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Henner:
[0:21] Hallo liebe Hörerinnen und Hörer, das war, leicht zu erkennen, die Stay Forever Intro-Musik, auch bekannt als Gianna Sisters Thema, gespielt auf einem 3,5 Zoll Diskettenlaufwerk. Der Summfrequenz des Elektromotors nachzuurteilen, würde ich sagen, ein Modell von NEC. Oder was meinst du, Christian?
Chris:
[0:41] Ah, da hast du mich jetzt auf den falschen Fuß erwischt. War es Samsung, war es NEC. Ich weiß nur, wer an den Tasten saß, nämlich Henner Thomsen. Und wer hat den Taktstock dazu geschwungen? Christian Schmidt.
Henner:
[0:54] Ganz genau. Und wir zwei, ja, wir sprechen heute über die Diskette und natürlich das zugehörige Laufwerk. Und was so trocken erscheint und banal, das ist doch ein, wie ich festgestellt habe, ein erstaunlich nostalgisch-emotional aufgeladenes Thema. Viel stärker als so ein simples Plastikscheibchen das erwarten ließe. Die Diskette, die weckt Emotionen bei allen Menschen, die man darauf anspricht. Und mit einigen Leuten habe ich zu diesem Thema gesprochen. Das hören wir heute noch. Die Diskette ist so eine Art Projektionsfläche für unsere Erinnerungen an all die Spiele, die wir damals gespielt haben in den 80ern und in den 90ern. Zumindest wenn wir am Computer gespielt haben, ja nicht auf einer Konsole. Egal, ob das jetzt ein C64 war, ein Atari ST oder ein PC oder ein Apple II. Alle haben mit Disketten hantiert und davon Spiele geladen, darauf eigene Spielstände abgespeichert oder eigene Texte und andere Werke darauf abgelegt.
Henner:
[1:52] Und das ist ein so nostalgisch verklärtes Thema, dass ich sogar, Christian, zwei Bücher gefunden habe mit Diskettenlyrik.
Henner:
[2:02] Und daraus kann ich jetzt auch in ganz kurzen Vierzeiler vortragen. Das ist ein Auszug aus einem Gedicht aus dem Buch Tribulations of a Floppy Disc. Und das geht so.
Henner:
[2:24] Naja, das ist jetzt nicht Shakespeare, aber dass es dieses Gedicht überhaupt gibt, dass zu diesem Thema so liebevolle Gedichte verfasst werden, das spricht doch für den soziokulturellen und persönlichen Stellenwert, den die Diskette einnimmt.
Chris:
[2:38] Ich habe langsam das Gefühl, es gibt zu allem irgendein Gedicht. Das würde mich auch nicht wundern, wenn es zum Küchenmixer ein Gedichteband gäbe zum Beispiel. Aber du hast natürlich recht, die Diskette ist insbesondere für Menschen unserer Generation etwas emotional aufgeladen und mit Erinnerung verbunden ist. Und ich glaube, wie soll ich sagen, die Reise, die vor uns liegt bei dieser Folge, ist sehr unterschiedlich emotional, je nachdem, ob man mit Disketten aufgewachsen ist oder ohne. Also wer ein jüngeres Baujahr ist, wird hier womöglich Einblicke bekommen in eine Ära, die so nicht wiedergebracht werden kann. Aber dafür machen wir ja auch diese Folgen. Und für mich, Henner, hat die Beschäftigung mit dem Thema eine Frage beantwortet, die fundamental ist und von der ich gar nicht wusste, dass ich sie überhaupt mir jemals stellen würde, diese Frage, nämlich, was war eigentlich zuerst da, die Diskette oder die Festplatte? Und wenn ich dir diese Frage vor ein paar Wochen gestellt hätte, hättest du sie richtig beantworten können, Henner?
Henner:
[3:36] Ich, ja, aber vielleicht bin ich da atypisch. Ich glaube, den meisten geht es da anders.
Chris:
[3:41] Natürlich.
Henner:
[3:42] Ich denke, die meisten würden vermuten, dass die Diskette vorher da war.
Chris:
[3:46] Ja, absolut. Aus der Perspektive des Laien, der ich in der Hinsicht bin, ist natürlich die Diskette das primitivere Stück Technik im Vergleich zur Festplatte. Jetzt mal ganz salopp gesprochen und ohne der Diskette zu nahe treten zu wollen. Und daraus folgert logischerweise, das Primitive kommt ja immer vor dem Fortschrittlichen. Aber nein, so war es nicht. Und das werden wir jetzt ergründen.
Henner:
[4:08] Ja, aber das ist interessant, dass du das ansprichst. Ich wollte das nämlich im Laufe dieses Gesprächs auch noch erwähnen, dass das für viele sicherlich überraschend ist, dass die Diskette tatsächlich 15 Jahre jünger ist als die Festplatte. Und du bist nicht der Einzige, den das überrascht. Denn ich habe zufällig bei der Recherche einen Artikel gefunden aus dem amerikanischen PC Magazine von 1984. Und in diesem Artikel heißt es, ich zitiere, die Festplatte wurde ursprünglich entwickelt, um die Beschränkungen der Diskette aufzuheben. Nein, wurde sie nicht. Also dieser Autor war ebenso verwirrt wie du.
Chris:
[4:43] Aber das eröffnet die nächste interessante Frage. Und das kann auch ein kleiner Cliffhanger jetzt für unsere Geschichte sein. Denn wenn die Festplatte offensichtlich zuerst da war, warum wurde dann eigentlich die Diskette noch entwickelt? Was war denn deren Daseinsberechtigung? Und das ist doch eine ganz spannende Frage.
Henner:
[5:00] Ja, genau. Genau, es ging nicht ursprünglich darum, das Kopieren von Spielen besonders einfach zu machen. Also so viel können wir schon verraten.
Chris:
[5:08] Na, sag bloß. Nein?
Henner:
[5:09] Nein, nein, nein.
Chris:
[5:10] Aber damit hat sie dann ihre Berufung gefunden, die Diskette.
Henner:
[5:14] Eindeutig, ja. Gut, aber dann steigen wir doch mal ein in die Hintergrundgeschichte. Wie es überhaupt dazu kam, dass die Diskette… In den 80er Jahren so viele von uns geprägt hat. Und das ist eine mehrere Jahrzehnte überspannende Geschichte, die beginnt in den 1960er Jahren. Aber bevor wir da sind, müssen wir noch einen Schritt weiter zurückgehen, nämlich zur Gründung des Unternehmens, das die Diskette hervorgebracht hat. Und das ist IBM.
Chris:
[5:40] Mal wieder.
Henner:
[5:41] Mal wieder, ja. Wie so oft zur Geschichte IBMs haben wir schon ausführlich etwas erzählt in unserer Episode zum IBM PC. Das war Stave Reaver Technik Folge 4, wenn mich nicht alles täuscht. Deswegen werden wir jetzt nicht nochmal im Detail diese ganze Geschichte durchgehen. Nur die wichtigsten Eckdaten. Die Firma geht zurück auf das Jahr 1924. Da hat zumindest diese Firma ihren späteren und bis heute gültigen Namen erhalten. International Business Machines IBM. Vorher hieß diese Firma Computing Tabulating Recording Company, was etwas weniger griffig ist. Und das wiederum ist ein Zusammenschluss von verschiedenen US-amerikanischen Herstellern von Büromaschinen. Die haben damals natürlich noch keine Computer gebaut. Die haben angefangen mit Tabelliermaschinen und mit Stechuhren und allerlei anderen Gerätschaften, die man so im Büro braucht. Später kamen dann ja auch noch Schreibmaschinen dazu. Und die haben in den 1940er Jahren dann teilweise durch Aufträge von der US-Regierung einige der weltweit ersten Computer gebaut. Und 1953 sind sie dann auch in die Serienfertigung von solchen Mainframe-Computern eingestiegen.
Henner:
[6:54] Vorher waren das meistens Einzelanfertigungen für bestimmte Organisationen, für Universitäten und Forschungseinrichtungen. Und ab den 50er Jahren konnte man also auch als normales Unternehmen so einen Computer kaufen oder zumindest mieten.
Henner:
[7:08] Die Computer gehen hervor in gewisser Weise aus den Tabelliermaschinen. Das sind mechanische oder elektromechanische Maschinen, die genau eine Aufgabe haben, nämlich Lochkarten auszulesen und auszuwerten.
Henner:
[7:25] Und diese Lochkarten, das sind einfache Pappkarten, später sind das Plastikkarten, aber früher waren die noch aus Pappe und darin sind mehrere Reihen Löcher gestanzt und in der Anordnung dieser Löcher, in der Abfolge Loch, kein Loch und so weiter, sind Zeichen kodiert, alphanumerische Zeichen, also Buchstaben oder Zahlen. Und eine typische Lochkarte dieser Zeit, die fasst auf diese Weise den Code für 80 Zeichen. Also wenn man so will, passen da 80 Byte drauf, auch wenn man das damals natürlich noch nicht so bezeichnet hat. IBM ist damals aufgestiegen zum weltgrößten Hersteller von solchen Karten. Die haben in der Mitte der 50er Jahre ein Fünftel ihres Umsatzes nur mit solchen Karten gemacht. Die haben auch ein Format für diese Karten standardisiert, das auch andere Hersteller verwendet haben. Das war natürlich ein sehr einträgliches Geschäft, aber IBM hat trotzdem allerhand unternommen, um dieses eigene Geschäft zu torpedieren, unter anderem ja auch durch die Diskette, zu der wir noch kommen. Die ersten Computer haben dann erstmal diese bewährten Datenträger von ihren Vorgängern übernommen, also von den Tabelliermaschinen und auch für die Ein- und Ausgabe von Daten Lochkarten verwendet. Da waren dann also Lochkartenlesegeräte angeschlossen und Lochkartendrucker, damit die Computer ihre Ergebnisse auch auf Karten ausgeben konnten. Aber dabei blieb es nicht. Dann kam bald schon ein etwas fortschrittlicheres Laufwerk dazu.
Chris:
[8:47] Und das sind die ersten Magnetbandlaufwerke. Da sind wir jetzt im Jahr 1952 und da passen natürlich wesentlich größere Datenmengen drauf als auf so eine Lochkarte. Ein einzelnes Band kann schon mehr als ein Megabyte speichern. Für diese Zeit ist das eine enorme Datenmenge und vor allen Dingen natürlich auch sehr viel schneller einlesen als bei diesen Lochkarten.
Chris:
[9:10] 7500 Byte pro Sekunde, um genau zu sein. Diese Magnetbänder, die sind 1,2 Zentimeter breit, die sind auf große Rollen aufgewickelt, die basieren auf etablierter Technik, nämlich Tonbandtechnik, also sind beschichtet mit magnetisierbaren Metallpartikeln und je nach Ausrichtung ihrer Magnetisierung enthalten die dann unterschiedliche Informationen. Und so ein Magnetband hat natürlich große Vorteile gegenüber einem Stapel von Lochkarten. Damit kommt diese elektronische Revolution erst so richtig in Gang. Es hat aber auch seine Probleme. Die gewaltigen Datenmengen auf dem Band sind schwer zugänglich, denn logischerweise kann man so ein Band nur von vorne bis hinten auslesen, also sequenziell. Nun gut, du kannst theoretisch auch vorspulen zu einem beliebigen Teil des Bandes, aber wir wissen alle, das dauert eine ganze Weile und man muss den richtigen Einstiegspunkt dann auch erstmal finden. Also ein direkter, ein wahlfreier Zugriff auf so einen bestimmten Datenpunkt ist sehr, sehr aufwendig. Diese Bänder sind hunderte Meter lang. Finde da mal den richtigen Punkt. Anders als die Lochkarten. Ich meine, die Lochkarten kannst du beliebiger aus dem Stapel ziehen und reinstecken in die Maschine. Ja, da ist der wahlfreie Zugriff sehr viel leichter als beim Tonband. Man bräuchte also irgendeine Technologie, die das Beste aus beidem vereint. Also die die Geschwindigkeit und die Datenmengen, die Speichermengen von einem Magnetband hat, aber gleichzeitig bessere Möglichkeit auf einzelne Daten zuzugreifen.
Henner:
[10:30] Ja, denn das ist wirklich ein Problem, wenn der Datenpunkt, den man braucht, jetzt gerade in der Mitte des Bandes ist, aber das Turmband oder dieses Magnetband ist gerade komplett aufgerollt. Da muss man es erstmal komplett abrollen, um an die Mitte zu kommen. Das ist das Problem. Also es wäre jetzt eine Lösung zum Beispiel, das ganze 700 Meter lange Magnetband komplett auszurollen. Da braucht man halt eine sehr lange Halle, in der man das machen kann. Und dann kann man auf beliebige Datenpunkte zugreifen.
Chris:
[10:55] Ja, Opfer müssen gebracht werden bei der neuen Technologie. Dann braucht man halt große Hallen.
Henner:
[10:59] Ja, das wäre eine Lösung. Du bräuchtest halt einen Lesekopf, der sich sehr schnell bewegt von einem Ende des Bandes zum anderen, aber so hätte man zumindest den direkten, den wahlfreien Zugriff. Aber das ist vielleicht nicht die optimale Lösung, also entwickelt IBM etwas anderes, eine andere Anordnung dieser Magnetfläche.
Henner:
[11:17] Und 1952 schon stellt IBM eine Gruppe von Ingenieuren zusammen, die ein neues Speichermedium entwickeln soll, das, wie du sagst, die Vorteile verschiedener Medien kombiniert, also die große Kapazität und die Datenübertragungsgeschwindigkeit des Magnetbandes mit dem wahlfreien, mit dem direkten Zugriff. Und diese Gruppe von Ingenieuren, die werden angesiedelt in einem neuen kalifornischen IBM-Forschungszentrum, das dort seinen Sitz hat, wo heute das Silicon Valley ist. Das hat man damals allerdings noch nicht so genannt, das entstand dann erst in den 60ern. Und die sollten eine alternative Methode der digitalen Datenspeicherung entwickeln. Die haben dann frei experimentiert und Verschiedenes probiert, wahrscheinlich nicht die Variante mit dem ausgerollten Band in einer langen Halle vermutlich.
Henner:
[12:07] Aber etwas klügere Alternativen, die haben stabförmige Datenträger ausprobiert, streifenförmige und auch plattenförmige. Und das hat sich bewährt. Schließlich sind die Ingenieure dann bei solchen runden Platten oder Scheiben gelandet. Zunächst aus Aluminium, die beschichtet waren mit magnetisierbarem Eisenoxid. Das ist die gleiche Technik wie beim Magnetband. Aber hier ist sie eben nicht mehr bandförmig, nicht mehr ausgerollt, sondern auf einer Scheibe aufgebracht. Rund. So eine Scheibe, die wird auch Platter genannt. Also nicht Platte, sondern Platter. Später bei den Festplatten, denn genau das ist die Entwicklung, auf die wir jetzt zulaufen. Solch eine Platterscheibe, die dreht sich wie eine klassische Schallplatte auf einer Spindel. Also in der Mitte ist ein Loch und in dieses Loch passt die Spindel, die motorisiert angetrieben ist und sich sehr schnell dreht. Und so dreht sich auch die ganze Scheibe im Laufwerk. Und wie beim Plattenspieler wandert ein Lesekopf obendrauf an einem beweglichen Arm vor und zurück und erreicht so theoretisch alle Positionen auf der Oberfläche. Er muss nur halt warten, bis die richtige Position unter ihm vorbeisaust, aber wenn sich diese Platte schnell genug dreht, dann dauert das nicht lang und so hat man sehr, sehr kurze Zugriffszeiten. Anders als beim Plattenspieler wird allerdings die Oberfläche hier vom Tonabnehmer sozusagen niedergelassen.
Henner:
[13:36] Also der Lesekopf, der schwebt mit mikroskopisch kleinem Abstand über der Oberfläche und zwar mithilfe einer kleinen Luftdruckdüse, die dafür sorgt, dass der Lesekopf nicht direkt aufsetzt. Denn das würde bei den hohen Drehgeschwindigkeiten, die hier erreicht werden, die Oberfläche beschädigen. Trotzdem ist diese Technik ziemlich schwer zu beherrschen. Auch die Idee mit der Luftdruckdüse, die haben die Ingenieure nicht sofort. Das ist das Ergebnis von langen Experimentierreihen, denn in den ersten Versuchen verformen sich diese schnell rotierenden Magnetscheiben immer noch. Vier Jahre lang dauert es, bis die Ingenieure dieses Problem gelöst haben und das Ergebnis ist dann die erste Festplatte der Welt, die heißt einfach IBM 350. IBM war immer schon sehr originell bei der Namensgebung von neuen Produkten. Für so eine Revolution, etwas unterwältigender Name.
Henner:
[14:29] Und diese IBM 350 wird vorgestellt im September des Jahres 1956 als Bestandteil eines größeren Computers, eines Mainframe-Rechners, der gleichzeitig vorgestellt wird. Das ist der IBM 305, auch bekannt als RAMAC. Das ist ein Akronym und das heißt Random Access Memory Accounting and Control. Und der wesentliche Bestandteil ist hier Random Access, also wahlfreier direkter Datenzugriff. Das wird bei diesem Computer erstmals möglich, denn der hat eine Festplatte.
Chris:
[15:02] Wie muss man sich das vorstellen, diesen Remag? Das ist ein Schrank, groß wie ein Kleiderschrank, der ist tonnenschwer, also der ist fast zwei Meter
Chris:
[15:09] hoch, der ist eineinhalb Meter breit und der enthält nicht nur eine von diesen neuartigen Aluminiumscheiben, sondern 50 Stück. Jede davon hat einen Durchmesser von 61 Zentimetern. Zum Vergleich, so eine typische LP, also eine Schallplatte, hat ungefähr 30 Zentimeter Durchmesser. Das heißt, diese Festplattenscheiben sind ungefähr doppelt so groß, jede einzelne, wie eine normale Schallplatte. Damit die da reinpassen, sind die in großen Zylindern gestapelt. Und jeder dieser Stapel hat zwei Lese-Schreibarme, die nicht nur auf einer einzelnen Platte bewegt werden, sondern auch noch hoch und runter in diesen Plattenstapel. Also das ist eine relativ komplexe Technologie. Aber dafür können hier auch unfassbare Mengen von Daten draufliegen, insbesondere für die Zeit, nämlich 3,75 Megabyte an digitalen Daten. Das sind ungefähr 5 Millionen 6-Bit-Zeichen. 6-Bit deswegen, weil wir hier noch in der Ära sind, wo die IBM-Rechner mit 6-Bit rechnen und noch nicht mit 8. Das sind, wenn man das umrechnen würde in Lochkarten, der Gegenwert von 64.000 Lochkarten. Ich weiß gar nicht, was mehr Platz einnimmt, wenn man 64.000 Lochkarten stapelt oder sich so einen IBM 305 hinstellt. Vermutlich kommt es ungefähr aufs Gleiche raus.
