme von Ralph Wiggum, der hinten im Bus sitzt und dann so, I’m in danger now. Das ist gar nicht sozusagen Mainline Simpsons, das ist aus dem Family Guy Crossover. Enttäuschen. Es ist sozusagen nur Secondhand Simpsons.
Rahel:
[2:18:00] Aber es zählt trotzdem.
Mháire:
[2:18:01] Ja, es ist auf jeden Fall gut.
Rahel:
[2:18:03] Family Guy ist ja auch ein gutes Stichwort, wo wir schon bei diesen Spuren in der Popkultur sind. Die Simpsons haben sehr viele Nachahmer-Serien inspiriert. Also diese Idee von Cartoons für Erwachsene, die auf einmal im Trend sind. Dazu zählt ja auch Family Guy.
Mháire:
[2:18:20] American Dad.
Rahel:
[2:18:21] Bob’s Burgers. Oder auch Rick and Morty. Rick and Morty wäre nicht möglich gewesen ohne die Simpsons.
Mháire:
[2:18:25] Oh Gott, nein. Undenkbar. Da müssen mehrere Schritte geschehen seit der Simpsons, damit Rick and Morty möglich wird. Man kann diese Schritte sehr klar nachvollziehen. Es ist eine evolutionäre Kette, die von A nach B führt. Wir haben ja schon darüber geredet, dass die Simpsons inzwischen fast so wie eine Zeitkapsel sind. Weil es dieses Klischeebild der amerikanischen Mittelschicht, wo nur ein Elternteil arbeitet und sie trotzdem sich ein Haus leisten können. Da weinen ja Millennials drüber. Und alle, die uns nachfolgen, wissen überhaupt nicht mehr, wovon wir reden. Insofern auch irgendwie spannend, dass diese Unveränderlichkeit der Situation,
Mháire:
[2:18:58] mittlerweile fast befremdlich ist.
Rahel:
[2:19:00] Ich habe zum Thema Popkultur und Spuren noch ein Thema, was mir natürlich sehr am Herzen liegt.
Mháire:
[2:19:05] Ja. Ja.
Rahel:
[2:19:06] Du weißt ganz genau, worauf ich hinaus will.
Mháire:
[2:19:08] Lass uns über Horror reden, Rahel.
Rahel:
[2:19:09] Die Treehouse of Horror-Freund. Das sind seit 1990 jährliche Halloween-Episoden, die immer als Antologie aufgebaut sind. Also die bestehen dann in der Regel aus so drei kürzeren Segmenten. Manchmal vier. Und die sind einfach nochmal ihr komplett eigener Hype geworden. So ein bisschen fast schon wie eine Serie innerhalb der Serie. Also es gibt eigene Comicbuchauskopplungen zu Treehouse of Horror. Es gibt eigene Merchprodukte dazu. Sie haben auch ihr eigenes Spiel erhalten mit Night of the Living Treehouse of Horror. Wo wir uns dann durch kurze Vignetten aus eben diesen Halloween-Folgen spielen.
Mháire:
[2:19:42] Was für ein Titel?
Rahel:
[2:19:43] Ja, ich weiß. Night of the Living Treehouse of Horror. Das baut sehr viele Dinge zusammen. Aber Horrorfans finden das lustig. So wie ich.
Mháire:
[2:19:52] Es ist ja auch eine Hommage an ganz viel klassisches Horrormaterial, Das dir sicherlich sehr am Herzen liegt. Total. Als jemand von der Lovecraft-Gesellschaft. Weil Lovecraft, ja, ein klassisches Produkt von so palpigem Serienhorror ist. Eben noch in geschriebener Form. Aber das ist etwas, seitdem jemand festgestellt hat, dass man im Grunde die Campfire-Stories, also das, was dann im Internet-Zeitalter zu Creepypasta geworden ist oder sowas, kommerziell verarbeiten kann, gibt es aus kurzen Geschichten bestehende Anthologien um Horror.
Rahel:
[2:20:26] Und ich mag sie fast alle. Also wenn ich sie alle kennen würde, aber die ich kenne, mag ich. Dass das schon eben von Anfang bis Ende immer… Eine Anspielung enthält. Das fängt schon beim Namen an. Tree House of Horror, also zu Deutsch Baumhaus des Schreckens. Der Name kommt zum einen daher, dass die Rahmenhandlung von der allerersten Halloween-Folge auch tatsächlich im Baumhaus im Garten der Simpsons spielt. Das ist aber die einzige Folge, wo das der Fall ist. Inzwischen haben die Halloween-Folgen überhaupt keine Rahmenhandlung mehr. Es ist aber vor allem eine Anspielung auf die britische Anthologie-Serie Hammer House of Horror. Hammer Films war eine sehr berühmte Horrorfilm-Schmiede. Und die haben eben auch so eine Anthologie-Serie gehabt. Das heißt, es fängt schon im Titel an, dass die Halloween-Folgen der Simpsons sehr offensichtliche Anspielungen auf ein ganz bestimmtes Kulturgut machen. Und in den einzelnen Folgen wird das dann fortgeführt. Die sind anfänglich ziemlich eindeutig inspiriert von den EC Comics. Also das war so eine amerikanische Comics-Schmiede, die in den 50er Jahren sehr bekannt war für ihre Horror-Comics und auch maßgeblich dafür verantwortlich zeichnete, dass dann 1954 die Comics Code Authority auf den Plan gerufen wurde, die dann zur Selbstzensur geführt hat. Und dann waren auf einmal Dinge wie Kannibalismus und so gar nicht mehr so beliebt in Comics.
Mháire:
[2:21:42] Du sagst das so, als wäre es vorher nicht im Comic vorgekommen. Aber ja, im Endeffekt, Comics als semi-neues Medium haben halt Dinge gemacht, die sozusagen unter dem Radar der Moralapostel entlang geleiten konnten. Und dann hat die Comics Code Authority wirklich sehr, sehr, sehr lange bestimmt, Und wie Comics in den USA aussehen. Und das ist tatsächlich auch eine sehr spannende Geschichte, wie das gebrochen wurde. Aber nicht für diesen Podcast.
Rahel:
[2:22:07] Inhaltlich werden in den Treehouse of Horror dann Horrorfilme persifliert wie Die Fliege. Also den Film von 1958. The Shining. Das sind einfach vollgestopfte Folgen. Und das ist nicht immer gut, was man da sieht. Aber es ist doch irgendwie immer ein Highlight. Also man sitzt vor der Folge und versucht jede Anspielung und jede Referenz auf so einen Horrorfilm zu entdecken. Und das macht halt eben insbesondere dann Spaß, wenn man wie ich Horrorfan bin. Und es ist auch wirklich so, dass ich viele von den Horrorfilmen zuerst bei den Simpsons gesehen habe und dann das Original. Beispielsweise Die Fliege von 1958.
Mháire:
[2:22:41] Ja, geht mir ähnlich. Das ist die Vorlage für das Zitat, ich dann erst später kennengelernt habe. Weil die Simpsons schaut man als Teenager und Die Fliege von 1958 wahrscheinlich nicht.
Rahel:
[2:22:52] Nee. Und das Lustige war, ich hatte dann auch zuerst den David Cronenberg-Film Die Fliege gesehen, der sehr anders verläuft und sehr eklig ist.
Mháire:
[2:22:59] Ja.
Rahel:
[2:23:00] Naja, andere Story.
Mháire:
[2:23:02] Und auch kultig.
Rahel:
[2:23:03] Kultig, sehr.
Mháire:
[2:23:04] Du sagtest, das ist nicht immer gut, aber immer faszinierend.
Rahel:
[2:23:07] Ja.
Mháire:
[2:23:07] Und es probiert auch immer Dinge aus. Das ist für die Simpsons immer die Möglichkeit gewesen, einfach mal Dinge anders zu machen, von der Formel abzuweichen und weirden Scheiß auszuprobieren.
Rahel:
[2:23:16] Ja, die sechste Halloween-Folge beispielsweise zeigt uns einen 3D-animierten Homer, der auf einmal in eine Realfilmwelt gestoßen wird. Das ist sehr verstörend. Was mir erst jetzt aufgefallen ist, ich habe die Folge noch mal geguckt, da sind auch Anspielungen auf das Spiel Mist drin enthalten.
Rahel:
[2:23:31] Und beispielsweise, als Homer von der 2D-Welt in die 3D-Welt gezogen wird, da läuft er erstmal in so einer Art Limbo-Welt rum. Und in dieser Limbo-Welt sind aber auch noch andere Gegenstände und so weiter. Und da läuft er auch an der Bibliothek aus Mist vorbei.
Mháire:
[2:23:47] Ich hätte das nicht erkannt. Das ist zu lange her.
Rahel:
[2:23:51] Das war reiner Zufall, weil ich mich kurz vorher nochmal mit Mist so ein bisschen befasst hatte. Und dann dachte ich mir.
Mháire:
[2:23:56] Moment, wow.
Rahel:
[2:23:58] Das ist aber ein sehr typisches Gebäude. Also das habe ich schon mal wo gesehen.
Mháire:
[2:24:01] Deep Cut. Obwohl, nächstes war ja auch ein Riesenphänomen zu der Zeit.
Rahel:
[2:24:05] Ja.
Mháire:
[2:24:05] Insofern.
Rahel:
[2:24:06] Das passt halt zeitlich auch ganz gut, genau. Wichtiges Element, was zu den Halloween-Folgen immer dazugehört, ein eigenes Intro und eigene Outro-Credits, wo dann die Beteiligten auf einmal ganz lustig, gruselige Pseudonyme heißen. Also dann steht da sowas wie The Late Bill Oakley und Disfigured Dan McGrath. Also die kriegen dann alle so ein bisschen ihren Halloween-Makeover.
Mháire:
[2:24:26] Es ist sehr früh schon Kult geworden. Diese Halloween-Folgen, dass das wirklich ein Ereignis war und man die geguckt haben musste. Selbst wenn man einen anderen Teil verpasst hat, die Halloween-Folge, die musste man kennen.
Rahel:
[2:24:37] Es gibt die Auflage, dass in jeder Halloween-Folge die zwei Aliens Kang und Kodos vorkommen müssen. Das wird wohl auch schon mal gerne vergessen. Dann werden die noch in so einer kleinen Cameo reingeschustert. Die tauchen nicht nur in den Treehouse-of-Horror-Folgen auf, aber hauptsächlich da. Das sind so große, grüne, oktopusartige Aliens. Das sind wohl Zwillinge. Und die beobachten gern so das Geschehen aus dem Weltall heraus. Die sitzen dann in fliegenden Untertassen und lachen manisch, wenn schlimme Dinge passieren, weil sie sind der Menschheit sehr feindlich gegenüber eingestellt, außer sie wollen für sie kochen. Und was mir erst jetzt nochmal aufgefallen ist, wie häufig, dafür dass Kang und Kodos in der Serie eben hauptsächlich in diesen Halloween-Folgen, also einmal im Jahr auftreten, in den Simpsons-Spielen wiederum, sind sie ganz häufig die Widersacher. Wir haben das in Road Rage, wir haben das im phänomenal schlechten Simpsons-Wrestling. The Simpsons Game macht das. In Hit and Run sind sie auch die geheimen Strippenzieher. Also irgendwie sind Kang und Kodas so zum beliebten Boss oder zumindest eben Strippenzieher in den Simpsons-Spielen geworden. Und ich weiß nicht ganz warum.
Mháire:
[2:25:38] Ich glaube, weil die Simpsons sonst wenig echte Bösewichter bieten. Und Mr. Burns vom Möppen kommt einem unfair vor.
Rahel:
[2:25:44] Ja, okay.
Mháire:
[2:25:46] Ich weiß nicht, ob ich Wrestling gegen Mr. Burns spielen wollen würde. Das ist Abuse of the Elderly. das macht man nicht.
Rahel:
[2:25:52] Wichtig zu wissen, die Halloween-Folgen sind nicht Teil des Kanons. Also sie greifen zwar immer irgendwo aktuelle Trends und Themen auf, sie haben deswegen auch diesen Kultstatus erreicht, aber all die verrückten Sachen, die mit den Charakteren in den Folgen passieren, die sind nicht Kanon und deswegen erholen die sich auch alle davon, wenn sie enthauptet, gehäutet oder sonst was werden.
Mháire:
[2:26:10] Ist auch besser so. Also ich meine, es ist eine absolute Grundlage dafür, dass es überhaupt funktionieren kann und man so viel Spaß damit haben kann, weil sehr viel gestorben und grässliche Dinge mit Leuten angestellt werden. Das ist der Spaß daran. Ja, das kann Spaß machen. Auch außerhalb von Itchy und Scratchy.