Chris:
[16:18] Und du sagtest vorhin schon, diese Platten drehen sich sehr schnell, nämlich mit 1200 Umdrehungen pro Minute. Das ist auch deswegen notwendig, damit die Daten dort schnell gefunden werden können. Also die Zugriffszeit hier ist im Schnitt 0,6 Sekunden, um den richtigen Datenpunkt zu finden in so einem Plattenstapel. Das ist schon enorm. Es ist für die Praxis quasi ein verzögerungsfreier Zugriff, ein Echtzeitzugriff auf beliebige Datenpunkte und ermöglicht damit auch völlig neue Anwendungen, also zum Beispiel elektronische Datenbanken. Dank dieser Festplatte wandelt sich der Computer von der im Endeffekt reinen Rechenmaschine, die er vorher war, jetzt zu einer Datenverarbeitungsmaschine. Und das wie gesagt im Jahr 1956. Das ist also 70 Jahre her.
Henner:
[17:01] Aber IBM ist damit noch nicht zufrieden. Die entwickeln die Festplatte immer weiter. Es kommen neue Generationen raus, bald auch eine mit 10 Megabyte und sie wachsen immer weiter.
Henner:
[17:13] Und nicht nur das, 1958 geht IBM den nächsten Schritt, dieses System weiterzuentwickeln und zu erweitern. Das Projekt kriegt den Codenamen Low-Cost-File und aus dem geht 1962 ein neues Festplattenlaufwerk hervor, ein Wechselfestplatten- oder Wechselmedien-System, das IBM 1311 Disk Storage Drive. Hier kann man also die einzelnen Scheiben, die Platter einer Festplatte wechseln. Die Idee dahinter ist die, wenn jetzt die Kapazität so einer riesigen Festplatte mal nicht ausreichen sollte, kaum vorstellbar, man dachten ja immer, die wird nie voll, aber wenn das da doch mal passiert, dann müssen die Unternehmen oder die staatlichen Institutionen oder Forschungseinrichtungen nicht etwa noch eine weitere Festplatte dazu kaufen oder mieten, wie das zu der Zeit üblich ist. Die sind ja auch riesengroß, wie du es beschrieben hast. Die haben enorme Ansprüche, was den Raumbedarf und die Raumkühlung und die Raumstabilität auch angeht. Die wiegt ja nun mal eine Tonne.
Henner:
[18:19] Dann muss man also nicht eine weitere Festplatte dazu mieten, sondern man kann einfach nur die Platter, also die Magnetscheiben rausnehmen und weitere hineinsetzen. Stapelweise nicht einzeln und so die Kapazität erhöhen. Die IBM-Anleitung behauptet praktisch unbegrenzt erhöhen. Und das stimmt ja auch, wenn man denn unbegrenzten, gut gesicherten Stauraum hat für diese klobigen Wechselmedien.
Chris:
[18:46] Also damit man sich das vorstellen kann, dieses Add-on, diese IBM 1311 ist selbst eine Maschine von der Größe von einer Waschmaschine ungefähr. Hier nochmal der Hinweis, unsere Folgen haben immer Kapitelbilder, auch hier, wenn ihr sehen wollt, wie die Sachen aussehen, die wir beschreiben, dann könnt ihr das in den Kapitelbildern angucken und für mich sieht das aus wie ein Nachtspeicherofen. Auch so eine veraltete Technologie, die man heute vielleicht nicht mehr kennt. Da sind also diese Platter drin, wie du gerade schon gesagt hast. Die bestehen in diesem Fall aus sechs von diesen Festplattenscheiben. Und da ist oben ein Henkel dran, damit man die nämlich besser rausziehen kann. Und das von dir gerade schon erwähnte Handbuch, das es dazu gibt, sagt, die Plattenstapel, die gerade nicht in der Benutzung sind, die könne man ja in seinem Safe oder in einer Tresorkammer lagern. Und das zeigt schon den Anwendungsfall, für das das vorgesehen ist. Da sind eher keine Spiele drauf auf diesen Dingern.
Henner:
[19:34] Nee, und es ist auch nicht gedacht für den einfachen Datentransport.
Chris:
[19:37] Es wiegt auch ordentlich was, dieses Ding.
Henner:
[19:40] Jaja, genau. Und es ist sehr empfindlich. Also es ist nicht so gedacht, dass man die Daten einfach von einer Firmeneinrichtung quer durchs Land zur nächsten transportieren kann. Das haben sicherlich einige Unternehmen auch gemacht, aber das ist nicht der primäre Einsatzzweck gewesen. IBM hat für diesen Fall spezielle Transportbehälter verkauft oder vermietet, das weiß ich nicht. Die fünf Zentimeter dicke Polsterung enthielten und denen auch eine eigene Anleitung beilag, wie man damit umzugehen hat, wie man die vorsichtig transportieren muss. Also das ist nicht sehr robust, diese Technik. Also das ist wirklich nur dafür gedacht, dass man die Kapazität der Festplatte erweitert und die Dinge eben direkt neben der Festplatte möglichst lagert in einem Schrank oder in einem Tresor, aber nicht quer durch die Welt schickt.
Henner:
[20:26] Diese Diskpacks, wie IBM sie nennt, die sind mit den sechs 14 Zoll Scheiben in ihrem Schutzbehälter aus Plastik ungefähr 40 Zentimeter breit und 10 Zentimeter dick und wiegen 4,5 Kilogramm.
Henner:
[20:42] Der Aufbau und die Technik, die ähneln also schon entfernt der späteren Diskette, aber es gibt dann doch noch einige Unterschiede in Bezug auf Handlichkeit und Portabilität. Und es ist eben noch ein recht empfindliches System, weil diese Platter für den Einsatz aus ihrer Plastikhülle rausgenommen werden müssen. Die Diskette später, die bleibt ja immer in ihrem Plastikumschlag, aber diese Diskpacks nicht. Die werden immer rausgenommen, bevor sie dann eingesetzt werden können. Und das ist natürlich sehr empfindlich. Bei diesem Einsatzprozess kann natürlich auch ein bisschen Staub ins Gerät gelangen, Davor warnt auch die Anleitung von IBM und sagt, man müsse im Maschinenraum höchste Sauberkeit bewahren und auch, die geben auch praktische Tipps, sehr nett, täglich mit Staubsauger oder Wischmob reinigen, dann kommt kein Staub ins Laufwerk.
Henner:
[21:32] Nun, das klingt alles etwas unpraktisch, aber trotzdem setzt sich dieses System für eine ganze Weile durch, nicht nur bei IBM, andere Hersteller machen das nach. Das kennen wir ja von IBM, dass die anderen Hersteller gern das kopieren, was der große Marktführer vorgibt. Der setzt die Standards.
Henner:
[21:49] Und andere Hersteller wie DEC zum Beispiel, die etablieren ähnliche Wechselplattensysteme oder wir sollten eher sagen Wechselplattersysteme, weil nicht die ganze Festplatte gewechselt wird, sondern nur die einzelnen Scheiben für ihre eigenen Computer. Für die Minicomputer wie den PDP8 zum Beispiel. Das ist der erste in Massen gefertigte Mini-Rechner der Welt. Dann kommt der nächste Evolutionssprung, wieder ausgehend von IBM.
Henner:
[22:14] 1964 werden diese Wechselmedien ein bisschen kleiner und ein bisschen handlicher. Da kommt das IBM-Modell 2310 raus und dessen Wechselmedien, die enthalten jetzt nicht mehr sechs von diesen Scheiben, sondern nur noch eine einzelne, eine beidseitig beschriebene Scheibe, die auch eine etwas höhere Datendichte hat als vorher. Und somit passt da immerhin ein Megabyte drauf. Das ist noch etwas näher dran an der Diskette. Und auch dieses System setzt sich schnell durch. Auch hier werden diese Medien und die Laufwerke in ähnlicher Form von anderen Herstellern nachgebaut. Das ist das Schicksal jedes IT-Pioniers und von IBM ganz besonders. Jetzt sind wir der Diskette bereits recht nah. Diese IBM 2315er Wechselplatte, die sind ja schon deutlich kompakter als die früheren mit ihren sechs Scheiben. Die sind jetzt nur noch dreieinhalb statt zehn Zentimeter dick. Jetzt scheint es doch eigentlich so, Christian, als würde diese Entwicklung immer so weitergehen. Diese Medien werden immer ein bisschen kleiner, ein bisschen handlicher und so landen wir dann eines Tages ganz logisch bei der Floppy, bei der Diskette. Aber so ist es nicht. Es ist kein direkter Weg von diesen Wechselplattern hin zur Diskette. Die hat einen ganz anderen Ursprung.
Chris:
[23:31] Genau, das ist teilweise eine Parallelentwicklung, aber wie wir ja schon festgestellt haben, die Festplatte war vorher dran. Also wo geht denn der Weg der Diskette dann los? Vielleicht stellen wir uns mal die Frage, wer ist denn eigentlich Mutter oder Vater der Diskette? Und eine oberflächliche Suche bringt dann vor allem einen Namen hervor, nämlich einen Japaner namens Nakamatsu Yoshiro. Das ist ein japanischer Erfinder, ein, ich sage mal vorsichtig, eine schillernde Persönlichkeit, der behauptet, er habe bereits 1952 ein entsprechendes Patent eingereicht. Und wie einiges, was der Herr Yoshiro im Laufe seines Lebens behauptet hat, ist das nicht unbedingt die ganze Wahrheit. Er hat sich da tatsächlich was patentieren lassen. Das ist eine Art Tonträger aus Papier, der auch biegsam ist, der auch flach ist, aber damit hören die Gemeinsamkeiten mit der Diskette schon wieder auf. Der taucht ja eigentlich nur deswegen auf in der Geschichte, weil IBM dann später in den 70er Jahren tatsächlich diese Patente oder Lizenzen zu diesen Patenten von Nakamatsu Yoshiro gekauft hat.
Chris:
[24:32] Sie haben selber damals gesagt, das hätte gar nichts mit der Diskette zu tun. Aber sicherheitshalber haben sie sie trotzdem mal lizenziert, um keinen Ärger zu bekommen. Also an der Stelle verlässt dieser Japaner unsere Geschichte auch wieder und wir stellen uns die Frage nochmal, wer ist denn der wahre Erfinder? Nun hast du vorhin ja schon in einem Nebensatz fallen lassen, IBM sei der Ort, wo die Diskette erfunden wurde.
Chris:
[24:54] Also hier müssen wir suchen und da gibt es viele Quellen, die nennen den Namen Alan Shugart oder auch kurz Al Shugart, so werden wir ihn im Weiteren auch nennen.
Chris:
[25:04] Und der hat später in einem Interview gesagt, es gäbe seiner Einschätzung nach vielleicht ungefähr 17 Leute, die das für sich beanspruchen, der Vater der Diskette zu sein. Er selbst hat dann drei Namen genannt. Sich selbst hat er bescheiden ausgeklammert. Diese drei anderen Namen sind David Noble, Herbert Thompson und Ralph Flores. Und ja, alle diese vier Herren spielen tatsächlich eine wichtige Rolle in dieser Geschichte. Aber jetzt müssen wir nochmal zu dieser Frage zurückkommen. Warum überhaupt diese Neuentwicklung? Warum wird denn jetzt hier parallel zur Festplatte noch eine andere Entwicklung angestoßen? Und da geht es nicht unbedingt um große Datenmengen wie bei den Differenzieren. Taskpacks bei den Festplatten von IBM. Da geht es nicht um schnelle Zugriffszeiten. Das haben wir ja da alles schon. Es geht um was anderes. Ein Anwendungsfall, der mit viel kleineren Datenmengen zu tun hat.
Henner:
[25:51] Ganz genau. Und jetzt müssen wir nochmal einen Schritt zurückgehen in die 50er Jahre. Wir waren schon weiter, es tut mir leid, aber also die ersten Computer aus den 1950er Jahren und natürlich erst recht die aus den 40ern sind noch fest verdrahtete Maschinen. Man kann sie zwar programmieren, ihnen neue Befehle erteilen und sie mit neuen Daten füttern, aber ihre grundlegende Arbeitsweise, die Logik, mit der sie solche Eingaben und den Programmcode verarbeiten und am Ende ihr Ergebnis ausgeben, so eine Art basaler Maschinensprache, ein bisschen wie das spätere BIOS, das ist festgeschrieben in der Hardware, wurde festgelegt bei der Fertigung durch die Verdrahtung und in Form von Logik-Gattern, also elektronischen Schaltungen. Damit sind diese Rechner aber sehr, sehr unflexibel. Wenn man etwas ändern will an dieser Programmausführung, an dieser grundlegenden Logik, etwa eines IBM 1401 aus dem Jahr 1959.
Henner:
[26:46] Ja, dann muss man die Maschine neu verdrahten. Das kann auch der Kunde, also der Computerbetreiber, nicht selber machen. Dafür muss ein Ingenieur von IBM angefordert werden, der dann im Computerraum diese Neuverdrahtung vornimmt nach den Vorgaben des Kunden. Ja, das ist sehr aufwendig und unflexibel. Es gibt dann recht bald, zumindest theoretisch in der Praxis erst später, aber in den 50er Jahren schon eine Erfindung, die dieses Problem löst. Und das ist der sogenannte Micro-Code oder Mikro-Code. Den gibt es auch heute noch in ähnlicher Form. Dieser Micro-Code, das ist, wie der Name schon sagt, Programm-Code, das ist Software. Und Micro-Code verlagert jetzt diese Prozessor-Logik, also die grundlegende Steuer-Logik eines Computers, von den fixen Schaltkreisen, von den Drähten, in winzige kleine Programm-Code-Routinen.
Henner:
[27:40] Dieser Programmcode, der muss natürlich irgendwo abgelegt sein in einem speziellen Speicher und das ist noch nicht der Arbeitsspeicher etwa oder die Festplatte, sondern der liegt damals in einem speziellen Speicher, dem sogenannten Control Store, so nennt IBM den zumindest.
Henner:
[27:56] Weil es diesen Mikrocode gibt, braucht man keine größeren Hardware-Eingriffe mehr, um etwas am Programmablauf zu ändern. Es reicht dann fortan ein Software-Update. Also wie gesagt, diese Erfindung des Mikrocodes oder Mikrocodes, die gibt es schon in den 50ern, aber sie setzt sich erst in den 60er Jahren durch. Gebrauch von dieser neuen Technik macht zum Beispiel IBMs ganz wesentliche Großrechnerserie System 360, die 1964 eingeführt wird. Das ist kein einzelner Computer, das ist eine große Familie von Computern, die über viele Jahre erweitert wird. Und kleine Änderungen an diesem Mikrocode erlauben das jetzt, die verschiedenen IBM System 360 Modelle anzupassen an verschiedene Anforderungen, auch wenn die architektonisch, wenn sie technisch von der Hardware her identisch sein mögen. Je nachdem, was der Kunde verlangt, wofür er seinen Rechner einsetzen will, kann man also diesen Mikrocode anpassen und den Computer auf diese Weise anders programmieren. Oder auch Abwärtskompatibilität herstellen, zum Beispiel mit früheren Computern, mit älteren IBM Mainframes. Abwärtskompatibilität, das ist ja später das große Erfolgsgeheimnis von IBMs PCs. Das spielt aber hier schon eine wesentliche Rolle.
Chris:
[29:12] Also dieses System 360 ist so eine Revolution, das wäre fast eine eigene Technikfolge irgendwann mal wert.
Chris:
[29:19] Nun hast du ja gerade schon gesagt, dieser Micro-Code liegt im Control-Store. Was ist es denn, wenn es noch keine Festplatte ist? Was für ein Speicher ist das? Nun, das ist eine Lochkarte. Wir sind wieder bei Lochkarten. Allerdings funktioniert die ein bisschen anders. Die ist aus Kunststoff und da sind Drähte eingelassen und über diese Drähte kann ausgelesen werden, ob die Löcher jeweils für eine 1 oder eine 0 stehen, also für die Bits.
Chris:
[29:43] Und das ist schon ein Vorteil gegenüber einer Neuverdrahtung von dem ganzen System. Aber wenn man den Micro-Code ändern möchte, muss trotzdem ein IBM-Ingenieur kommen und muss neue Lochkarten einsetzen in deinen Rechner. Das geht natürlich einfacher und ist weniger kostenanfällig. Aber das ist immer noch nicht die Flexibilität, die man sich eigentlich wünscht. Aber immerhin, wenn man sich so ein Bild von diesen Kunststoffkarten anguckt.
Chris:
[30:06] Das ist hier schon ein Datenträger und der ist auch unbestreitbar schon floppy, wenn du mich fragst. Der ist weich und wabbelig und man kann auf ihm sogar die Daten sehen, was ja doch ein großer Vorteil ist, weil wie gesagt, diese Löcher sind da drin und durch die Drahtspulen kann man sogar erkennen, welches Bit eine 1 und welches eine 0 ist.