Mháire:
[2:26:26] Ich finde, man hört auch sehr raus, Rahel, dass gerade diese Thematik für dich ein großes Ding ist. Aber du bist ja auch unsere Fachperson, wenn es zum Beispiel um den Cthulhu-Mythos und generell um Horror und Horrorliteratur geht. Ein Steckenpferd, das du sehr gut auch noch studiert, untermauern kannst. Aber wir haben eine andere Spezialistenperson heute noch dabei, die sich mit den Simpsons, vorsichtig gesagt, etwas mehr in die Tiefe noch beschäftigt hat. Also so sehr in die Tiefe zu einer Zeit, als das noch gar nicht so einfach war, eine Website einzurichten und alles dafür am Laufen zu halten. Und das ist der Paul. Mit dem hast du dich unterhalten. Über was werden wir jetzt alles noch Details und tiefgehende Informationen bekommen?
Rahel:
[2:27:09] Ja, wie du schon gesagt hast, wir haben zwar einiges über die Simpsons herausgefunden, Aber wo wir nicht so richtig mitreden können, ist, was es eigentlich mit der Popularität auf sich hat. Und Paul Schmidt, den kennen ja vielleicht einige aus dem Stay Forever Kosmos. Seit Folge 20, Zorc, ist das unser Grafiker, der inzwischen auch beim Podcast festangestellt ist als Grafiker und Webdesigner, der sich beispielsweise um den Job kümmert. Der ist ein waschechter Simpsons-Fan. Seit nicht ganz der ersten Stunde, aber doch schon geraumer Zeit. Also Paul hat beispielsweise auch zusammen mit seinem Freund Markus einen 90er-2000er-Jahre-Nerd-Podcast mit dem Titel Wir sind raus. Auch da ging es schon um die Simpsons. Und den habe ich mir geschnappt, dass er mir einmal erklärt hat. Wie denn diese anhaltende Popularität von den Simpsons zu erklären ist und was eigentlich so alles im Laufe der Serie passiert ist, wie sich die Serie auch von der Tonalität her verändert hat. Hi Paul!
Paul:
[2:28:07] Hi, grüß dich!
Rahel:
[2:28:09] Schön, dass du die Zeit nimmst, ein bisschen mit mir über die Simpsons zu sprechen. Erzähl mir doch mal zum Anfang, wie dich die Simpsons über die Jahre hinweg begleitet haben als Fan.
Paul:
[2:28:18] Ja, im Grunde haben die mich seit Kindheitstagen begleitet, Und durch alle Stationen so durch, die ich mitgemacht habe, Schulzeit, danach dann alle möglichen Umzüge, Universität, Ausbildung, bis heute. Und ich bin auch, das kann ich stolz behaupten, einer der wenigen in meinem Bekanntenkreis, die bis jetzt noch dabei geblieben sind und auch die aktuellen Folgen alle noch geguckt hat.
Rahel:
[2:28:38] Du hast ja auch eine Fan-Seite, da musst du jetzt auch ein bisschen was zu erzählen.
Paul:
[2:28:42] Die gibt es ja inzwischen, zum Glück vielleicht nicht mehr. Die habe ich irgendwann Anfang der 2000er mal gestartet, Eye on Springfield hieß sie, in Anlehnung an die Fernsehsendung, die es dort auch gibt. Und das war im Grunde so ein Sammelsorium an Fakten und Informationen, die ich im Laufe der Jahre einfach aus den Simpsons rausgesaugt habe. Weil das von Anfang an einfach so ein Ding war, was mich an den Simpsons total fasziniert hat. Diese Welt der Simpsons, die nach und nach eben immer weiter mit kleinen und großen Sachen gefüllt und mit großen und kleinen Informationen bestückt wurde. Es gibt halt einfach einen Haufen Sachen, die es nur in der Welt der Simpsons gibt. Marken wie Duffbier und Fernsehsender Channel 6 und so. Aber eben auch jede Menge Charaktere. Und da fing ich einfach nach und nach an, diese ganzen Sachen zu sammeln und habe die auf meiner Internetseite zusammengetragen.
Rahel:
[2:29:24] Was man da ja schon ganz gut raushört, ist, dass du die Serie in- und auswendig kennst und das eben auch schon seit Jahren.
Rahel:
[2:29:31] Das heißt, du hast aber auch beobachten können, wie sich die Simpsons im Laufe der Jahrzehnte verändert haben. Also wie hat sich beispielsweise die Tonalität der Serie verändert oder auch der Umgang mit Gags?
Paul:
[2:29:40] Ich denke, da spreche ich jetzt für viele Fans, wenn ich sage, ich habe es ja gerade schon angedeutet, viele haben es gar nicht bis zum Ende durchgehalten, da hat sich doch einiges getan. Also die ursprünglichen Simpsons waren eine Sitcom. Das war zwar gezeichnet, ja klar, aber die Themen, die da so angegangen wurden, waren klassische Sitcom-Themen, die man jetzt auch bei Full House oder Alle unter einem Dach oder so gefunden hätte. Also das sind Probleme in der Schule, Bart, der von einem Bulli geärgert wird und sich nicht mehr in die Schule traut oder Angst vorm Sitzenbleiben hat oder Huma, der seinen Job verliert. Also das ist ja heute ein Running Gag, dass Huma alle zwei Folgen den Job verliert und irgendwas Neues macht, alles cool. Aber wenn man sich mal die dritte Folge der ersten Staffel anguckt, da verliert er seinen Job und damit gleichzeitig seinen Lebenswillen. Also der ist ein gebrochener Mann, der weiß nicht mehr, wohin mit sich in der Gesellschaft, der weiß nicht mehr, wie er seine Familie ernähren will und versucht, sich im Laufe der Folge umzubringen. Punkt. Das ist jetzt nichts, was man jetzt heute vor allem mit den Simpsons in Verbindung bringen würde. Aber das waren halt Themen, die wurden mit so ein bisschen Fingerspitzengefühl behandelt. Natürlich gab es drumherum haufenweise Gags. Also jede Folge war ein Gag-Feuerwerk, auch die ernsteren Folgen. Aber in so einer ernsten Rahmenhandlung durchaus interessante Themen. Ladendiebstahl, nicht erwiderte Liebe, Eheprobleme, Untreue.
Paul:
[2:30:52] Und das sind Sachen, die findet man heutzutage in den Folgen nicht mehr. Da ist alles mehr random. Ich würde mal so ein bisschen sagen, fast schon Family Guy-Style. Und diese Rahmenhandlung, wenn es sie denn dann noch gibt, die gibt es auch durchaus noch, die sind halt, ich kann es nicht anders sagen, inzwischen an den Haaren herbeigezogen. Also darf ich mal ein Beispiel bringen?
Rahel:
[2:31:11] Ja, sehr gerne.