Chris:
[30:24] Aber im Endeffekt noch eine Lochkarte. Man bräuchte jetzt also einen Control Store, der wiederbeschreibbar ist. Also das heißt, wo man einen neuen Micro-Code einfach softwareseitig reinschreiben kann, anstatt die Karten auszutauschen. Und ein solcher wiederbeschreibbarer Control Store kommt dann 1968 in einer anderen Variante des System 360 im Modell 25. Und dieses Modell enthält eine Festplatte, das enthält Arbeitsspeicher und das enthält auch 16 KB wiederbeschreibbaren Microcode-Speicher. Die Updates dafür, die werden in diesen Control Store eingespielt, entweder über Lochkarten oder Magnetbänder oder über Wechselplatte. Das ist da flexibel und die Kunden können das jetzt auch selbst durchführen, ohne dass sie vorher bei IBM anrufen müssen. Und das erlaubt jetzt tatsächlich schnelle Bugfixes oder auch neue Funktionen freizuschalten.
Chris:
[31:16] Rechengenauigkeit zum Beispiel, wenn der Kunde sie bestellt. Also wenn man so möchte, ist das eine frühe Form des On-Disk-Rolls. DLCs, die man da von IBM bekommen kann. Aber das ist natürlich auch nur ein Zwischenschritt. Diese Entwicklung schreitet zu der Zeit rasant voran.
Henner:
[31:32] Genau, denn ebenfalls 1968, da kommt ja dieses System 360 Modell 25 auf den Markt, aber da erscheint noch ein weiteres Modell, das etwas höherwertige, das teurere Modell 85. Und das geht technisch noch einen Schritt weiter. Das hat auch so einen wiederbeschreibbaren Control Store, Ist also state of the art für den Mikrocode. Aber das setzt dafür eine andere Speichertechnik ein, nämlich SRAM, Speicherzellen auf Halbleiterbasis. Das ist damals der neueste Schrei und das ist ja bis heute aktuell. SRAM ist ja eine frühe Vorform von DRAM, das wir heute noch in unseren Rechnen haben. Und diese Speicherform, die ist viel schneller als die Speichertechnik, die vorher vorherrschend war. Das war magnetischer Kernspeicher. Da brauchen wir nicht näher darauf einzugehen, denn der ist bald obsolet.
Henner:
[32:22] Und dieser neue SRAM-Speicher, der wird auch für andere Zwecke eingesetzt. Der gleiche Rechner, dieses System 360 Modell 85, hat auch einen neuen Cache-Zwischenspeicher, wie man ihn heute auch noch hat, in ähnlicher Form. Und auch die ganz neue Mainframe-Familie System 370, die ab 1970 rauskommt, die verwendet auch im großen Maße diese SRAM-Speicherzellen. Das ist also hier der Mikrocode-Speicher, der ist sehr, sehr schnell, aber hat auch einen großen Nachteil gegenüber dem alten Kernspeicher, der vorher verwendet wurde. Der ist nämlich volatil, ganz so wie Arbeitsspeicher es heute auch noch ist. Das heißt, der behält die Daten nicht. Sobald der Strom weg ist, wenn die Spannung weg ist, das System abgeschaltet wurde, verschwinden alle Daten, die in diesem Chip abgespeichert waren. Das war beim Kernspeicher nicht der Fall, das ist auch bei der Festplatte nicht der Fall, aber bei diesem SRAM Chips ist das nun mal so. Das heißt aber, wenn der Rechner gestartet wird, dann muss der Mikrocode erstmal wieder aufs Neue in diese SRAM-Speicherchips reingeladen werden, bei jedem einzelnen Systemstart. Sonst ist er leer und dann kann der Rechner nicht arbeiten.
Henner:
[33:34] Jetzt brauchen wir also ein Medium, um den Micro-Code bei jedem einzelnen Systemstart daraus zu lesen und in den SRAM-Speicher reinzuladen. Übrigens ist das, was wir hier beschreiben, nicht etwa veraltet, sondern im Grunde passiert das bei modernen x86-basierten PCs immer noch. Deren Prozessoren, die haben natürlich auch eine Form von Micro-Code und der lässt sich auch ändern. Da gibt es ab und zu mal Patches, wenn wieder neue Sicherheitslücken bekannt werden bei Intel oder AMD, dann stellt der Hersteller Patches bereit, also kleine Code-Updates für den Mikrocode und die werden übers BIOS bei jedem einzelnen Rechnerstart frisch in diesen Mikrocodespeicher in der CPU reingeladen. Also ganz ähnlicher Vorgang wie damals. Also woher soll der Mikrocode kommen, der beim Rechnerstart in den Control Store geladen wird das könnte man jetzt wieder mit einer Lochkarte machen, Aber die hat zu wenig Kapazität. Du hast es ja gerade beschrieben, dieses System 360 Einstiegsmodell 25, das hat 16 Kilobyte von diesem wiederbeschreibbaren Mikrocode-Speicher. Und der wird ja in späteren Generationen immer größer. Also mit einer Lochkarte, die 80 Byte speichert, kommt man da nicht weit.
Chris:
[34:51] Dauert eine Weile.
Henner:
[34:52] Richtig, dann muss man sehr viel hantieren mit sehr vielen Lochkarten, so wie wir später mit Disketten hantiert haben, aber noch ein bisschen schlimmer. Und klassische Magnetbänder könnte man nehmen grundsätzlich, aber das ist IBM nicht flexibel genug. Denn, das Problem haben wir ja auch schon beschrieben, das Magnetband erlaubt keinen direkten Datenzugriff, keinen wahlfreien Zugriff. Den will IBM aber haben, damit nicht immer dieselben Daten gelesen werden müssen, damit man zum Beispiel bei Bedarf Diagnoseprogramme starten kann. Wenn also der Rechner nicht in einen normalen Arbeitsmodus versetzt werden soll, sondern in einen Diagnosemodus, dann muss er einen anderen Code laden und dafür ist ein wahlfreier Zugriff auf dieses Speichermedium nötig. Das heißt, dafür ist das Magnetband ungeeignet. Außerdem ist das natürlich ziemlich langsam und es gibt Kabelsalat und naja, all die üblichen Magnetbandprobleme bringt das mit sich. Also startet IBM wieder einmal, die Geschichte wiederholt sich, ein neues Forschungsprojekt. Diesmal lautet der Auftrag, Leute, entwickelt ein neues Speichermedium, einen alternativen Datenträger, nur für diesen einen Zweck, für das initiale Laden des Mikrocodes in den SRAM-Speicher eines Computers.
Chris:
[36:08] Und dieses Forschungsprojekt startet im Jahr 1967. Beauftragt damit wird der Elektrotechnik-Ingenieur David Noble. Damit haben wir jetzt den ersten der vier Namen, die wir vorhin schon gehört haben. Noble hat zuvor bereits an den Festplatten von IBM mitgearbeitet. Das ist also ein qualifizierter Mensch. Und jetzt lautet sein Auftrag, diesen Datenträger für den ICPL-Prozess zu entwerfen. Initial Control Program Load, so heißt das noch etwas sperrig. Und Noble arbeitet in einer Abteilung, deren Abteilungsleiter wiederum Al Shugart ist. Also der Mensch, den wir vorhin auch schon gehört haben. Dieses Projekt, das da einen Datenträger für diesen Ladevorgang erfinden soll, erhält einen Codenamen, Minnow. Das ist das englische Wort für die Elritze, also eine kleine Fischart. Und außerdem eine Anforderungsliste. Dieses neue Medium soll günstig sein. Es soll leicht austauschbar sein. robust, sodass man es auch einfach transportieren kann. Es soll 65 KB Speicher fassen und eine Übertragungsrate von 15 bis 30 KB pro Sekunde ist angepeilt. Die Zugriffszeit, also einen beliebigen Datenpunkt auf diesen Datenträger zu finden und auszulesen, soll maximal fünf Sekunden betragen. Das sind die Vorgaben. Es gibt aber auch eine Vorgabe, die explizit nicht dabei ist. Und Wiederbeschreibbarkeit ist hier kein Kriterium. Also es reicht völlig aus, wenn ein Medium entsteht, das man nur auslesen kann.
Chris:
[37:37] Dann probiert Noble da für einige Monate dran rum, probiert wie bei den Festplatten damals auch erstmal verschiedene Lösungen, also Varianten von Starrenplatten und Tonbändern, Schallplatten, Kassetten natürlich.
Chris:
[37:51] Sogar IBMs Magna Belt wird in Erwägung gezogen. Das ist eine Art Tonband, das in einer Gürtelschleife verbunden ist. Und das kommt in Diktiergeräten zum Einsatz. Aber schließlich landet auch er wieder bei der Scheibe, der magnetbeschichteten Scheibe. Und das, was er da findet, ist die Diskette. Das ist vergleichbar mit den Blättern in einer Festplatte Und wohl auch inspiriert durch die Speichertechnik in einem anderen Diktiergerät, nicht von IBM, sondern aus Deutschland, von der Firma Telefunken. Da kam nämlich 1959 ein Modell auf den Markt, das auf kleinen Scheiben Ton gespeichert hat, ungefähr zehn Minuten pro Scheibe.
Chris:
[38:34] Noble erhält dann 1968 grünes Licht, um diese Idee zu einem marktfähigen Produkt zu entwickeln und bekommt dafür weitere Ingenieure zur Seite gestellt.
Henner:
[38:45] Ja, und was dabei am Ende herauskommt, ich glaube, wir können es schon spoilern, das ist halt die Diskette. Jetzt verstehen wir auch, warum die Diskette keine direkte Weiterentwicklung dieser Wechselplatte ist, die wir vorhin beschrieben haben. Denn der Noble, der hat ja praktisch wieder bei Null angefangen, hat alles mögliche ausprobiert, hatte nicht die Vorgabe, die Wechselplatte zu verkleinern oder robuster zu machen, sondern der hat ergebnisoffen und technologieoffen experimentiert, ist aber am Ende wieder bei der gleichen Lösung gelandet. Der Erkenntnis, dass solche Magnetscheiben im weitesten Sinne vielleicht die beste Lösung sind. Aber seine Diskette, seine Entwicklung ist natürlich technisch viel einfacher und schlichter als die Festplatte, vor allem wegen dieser Vorgaben, dass sie ja günstig sein muss und robust und sie muss ja auch nicht ganz so viel Kapazität halten wie eine Festplatte.
Henner:
[39:38] Nun, das Ergebnis ist eine 20 cm durchmessende Scheibe, also 8 Zoll Und die steckt am Anfang noch nicht wie die spätere Diskette in einem Plastikumschlag, sondern die ist noch lose. Das ist also nur diese kleine schallplattenartige Platte. Und die wird lose auf eine plattenspielerartige Apparatur geklemmt, auf eine Spindel, die sich dreht und dort von einem Lesekopf abgetastet. Das ist noch kein Schreib- und Lesekopf wie bei der Festplatte, sondern ein reiner Lesekopf. Denn du hast es ja gerade gesagt, das ist ein reines Lesemedium. Wieder Beschreibbarkeit ist nicht geplant.
Henner:
[40:15] Nun verglichen mit der Festplatte ist diese Technik hier aber viel primitiver. Das ist logisch wegen der IBM-Kostenvorgaben. Die Scheibe dreht sich viel langsamer als die Festplattenplatte. Die schafft ja 1200 Umdrehungen pro Minute. Die Diskette ist ein bisschen langsamer. Und der Lesekopf, der bei den ersten Prototypen, die die Ingenieure bauen, noch aus einem Bandlaufwerk stammt, der schwebt nicht luftdruckgefedert knapp über der Oberfläche wie bei der Festplatte, sondern schleift direkt darauf. Das reduziert natürlich die Lebensdauer, das macht die Oberfläche nicht ewig mit, dass da so ein Lesekopf drauf rumschleift. Aber für tausendfachen Gebrauch ist die Diskette ja sowieso nicht gedacht. Die soll ja nur einmal beim Rechnerstart den Mikrocode laden und dann hat sie nichts mehr zu tun, bis der Rechner das nächste Mal gestartet wird. Und dafür reicht es.
Henner:
[41:09] Trotzdem erkennt Noble gemeinsam mit seinem Team bald, dass auch dieses System recht anfällig ist für Staubpartikel. Das Problem hatten die Wechselplatter ja auch schon. Jedes Mal, wenn man so ein Medium ins Laufwerk legt, dann können da Staubpartikel eindringen und das setzt sich fest auf der Magnetoberfläche und das stört den Lesevorgang. Und deswegen ersinnt das Team bald einen Plastikumschlag, einen festen, nicht entfernbaren Plastikumschlag. Anders als bei den Wechselplattern bleibt er immer dran. Damit die Scheibe trotzdem rotieren kann, gibt es eine kleine runde Aussparung in der Mitte und darüber kann die Spindel den Datenträger drehen. Außerdem gibt es innen aufgebracht innerhalb dieses kleinen Plastikumschlags ein Gewebe, eine Art Stoffgewebe. Dadurch wird die Scheibe gereinigt, wenn sie sich dreht und so von Staub befreit. Sehr cleveres System.
Henner:
[42:06] Vorher, als die Diskette noch nicht in diesen Plastikumschlag steckte, sondern noch lose ins Laufwerk gesteckt wurde, da gab es im Laufwerk zwei Schaumstoffpolster, eins oben, eins unten, das die Scheibe so ein bisschen fixiert hat, damit sie sich beim Drehen nicht zu sehr hoch und runter bewegt und dabei auch noch gereinigt wird. Das entfällt damit. Diese Schaumstoffpolster können wieder weg. Dadurch verliert die Diskette jetzt aber ein bisschen Stabilität. Das ist das gleiche Problem wie bei der Festplattenentwicklung. Sie rotiert zu viel, das beschädigt wiederum den Lesekopf und so weiter. Und da versucht das Team einiges, um sie stabiler zu machen, damit sie nicht mehr so viel rumwabbelt im Laufwerk. Das ist der Fachbegriff. Und um diese Stabilität ein bisschen zu erhöhen, da ergreifen sie verschiedene Maßnahmen. Und eine davon ist es, die Diskette beidseitig zu beschichten mit dieser Eisenoxidschicht. Obwohl die Diskette eigentlich nur einseitig beschrieben und gelesen wird. Auf der Unterseite dieser Scheibe findet sich trotzdem auch diese Magnetschicht, weil das die Stabilität ein bisschen erhöht hat. Die wird natürlich später auch noch wichtig, denn wie wir wissen, wird die Diskette später tatsächlich zweiseitig benutzt. Aber so weit sind wir hier noch nicht.
Henner:
[43:16] Im Februar 1969 ist das Team so weit, dass der Prototyp erste Tests absolvieren kann. Ist auch praktisch schon fertig. Es sind nur noch kleinere Feintuning-Arbeiten zu erledigen. Ein Jahr nach dem eigentlichen Projektbeginn. Das ist für IBM-Verhältnisse erstaunlich schnell.
Henner:
[43:36] Das ist ja so ein Konzern, der dafür bekannt ist, dass er sehr langsam agiert wegen sehr komplexer Hierarchien und weil alles von 15 Arbeitsgruppen und Gremien abgesegnet werden muss. Aber hier sind sie doch sehr agil und agieren sehr schnell.
Chris:
[43:51] Das ist aber auch nicht so verwunderlich, finde ich, Weil strukturell und im Aufbau ist da nicht wahnsinnig viel Neues drin in dieser Diskette, wenn man das vergleicht mit dem, was bei den Festplatten alles schon definiert wurde. Wir kommen gleich noch dazu, wie so eine Diskette funktioniert, aber können das schon mal im Hinterkopf behalten. Das ist eigentlich von der Art und Weise, wie diese Scheibe aufgebaut ist, wie sie gedreht wird, wie sie gelesen wird, ist da jetzt nichts bahnbrechend Neues mit dabei.
Henner:
[44:17] Das stimmt, ja. Die grundlegende Technik ist die gleiche wie bei der Festplatte, auch wenn sie eben nicht direkt abgeleitet wurde von der Festplatte.
Henner:
[44:25] Also im Februar 1969 sind sie weitgehend fertig, dann gibt es nur noch kleinere Arbeiten zu erledigen für die Serienfertigung. Der Noble ist mittlerweile ja schon längst nicht mehr alleine, der hat ja ein großes Team mittlerweile um sich gescharrt, ungefähr 20 Ingenieure arbeiten am Minnow-Projekt. Aber dieses Team schrumpft bald auch wieder, denn der Abteilungsleiter Al Shugart, der wechselt zur Konkurrenz. Der geht zum Datenträgerhersteller Memorex, der gleich noch eine wichtige Rolle spielen wird. Memorex gibt es schon länger und seit 1966 stellt Memorex auch eigene IBM-kompatible Wechselplatte her. Und die bauen also auf auf das, was IBM erfunden hat. Und der Shugart nimmt dabei auch ein paar Ingenieure mit aus dem Minnow-Team. Wie viele, das ist nicht ganz klar, aber es gibt einige Berichte, denen zufolge Shogart nach und nach in den folgenden Jahren insgesamt 50 Ingenieure von IBM zu Memorex geholt hat. Ich fand für diese Zahl jetzt keine konkreten Belege, aber sie wird wohl recht groß gewesen sein. Der muss sich da ordentlich unbeliebt gemacht haben bei IBM, denke ich.
Chris:
[45:33] Aber beliebt bei den Ingenieuren, wenn sie ihm alle gefolgt sind.
Henner:
[45:37] Offenbar, ja. Und obwohl einige von diesen Herren, auch von den ursprünglichen Diskettenentwicklern, nicht mehr bei IBM sind, als IBM fertig ist und das Ganze schließlich patentieren lässt, stehen deren Namen trotzdem noch in der Patentschrift. 1972 wird dieses Patent erteilt und es ist ein zweiteiliges, es gibt einmal das Patent für die Diskette selbst, dafür verantwortlich zeichnen Ralph Flores und Herbert Thompson, das sind Patent. Die zwei weiteren Namen, die Schroggart anfangs genannt hat als Diskettenväter. Und es gibt noch einige weitere Herren, die zuständig waren für das passende Laufwerk. Warren Dalziel, Jay Nielsen und Donald Wardner. Aber weil die eben nur das Laufwerk gebaut haben, sind also die Diskettenväter die erst genannten. Im Patent steht allerdings wenig von der Diskette, sondern das Patent heißt Magnetic Record Disc Cover. Aber also eigentlich ist dieser Mantel die eigentliche Erfindung und nicht die Scheibe selbst, denn die gibt es ja schon in Form der Festplatte.
Chris:
[46:43] Ja, das ist auch die wesentliche Innovation dieser Mantel.
Chris:
[46:47] Aber jetzt können wir uns mal angucken bei dieser Gelegenheit, wie diese 8 Zoll Diskette, die IBM hier marktreif entwickelt, aussieht und wie sie funktioniert. Denn grundsätzlich ändert sich dann in den folgenden Formaten nichts mehr daran, wie die Diskette funktioniert, auch wenn die halt schlichtweg noch größer ist. Das ist wie gesagt ja noch eine 8 Zoll Diskette, 20,5 mal 21 Zentimeter groß, also ungefähr so breit wie ein A4 Blatt. Die nächst kleinere sozusagen, die die meisten von uns, zumindest wenn sie in den 80er Jahren, frühen 90ern mit 8-Bit-Computern aufgewachsen sind, in der Hand gehalten haben dürften, ist die 5,25 Zoll Diskette. Diese 8 Zoll Disketten sind ungefähr ein Drittel größer nochmal als die. Die einzigen Vorgaben, die da von IBM gemacht wurden für die Kapazität und die Transferrate übertrifft sie sogar. 65 Kilobyte wurden ja verlangt, die draufpassen sollen. Es sind dann am Ende 80 geworden, ungefähr 80.
Chris:
[47:38] Und die Daten werden statt mit 30 Kilobit pro Sekunde sogar mit 33 gelesen. Und dafür reichen weniger Umdrehungen als bei der Festplatte. Du hast es vorhin ja schon gesagt, die Festplatte hat 1200, hier sind es 90. Das ist noch sehr wenig, das wird später auch nochmal ein gutes Stück mehr werden. Aber hier reicht das also noch aus. Und wie funktioniert so eine 8 Zoll-Diskette
Chris:
[48:00] jetzt? Wenn wir die aufschneiden würden, dann sieht man da drin eine dünne, bräunliche Folienscheibe. Die erinnert so ein bisschen an ein Magnetband, wie man das in der Kassette hat, nur halt in Form von so einer kleinen Schallplatte. Aber die Daten da drauf sind anders aufgebaut als bei der Schallplatte. Auf der Schallplatte ist die Musikspur ja eine Spirale. Man setzt den Arm mit der Nadel außen auf die Schallplatte auf und der wandert dann langsam in die Mitte. Bei der Diskette ist das nicht so, sondern da sind stattdessen Ringe drauf, also geschlossene Kreise. Die heißen Tracks und davon hat diese erste Diskette genau 32 Stück.
Chris:
[48:33] Damit man die Daten auf so einem Ring schnell anspringen kann, ist jeder Ring nochmal unterteilt in sogenannte Sektoren und zwar in jeweils acht Stück. Jeder dieser Sektoren kann 2552 Bits speichern, also 319 Bits.
Chris:
[48:47] Und so ein Bit, das ist auf dieser magnetischen Folie eine magnetisierte Stelle. Also da gibt es einen Schreibkopf, der erzeugt durch eine elektrische Spannungsänderung unterschiedlich ausgerichtete Magnetfelder und die wiederum magnetisieren Eisenoxidpartikel, die auf dieser Scheibe aufgebracht sind.
Chris:
[49:06] Wenn der Schreibkopf sie berührt, werden die entweder in die eine oder die andere Richtung magnetisiert und stehen dann für 0 oder 1, also den Bitwert. Und beim Lesevorgang erkennt der Lesekopf des Diskettenlaufwerks diese Unterschiede in der Magnetisierungsrichtung. Die lösen dann im Lesekopf winzige Spannungsänderungen aus, während er da die Oberfläche abtastet. Und aus diesen kleinen Impulsen resultiert dann eine Spannungskurve in Wellenform. Das ist also ein analoges Signal, das hier beim Lesen entsteht. Und da braucht man dann einen Disketten-Controller, der interpretiert die dann als Abfolge von Bits, macht da also wieder digitale Daten draus.
Chris:
[49:41] Nun ist das auch anders als bei der Schallplatte, dass der Lesekopf hier beim Disketten-Laufwerk nicht auf einem Arm liegt, der sich im Bogen über die Platte bewegen würde, also schwingen würde, sondern der Lesekopf wird hier entlang einer Stange in gerader Linie über die Scheibe geführt, vor und zurück. Und bei der Gelegenheit können wir auch mal beschreiben, wie der typische Sound von so einem Diskettenlaufwerk klingt. Der besteht nämlich aus einem schnarrenden Geräusch und so einer Art pulsierendem Klopfen. Das klingt dann so.
Chris:
[50:24] Das Beispiel, das wir gerade gehört haben, das stammt jetzt nicht von einem 8-Zoll-Laufwerk von IBM, sondern in diesem Fall von einem viel moderneren 3,5-Zoll-Laufwerk. Aber das Prinzip ist das gleiche. Dieser schnarrende Ton, der klingt immer dann, wenn der Lesekopf über eine längere Distanz bewegt wird. Also zum Beispiel zurück zum Ausgangspunkt, also bei Track 0. Das hört man typischerweise dann, wenn eine Datei auf der Diskette gesucht wird oder angesprungen wird und der Kopf sich dadurch ein längeres Stück über die Scheibe bewegen muss. Und das Klopfen auf der anderen Seite ist auch wieder die Bewegung des Lesekopfs, aber in dem Fall um genau einen Track. Und das hört man üblicherweise beim Lesen oder Schreiben von Dateien. Also jeder von diesen Pulsschlägen bedeutet, dass ein Track, ein Ring der Scheibe gelesen wurde.
Henner:
[51:09] Ja, das ist sehr charakteristisch. Jedes Diskettenlaufwerk hat seinen eigenen Klang. Verstärkt natürlich durch die Vibrationen, die es ans Rechnergehäuse überträgt. Meinen alten Altari ST, den ich viele Jahre lang täglich benutzt habe, den erkenne ich bis heute sofort am Diskettenlesegeräusch. Das klang einfach völlig anders als der Amiga eines Freundes oder der PC meines Vaters und auch jedes Programm. Jedes Spiel klingt ein wenig anders, je nachdem, wie die Daten auf der Diskette angeordnet sind. Einige Spiele konnte ich allein am Diskettenladegeräusch erkennen, noch bevor die Titelmelodie des Cracker-Intros zu hören war. Die einen lasen die Daten in einem Staccato, die anderen eher mit langgezogenem Knarzen und alles unterlegt vom leisen Schleifen und Surren der rotierenden Scheibe. Ah, schöne Erinnerungen. Das ist etwas, was die junge Generation nicht verstehen wird wahrscheinlich.
Chris:
[52:02] Das sind ja schon relativ rabiate Geräusche, die so ein Diskettenlaufwerk machen kann. Und ich hatte mir früher immer naiverweise vorgestellt, naja, da werden halt jetzt die Daten draufgeschreddert gerade auf dieser Diskette. Die werden da reingemeißelt von dem Schreibkopf. Anders konnte ich mir diese Geräusche nicht erklären. Aber nein, das eigentliche Schreiben oder Lesen der Daten hört man überhaupt nicht. Man hört da vielleicht das leichte Schaben oder Leiern, wenn die Folie an sich rotiert. Aber die Lautengeräusche sind einfach nur die Bewegung des Schreiblesekopfs.
Henner:
[52:30] Das alles, was du beschrieben hast, das ist ja weitgehend die gleiche Technik und die gleiche Logik wie bei der viel älteren Festplatte. Und deswegen, wir haben es ja gerade schon beschrieben, geht auch die Patentschrift für die Diskette gar nicht so sehr auf diese Speichertechnik ein, also darauf, wie die Daten eigentlich in der Magnetschicht abgelegt und wieder ausgelesen werden, sondern überwiegend auf die Bauweise und auch auf diesen Plastikumschlag, der das Ganze schützt. Und da ist diese Patentschrift sogar überraschend tief und genau, was die Beschreibung dieser Plastikhülle angeht, was die verwendeten Materialien angeht, innen und außen, dieses Reinigungsvlies, das ist wirklich eine der ganz zentralen Innovationen. Eine ganz wesentliche Quelle für unsere Recherche ist eine Reihe von Interviews, die einige der beteiligten Herren, unter anderem Dalziel und Thompson, dem Computer History Museum im Jahr 2005 gegeben haben. Die Interviews sind frei im Netz abrufbar und hochinteressant. Die geben viele Einblicke in diese frühe Phase der Diskettenerfindung und die würdigen auch dieses Vlies, also diesen weichen Stoff im Inneren des Diskettenumschlags als eine ganz wesentliche Erfindung.
Chris:
[53:46] Das ist insofern erstaunlich, weil ich mir vorstellen kann, dass die allermeisten von uns im Laufe des Lebens hunderte Disketten in der Hand hatten, aber möglicherweise der eine oder andere nie wusste, dass da auf der Innenseite ein Stoff aufgebracht ist in der Diskette. Also die zentrale Innovation kann man überhaupt nicht sehen.
Henner:
[54:05] Ja, oft verkannt diese Leistung, ja.
Henner:
[54:09] In der Patentschrift wird noch etwas beschrieben, die Löcher in der Hülle. Es ist klar, dass in der Mitte eine große Aussparung sein muss, damit die Scheibe sich überhaupt drehen kann. Da kommt ja die Spindel dann zum Einsatz. Aber es gibt noch eine weitere Öffnung in diesem Plastikumschlag, ein langes elliptisches Loch. Und das ist die Öffnung für den Lesekopf, denn der muss ja irgendwie Zugriff erhalten auf die Magnetoberfläche. der Scheibe. Das ist auch eine Schwachstelle dieser Diskette, denn durch diese Öffnung kann natürlich wieder Staub eindringen, den das Vlies vielleicht auch irgendwann nicht mehr aufsammeln kann. Und das Problem wird ja viel später bei der 3,5 Zoll Diskette dann sehr elegant gelöst, die übrigens ein Meisterwerk ist. Aber dazu kommen wir noch. Und dann gibt es noch ein kleines Loch in der unteren Mitte der Diskette. Das wandert später in die Mitte. Wofür ist das Das ist eine Öffnung für einen Lichtsensor, eine kleine Lichtschranke. Da scheint ein Licht durch diese Öffnung und in der Folienscheibe darunter, also im eigentlichen Datenträger, sind acht Löcher reingestanzt und die markieren auf diesem Magnetdatenträger, auf dieser Oberfläche, den jeweiligen Anfang eines Sektors, damit das Laufwerk genau weiß, wo es sich gerade befindet. Das ist noch eine ziemlich rabiate Lösung, das wird später etwas eleganter. Es wird ersetzt durch ein einzelnes Loch, das dann jeweils eine Umdrehung markiert.
Henner:
[55:38] Nun hat dieser Aufbau, genau wie die Festplatte, ja einige technische Herausforderungen. Abgesehen mal vom Staub. Ja, ich höre jetzt auch mal auf, vom Staub zu reden.
Chris:
[55:48] Aber das Vlies, es ist einfach beeindruckend.
Henner:
[55:50] Das Vlies, ja. Das Laufwerk muss ja jederzeit wissen, wo eigentlich die Scheibe gerade ist, an welcher Position und wo sich der Lesekopf genau befindet. Das ist ja ganz zentral für diese Eigenschaft des direkten Datenzugriffs. Der Kopf wird einfach beim Start dafür immer auf Track 0 gefahren, quasi auf die Startposition. Das rattert ziemlich laut. Und er muss dafür aber auch extrem genau ausgerichtet sein. Wenn er nur einen halben Millimeter zu weit rechts, links, oben oder unten sitzt, dann liest er die Datenspur nicht mehr richtig und dann muss er neu kalibriert werden. Das kennt man vielleicht auch noch von späteren Diskettenlaufwerken.
Chris:
[56:28] Ja, das kennen die Leute von uns, die frühe 1541 Laufwerke für den C64 benutzt haben, weil eine von den kuriosen Eigenschaften von diesen Commodore-Laufwerken war, dass das Laufwerk an sich nicht weiß, wo der Lesekopf gerade ist, also auf welchem Track es sich befindet. Und wenn der also zurückgesetzt werden soll auf Track 0, dann weiß das Laufwerk nicht, muss ich den jetzt 20 Schritte zurücksetzen, muss ich den 10 Tracks zurücksetzen, das weiß er nicht, wo er ist. Also wird er einfach immer 40 Schritte zurückgesetzt, das Maximale. Und wenn er aber gerade auf Track 1 war, dann rammt das Laufwerk ihn 39 Mal gegen den Stopper. Und das zieht ihn dann auch irgendwann halt aus der korrekten Ausrichtung raus. Deswegen sind diese 1541 Laufwerke fehleranfällig.
Henner:
[57:13] Ja und woher weiß das Laufwerk, wo die Scheibe gerade ist, also an welcher Stelle sie sich gerade gedreht hat? Dafür sind die physischen Löcher, die wir beschrieben haben, für die einzelnen Sektoren gedacht und es gibt innerhalb dieser Sektoren natürlich auch noch und innerhalb der Tracks eigene Header-Daten. Also wenn die gelesen werden, dann weiß der Lesekopf, dass jetzt ein neuer Track oder ein neuer Sektor beginnt. Dafür muss aber auch die Rotationsgeschwindigkeit stimmen. Die darf nicht ständig schwanken und variieren. Hier beträgt sie noch 90 Umdrehungen pro Minute. Das ist noch recht gemächlich. Später bei den C64 und sonstigen Diskettenlaufwerken, die wir alle benutzt haben in den 80er Jahren, da werden dann etwa 300 bis 360 je nach Modell und nach Format zum Standard. Festplatten, wie gesagt, drehen sich erheblich schneller. Die sind ja heute auch bei deutlich über 7000 Umdrehungen pro Minute. Die Lösung dafür, dass die Rotationsgeschwindigkeit wirklich exakt immer dieselbe bleibt, ist, dass der Datentransfer und dessen Timing permanent gelesen und angepasst wird von der Laufwerkselektronik.
Chris:
[58:21] Dann gibt es noch ein ganz nachvollziehbares Problem, das sich aus der Kreisform der Platte ergibt, nämlich die inneren Ringe, also die inneren Tracks sind natürlich kleiner als die äußeren, enthalten aber die gleiche Menge von Sektoren, jeweils acht.
Chris:
[58:33] Das heißt, je weiter man nach innen auf der Scheibe kommt, desto größer wird die Datendichte, die Bits müssen näher aneinander gesetzt werden. Wie viel man auf so eine Diskette draufschreiben kann, ohne dass es magnetische Interferenzen zwischen den einzelnen Bits gibt, weil die irgendwann zu nah aneinander wären. Das richtet sich also nach den kleinsten Ringen, nach den inneren. Das ist ein Problem, das Festplatten auch haben. Und das ist zu dem Zeitpunkt, wo die Diskette entsteht, auch schon längst gelöst. Schon 1961 gibt es da das Konzept des Sound-Bit-Recordings. Da werden halt einfach in den äußeren Ringen mehr Sektoren dann eingefügt als in den inneren. Das ist ja auch einigermaßen naheliegend. Das ist auch mit einer der Gründe, warum es später so viele Diskettenformate gibt, die oft nicht kompatibel zueinander sind, obwohl das Medium ja das gleiche ist. So eine 45 Zoll Diskette sieht auf dem C64 genauso aus wie auf dem PC.
Chris:
[59:23] Aber da sind unterschiedliche Mengen an Tracks drauf, unterschiedliche Mengen an Sektoren und eben teilweise auch diese variablen Sektoren pro Track. Das hat zum Beispiel der C64, das hat der Macintosh, aber Amiga oder PC haben das nicht. Und wie viele Tracks und Sektoren auf so eine Diskettenscheibe draufkommt, das wird dann im Laufe der Generationen auch noch steigen. Die werden immer dichter bepackt. Also die Bit-Dichte, die Menge an Daten in einem Abschnitt steigt. Hier bei der ersten 8 Zoll Diskette von IBM liegt die bei ungefähr 1600 Bits pro Zoll, Bits per Inch. Diese erste Diskette enthält also 32 Tracks, das sagten wir schon, das sind 256 Sektoren und insgesamt 81.664 Bytes.
Henner:
[1:00:07] Also knapp über 80 Kilobyte. Und um jenen, die mit derart kleinen Datenmengen nie zu tun hatten, mal zu verdeutlichen, wie verschwindend wenig das ist, wie klein diese Kapazität ist. Mal eine Schätzfrage. Christian, stell dir vor, du würdest ein modernes Spiel wie, sagen wir, Call of Duty Modern Warfare von 2019 mit seinen 270 Gigabyte ungefähr auf solche Disketten verteilen müssen. Wie hoch wäre der Diskettenstapel?
Chris:
[1:00:34] Wie hoch? Also du willst gar nicht wissen, wie viele Disketten. Und wir reden jetzt von den 8 Zoll Disketten. Wie hoch wäre der Stapel? Oh Gott, ich tendiere ja dazu, das immer zu unterschätzen. Deswegen sage ich jetzt mal, wir reden hier von Hunderten von Metern.
Henner:
[1:00:47] Ja, sehr viele Hundert Meter. Es wäre ein Turm von fast sechs Kilometern Höhe.
Chris:
[1:00:53] Unfassbar.
Henner:
[1:00:53] 3,6 Millionen Disketten.
Chris:
[1:00:56] Okay, ja, das ist eindrucksvoll. Wer soll denn die alle auswechseln dann beim Einlesen? Ich mache das nicht.
Henner:
[1:01:02] Ja, vor allem Nummer 3,5 Millionen ist dann ja auch immer kaputt. Man kennt das Problem.
Chris:
[1:01:06] Die letzte ist immer kaputt.
Henner:
[1:01:08] Genau. Ja, zu Spielen, die sehr viele Disketten belegen, kommen wir später noch. Ganz so viele werden es aber nicht sein.