Paul:
[2:31:12] Das ist jetzt aus einer der aktuellsten Staffeln, die Staffel 34 aus dem Jahre 2022. Die Folge heißt Duff Dad und dreht sich um, der Name verrät es, Duff Man, das ist das Maskottchen der Duff Brauerei. Der ist bei denen so ein bisschen in Ungnade gefallen. Und wir erfahren hier, der hat eine erwachsene Tochter. Also Notiz für mich und meine Fanseite, gleich mal bitte vermerken, da steht er nämlich noch nicht. Und mit der ist er seit Jahren zerstritten. Und jetzt holt er sich Hilfe von Huma und Lisa, weil die ja so ein tolles Vater-Tochter-Gespann sind. Und zusammen ziehen die dann los und versuchen die beiden zu vereinen, machen dabei einen Roadtrip, weil warum auch nicht, und hören dabei lautstark K-Pop, weil warum auch nicht, und wollen unbedingt zum Agatha Christie Museum, weil warum denn auch nicht. Und ja, währenddessen filmt Lisa Duffman, das Video geht viral und bringt ihm seinen guten Ruf zurück. Aber am Ende entscheidet er sich dazu, nicht mehr das Maskottchen von Duffbier zu sein, sondern das Maskottchen des Cannabis-Shops seiner Tochter zu werden. So, wenn wir das jetzt einmal kurz sacken lassen.
Paul:
[2:32:10] Also Punkt eins, mit Duffman holen sie da jetzt wirklich jemanden aus der dritten, vierten Reihe an Charakteren, um zu gucken, ob man irgendwem nochmal irgendwo was rausziehen könnte an Story. Und dann werden da Themen reingestreut, völlig wild. K-Pop, virale Videos, Cannabis-Shops, gestörtes Vater-Tochter-Verhältnis, Roadtrips, Agatha-Christi-Museum und das alles in einer Folge. Keine Ahnung, weiß ich nicht, das hat für mich nichts mehr so mit diesem ursprünglichen Sitcom-Familien-Geschichten-Kosmos zu tun, wo die Sachen herkommen. Es wirkt irgendwie so ein bisschen, als würde man einfach Wildthemen zusammenwürfeln, in der Hoffnung, möglichst viele Zuschauer anzusprechen. Also jüngere Zuschauer über K-Pop, ältere Zuschauer über Agatha Christie. Und weiß ich nicht, das wirkt dann alles schon so ein bisschen monströs,
Paul:
[2:32:53] was dann teilweise da am Ende bei rauskommt.
Rahel:
[2:32:55] Das ist ja bei fast 800 Folgen auch nicht ganz verwunderlich, weil irgendwann muss den Leuten ja die Idee ausgehen. Das bringt mich aber noch zu einer anderen Frage oder ehrlich gesagt ein Problem, was die Serie hat. Denn sie läuft seit 1989 und wir haben Charaktere, die scheinbar nicht altern. Also Bart Simpson ist ja… Immer zehn Jahre alt, bis auf die eine Folge, wo es ganz wichtig ist, dass er elf Jahre wird. Aber trotzdem ändern sich Dinge im Laufe der Zeit, dass beispielsweise einzelne Figuren sterben. Wie funktioniert denn jetzt die Kontinuität bei den Simpsons?
Paul:
[2:33:27] Das ist generell natürlich ein schwieriges Thema, gerade bei Zeichentrick. Kann man das aber ja auch eben voll ausnutzen. Du sagtest es schon, die meisten Sachen bleiben immer in einer gewissen Kontinuität. Also alles so wie gehabt. Das betrifft die Charaktere, das betrifft aber auch Orte. Da gibt es auch so lose Sachen, die sind einfach immer so. Das Haus der Flanders immer neben dem Haus der Simpsons. Das sind so Kleinigkeiten. Aber ansonsten ist alles in der Zeitlinie des Simpsons, aber auch in den Lokalitäten vor Ort und in dem Aufbau der Stadt völlig fluide und immer auch dem jeweiligen Gag einfach untergeordnet. Also sowohl in der Stadt tauchen Stadtviertel auf, die es eine Folge vorher nicht mehr gibt und in der nächsten Folge dann auch schon wieder nicht mehr. In einer Folge sehen wir West Springfield, einen großen, unbebauten Teil im Westen von Springfield. Springfield hat in der Folge auch die Form von Texas. Das ist halt in einer Folge so und danach auch nie wieder so. Und selbst im Haus der Simpsons ändern sich halt Sachen. Die Anordnung der Zimmer ändert sich. Manchmal gibt es im Schlafzimmer der Eltern ein Fenster rüber zu den Flanders, manchmal gibt es das nicht. Und manchmal gibt es oben noch ein Spielzimmer zwischen dem Zimmer von Bart und Lisa und manchmal nicht. Das ist alles total fluid. Das wechselt eben von Folge zu Folge.
Paul:
[2:34:34] Charaktertode, hast du gerade gesagt, die sind fest. in der Regel immer gebunden auch an den Tod oder Verwürfnisse mit den jeweiligen Sprechern, also Edna Krababbel, berühmterweise als die Sprecherin Masia Wallace gestorben ist, wurde die halt einfach aus der Serie dann eben auch rausgeschrieben, ist dort gestorben. Mit Humas Mutter Mona haben wir einen Story-Arc, der sich über mehrere Staffeln gezogen hat, die dann letztendlich auch gestorben ist, also die haben sich lange aus den Augen verloren, dann wiedergesehen, dann war das eine schwierige Beziehung, das wurde immer besser, dann ist sie gestorben, also da haben wir mal Sachen, die sich auch wirklich.
Paul:
[2:35:03] Kontinuierlich über mehrere Folgen hinweg entwickeln. Und es gibt so ein paar Charakterentwicklungen, die fix sind, die irgendwann begonnen wurden. Am prominentesten sicherlich Lisa, die jetzt schon seit 95 Vegetarierin ist. Da hatte der Paul McCartney, der in der Folge einen Gastauftritt hatte, damals einfach drauf bestanden. Also solche Sachen haben wir. Ansonsten ist die ganze Timeline der Simpsons eine sogenannte Floating Timeline. Das ist jetzt nicht ungewöhnlich, gerade im Cartoon-Bereich eben. Und bedeutet letztendlich, dass jede Folge, die aktuell rauskommt, immer auch zu der aktuellen Zeit spielt. Bedeutet halt eine Folge von Anfang der 90er spielt auch Anfang der 90er und bedeutet eine Folge jetzt aus den 2020ern spielt auch irgendwann jetzt in den 2020ern, was halt zur Folge hat, dass wir in den aktuellen Folgen ganz selbstverständlich Handys, Laptops, Internet und so ein Kram haben. Aber logischerweise ändert sich damit ja auch die Vergangenheit der Personen. Denn das Alter, du hast es gerade gesagt, das bleibt ja fix. Das heißt, wenn wir jetzt Huma nehmen, der ist irgendwo Ende 30. Auch das ändert sich mal von Folge zu Folge so ein bisschen.
Paul:
[2:36:06] Das heißt, in den alten Folgen ist er irgendwann Mitte der 50er geboren und in den aktuellen Folgen dann eher irgendwann in den 80ern. Das heißt, vom aktuellen Kosmos aus gesehen wären die alten Folgen jetzt nicht mehr logisch in der Kontinuität drin, weil es einfach nicht passt. Wir haben dann teilweise eben auch Rückblenden, wo wir sehen, wie Homer die Mondlandung 1969 verpasst, weil er lieber Musik hört. Das würde in die heutige Timeline gar nicht mehr reinpassen. Also insbesondere, wenn es um fixe Daten geht. Wir haben auch einige Kriegsveteranen in den Simpsons. Humas Vater Abe zum Beispiel hat im Zweiten Weltkrieg gedient. Und wenn wir uns die aktuelle Timeline mal angucken und mal so runterrechnen auf Kriegsende. Also er müsste ja schon irgendwo Mitte 90er jetzt inzwischen sein. Und wenn wir uns ihn angucken, weiß ich nicht, der ist Anfang Mitte 80 ungefähr. Das heißt, es wird jetzt irgendwann immer schwieriger, diesen Fakt, den wir ja über ihn haben und der auch schön auf meiner Webseite draufsteht oder draufstand, den irgendwann noch zu halten. Deswegen wird das in den aktuellen Folgen einfach nach und nach ausgeschlichen und ausgeschwiegen. Solche Geschichten, weil da einfach dann nicht mehr weiter drauf eingegangen wird.
Rahel:
[2:37:06] Reden wir doch mal ein bisschen über das popkulturelle Leben von der Sendung. Wie zeitgemäß würdest du sagen, waren die Simpsons in den 90ern? Und vor allem, wie zeitgemäß sind sie heute?
Paul:
[2:37:15] Bisschen schwierig, das wirklich einzuschätzen. Also was man nicht unterschätzen darf, glaube ich, jetzt gerade so in der Rückschau, wo man jetzt auch so Sachen wie Family Guy und South Park gewohnt ist oder auch später dann ein bisschen in den 90ern Beavis und Buttett. Die Simpsons waren schon echt ein Statement. Also insbesondere Bart, so Anfang der 90er, der hat einfach den Zeitgeist getroffen und war ja auch eine Zeit lang aus den Medien, egal wo man hinguckte, man hat ihn auf MTV gesehen mit Do the Batman, man hat die Videospiele gesehen, man hat ihn im Fernsehen gesehen, man hat ihn auf T-Shirts gesehen und das waren jetzt nicht nur die nerdigen TV-Kids, die mit den Simpsons-Shirts rumliefen oder ein Simpsons-Poster im Zimmer hängen hatten. Im Grunde, also auch wenn ich so an meine Schulzeit zurückdenke, durch die Bank, da konnte jeder was mit anfangen. Der war rotzig, der war frech, der war rebellisch. Und wenn man sich das dann heute anguckt, das fehlt mir irgendwie. Also mein Eindruck, ich hatte es gerade ja schon gesagt, die aktuellen Folgen versuchen so ein bisschen alle anzusprechen und alle Themen irgendwie zu bedienen und alle Zielgruppen auch irgendwie zu halten.
Paul:
[2:38:13] K-Pop war nur ein Beispiel, wenn man sich die aktuellen Staffeln anguckt, da sind auch Sachen, sie sind als Vlogger unterwegs und es gibt sowieso gefühlt in jeder zweiten Folge irgendwelche Social-Media-Bezüge und Social-Media-Themen. Also viel mehr Realitätsbezug als in den alten Folgen und das merkt man auch insbesondere, wenn es um Gaststars und Auftritte geht. Also Simpsons sind ja berühmt dafür, dass sie so jeden, der irgendwie einen Hollywood-Rang und Namen hat, mindestens einmal in der Sendung drin hatten. Aber früher war das eben insbesondere in Form von Gastrollen. Also berühmterweise zum Beispiel Dustin Hoffman als Lisas Aushilfslehrer Mr. Bergstrom. Super in die Serie eingebaut, eine tolle Folge. Und heute ist es halt eher so, hey Leute, wir haben Lady Gaga. Und dann taucht Lady Gaga halt auch als Lady Gaga auf in einer völlig bescheuerten Folge. Aber auch Justin Bieber und so, die tauchen halt alle auf, aber eben als sie selber und seltener, wenn nicht sogar gar nicht sinnvoll, in irgendwelche Gastrollen eben auch in die Serie reingeschrieben. Und deswegen ist das so ein bisschen schwierig. Ja, sind sie heute noch relevant? Also ich habe lange keinen mehr mit Simpsons T-Shirt draußen rumrennen sehen. Und auch wenn man sich sonst so umguckt in der Presse oder in der Popkultur.
Paul:
[2:39:19] Ja, sie tauchen ab und zu mal wieder auf, wenn sie irgendeine absurde Vorhersage wieder richtig gemacht haben, in irgendeiner Folge mal irgendwas gesagt haben, was dann 20 Jahre später eingetroffen ist. Aber sonst liegen alle Sachen, die mir auch so einfallen, jetzt in Bezug auf Popkultur, echt schon lange zurück. Also die berühmte South Park-Folge, das gab es doch schon bei den Simpsons, wo sie auf die Schippe genommen haben, dass die Simpsons schon alle Themen durch hatten. Die ist von 2002.
Paul:
[2:39:43] Kurz sacken lassen, genau. 23 Jahre her, da haben die denen schon gesagt, Leute, hört doch mal langsam auf. Und auch das Crossover mit Family Guy, das hat noch relativ hohe Wellen geschlagen in den Medien. Das war 2014. Also das ist schon alles lange her. Ja, deswegen zeitgemäß, ja, weiß ich nicht. Ich glaube, die haben immer noch ihre Zielgruppe. Und wenn man sich das demografisch so anguckt, das ist auch relativ breit gestreut. Da gucken junge Leute zu, alte Leute. Die meisten sind aber so in dem Alter, die eben mit aufgewachsen sind. Das sind die 30- bis 40-Jährigen. Und ich glaube, wenn ich heute in so eine Random-Gruppe von 40-Jährigen springe und Lisa braucht Zahnspangen oder Nukular oder sowas rufe, dann wird es da Leute geben, die wissen, was ich meine. Also ja, die haben ihren Fußabdruck hinterlassen. Ich finde aber jetzt gerade in der heutigen Popkultur… Ganz wenig Bezüge nur noch. Man sieht es manchmal so aufflammen, jetzt gerade, wo wir das hier aufnehmen, geht gerade wieder das neue Lego-Set raus, die 10-3-5-2-Crusty-Burger. Und das wird wieder laufen wie geschnitten Brot und ist auch voll von kleinen Referenzen und Gags und Anspielungen auf alte Folgen. Und ich glaube, das ist auch genau das, was die Fans halt heute noch von den Simpsons wollen, ja.