Chris:
[1:01:15] Ja, ganz zum Glück. Okay, jetzt haben wir beschrieben, wie die Diskette funktioniert. Aber eine ganz wichtige Sache haben wir immer noch nicht geklärt. Nämlich, wo kommt denn eigentlich der Name her? Diskette, was bedeutet das? Das kommt natürlich auch von IBM und lehnt sich an, an die Kassette. Die Kassette ist ein Kunstwort, das aus dem Französischen kommt und besteht aus kas für das Gehäuse und et ist das französische Suffix für etwas Kleines, ein Diminuativ. Also eine Kassette steckt in einem kleinen Gehäuse, weil sie ja auch viel kleiner ist als ein Audioband. Und daran lehnt sich jetzt also die Diskette an. Das ist schlichtweg eine kleine Scheibe. Disk ist ja die Scheibe im Französischen wie im Englischen und Ed ist wieder der Verkleinerungsfall. Und warum? Weil sie kleiner ist als eine Festplatte.
Henner:
[1:02:04] Ah, okay. Ja, vielen Dank. Jetzt wissen wir das auch.
Chris:
[1:02:09] Ja, gerne. Da kannst du vielleicht erklären, warum sich aber relativ schnell ein alternativer Name durchsetzt für die Diskette, nämlich Floppy. Wo kommt das denn her?
Henner:
[1:02:18] Die Floppy-Disk, genau, das setzt sich sehr schnell durch. Ich fand erste Verwendungen dieser Bezeichnung schon im Jahr 1970 in der Literatur, also noch bevor die Diskette auf den Markt gekommen ist. Das geschieht erst 71. Floppy, das heißt so viel wie wabbelig oder flexibel und das beschreibt einfach ziemlich gut das, was es ist, eine flexible Scheibe, auch wenn sie ja nicht mehr scheibenförmig aussieht durch diesen quadratischen Umschlag.
Chris:
[1:02:49] Auch wieder in Abgrenzung zu den Festplattenscheiben, weil da haben wir ja vorhin gehört, die sind aus Aluminium, also die sind stabil.
Henner:
[1:02:56] Ganz genau. Und das ist ein Name, Floppy Disk, den IBM damals nicht verwendet. Also in der IBM eigenen Literatur, in den Marketingmaterialien, in der Anleitung findet sich das nicht. Aber trotzdem intern nutzt IBM den Namen sehr wohl. Das hat zumindest der Laufwerksentwickler Dalsil mal im Interview gesagt. Die Ingenieure intern, die sprechen durchaus von der Floppy Disk oder nur der Floppy. IBM spricht selbst nur von The Diskette.
Chris:
[1:03:23] Also dann gibt es da aber ein Mysterium, denn dieses erste Diskettenlaufwerk, das dann 71 auf den Markt kommt, das kriegt ja wieder so eine IBM-Modellnummer, in diesem Fall IBM 23FD. Und da fragt man sich, wofür das FD steht. Wir haben ja vorhin schon gehört bei sowas wie dem RAMAC, dass diese Abkürzungen durchaus Akronyme sind, also für etwas stehen. Das könnte man dann ja auch annehmen bei FD. Und ist es nicht naheliegend anzunehmen, dass das für Floppy Disk steht?
Henner:
[1:03:55] Einerseits schon, andererseits 23 FD ist ja die Bezeichnung für das Laufwerk und nicht für die Diskette. Das heißt, es müsste, wenn schon, dann für Floppy Drive stehen.
Chris:
[1:04:04] Floppy Drive, okay, gut, fair enough, aber es ist ja das Spannende hier.
Henner:
[1:04:09] Ja, das ist richtig, aber das könnte auch File Drive sein oder irgendwas anderes. Wir wissen es nicht genau, es kann auch sein, dass IBM mit der IBM-typischen Bürokratie diesen Codenamen, diese Bezeichnung schon fünf Jahre vorher festgelegt hat, bevor man überhaupt wusste, dass das Ganze auf Floppy Disks hinausläuft. Also vielleicht stand das für was vollkommen anderes, wissen wir nicht. Ich fand in der deutschen Fachliteratur der 80er Jahre übrigens noch die Übersetzung Schlappscheibe, aber die hat sich glaube ich nicht durchgesetzt.
Henner:
[1:04:40] Also wir sprechen von der Floppy, IBM offiziell nicht, aber intern schon und auch intern bei IBM etabliert sich das zugehörige System sehr schnell. Das kommt ja wie gesagt 1971 auf den Markt mit den zugehörigen Disketten.
Henner:
[1:04:55] Das Laufwerk IBM 23FD, die Disketten haben noch keinen richtigen Namen, die heißen einfach nur The Diskette, die haben keine Modellnummer bekommen zunächst. Und das sind, wie geplant ursprünglich, Mikrocode-Lesegeräte für einige ausgewählte System 370-Rechner. Nicht mehr und nicht weniger. Aber als solche etablieren sie sich sehr schnell innerhalb des Konzerns, weil die Diskette sehr günstig ist. Das war ja auch der Grund für die Entwicklung, ein günstiges, flexibles System zu entwickeln. Sie ist robust, sie bietet viel mehr Platz als die Lochkarten und gegenüber dem Magnetband hat die Diskette ja diesen Riesenvorteil des direkten, wahlfreien Datenzugriffs. Die Kapazität ist natürlich geringer als beim Magnetband, aber für diesen Zweck des Mikrocode-Lesegerätes reicht das völlig aus, weil der Mikrocode in der Regel sowieso nicht größer ist oder der Mikrocode-Speicher sowieso nicht größer ist als 64 KB. So werden im Laufe der Jahre ungefähr 20.000 Exemplare dieses Minnow oder 23FD Laufwerks gebaut und bei IBM und IBM Rechnern eingesetzt und jedes einzelne kostet IBM in der Herstellung etwa 500 US-Dollar. Das ist für IBM Verhältnisse sehr sehr günstig.
Henner:
[1:06:10] Und schon vor dem allerersten Einsatz dieser neuen Disketten-Technik wird vielen klar, dass darin noch viel größeres Potenzial liegt. Dass diese transportable Diskette sich nicht nur eignet, um davon Mikrocode zu laden, einmal beim Rechnerstart und dann nie wieder, sondern das wäre doch das ideale Medium für den Datenaustausch zwischen den Rechnern. Der findet zu der Zeit vorwiegend noch mit Lochkarten statt, denn dafür muss man ja die Medien beschreiben können und das ist bei den Magnetbändern nicht so einfach. Und wir haben es ja gehört, die Wechselplatter sind nicht unbedingt für den Datenaustausch gedacht, dafür sind die zu groß und zu empfindlich. Also was benutzt man, um zwischen zwei Rechnern, vielleicht auch über größere Distanzen hinweg, Daten auszutauschen? Das Internet in seiner heutigen Form gibt es ja noch nicht. Dafür wäre die Diskette doch eigentlich ideal, aber dafür fehlt ihr noch eine ganz wesentliche Eigenschaft. Dafür müsste sie ja wieder beschreibbar sein. Nicht nur einmal in der IBM-Fabrik, sondern jederzeit wieder von jedem Rechner aus neu mit Daten versehen. Und das ist der nächste Entwicklungsschritt, der kommt jetzt.
Chris:
[1:07:20] Und zwar startet der im Jahr 1970, also ein Jahr bevor das IBM 23FD fertig ist und rauskommt. Diese Planung für ein Nachfolgesystem läuft unter dem Codenamen eGAR. Und natürlich ist das Ziel, dass die Diskette jetzt mit dem gleichen Laufwerk auch beschrieben werden können soll. Dazu müssen erstmal andere Abteilungen IBM intern überzeugt werden, denn es gibt noch ein anderes internes Team, das gerade an einer Lösung auf Basis der Kassette arbeitet. Die ist ja auch wieder beschreibbar und auch viel günstiger als die Diskette. Das ist auch eigentlich völlig logisch, denn alle, die uns hier zuhören und in den späten 70ern, frühen 80ern mit den 8-Bit-Heimcomputern aufgewachsen sind im ZX-Spektrum, im VC20, dem C64, die wissen, der Datenträger der Wahl war am Anfang die Kassette. Dann macht IBM eine interne Vergleichsstudie und da gewinnt aber doch die neue Diskette. Das ist dann im Jahr 1971 und das wird dann auch unternehmensweit zum neuen Standard erklärt. Also in Zukunft soll auf die Diskette als Wechseldatenträger gesetzt werden.
Chris:
[1:08:27] Aus dem Projekt IGA geht schließlich ein Produkt hervor, das 33FD, wieder ein Diskettenlaufwerk, jetzt der zweiten Generation, das kommt im Jahr 1973 auf den Markt. Und nicht nur, dass die Diskette jetzt beschreibbar ist, es gibt auch noch weitere technische Fortschritte. Wir hatten schon gesagt, die 90 Umdrehungen pro Minute der 8-Zoll-Diskette wird schnell obsolet. Hier sind wir jetzt bei 360 Umdrehungen. Die Zahl der Tracks erhöht sich, die Datendichte erhöht sich. Jetzt passen 240 Kilobyte auf so eine Diskette drauf. Und damit ist die Entwicklung ja noch lange nicht vorbei, auch bei IBM nicht. Als nächstes kommt das Modell 43FD. Das bringt dann 1976 einen zweiten Schreiblesekopf, der auf der anderen Seite der Diskette angeordnet ist. Und damit wird sie jetzt doppelseitig nutzbar, oben und unten. Nachfolgende Generationen erhöhen dann die Kapazität noch weiter. 1977 zum Beispiel kommt das Modell 53 FD. Damit wird dann die Megabyte-Grenze durchbrochen. Also auf eine 8-Zoll-Diskette passt jetzt schon ein Megabyte an Daten drauf. Das ist aber zu einer Zeit, als IBM schon längst die Kontrolle über ihre Erfindung verloren haben. Es gibt sogar einen Konkurrenten, der dem Konzern inzwischen voraus ist.
Henner:
[1:09:44] Ja, und da sind wir wieder bei Memorex. Die Firma haben wir ja schon erwähnt. Das ist ein Datenträgerspezialist. Die bauen unter anderem Wechselplatte, aber auch viele andere Gerätschaften dieser Art. Und Memorex erkennt sehr früh das Potenzial in der neuen Diskette noch. Vielleicht sogar noch früher als IBM selbst. Erkennt also, dass diese Disketten zu mehr fähig sind, als bloß Mikrocode bereitzustellen. Es gibt einen Herren, der auch von IBM zu Memorex übergelaufen ist, ein Ingenieur namens James Atkinson, und der hat später in einem Interview gesagt, es war nicht bloß ein Programm-Code-Ladegerät. Lange bevor es ausgeliefert wurde, war völlig klar, dass dies schließlich das primäre Eingabe- und Ausgabegerät sein würde. Also nicht nur für einen einzelnen Computer, sondern der de facto Standard für verschiedenste Geräte. Und damit hat er ja auch völlig recht. Das erkennt Memorex sehr früh. Wir erinnern uns noch, wie es überhaupt dazu kam, dass Memorex in diese Geschichte reinkommt. Al Sugart, der ist ja 1969 bei IBM ausgestiegen und bei Memorex eingestiegen und hat dort die Geräteabteilung übernommen, also die Entwicklung neuer Geräte und Laufwerke hat er übernommen. Der hat dort aber nicht gleich an Disketten oder Diskettenlaufwerken gearbeitet, sondern zunächst an einem IBM-kompatiblen Wechselplatterlaufwerk.
Henner:
[1:11:08] Aber dann kommt das Jahr 1970, IBM kündigt die erste Diskette an, die ja dann 1971 auf den Markt kommt. Das ist noch nicht die wiederbeschreibbare Diskette, sondern noch das Laufwerk der ersten Generation, das 23er. Und nach dieser Ankündigung beginnt Shuggets Abteilung sofort mit der Arbeit an einem Nachbau. Dieser Nachbau soll allerdings kein Klon sein, der soll das IBM-Original nicht exakt nachbilden, sondern soll ihm überlegen sein. Es soll höhere Kapazität haben, eine höhere Datenrate und dieses Memorex-Laufwerk soll Disketten wieder beschreiben können.
Henner:
[1:11:43] Das macht IBM ja auch, aber das IBM 33er Laufwerk, das kommt ja erst 1973 und Memorex kommt jetzt dem Marktführer zuvor.
Henner:
[1:11:54] 1972, ein Jahr vor dem IBM Laufwerk der zweiten Generation, erscheint jetzt das Memorex Laufwerk Modell 650, wobei das darauf folgende 651er kurze Zeit später noch populärer wird. Das ist sehr nah dran am Original. Auch hier passen 8 Zoll Disketten rein. Die speichern allerdings, anders als bei IBM, schon 180 KB bei einer Datenrate von 200 KB. Also hier wird das Original übertroffen und das Modell 650 ist vor allem das allererste Laufwerk auf dem Markt, das Disketten nicht nur lesen, sondern auch beschreiben kann. Und es ist das erste für den OEM-Markt. Denn das 23er-Laufwerk und auch später das 33er, das sind ja IBM-Eigenentwicklungen für deren eigene Computer. Das wird also dem großen Markt vorbehalten. Dieses hier, was Memorex entwickelt, das ist für den OEM-Markt. Die verkaufen ja keine eigenen Computer, wo sie das einsetzen könnten, sondern sie bieten ihr Laufwerk jetzt auf dem freien Markt an für andere Computerhersteller. Und die sind begeistert, die nehmen das auch gerne. Also IBMs Konkurrenten wie etwa DEC, der Minicomputerhersteller, die lassen sich gerne von Memorex mit diesem Laufwerk beliefern.
Henner:
[1:13:11] Und jetzt, jetzt beginnt also der große Durchbruch für die Diskette. Jetzt steht diesem jungen Medium ein riesiges neues Anwendungsfeld offen. Es gibt Memorex-Unterlagen, Werbetexte von damals, die beschreiben zwar immer noch die Diskette als ein Gerät oder als ein Medium für das Control Store Loading, also das Mikrocode Laden. Das sehen die auch noch vor, als vorwiegenden Einsatzzweck. Aber sie erwähnen dann auch, dass dieses Modell 650 mit den Disketten sich für alle möglichen anderen Einsatzzwecke eignen würde. Für die einfache Auslagerung von Dateien, für den Transport von Dateien oder für datenträchtige Szenarien wie in der Buchhaltung zum Beispiel. Und Memorex bleibt nicht lange der einzige unabhängige Anbieter von solchen IBM-kompatiblen Diskettenlaufwerken. Wir sind hier immer noch in der 8 Zoll Ära, aber auch da stellen schon 1977 allein in den USA 19 verschiedene Unternehmen solche Diskettenlaufwerke her. Mehrere hunderttausend Exemplare werden jedes Jahr verkauft und alle möglichen Hersteller, die sich daran beteiligen, an diesem neuen entstehenden Diskettenmarkt teilhaben, bringen ihre eigenen Weiterentwicklungen und Innovationen ein. Zum Beispiel 1976, da fängt ein Hersteller an, diese magnetischen Oberflächen des Datenträgers mit Teflon zu beschichten für ein bisschen mehr Gleitfähigkeit und Widerstandsfähigkeit. Das setzt sich dann auch durch.
Henner:
[1:14:40] Also die Diskette wird weiterentwickelt und jetzt in den späten 70er Jahren wird sie zu einem globalen Standard. Sie scheint ausgereift zu sein, aber da geht noch was. Sie ist bereit für noch einen Entwicklungsschritt und für einen noch größeren Markt, der jetzt zufällig gerade entsteht zu dieser Zeit.
Chris:
[1:15:02] Es gibt einen Artikel in der US-Zeitschrift Computer Design aus dem Oktober 1976, da heißt es, Zitat, in den letzten zwei Jahren ist die Nutzung der flexiblen Speicherscheiben, oft Floppy Disks genannt, phänomenal gewachsen. Zitat Ende. Und der Artikel sagt auch, diese Floppy Disks würden sich eignen für Kassensysteme, Terminals, als Programm- und Datenspeicher für Minicomputer, Textverarbeitungssysteme. Aber eine ganz neue Gerätegattung fehlt dort in dieser Aufzählung, nämlich der PC. In der Mitte der 70er Jahre, wo die Disketten ja aufkommen, da kommen die ersten bezahlbaren Mikrocomputer für Einzelanwender auf den Markt. Die benutzen meistens Lochstreifen oder Kassetten als Speichermedium, aber langsam entdeckt diese neue Computerklasse ein anderes Medium für sich. Und das zeigt sich ganz hübsch in dem ersten maschinenübergreifenden PC-Betriebssystem, nämlich CPM von Digital Research, das 1974 auf den Markt kommt. Und das wird ausgeliefert auf einem neuartigen Datenträger, nämlich auf einer 8-Zoll-Diskette. Der Gründer von Digital Research, Gary Kildall, der schreibt seinen Code für CPM auf einem Entwicklersystem von Intel, auf dem Intellect 8. Das kann aber mit Disketten überhaupt nicht umgehen. Das heißt, er muss sich da selbst ein Interface und einen Controller für ein ausrangiertes Diskettenlaufwerk bauen.
Chris:
[1:16:29] Aber so ein Aufwand ist dann kurze Zeit später schon nicht mehr nötig. Im Jahr 1975, da kommt der erste Mikrocomputer raus, den man als wirklich populären Mikrocomputer bezeichnen kann, den Altair 8800. Und für den ist kurz darauf dann ein Diskettenlaufwerk mit passendem Controller auch ganz regulär im Angebot.
Chris:
[1:16:48] Es gibt noch eine andere Klasse von Computern, die in dieser frühen Mikrocomputer-Ära populär sind, und zwar elektronische Textverarbeitungssysteme. Die haben eine Schreibmaschinentastatur und zum Teil dann auch einen integrierten Monitor, ähneln also schon richtigen Computern, aber sie sind in der Regel auf einen einzigen Zweck beschränkt, nämlich Text zu schreiben. Das ändert sich dann mit einer neuen Generation dieser Textverarbeitungssysteme, auf Basis von Mikroprozessoren. Die lassen sich dann programmieren. Da gibt es zum Beispiel das Modell 8000 der Firma CPT aus dem Jahr 1976.