Rahel:
[2:40:46] Ich habe jetzt noch eine etwas nischigere Frage, denn immer wieder wird die deutsche Übersetzung der Serie kritisiert. Aber wie schlecht ist die Übersetzung in deinen Augen denn wirklich und wie hat sich das im Laufe der Jahre vielleicht gebessert?
Paul:
[2:40:59] Gleich vorweg erstmal ein Disclaimer. Das amerikanische Original hat fantastische Sprecher und auch großartige Autoren. Also das ist wirklich in Amerika so die Speerspätze in Sachen Unterhaltung. Die haben ja nicht umsonst auch Dutzende Emmys für den ganzen Kram gewonnen. Das macht es grundsätzlich natürlich schon mal schwer, das hier auch im Deutschen zu halten. und machen wir uns nichts vor. Generell ist es immer schwierig, Wortwitz, Zeitgeist, Popkultur irgendwie zu übertragen. Das Problem haben ja jetzt nicht nur die Simpsons. Die sind aber in der Tat legendär schlecht. Und ein Beispiel, was mir persönlich sehr am Herzen liegt, was mir damals wirklich die Serie ein bisschen versaut hat, ist aus Staffel 14. Da trifft Bart auf Tony Hawk. Was macht man mit Tony Hawk, wenn man Tony Hawk trifft? Man fährt Skateboard. Und wo macht man das? Ja, in der Halfpipe. Weißt du, was eine Halfpipe ist?
Rahel:
[2:41:42] Ja, natürlich weiß ich, was eine Halfpipe ist.
Paul:
[2:41:44] Gut, meinst du, man müsste Halfpipe übersetzen?
Rahel:
[2:41:47] Nein.
Paul:
[2:41:48] Gut, was machen die Übersetzer der Simpsons? Na klar, sie machen die Halbröhre draus. Und ich meine, ich bitte euch, also zu dem Zeitpunkt, wo die Folge rauskam, da war Tony Hawks Pro Skater bei uns hier schon vier Jahre draußen. Jeder, jeder in der Zielgruppe der Simpsons wusste, was eine Halfpipe ist. Zumal es ja auch das Wort Halbröhre einfach gar nicht gibt. Das ist einfach, hier ist mein Wörterbuch, Halfpipe wird schon passen. Das zieht sich durch die Serie durch. Also wenn du dir das anguckst, findest du immer wieder genau solche Wort-für-Wort-Übersetzungen, die überhaupt keinen Sinn machen. Da ich ja gerade in einem Gaming-Podcast bin, kann ich das Beispiel ja ruhig auch nochmal bringen. Donkey Kong. Kennst du, ne?
Rahel:
[2:42:25] Sicherlich.
Paul:
[2:42:26] Ja. Müsste man Donkey Kong übersetzen?
Rahel:
[2:42:28] Nein.
Paul:
[2:42:29] Nein. Und wenn man es tut, dann doch bitte nicht mit King Kong-Esel.
Rahel:
[2:42:34] Doch, doch.
Paul:
[2:42:35] Haben sie gemacht. Und es sind nicht nur so Wort-für-Wort-Übersetzungen, es sind auch inhaltliche Sachen. Also Bart ist zum Beispiel in einer Folge in New York unterwegs und sieht zwei Rabbis über die Straße gehen. Rabbis, schwarze Klamotten, Hüte, lange Bärte. Und er ruft denen zu, hey, Sissi Top, ihr solltet mal wieder was machen, ihr seid geil, irgendwie sowas. Und im Deutschen, ja, Sissi Top kennt ja keiner, keine Ahnung, was machen wir draus? Ja, die Beatles. Logisch, schwarze Hüte, lange Bärte, die Beatles, weiß ich nicht. Also steht exemplarisch einfach für so ein bisschen fehlendes Fingerspitzengefühl, würde ich es mal nennen und einfach stumpfes Wort zu Wort übersetzen und einfach gar keinen Bezug zu amerikanischer Popkultur. Merkt das jetzt der normale Zuschauer, wenn er einfach nur so durchsappt? Nein, vermutlich nicht, aber spätestens, wenn man das Original halt kennt oder sich wenigstens ein bisschen auch mit amerikanischer Kultur, Popkultur oder auch wie im Donkey Kong Beispiel eben Videospielen auskennt, ist das halt oft schon echt schwierig zu ertragen. Deswegen, ja, die Originalversion deutlich besser. Funktioniert das im Deutschen trotzdem? Ja, über weite Strecken halt schon. Und in den neuen Staffeln auch deutlich besser. Also die Fans machen ja insbesondere immer den Eva Combring verantwortlich für diese furchtbaren Übersetzungen. Der war auch für die ersten Staffeln von Futurama unter anderem auch mitverantwortlich. Und das leidet unter ähnlich schlechten Übersetzungen. Also Control-Alt-Delete zum Beispiel mit Alternativ-Kontroll-Löschung übersetzt.
Paul:
[2:44:04] Ja, ich möchte da gar nicht viel zu sagen also der ist 2006 leider verstorben und danach wurde das Ganze von anderen Leuten betreut, seitdem ist es besser geworden, es geht immer noch viel Wortwitz, einfach Lost in Translation das ist glaube ich so, das lässt sich, also auch wenn man Big Bang Theory oder sowas anguckt das ist ja nicht nur ein Problem, was die Simpsons haben die Simpsons sind aber leider zu Recht legendär für ihre furchtbaren Übersetzungen.
Rahel:
[2:44:27] Paul, hast du denn zum Schluss auch Folgenempfehlungen für uns.
Paul:
[2:44:31] Ja, habt ihr eine Stunde Zeit, dann gehe ich das jetzt gerne mal. Nein, ist natürlich so ein bisschen schwierig. Natürlich würde ich alle Treehouse-of-Horror-Episoden empfehlen, einfach so grundsätzlich.
Rahel:
[2:44:42] Vielen Dank.