Chris:
[1:17:25] Das kann man auch mit CPM als Betriebssystem benutzen. Und diese Geräteklasse, die muss ihre Texte ja auch irgendwo drauf speichern. Das hat man vorher in der Regel noch auf Band gemacht, auf Magnetband. Aber dieses CPT 8000, das enthält schon… Floppy-Laufwerke, 8-Zoll-Floppy-Laufwerke, plural, dann es sind gleich zwei, die da mitgeliefert schon werden. Also das heißt, auch diese Klasse der Textcomputer hilft dabei, die Diskette als Medium in die Breite zu tragen.
Chris:
[1:17:54] Aber damit das neue Medium wirklich groß werden kann, sich wirklich in den Massenmarkt verbreitern kann, muss es noch einen Verkleinerungsschritt machen. Denn bisher sind wir ja nach wie vor bei 8-Zoll-Disketten. Und ich nehme mal an, die meisten von euch, die hier zuhören, hatten so eine Diskette gar nie in der Hand. Und um diesen Verkleinerungsschritt zu machen, müssen wir wieder zurück zu unserem Freund Al Shugart.
Henner:
[1:18:19] Ja, den hält es schon wieder nicht lange bei seinem Arbeitgeber. Er ist ja schon bei IBM abgehauen, um zu Memorex zu wechseln, aber er bleibt auch nicht lange bei Memorex. In den frühen 70ern zieht er schon wieder weiter und gründet 1973 sein eigenes Unternehmen, Sugart Associates. Und da kommen auch zehn Memorex-Kollegen unter, also die Geschichte wiederholt sich, er nimmt wieder einige liebgewonnene Kollegen mit.
Chris:
[1:18:46] Der ist magnetisch, dieser Mann. Der zieht sich alle mit sich.
Henner:
[1:18:49] Ja, allerdings. Dieses neue Unternehmen, das er da gründet, das soll sich gar nicht primär auf Diskettenlaufwerke konzentrieren, sondern dem Schuggert schwebt etwas anderes vor. Der will eigentlich einen Computer bauen. Er will damit anfangen, erstmal Peripheriegeräte zu bauen, einen eigenen Drucker oder eben auch ein Diskettenlaufwerk. Das an andere Hersteller zu verkaufen und mit dem Geld, das dadurch reinkommt, soll schließlich ein eigenes Computersystem entwickelt werden. Aber irgendwo muss er ja anfangen und diese junge Firma fängt eben an mit dem Diskettenlaufwerk. Und das ist ein 8 Zoll Diskettenlaufwerk, also im etablierten von IBM ersonnenen Format. Das ist das Laufwerk SA800 mit einem eigenen passenden Controllerinterface. Interface und das ist sehr erfolgreich. Das etabliert sich sehr schnell als eine Art Industriestandard. Zumal es auch nicht nur mit eigenen Medien umgehen kann, sondern auch mit den original IBM-Disketten. Der jungen Firma von Sugar geht aber sehr bald das Geld aus.
Henner:
[1:19:52] Und jetzt wird es immer schwieriger, an diesem Ziel festzuhalten, einen eigenen Computer auf den Markt zu bringen. Aber der Sugar will das trotzdem unbedingt. Seine Investoren, die Geldgeber, die drängen aber darauf, sich stattdessen erstmal auf das zu fokussieren, was Geld einbringt. Nämlich das Deskettenlaufwerk, das einzige wirklich einträgliche Produkt im Sortiment bei Sugar. Im Streit verlässt er Sugar schon wieder sein Unternehmen. 1974 ist ein Unruhegeist, der Mann.
Henner:
[1:20:22] Und fortan macht Sugar Associates also mit seinem Namen weiter ohne ihn und bündelt alle Ressourcen in der Floppy-Entwicklung. Es müssen neben Sugar selbst auch viele andere Mitarbeiter gehen. Alle, die nicht an Diskettenlaufwerken arbeiten, das ist der große Heilsbringer.
Henner:
[1:20:39] Die Diskettenlaufwerke sollen nicht nur verkauft, sondern auch zügig weiterentwickelt werden. Und das passiert jetzt allerdings nicht aus eigenem Antrieb, sondern wegen des Wunsches eines wichtigen Kunden. Denn zu den wichtigsten Abnehmern von Sugar’n und von diesen Diskettenlaufwerken, von dem SA800, gehören die Hersteller von den Textverarbeitungssystemen, die du gerade schon beschrieben hast. Und der größte Kunde von allen ist der Marktführer in diesem Segment, ist die Firma Wang Laboratories. Deren Top-Modell, also deren Top-Textverarbeitungssystem, enthält auch, wie das CPT-8000, das du beschrieben hast, zwei von diesen riesigen 8 Zoll Laufwerken. Aber im Jahr 1976 arbeitet die Firma an einem kompakteren Einstiegsmodell und dafür wären diese Laufwerke viel zu groß, zu klobig und auch zu teuer. Die früheren Einstiegsmodelle, die haben in der Regel günstige Kassettenlaufwerke genutzt, aber das ist sehr unhandlich, da muss man ja immer hin und her spulen.
Henner:
[1:21:42] Wang möchte gerne ein Diskettenlaufwerk für dieses neue Preiseinstiegsmodell haben, aber eben kein 8 Zoll Laufwerk, sondern etwas kleineres und günstigeres. Wang verlangt also von Sugar Associates ein verkleinertes Diskettenlaufwerk für nur 100 US-Dollar.
Henner:
[1:22:01] 1977 kommt dann dieses neue Gerät auch auf den Markt. Das ist der neue Textcomputer unter dem Namen 2200PCS2 und der enthält zwei Diskettenlaufwerke im neuen Format im 5,25 Zoll Format. Die Diskette ist geschrumpft worden von Shogart, zumindest von der Firma Shogart, nicht von Shogart persönlich. Aber wie kommt es denn überhaupt zu dieser Größe? Warum jetzt ausgerechnet 5,25 Zoll?
Chris:
[1:22:31] Tja, das ist eine sehr gute Frage. Das ist ja nicht das naheliegendste Format. Da gibt es natürlich Legenden drumherum. Zum Beispiel hat der damalige Präsident der Firma Sugar, Donald Massaro, erzählt, 5,25 Zoll sei einfach das kleinstmögliche Format, das nicht in eine Tasche passe, also eine Manteltasche zum Beispiel. Denn Disketten soll man ja so nicht transportieren, weil sie dann verbiegen würden. Die Geschichte, die am häufigsten erzählt wird, ist die, dass der Gründer der Wang Laboratories, Anne Wang, während eines entscheidenden Meetings mit Shugart in einer Bar die Frage nach der Größe, die ihm davor schwebe, beantwortet habe, indem er auf eine Serviette gezeigt habe, die da halt zufällig gerade lag. Und daraus wurde dann dieses Format abgeleitet. Nun, so ein Bar-Meeting hat es in Wirklichkeit nicht gegeben. Die wahrscheinlichste Herleitung für diese Größe stammt von einem der ehemaligen Shugart-Ingenieure, Ein Mann namens George Solman, der hat mal erzählt, er habe damals den Auftrag erhalten, die marktüblichen Kassettenlaufwerke zu vermessen. Wie groß denn die seien? Denn das neue Laufwerk sollte schließlich ein Kassettenlaufwerk ersetzen. So hat er also die Größe von Kassettenlaufwerken ermittelt und aus diesem Maß dann das größtmögliche Diskettenformat abgeleitet, das dann noch reinpassen würde in dieses Laufwerksgehäuse. Und das seien dann eben die 5,25 Zoll gewesen.
Chris:
[1:23:50] Dieser Wert übrigens, der bezieht sich jetzt nicht mehr auf den Scheibendurchmesser, wie noch bei der 8 Zoll Diskette, sondern auf die Außenlänge des Deskettenumschlags. Der ist quadratisch und misst in beiden Dimensionen 13,3 Zentimeter, also eben 5,25 Zoll. Ansonsten sieht diese Diskette aber praktisch identisch aus zu ihrer 8 Zoll Vorgängerin, also wieder natürlich in der Mitte das runde Loch, die ovale Aussparung für den Zugriff des Schreiblesekopfes und immer noch ist sie natürlich sehr biegsam, also floppy. Und damit sind wir jetzt in dem Bereich, den die Ersten von uns auch aus dem Spielebereich kennen könnten, weil das ja eine Diskette ist, die dann, ich greife ein bisschen vor, aber die dann ja auch im Spielebereich zum Einsatz kommt.
Henner:
[1:24:33] Und zu den persönlichen Erinnerungen an dieses Format oder an die Diskette im Allgemeinen habe ich einige Veteranen aus der Branche, einige Freunde des Podcasts befragt. Welche persönlichen Erinnerungen knüpfen sie an die Diskette? Welche Anekdoten aus der langen Disketten-Ära können sie so erzählen? Und ich erhielt sehr viele Wortmeldungen und einige davon können wir in dieser Folge uns anhören. Hier ist die erste, passend zum Thema, die Diskette ist immer noch sehr floppy, sehr biegsam. Das hier ist Patrick Becher vom Retro-Kompott-Podcast. Der hat früher einen Spieleladen betrieben und aus dieser Zeit stammt auch diese Anekdote zur biegsamen, vielleicht etwas zu biegsamen 5,25 Zoll Diskette.
Einspieler:
[1:25:17] Wir hatten ja im letzten Jahrtausend, hatten wir ja mal einen Spieleverleih und auch eine Anfärkung von Tüterspiele und wenn in einer Anleitung steht, stecken sie erst Diskette 1 und dann Diskette 2 ins Laufwerk, ja, dann gibt es Kunden, die das auch machen. Zwei Fünferviertel Zoll Disketten passen tatsächlich mit etwas Gewalt gleichzeitig in ein Laufwerk und wenn man gerade keine dreieinhalb Zoll Disketten zur Hand hat, dann kann man ja auch Diskette einfach knicken, dann passt sie in ein Laufwerk.
Henner:
[1:25:47] Ja, bitte nicht nachmachen. Die Diskette ist, wie du es schon beschrieben hast, praktisch unverändert, einfach nur verkleinert, aber nicht wesentlich verbessert. Sie ist also immer noch genauso empfindlich wie das Original. Das ist natürlich auch der Tatsache geschuldet, dass Sugard Associates jetzt nicht allzu viel Zeit hatte für die Entwicklung. Das ist ja weniger als ein Jahr.
Henner:
[1:26:09] Aber trotzdem ist das hier für viele Jahre das vorherrschende Format und das, mit dem die meisten von uns aufgewachsen sind. Die Kapazität dieser Diskette, die richtet sich genau wie das Format nach den Anforderungen des Kunden, also nach den Anforderungen eines typischen Textverarbeitungssystems. Denn der Kunde, Wang, der sagt, er wolle auf jedem Datenträger ungefähr 20 Seiten Text speichern können. Und wenn jede Textseite ungefähr fünf Kilobyte groß ist, dann macht das insgesamt 100 Kilobyte. Das heißt, die müssen auf die Diskette draufpassen. Und je nachdem, wie man die Diskette formatiert, du hast ja vorhin beschrieben, das hat einen erheblichen Einfluss darauf, wie viel drauf passt, wird dieser Wert auch ungefähr erreicht. Diese 5,25 Zoll Diskette wird anfangs nur einseitig beschrieben, aber später gibt es dann auch zweiseitige Versionen, welche dann die Datenmenge verdoppeln. Es gibt auch noch welche mit erhöhter Datendichte, also Double Density, verdoppelte Dichte, abgekürzt DD, oder mit noch höherer Datendichte, die heißt dann einfach High Density HD und da passen dann sogar 1,2 Megabyte drauf, womit die Vorgängerdiskette erreicht wurde, denn die 8 Zoll Diskette hat schließlich auch 1,2 Megabyte erreicht.
Henner:
[1:27:26] Das erste 5,25 Zoll Laufwerk von Sugar, das kommt nicht etwa in diesem Wank-Text-Verarbeitungssystem zum Einsatz, sondern das kommt separat schon auf den Markt im September 1976 unter dem Namen Sugar SA400. Auch bekannt unter dem Markennamen Mini-Floppy, den Sugar sich auch schützen lässt. Aus heutiger Sicht sind die nicht wirklich Mini, diese Floppys, aber aus damaliger Sicht, wenn man von der 8 Zoll des Kettes kommt, dann schon. Die sind jetzt nicht unbedingt für 100 Dollar erhältlich, so wie der Wang das eigentlich mal bestellt hat. Die sind schon noch ein bisschen teurer. Die Laufwerkstechnik ist ja nach wie vor sehr aufwendig. Aber trotzdem, mit diesem neuen Format werden die neuen Laufwerke und auch die passenden Diskette ein Riesenerfolg und ein neuer Industriestandard, der bald die 8 Zoll Diskette ablöst.
Chris:
[1:28:21] Und sie werden dieser Erfolg natürlich nicht auf den Textverarbeitungssystemen, die sind ja trotzdem ein Nischenmarkt, sondern bei den Heimcomputern, bei dem PC-Markt. Shugart hat dafür das Laufwerk gar nicht gemacht. Es gibt auch ein Interview mit dem damaligen Vertriebsleiter von Shugart, Farrell Sanders, heißt der gute Mann. Und der sagte, wir haben überhaupt nichts davon geahnt, dass dieses PC-Geschäft auf uns zukommt. Aber dass wir das Laufwerk zu dem Zeitpunkt im Markt hatten, hat perfekt gepasst zu der PC-Welle, die dann angerollt ist. Und entsprechend seien die Verkaufszahlen durch die Decke gegangen.
Chris:
[1:28:52] Das fällt ja in die Zeit, wo jetzt die ersten bezahlbaren und in Massen gefertigten Heimcomputer kommen. Und das geht natürlich los mit dem Apple II. Der kommt im Juni 1977 auf den Markt, anfangs nur mit einem Kassettenlaufwerk. Aber das ändert sich relativ schnell, denn Apple erkennt, dass Rechner nur dann als Büromaschine ernst genommen werden. Und da möchten sie gerne hin in diesen Markt, wenn sie die dazugehörige Software auch beherrschen, also komplexe Buchhaltungssoftware zum Beispiel. Und das geht mit Kassetten nicht, die sind dafür einfach zu träge. Deswegen schaut sich der Mitgründer von Apple, Steve Wozniak, das Design von den bestehenden Laufwerkscontrollern an für Diskettenlaufwerke und leitet daraus sein eigenes Design ab, das mit weniger Chips auskommt, damit auch günstiger zu produzieren ist. Sein Kollege Steve Jobs bringt daraufhin Sugard Associates dazu, dass sie ihnen einige ausgeschlachtete SA400-Diskettenlaufwerke liefern. Also nur die Laufwerksmechanik ohne die Steuerplatine dazu.
Chris:
[1:29:50] Auf dieser Basis entwickelt Wozniak dann das Disc 2. Das ist ein 45 Zoll Laufwerk für den Apple II. Und das kommt im Juni 1978 auf den Markt. kostet, inklusive der Controller-Karte, also Laufwerk plus Karte, die man in den Apple II reinsteckt, 600 Dollar.
Chris:
[1:30:09] Das wären zwar heute 2800 Euro umgerechnet, also klingt enorm, ist aber wesentlich günstiger als alle anderen Laufwerksmodelle, auch das von Sugart. Und dabei ist es auch noch besser, hat eine etwas höhere Kapazität der Disketten und eine bessere Datenrate, die auch noch Geräte, die viel später auf den Markt kommen, also die von Atari und Commodore, auf Jahre hinaus übertreffen wird. Wozniak selbst sagt später auch, das sei seine beste Arbeit. Das ermöglicht dann dem Apple II auch genau das, was die beiden damit erreichen wollten, nämlich den Durchbruch als Büromaschine. Maßgeblich dafür ist die Tabellenkalkulation VisiCalc, dass die auf einer Diskette erscheint. Also man braucht dafür dieses Disk-2-Laufwerk, aber das erweist sich für Apple also als eine Killer-Application.
Henner:
[1:30:59] Ja, dafür lohnt es sich, einen Apple II zu kaufen und das macht die jahrelange Dominanz von Apple auf dem Büromarkt aus, bevor dann später IBM nachzieht mit dem IBM PC.
Henner:
[1:31:11] Aber wir sind im Jahr 1977, als der Apple II erst mal noch ohne das Kettenlaufwerk rauskommt. Aber er ist ja nicht der einzige PC, der in diesem Jahr erscheint. Denn im gleichen Jahr erscheinen ja noch zwei weitere, die zusammen dann die oft sogenannte PC-Trinität bilden, die PC Trinity.
Henner:
[1:31:32] Tandy bringt den TRS-80 und Commodore den PET oder PET. Und auch für diese beiden anderen Computer, die im Jahr 77 erscheinen, kommen bald Diskettenlaufwerke raus. Tandy im Juli 78, da bringen sie ein Sugart-basiertes Laufwerk für ihren TRS-80. Und im Jahr darauf, also 79, zieht dann auch Commodore nach mit einem Laufwerk für den PET. Die sind beide nicht so toll wie das Disc 2 von Apple. Das Tandy-Laufwerk ist viel, viel langsamer und unzuverlässiger als das Apple-Modell. Und das Commodore-Laufwerk ist auch langsamer, vor allem aber viel teurer als das Apple-Laufwerk. Die sind also keine Meisterwerke, anders als das Disc 2, aber populär. Trotzdem so populär, dass es für viele Jahre Lieferschwierigkeiten gibt. Die haben alle sehr schwache Verfügbarkeit, auch das Apple-Laufwerk.