Paul:
[2:44:42] Guckt die in chronologischer Reihenfolge, macht die überhaupt nichts verkehrt. Generell ist das bei den Simpsons natürlich so, man kann ruhig mittendrin einsteigen, aber es ist manchmal gar nicht verkehrt, wenn man einfach die Charaktere und ihre kleinen Macken schon so ein bisschen kennt. Deswegen, wer jetzt wirklich mal ganz unbeleckt einfach rangehen möchte und so ein bisschen gucken möchte, wie sind die Simpsons Und vor allem auch, wir sind die alten Simpsons, die ich ja eben schon so gelobt habe, würde ich jetzt mal zwei ältere Folgen empfehlen. Das ist einmal Der Musterschüler aus Staffel 2, die erste Folge. Da haben wir im Grunde diesen ganzen Sitcom-Kram, den ich eben schon beschrieben hatte, wunderbar zusammengefasst. Da geht es eben um Bart, der auf der einen Seite als Rabauke unterwegs ist und in der Schule viel Terror macht, aber hier eben auch wirklich mal lernt, dass das Ganze Konsequenzen hat, denn ihm droht das Sitzenbleiben und dem hätte natürlich zufolge neue Klasse, neue Leute, neue Lehrer und da merkt er schon so, naja Moment, das kann so nicht funktionieren.
Paul:
[2:45:33] Man würde jetzt ja erwarten, dass das dann so eine schöne Heldengeschichte ist und am Ende geht er da triumphierend raus, aber nee, ganz so einfach ist das dann für ihn doch nicht, denn es hat schon Gründe, warum er nicht gut in der Schule ist und es wird hier auf der einen Seite mit viel Humor, aber eben auch wirklich mit schönen, herzlichen und familiären Momenten richtig schön gezeigt. Und das zweite, dann ein bisschen später nochmal, Staffel 9, die erste Folge, als Kontrast dazu, das ist die Folge Huma und New York. Das ist im Grunde 20 Minuten einfach nur feinster Klamauk. Die Simpsons fahren nach New York, weil Humas Familienkarre sich da auf mysteriöse Weise hin verirrt hat. Ich möchte gar nicht zu viel verraten. Und im Grunde haben wir da einfach nur 22 Minuten wildeste Parodien auf berühmte Filme. Wir haben ganz viele Referenzen, Bezüge auf andere Sachen. Die CC-Top-Szene, die ich eben erzählt hatte, kommt aus dieser Folge. Aber wir sehen auch das Mad Magazine und haben auch einen schönen Kontrast zwischen Huma auf der einen Seite, der einen furchtbaren Tag in New York hat und der restlichen Familie, die eigentlich einen ganz schönen Tag hat. Und am Ende kommt das dann alles zusammen in einem großen Finale. Schöne Folge.
Rahel:
[2:46:33] Ja, vielen Dank dir.
Paul:
[2:46:35] Gerne.
Rahel:
[2:46:35] Ich denke, wir sind jetzt ein bisschen klüger und geht die Simpsons gucken.
Paul:
[2:46:40] Mach das jetzt.
Rahel:
[2:46:42] Ciao.
Paul:
[2:46:43] Ciao.
Mháire:
[2:46:44] Ich würde dich zumindest fragen, ob du eine Lieblingsfolge hast. Das würde ich zum Abschluss gerne tun.
Rahel:
[2:46:48] Bei mir haben immer die Treehouse-of-Horror-Folgen einen sehr wichtigen Platz im Herzen. Auch wenn ich bei wenigen sagen würde, dass sie wirklich gut sind. Aber das ist eben auch so ein bisschen das Ausfallrisiko, wenn man eine Folge hat, die aus mehreren Kurzsegmenten besteht. Davon sind eben nicht immer alle gleich stark. Was mir aufgefallen ist, ist, dass es zwei Folgen, beziehungsweise eigentlich drei gibt, zu denen ich zumindest immer wieder zurückkehre oder die mir besonders gut im Gedächtnis geblieben sind. Das ist einmal, wer hätte es gedacht, March versus the Monorail mit dem verstörendsten Ende. Und das andere ist die Doppelfolge Who Shot Mr. Burns? Weil in der Folge so viel passiert. Also Mr. Burns wird erschossen, aber vorher wird noch für alle Beteiligten ein Motiv etabliert. Und da haben wir auch den riesen Sonnenschirm, der da drin vorkommt. Und mir ist das erst nachher aufgefallen, dass so viele von den Dingen, die mir sehr im Gedächtnis geblieben sind, alle in dieser Doppelfolge passieren, also in insgesamt 40 Minuten.
Mháire:
[2:47:43] Die Dichte, die gerade die frühen Staffeln haben an Themen und an Gags, ist schwindelerregend.
Mháire:
[2:47:50] Ich muss an der Stelle sagen, dass jetzt auch mit dem Nochmal-Schauen von vielen Dingen, die Deep Space Homer oder Homer der Weltraum hält, für mich immer noch eins der Highlights ist. Ich weiß gar nicht, ob ich sagen kann, das ist meine absolute Lieblingsfolge, aber es ist diejenige, über die ich mir noch mit den meisten Notizen gemacht habe. Nach tatsächlich March of the Monorail. Oder fast gleich auf. Erstens, weil ich von klein auf eine Riesenfaszination für die Raumfahrt habe. Und da einfach auch so viele Gags drin sind, wie die Leute, die als Astronaut innen ausgebildet werden, sind Elite-Leute. Der Running Gag mit Buzz Aldrin ist der zweite Mann auf dem Mond, aber niemand interessiert sich dafür. Und das war Buzz Aldrin, der sich selber gesprochen hat. Ohnehin ein cooles Ding. Homer wird dann ausgewählt als Durchschnittstyp Astronaut, weil die Zugriffszahlen auf die Übertragung der Weltraummission nicht mehr groß genug sind. Allein diese Idee, dass das Interesse der Öffentlichkeit darüber bestimmt, dass die NASA weiterhin ihre Mission machen darf, ist erstens Hanebüchen und zweitens leider zu real. Aber dass die Konsequenz daraus ist, dass sie einen Deppen mitschicken, der dann die Ameisenfarm kaputt macht und dann treibt in Mikrogravitation eine Ameise sehr nah an die Kamera heran.
Mháire:
[2:49:00] Und unser Nachrichtensprecher sieht nur diese riesige Ameise. Danach bricht das Ganze ab und er macht direkt daraus, offensichtlich haben wir jetzt eine Invasion von riesigen Weltraumameisen und ich bin dafür, ich hatte es ja schon zitiert, I for one welcome our insect overloads. Der wird für mich niemals nicht lustig sein. Ich weiß, das ist vielleicht sehr individuell, Aber dementsprechend ist diese Folge, das ist die Folge 15 der Staffel 5. Für mich, denke ich, wird die Lieblingsfolge. Und ich glaube, wir haben beide durchaus den Effekt, dass wir wenig Lieblingssachen aus den aktuellen oder späteren Staffeln haben.