Henner:
[1:32:26] Jeder, der so einen Rechner im Büro einsetzen will, braucht so ein Diskettenlaufwerk und Apple kommt mit der Lieferung kaum hinterher. Trotzdem, das etabliert sich sehr schnell zum Standard, diese Mini-Floppy. Später liefert Commodore tatsächlich noch ein 8-Zoll-Laufwerk für ihre Pad-Rechner, aber ich weiß nicht, ob das irgendjemand gekauft hat, denn zu der Zeit ist einfach das 5,25-Zoll-Format der neue Industriestandard. Das sieht man dann auch sehr deutlich an den Zahlen. Im Jahr 1977 werden 44.000 von diesen 5,25 Zoll Laufwerken der verschiedenen Hersteller verkauft. Das klingt noch nicht so berauschend, aber im nächsten Jahr, 78, sind es dann dreimal so viele. Und im Jahr 79 ist eine halbe Million erreicht und im Jahr 1980 sind es über 2 Millionen Laufwerke. Und das ist noch nicht das Ende der Fahnenstange. Der richtig große Erfolg steht der Diskette noch bevor und das hat sie ihrem Erfinder zu verdanken. Nicht dem Erfinder der 5,25 Zoll Diskette, sondern dem ursprünglichen Disketten-Erfinder IBM. Der macht die kleine Diskette erst richtig groß.
Chris:
[1:33:32] Und damit sind wir jetzt endlich beim IBM PC. Der kommt ja 1981 auf den Markt. Das ist das Modell 5150. Das ist vom Erfolg von Apple II inspiriert. Dieser Rechner hat noch keine Festplatte. Die kommt dann erst mit dem PC XT 1983. Stattdessen lädt dieser IBM-PC sein Betriebssystem und alle Programme und Dateien von Diskette und zwar von einer Diskette im Shugart-Format und damit unterwirft sich IBM im Endeffekt dem Markttrend, weil das ist ja nicht ihr eigener Standard. Das ist ja von der Firma Shugart. Dieser erste IBM-PC, der bietet zwar auch einen Anschluss für ein Kassettenlaufwerk, aber IBM selbst bietet gar kein passendes Gerät an. Das lohnt sich sowieso nicht, weil die meisten Kunden ordern schon diesen ersten PC direkt mit dem 5,25 Zoll des Kettenlaufwerk und auch wieder der dazugehörigen Controller-Karte. PC Magazine berichtet in der Ausgabe 482 über die laufende PC-Produktion bei IBM und sagt bei der Gelegenheit, jedes einzelne Exemplar des IBM-PCs verlasse die Fabrik mit einem integrierten Floppy-Laufwerk. Also so weit ist es da schon. Denn ist ja klar, im Vergleich mit der Kassette ist die Diskette einfach auch wesentlich schneller.
Chris:
[1:34:47] Bei Microsofts Programmiersprache BASIC, die ja mit dabei ist bei den IBM-PCs, da ist ja ein Beispielprogramm dabei. Lass uns den Namen gemeinsam sagen. Es ist Donkey Bus.
Chris:
[1:34:59] Und wenn man das von Kassette lädt, dann würde das 23 Sekunden dauern. Bei der Diskette braucht es drei Sekunden. Also kein Wunder, dass der Nachfolger dann der PC-XT von 1983 auf diesen Kassettenanschluss auch gleich verzichtet. Da ist es dann nur noch die Diskette. Der IBM PC ist ein riesiger Erfolg. Schon im ersten vollständigen Jahr, also dem Jahr 82, verkauft IBM mehr als 200.000 Stück davon. Das ist mehr, als sie geplant hatten. Und das ist ein weiterer Triumph für die Diskette, denn wir haben es schon gehört, in praktisch jedem davon steckt ein Diskettenlaufwerk.
Chris:
[1:35:34] Noch ist die Kassette die billigere Variante, die im unteren Preissegment realisiert. Aber auch das wird sich bald ändern. Die Diskette wird in Nullkommanichts von einem Luxuszubehör, das hier am Anfang war, sind teuer, zum neuen Standard praktisch über alle Preisregionen. Für Ataris 8-Bit-Computer von 79, den Atari 800, da ist das Floppy-Laufwerk dann schon zur Markteinführung verfügbar. Also zumindest theoretisch, weil Atari hat auch immense Lieferschwierigkeiten am Anfang. Aber in den frühen 80er Jahren, das lebt ja eine Weile dieser 800er-Plattform, wird die Diskette dann auch da der dominante Datenträger, also vor Kassette, vor Steckmodul. Mit ein bisschen Abstand geschieht das gleiche dann auch nochmal beim C64. Auch da am Anfang Kassette, teilweise Module, am Ende nur noch Diskette, Diskette, Diskette.
Henner:
[1:36:22] So habe ich den C64 in den 80er Jahren auch kennengelernt bei meinem Nachbarn Claudius. Der hatte gar kein Kassettenlaufwerk. Ich kannte ein Dutzend Leute mit dem C64, aber keiner von denen hat noch eine Kassette verwendet. Das war überall das Diskettenlaufwerk und eine passende Diskettenbox. Das war der Standard. Also dank dieser Heimcomputer C64 und Co. erobert die Diskette nun also nach den Büros, wo sie ja sich etabliert haben, Dank des Apple II und des IBM PCs nun auch die Haushalte, die Wohnzimmer, die Schlafzimmer.
Henner:
[1:36:54] Aber hier sind die Diskettenlaufwerke meistens noch etwas günstiger und schwächer und langsamer. Wir haben es schon gehört, die Laufwerke von Atari und Commodore sind etwas unzuverlässig und ziemlich langsam verglichen mit dem, was IBM und Apple anbieten. Aber da gibt es Abhilfe. Es gibt ja eine große Gemeinde von Hobby-Nutzern und Hobby-Programmierern und die finden bald Lösungen. Denn bald kommen Schnellladeprogramme auf, vor allem für den C64.
Henner:
[1:37:23] Sowas gibt es schon für Kassettenlaufwerke und das setzt sich jetzt fort bei den Diskettenlaufwerken.
Henner:
[1:37:29] Zu den ersten Schnellladeprogrammen dieser Art gehört Hypraload. Das wurde 1984 von Boris Schneider veröffentlicht in der Zeitschrift 64er. Das ist ja ein Spielejournalismus-Veteran. Und diese Software von ihm, die arbeitet genauso wie andere Programme, die es von anderen Anbietern gibt, Vielen Dank. Mit verschiedensten Tricks, um die Leserate zu erhöhen, da wird dann zum Beispiel auf ein Timing-Signal, das verzichtbar ist, einfach verzichtet.
Henner:
[1:37:56] Das heißt, der Computer und das Laufwerk, die synchronisieren sich auf andere Weise und dafür ist die zugehörige Leitung für dieses Timing-Signal dann frei und kann für die Datenübertragung genutzt werden. Und schon werden einfach mehr Daten pro Sekunde übertragen. Und das reduziert die Ladezeiten. Später werden solche Schnellladeroutinen dann auch direkt in die Spiele oder in die Anwendungen integriert, sodass man nicht noch ein spezielles zusätzliches Programm laden muss und im Idealfall schaffen, dass solche Software-Schnellladeprogramme die Übertragungsrate beim Lesen ungefähr zu verfünffachen und das ist erheblich. Es gibt auch Hardware-Schnelllader, das ist natürlich auch Software, aber die steckt auf Steckmodulen, deswegen heißen die so und die erreichen sogar noch höhere Übertragungsraten als diese Softwarelösungen. Also das ist eine sehr populäre Lösung, um diese langsamen, diese notorisch langsamen C64-Diskettenlaufwerke etwas auf Trab zu bringen.
Henner:
[1:38:54] Es gibt andere Tricks, die die Kapazität erhöhen, denn die Diskette hat zwar mehr Kapazität als die alte Datasette, aber nie genug. Und so gibt es Tricks und Methoden, um die Kapazität zu steigern. Mit dem richtigen Laufwerk kann man eine Diskette zum Beispiel überformatieren.
Henner:
[1:39:14] Das heißt, man kauft eine günstigere, kleinere Double-Density-Diskette, DD, und formatiert sie mit der richtigen Software und dem richtigen Laufwerk einfach zu einer High-Density-Floppy. Und schon ist die Kapazität verdoppelt. Das spart natürlich Geld, so bringt man mehr Daten auf einer Diskette unter.
Henner:
[1:39:31] Das kann aber auch dazu führen, dass es fehlerhafte Sektoren und schleichenden Datenverlust gibt, aber das haben wir alle damals gern in Kauf genommen, wenn wir dadurch mehr Spiele auf einer Diskette unterbringen konnten.
Chris:
[1:39:44] Zumal solche Disketten ja gerade am Anfang auch gar nicht günstig waren. Das Laufwerk ja schon teuer genug, aber dann so ein Zehnerpack Disketten ist durchaus auch nochmal ins Geld gegangen.
Henner:
[1:39:51] Das stimmt und das Laufwerk war zuweilen so teuer wie der ganze zugehörige Rechner, das darf man nicht unterschätzen, ja. Aber es war unverzichtbar, der Komfortgewinn gegenüber dem Kassettenlaufwerk ist einfach immens. Es gibt noch weitere Tricks, um die Kapazität einer Diskette weiter zu erhöhen, zum Beispiel indem man die zweite Seite benutzt hat. Es gab ja nach wie vor einseitige Disketten, die konnte man dann nicht umdrehen, um einfach die zweite Seite auch noch zu bespielen, aber es gab Tricks, um das eben doch zu tun, um die andere Seite, die Rückseite der Diskette auch noch für Daten zu nutzen. Denn die Hersteller, die haben einfach aus Effizienzgründen meistens beide Seiten dieser Magnetscheibe mit dieser magnetisierbaren Schicht versehen. Also beide Seiten oben und unten waren identisch. Theoretisch konnte man also beide Seiten nutzen. Man konnte die Diskette also durchaus theoretisch umdrehen und die zweite Seite verwenden, auch bei einer nominell einseitigen Diskette. Aber da gab es ein Problem, denn diese 5,25 Zoll Disketten sind nur dann beschreibbar, wenn das Laufwerk an einer ganz bestimmten Position am Rand, also in diesem Plastikumschlag, eine kleine Aussparung erkennt mit einer Lichtschranke.
Henner:
[1:41:06] Und nur wenn diese Aussparung da ist, dann kann diese Diskettenseite beschrieben werden. Wenn man die Diskette aber umdreht, dann sitzt diese Aussparung jetzt an der falschen Seite. Das Laufwerk findet also nicht mehr diese Aussparung an der richtigen Stelle und weigert sich, die Diskette zu beschreiben.
Henner:
[1:41:22] Aber da gibt es eine mechanische Lösung und das erzählt uns jemand anders, der vielleicht dem einen oder anderen bekannte Gründungschefredakteur der GameStar, der heute beim Spiele-Veteranen-Podcast zu hören ist und außerdem verantwortlich für den deutschen Retro-Gamer Jörg Langer, erzählt uns etwas von dieser Lösung.
Einspieler:
[1:41:42] Die Floppy Disc hieß ja deswegen Wackeldisc, weil sie eine sehr dünne, magnetisch beschichtete Scheibe war in einer ebenso relativ dünnen Plastikverpackung. Wenn man die in der Hand hatte, konnte man sie auch als Fächer benutzen. Und da sie so labbrig war, auf Schwäbisch gesagt, konnte man sie mit einem Kniff, die ich jetzt enthüllen werde für alle Spätgeborenen, in der Kapazität verdoppeln. Das war natürlich den Herstellern von professionellen, doppelseitigen und besonders teuren Disketten, so Scotch und Maxwell und wie sie alle hießen, war das ein Dorn im Auge, die versuchten einem einzureden, das wäre ja ganz gefährlich von der Datensicherheit her, aber man musste tatsächlich nur an der Stelle, wo eine Lichtschranke in den Laufwerken geguckt hat, ob da eine Kerbe ist, ob da die Lichtschranke quasi schließt, musste man ein Loch reinmachen, das war es auch schon. Da gab es spezielle Diskettenstanzer dafür.
Einspieler:
[1:42:42] Ich habe das natürlich mit einer Nagelschere gemacht, einfach an der richtigen Stelle großzügig reingeschnitten und später habe ich mich noch etwas professionalisiert. Da habe ich einfach den Locher genommen, einen üblichen Locher zum Lochen von Seiten, hat man einfach dran gehalten an die richtige Stelle. Gut, wenn man die richtige Stelle nicht ganz getroffen hat auf Anhieb, sah dann die eine Seite der Diskette so ein bisschen aus wie ein Käse, wo eine Maus nicht genau wusste, wo sie abbeißen soll, aber hat trotzdem funktioniert. Solange man halt nicht die Magnetscheibe erwischt hat mit dem Locher, dann war es, glaube ich, aus. Aber in all den Jahren und den vielen hundert Disketten, die ich hatte, natürlich nur für Sicherheitskopien, habe ich, glaube ich, ein- oder zweimal es erlebt, dass es nicht geklappt hätte, aus einer einseitigen Floppy, die entsprechend günstiger war, eine zweiseitige zu machen.
Henner:
[1:43:35] Ja, die Schreibschutzöffnung muss also nur an der richtigen Stelle ins Plastik geschnitten oder gestanzt werden mit so einem Diskettenlocher oder mit einer Nagelschere. Es ist abenteuerlich, es ist wilder Westen damals.
Chris:
[1:43:49] Das ist wirklich wilder Westen und ich bin ein bisschen traurig, dass das an mir vorbeigegangen ist, weil ich hatte ja nie einen 8-Bit-Computer, wir hatten nur PCs zu Hause und auf dem PC, da ging das nicht. Also ich habe jetzt gesehen, dass es offensichtlich auch einseitige Disketten für PCs gab, aber zumindest bei uns waren die nie Standard. Ich hatte immer Double-Density-Disketten, also schon doppelseitige und habe deswegen immer die C64-Freunde beneidet, die einfach ihre Kapazität verdoppeln konnten, indem sie da ein Loch reingestanzt haben. Und ich hätte das so gerne auch gemacht bei meinen Disketten. Unwissend, dass die andere Seite da schon in Benutzung war.
Henner:
[1:44:23] Ich würde es heute gerne mit meiner SSD machen, aber auch das funktioniert nicht.
Chris:
[1:44:27] Ja, naja, du kannst mal ein Loch reinmachen und schauen, was passiert.
Chris:
[1:44:31] Naja, also diese Mini-Floppy, die 45 Zoll-Diskette, ist trotz des Namens ja immer noch ein einigermaßen ausladender Datenträger, wenn man sie jetzt mit Kassetten vergleicht oder mit Steckmodulen und ist damit auch zu groß. Und vor allen Dingen braucht sie auch ein großes Laufwerk. Dieses Laufwerk ist zu groß, als dass es in einen kompakten Heimcomputer integriert werden könnte. Und die Tatsache, dass diese Disketten biegsam sind und dass diese Öffnung da ist, wo der Lesekopf drauf zugreifen kann, das macht sie außerdem relativ anfällig, diese 45 Zoll Disketten. Nun macht diese ganze Technologie der Disketten trotzdem weiterhin Fortschritte, insbesondere bei der Datendichte. Also es ist möglich, die Bits immer enger aneinander zu packen und damit ist natürlich eine weitere Militarisierungsstufe denkbar. Und so ergießt sich dann in den frühen 80er Jahren auch eine richtige Flut von kleineren Formaten über den Markt. Die kriegen jetzt den Namen Mikrofloppy. Nach Mini kommt Mikro. IBM zum Beispiel versucht sich an einem 4 Zoll Format, das nennen sie die Demi-Diskette, weil sie halb so groß ist wie das 8 Zoll Format. Andere Hersteller gehen noch weiter. Die schrumpfen ihre Medien auf 3 Zoll, 2,5, sogar 2 Zoll Disketten gibt es. Die sind selbstverständlich alle zueinander inkompatibel. Und es lässt sich kein klarer Favorit ausmachen, der jetzt den Markt dominieren würde. Woher kommt denn dann das 3,5 Zoll Format, auf das wir jetzt natürlich zusteuern, das dann die Miniaturisierungsstufe ist, die sich durchsetzen wird?
Henner:
[1:46:01] Also wie es genau zu 3,5 und nicht 3,0 oder 3,8 Zoll kommt, das weiß ich auch nicht. Aber dieses Format geht zurück auf Sony. Die etablieren nämlich 1981 ihr eigenes Mikrofloppy-Format. Es gibt noch nicht genug davon auf dem Markt. Mit eben 3,5 Zoll. Und die sehen das zunächst vor für ihre eigenen Textverarbeitungssysteme. Da sind sie wieder. Später aber auch für ihre eigenen Computer. Und diese 3,5 Zoll Disketten von Sony, das ist noch nicht das finale Design, das wir heute kennen. Aber die haben schon die richtige Größe und sie sind nicht nur sehr kompakt, sondern sie sind auch starr. Sie lassen sich nicht mehr biegen. Die sind also keine richtigen Floppys mehr, heißen aber trotzdem weiterhin so. Und die bringen noch eine weitere Innovation mit, denn sie verbergen jetzt endlich diese empfindliche Öffnung für den Lese- und Schreibkopf, der in dem alten Diskettenumschlag noch drin war. Die verbergen diese Öffnung unter einem Verschluss, einem metallenen Verschluss, einer Blende, die diese empfindliche Magnetschicht schützt.
Henner:
[1:47:05] Sehr clever und dieses Format erhält auch einiges an Zuspruch von anderen Herstellern. Das wird unter anderem von HP unterstützt, also von einer großen Macht auf dem Computermarkt.
Henner:
[1:47:16] Aber das ist trotzdem noch kein Industriestandard, das ist nach wie vor eine Insellösung, wie so viele andere auch. Und dieser Wildwuchs an verschiedensten Mikrofloppy-Formaten von 2 bis 4 Zoll und allerhand dazwischen, der ist natürlich schädlich für das Geschäft. Sowohl der Laufwerkshersteller als auch der Medienhersteller, die sich nicht auf ein Standardformat einigen und konzentrieren können. Und so verbünden sich zwei von diesen Herstellern im Jahr 1982, um diesem Wildwuchs ein Ende zu bereiten. Im Frühjahr 82 verbündet sich Sugart, die Firma, nicht der Mensch, mit dem Diskettenhersteller Dyson, der hat schon die ersten 5,25 Zoll Disketten damals für Sugart produziert und die bilden jetzt gemeinsam ein Komitee, ein Industriekonsortium, um einen gemeinsamen Mikrofloppy-Standard zu etablieren und dieses Konsortium, das heißt Microfloppy Industry Committee, M-I-C. Die bleiben nicht alleine, bald schließen sich ihrem Komitee über 20 weitere Hersteller an, darunter auch Apple, Atari, Philips und Memorex, IBM nicht, aber die müssen sich später trotzdem erneut beugen.