Mháire:
[2:49:33] Was sein weit verbreitetes Phänomen ist. Da kommt für mich Character Degradation rein. Wo wir schon drüber geredet haben, dass Homer anfängt als ein guter Typ, der seine eigenen Träume hat. Und Sachen ausprobiert. Und ja, er ist kleinlich und er ist gemein. Aber eigentlich will er schon das Richtige tun und für seine Familie da sein. Und er lernt auch durchaus mal Dinge. Aber inzwischen ist auch immer nur noch ein Idiot. Zumindest, wenn ich mal wieder was schaue.
Rahel:
[2:49:56] Und auch nicht nett. Der ist nie nett.
Mháire:
[2:49:58] Ja, er ist so richtig gemein geworden mittlerweile.
Rahel:
[2:50:01] Ja.
Mháire:
[2:50:02] Das ist seltsam. Deswegen würde ich fast zum Abschluss auch noch sagen, ich möchte eine Empfehlung aussprechen für Leute, die ein ähnliches Sehgefühl haben wollen. Und da ist meine klare Empfehlung, Bob’s Burgers, das schon erwähnt wurde. Es konzentriert sich auf eine knapp bei Kasse seiende kleine Familie mit drei Kids, die alle etwas weird sind auf unterschiedliche Art und Weise, die aber liebevoll sind und sehr emotional war. Es hat auch die immer wieder anderen Gags im Vorspann. Es spielt in einem ege-maginären Ort, der aber mehrere verschiedene andere Orte als Vorbilder hat. Und es hat einen splienigen älteren Mann, dem die wichtigsten Dinge in der Stadt gehören. Zwar nicht als Gegenspieler, aber als Antagonist manchmal, den Mr. Fish-Oder. Und es hat Musical-Einlagen. Und teilweise eine extrem hohe Gag-Dichte. Und Whiplash, also du reißt den Kopf hin und her und kannst dich mithalten an Themen wechseln teilweise. Und den Vorteil, den es hat, ist, es ist neuer. Und hat eine sehr viel durchdachtere, liebevollere und nähere Einbindung von eben Themen wie marginalisierten Personen unterschiedlichster Ausrichtung. Also für mich ist das das neue Simpsons.
Rahel:
[2:51:13] Das bringt mich dazu, für Leute, die jetzt das Drumherum interessiert, hätte ich auch noch zwei Empfehlungen. Nämlich einmal ist das die eben schon erwähnte Dokumentation The Problem with Apu, wo eben dargelegt wird, wie die Simpsons lange Zeit die Repräsentation von People of Color gehandhabt haben, insbesondere eben von Apu. Die ja dann eben große Wellen geschlagen hat. Und es gibt auch noch eine sechsteilige Doku-Reihe mit dem Titel Inside the Simpsons. Die würde ich unter Vorbehalt empfehlen, weil es ist eine sehr amerikanische Doku-Serie. Mit sehr schnellen Schnitten, ein bisschen aufgeblasen alles und auch an einigen Stellen beschönigend.
Mháire:
[2:51:50] Alles ist auch dramatischer.
Rahel:
[2:51:52] Ja, aber man muss fairerweise sagen, die Serie gibt einen sehr spannenden Einblick wirklich in die Entstehungsgeschichte. Also auch gerade von den frühen Zeiten und wer eigentlich alles an Bord war und wie das dann wieder mit Fox zusammenhängt und die Gehälter, wie die sich entwickelt haben und wie darum gekämpft wurde. Viele Dinge, wo wir jetzt gar nicht die Zeit so hatten, die werden dann in dieser Dokureihe nochmal ganz gut, wenn auch eben typisch amerikanisch, dargelegt.
Mháire:
[2:52:17] Ich habe, glaube ich, für heute alles gesagt, was ich, ohne dass ich gänzlich in bizarre Themen abschweife oder bei ganz anderen Dingen lande, über die Simpsons sagen kann. Wenn es dir ähnlich geht, Rahel, lass uns unseren eigenen Abspann machen. Es verabschiedet sich die zu Galert zerfließende Mayri Stritte.
Rahel:
[2:52:35] Und die wie ein Lizard an der Wand klebende Rahel Schmitz.
Mháire:
[2:52:40] Vielen Dank. Es war eine launige Episode für mich und ein angenehmes Gespräch. Und ich hoffe, für euch als Zuhörende war es auch so. Wir hören uns demnächst hier bei Stay Forever in einer anderen Die Welt von Folge. Bis dann.
Rahel:
[2:52:55] Bis zum nächsten Mal.
Ich möchte mich schonmal im Voraus ganz herzlich für die Folge bedanken. Die Simpsons waren in meinem Freundeskreis in der Schule ein wichtiges Bindeglied. Damals wussten wir zwar noch nicht was ein Meme ist, aber dank der Simpsons haben wir aus einem schier unendlichen Fundus selbiger geschöpft und viel darüber gelacht. Ich bin jetzt schon sehr gespannt auf die Folge und wie man den Namen “Mháire” ausspricht.
Na, Mháire! Steht doch da!
Da hab ich mich auch sehr drauf gefreut! Ich schaue sie heute zwar nicht mehr, aber die ersten, sagen wir 15 Staffeln, waren schon legendär, und ich bediene mich heute noch oft an etlichen Szenen für mein tägliches Vokabular. Der Kinofilm war nochmal die absolute Krönung, alles danach ist mir irgendwie zu drüber …
Zu den Simpsons muss ich hier aber noch folgende Empfehlung loswerden:
Ich habe vereinzelt mal eine Folge gesehen, hatte den Simpsons aber nie wirklich viel Platz in meiner Welt eingeräumt. Aber irgendwie waren sie dennoch schon immer, seit Anbeginn der Zeitrechnung Präsent!
Damals, als die Berge noch hoch und die Pfützen tief waren, da gabs ja noch kein Internet. Wir hatten so komische Apparate die man einschalten konnte und da haben die Leute dann immer das gleiche gesehen. Also wenn der Peter seinen Apparat zur gleichen Zeit angemacht hat wie ich, dann lief da auch das gleiche…. Fernseher hießen die glaube ich… da musste man auch immer die Zeiten einhalten, die hatte das sowas… ich glaube “Programm” haben die das genannt. Alles so lang her.