Henner:
[1:48:28] Und im Januar 83 einigt sich dieses Konsortium jetzt auf einen gemeinsamen Standard und der basiert auf dem Sony-Entwurf, auf dem 3,5 Zoll Format, das Sony eingeführt hat. Aber die übernehmen das nicht eins zu eins, sondern sie verbessern dieses Format noch.
Henner:
[1:48:46] Da sitzt ein Team bei Sugart, das genau daran arbeitet. Das ist ein Projekt mit dem Codenamen Venture, also Wagnis.
Henner:
[1:48:56] Und das arbeitet nun daran, diesen Sony-Standard weiter zu verbessern. Die wechseln zunächst mal zum etablierten Interface, zu dem eigenen Sugart-Interface, das schon das 5,25 Zoll-Laufwerk verwendet hat. Das ist ja ein industrieweit etablierter Standard. Das ist die erste Änderung. Und dann sorgen sie dafür, dass dieses neue Diskettenformat noch ein bisschen robuster wird und ein bisschen mobiler. Ich habe mit einem der Entwickler aus diesem Shugart-Team sprechen können, Thuan Nguyen. Der hat damals bei Shugart in diesem Venture-Projekt gearbeitet und der war zuständig für die Laufwerksmechanik. Und der sagte mir, die entscheidenden Faktoren für die Weiterentwicklung waren geringe Größe und Schutz des Mediums. Und wie sie das erreichen, dazu kommen wir gleich noch. Das ist wirklich ein tolles Werk, ein kleines Meisterwerk, diese 3,5 Zoll Diskette, die da auf den Markt kommt. Und das passiert noch im gleichen Jahr 1983, da kommen nämlich die ersten 3,5 Zoll Laufwerke nach diesem neuen Mikrofloppy Standard auf den Markt, also das verbesserte Sony Format. Und der Name Floppy, wir sagten es schon, der bleibt erhalten, auch wenn diese neuen Datenträger gar nicht mehr Floppy sind, gar nicht mehr wabbelig, gar nicht mehr biegsam, sondern sehr starr. Und ich las auch, dass in Südafrika diese 3,5 Zoll Diskette deswegen Stiffy Disk genannt wird oder zumindest zeitweise genannt wurde, also Steife Disk.
Henner:
[1:50:26] Das passt auch viel besser, hat sich aber nicht durchgesetzt, es blieb bei der Floppy. Und auch diese komische angloamerikanische Zollangabe, die wir auch die ganze Zeit verwenden, die blieb üblich. Also auch dort, wo man eigentlich das metrische System einsetzt, das viel sinnvoller ist, es bleibt bei der Zollangabe, aber nicht überall. Ich fand ein paar Microsoft-Software-Verpackungen aus dieser Zeit und aus den 90er Jahren, da verwenden sie tatsächlich das metrische System, um die 3,5 Zoll Diskette zu beschreiben. Das steht auf der 3,5 Zoll Disketten-Version von Windows 95 nämlich 8,89. Und das ist die Zentimeterumrechnung von 3,5 Zoll. Ja, hat sich auch nicht durchgesetzt.
Chris:
[1:51:09] Das ist auch nicht besser. Nicht wirklich. Du hast schon gesagt, diese 3,5 Zoll Diskette ist jetzt ein kleines Meisterwerk, wenn es um die Ausreifung der Diskette geht. Ich will vorher nochmal ganz kurz zurückkommen auf diese Standardisierung der 3,5 Zoll Diskette, die du eben schon beschrieben hast. Du hast ja gesagt, das Sugar Interface kommt da zum Einsatz und das ist wichtig, dass wir uns auch nochmal vor Augen rufen, dass der Datenträger nicht alleine steht, sondern dass da ein Laufwerk dazugehört und zu dem Laufwerk auch eine Kontrolllogik.
Chris:
[1:51:39] Ein Controller und eben auch ein Interface. Also eine Schnittstelle, denn irgendwie muss der Computer ja mit dem Laufwerk kommunizieren können und dazu gehört dann auch ein entsprechendes Kabel. Und ich glaube, jeder von uns kennt diese Flachbandkabel, die in den PCs drin sind und die Komponenten miteinander verbinden. Und dann gab es ja eine Zeit, insbesondere bei den PCs, wo es üblich war, dass man zwei Diskettenlaufwerke drinstecken hat, nämlich ein 5,25 Zoll Laufwerk. Das war dann in der Regel das Laufwerk B und ein 3,5 Zoll Laufwerk, das war in der Regel das Laufwerk A. Und die beiden Laufwerke hängen intern am gleichen Kabel. Das ist so ein Flachbandkabel, an dem zwei Stecker dran sind. Einer am Ende und einer ein bisschen weiter vorher. Das geht deswegen, weil das Interface für diese beiden Laufwerke das gleiche ist. Aber woher weiß denn der Computer dann eigentlich, welches von diesen beiden Laufwerken A ist und welches B? Also wie kann er über das gleiche Kabel diese zwei unterschiedlichen Laufwerke ansteuern? Und da gibt es einen richtig cleveren Hack, der im Kabel selbst steckt. Da ist nämlich ein Twist drin im wahrsten Sinne. des Wortes. Zwischen diesem ersten und dem zweiten Stecker sind ein paar der Datenleitungen verdreht. Das sieht so aus, als sei das ein Produktionsfehler, als hätte da irgendjemand die Dinge falsch eingelötet. Das ist aber Absicht. Dadurch ändert sich die PIN-Belegung bei den Steckern und dadurch können diese beiden Laufwerke auseinandergehalten und individuell angesteuert werden.
Chris:
[1:53:01] Aber kommen wir zurück zu der 3,5 Zoll Diskette.
Chris:
[1:53:05] Auch hier bezieht sich das Format wieder auf die Außenmaße, aber im Gegensatz zu ihrer Vorgängerin ist dieses Gehäuse jetzt nicht mehr quadratisch, sondern das ist etwas rechteckig und das hat auch einen ganz pragmatischen Grund. Das verhindert nämlich, dass man es falsch rum einschieben kann. Diese 5,25 Zoll Diskette kannst du ja theoretisch auf vier verschiedene Arten und Weisen in das Laufwerk einschieben, aber die Tatsache, dass sie rechteckig ist, führt dazu, dass du sie nicht quer reinschieben kannst in das Laufwerk. Und damit man sie jetzt auch nicht mit der Unterseite voran oder kopfüber einlegen kann, hat die auch nochmal eine angeschrägte Ecke oben rechts und das Laufwerk enthält dann an der gleichen Stelle einen Mechanismus, der die Diskette blockiert, wenn man versucht sie falsch reinzulegen. Also von den theoretisch möglichen acht Orientierungen ist nur eine tatsächlich möglich. Und das ist einfach gutes Design. Hat ja auch nur zwölf Jahre gedauert, bis die Diskette so weit war. Und umdrehen muss man diese Disc sowieso nicht mehr, denn für eine doppelseitige Nutzung braucht dieses Laufwerk jetzt zwangsläufig zwei Lese- und Schreibköpfe.
Henner:
[1:54:08] Sehr, sehr cleveres System. Ich habe einen ganz neuen Blick auf die 3,5 Zoll Diskette gewonnen. Das ist wirklich ein kleines Meisterwerk. Das Team hatte ja auch das große Ziel Fehlervermeidung und Schutz des Mediums und das haben sie auch hiermit erreicht. Nicht nur durch dieses idiotensichere Design, dass man die Diskette richtig rum reinschieben kann, sondern auch durch die Zugriffsöffnung. Bei der 5,25 Zoll Diskette gab es ja noch immer, wie beim Original 8 Zoll Modell, dieses kleine Fenster im Umschlag. Diese Öffnung, durch die der Laser- und Schreibkopf auf die Magnetoberfläche zugreifen konnte. Aber das ist natürlich eine Schwachstelle. Da hat bestimmt manch einer mit dem Daumen drauf gebatscht und so möglicherweise die Daten beschädigt.
Henner:
[1:54:49] Das hat Sony ja schon verhindert mit einer metallenen Abdeckblende. Aber bei Sony musste man die vor dem Einlegen der Diskette noch manuell beiseite schieben und nach dem Rausziehen der Diskette wieder manuell schließen, was sicherlich der ein oder andere vergessen hat. Und schon war der Vorteil dahin. Die Magnetoberfläche war wieder entblößt. In diesem neuen 3,5 Zoll Format, das jetzt standardisiert wurde, geschieht das automatisch. Wenn man die Diskette reinlegt, dann wird diese metallene Abdeckblende automatisch elektrisch gesteuert beiseite geschoben und beim Rausnehmen durch eine Feder in der Diskette rein mechanisch selbsttätig wieder verschlossen. Schutz- Fehlervermeidung, das waren ja die Ziele und die wurden auch erreicht, nicht nur damit.
Henner:
[1:55:32] Denn zusätzlich besitzen die neuen Laufwerke jetzt einen mechanischen Auswurfmechanismus, der verhindert, dass die Diskette im laufenden Betrieb rausgezogen werden kann, während der Lese- und Schreibkopf noch auf der Magnetoberfläche arbeitet. Ja, das kann der Diskette nicht gut tun. Sowas ist aber bei einigen Mini-Floppy-Laufwerken wie dem von IBM durchaus möglich.
Henner:
[1:55:54] Bei Commodore nicht. Die C64-Laufwerke haben einen mechanischen Verriegelungshebel. Und wenn man den öffnet, um die Diskette zu entfernen, dann wird auch der Lesekopf in Sicherheit gebracht. Aber das ist jetzt nicht mehr nötig, denn der Auswurfmechanismus kümmert sich um alles, auch ohne Stromzufuhr. Rein mechanisch sorgt dafür das Unmounting der Diskette, also das Abheben des Lesekopfes und dann die Ausgabe der Diskette. Dadurch ändert sich auch der auditive Charakter des Laufwerks. Zum Auffrischen der Erinnerungen hören wir jetzt mal im Vergleich das Einliege- und Rausnehmgeräusch einer 5,25 Zoll-Diskette in ein 1541er Laufwerk für den C64 samt Verriegelungshebel und danach denselben Vorgang beim Amiga 500 mit der Einrastmechanik und dem Auswurfknopf.
Sound:
[1:56:43] 1. 3. 4. 5. 6. 7.
Henner:
[1:56:54] Ah, wohlige Erinnerungen, auch wenn das beim Atari ST natürlich viel besser klang.
Henner:
[1:57:00] Vereinfacht ist auch das Schreibschutzmanagement der Diskette. Fehlervermeidung, wir erinnern uns, ist ja die Maxime. Wie beim Vorgänger entscheidet auch bei der Mikrofloppy so eine kleine Aussparung in der Ecke darüber, ob die Diskette beschreibbar ist oder nicht. Wenn auch mit umgekehrten Vorzeichen. Aussparung offen bedeutet hier Schreibschutz aktiv. Schievaussparung, geschlossen heißt, die Diskette kann beschrieben werden. Hier lässt sich aber dieser Schreibschutz mit einem winzigen integrierten Schieber einfach ein- und ausschalten. Toll, das habe ich auch regelmäßig gemacht. Wenn ich meine wertvolle Pirates-Spielstand-Diskette rausgenommen habe, dann habe ich immer den Schreibschutz aktiviert. Warum auch immer? Könnte ja, keine Ahnung, eine übernatürliche Macht meine Spielstände löschen. Das heißt aber, man braucht jetzt kein Klebeband mehr. Es sei denn, man will eine vorbespielte Diskette überspielen. Also ein Spiel, das man gekauft, aber auf das man keine Lust mehr hat. Denn bei solchen Disketten fehlt dieser Schieber in der Regel, um die Öffnung zu schließen. Das muss man dann doch wieder mit Klebeband machen.
Chris:
[1:58:03] Ein wirklich schönes Ding, diese 3,5 Zoll Diskette und natürlich tritt die dann auch den verdienten Siegeszug an. Als sie im Jahr 1983 auf den Markt kommt, da ist das erstmal wieder eine einseitig beschriebene Diskette mit 360 Kilobyte Speicherkapazität, aber auch das entwickelt sich schnell weiter. Also 84 haben wir dann die ersten Modelle, die doppelseitig beschrieben sind. 720 Kilobyte Speicherplatz.
Chris:
[1:58:28] 86 kommen in Japan zunächst mal Disketten mit höherer Datendichte auf den Markt. Das sind dann die HD-Disketten für High Density. Da bringt man dann schon 1,44 Megabyte drauf, wenn sie für den EBM-PC formatiert sind. Und das bleibt auch die Kapazität, die bis zum Ende dieser 3,5 Zoll Disketten-Ära am meisten verbreitet ist. Es gibt dann noch weitere Varianten, zum Beispiel die sogenannten ED-Disketten. Das E steht hier für Extended aus dem Jahr 87. Die haben dann nochmal doppelte Kapazität, also rund 2,8 Megabyte. Aber das setzt sich dann nicht mehr durch. Die Unterschiede zwischen den verschiedenen Computern und ihren jeweiligen Diskettenmodellen, die ergeben sich durch die Art, wie die formatiert sind, die Disketten, welches Dateisystem verwendet wird.
Chris:
[1:59:13] Weil die Sektorierung und die Dateizuordnungsstrukturen, die brauchen mal mehr, mal weniger Speicherplatz. Die ersten Macintosh-Rechner zum Beispiel von 1984, die haben ein 3,5 Zoll Diskettenlaufwerk. Das sind einseitige SD-Disketten, die sind aber anders formatiert, sodass da 400 KB statt den 360 draufpassen. Oder die ersten Amigas, die benutzen doppelseitige SD-Disketten, die haben in ihrer Formatierung aber 880 KB statt 720. Da gibt es je nach System, je nach Anbieter weitere Unterschiede, was halt dann auch dazu führt, dass die untereinander inkompatibel sind.
Chris:
[1:59:48] In seltenen Fällen gelingt es den Entwicklern dann sogar auf ein und demselben Datenträger mehrere Dateiformate für unterschiedliche Systeme unterzubringen. Das ist was, das gab es bei 45 Zoll Disketten auch. Da war es sogar relativ einfach, denn der eine Vorteil, den die 45 Zoll-Diskette noch hat, ist, die kannst du ja umdrehen. Und da gab es dann Disketten, da war zum Beispiel auf der einen Seite das Programm für den C64 drauf und auf der anderen Seite das gleiche Programm für den Apple II.
Chris:
[2:00:15] Bei den 3,5 Zoll-Disketten geht das nicht mehr mit dem Umdrehen. Da muss man dann also schon Formatierungstricks anwenden. Das funktioniert auch. Also es gab Programme, da war auf einer 3,5 Zoll-Diskette sowohl die Amiga als auch die ST-Version von einem Spiel drauf. Zum Beispiel Star Glider 2, das war so eines. Oder Carrier Command, da gab es eine Version, da war auf der gleichen 3,5-Zoll-Diskette das Spiel für den Amiga und für den PC drauf. Da bekommt dann halt einfach jedes von diesen beiden Systemen seine eigenen Sektoren auf dieser Diskette. Es gibt sogar ein Spiel, 3D-Pool, so ein Billiardspiel, das hat alle drei Computerwelten auf der gleichen Tri-Format-Diskette drauf. Also Amiga-SD und PC-Version auf einer Diskette. Das ist schon Chapeau, da kann man schon mal sich verneigen davor. Aber trotz dieser oberflächlichen Unterschiede in der Datendichte und in der Formatierung ist diese 3,5 Zoll-Diskette erstmal ein global einheitlicher Standard und diese Standardisierung verhilft ja auch zu ihrem großen Erfolg.
Henner:
[2:01:13] Genau. Die Byte schreibt, also die US-Zeitschrift schreibt im September 83, dieses neue 3,5 Zoll Format, das sei der führende Anwärter auf den Titel eines Industriestandards. Und damit hat dieser Autor recht, aber der ist jetzt nicht so ganz unparteiisch, der ist nämlich Marketingmanager bei Sugart.
Henner:
[2:01:32] Aber es ändert nichts daran, dass er recht hat und das sieht aber nicht jeder so damals. Al Sugart, der ja nicht mehr bei seiner eigenen Firma ist, zu der Zeit… Der hat 83 in einem Interview gesagt, die neue Mikro-Floppy werde niemals die Mini-Floppy ersetzen, weil ja die gesamte Software auf dem Markt, die sei ja schon auf dem Mini-Floppy-Format und umzusteigen jetzt auf ein neues System wäre viel zu aufwendig und das würde der Markt nicht mitmachen. Gut, da hat er nicht recht behalten.
Henner:
[2:02:02] Auch andere haben nicht recht, denn Hitachi zum Beispiel, die bewerben noch 1984 sehr optimistisch ihr eigenes 3 Zoll Format und sagen in einer Anzeige, es sei klar, dass die 3 Zoll Floppy der neue Standard wird. Und daraus ist auch nichts geworden. Die haben sich hier und da durchgesetzt, die 3-Zoll-Disketten. Für eine Weile hatten sie Erfolge bei Amstrad, hierzulande Schneider zum Beispiel. Aber die anderen sind alle umgeschwenkt auf das neue standardisierte 3,5-Zoll-Format. Sony selbst auch.
Henner:
[2:02:34] Apple, die wollten ihren Macintosh, der 84 rauskommt, ursprünglich mit einer Eigenentwicklung versehen. Dem Fireware-Laufwerk natürlich was Proprietäres, was zu sonst nichts kompatibel ist. Aber die sind dann doch umgeschwenkt. Steve Jobs ließ sich davon überzeugen, doch diesen Industriestandard anzunehmen von 3,5 Zoll. Und das haben sie dann auch gemacht. Das war auch gut so.
Chris:
[2:02:56] Allerdings hat Steve Jobs ja die Bedingungen dann dran geknüpft, dass die Diskette über das Betriebssystem ausgeworfen werden muss. Weil das ist wieder eine von diesen Kuriositäten von diesen Apple-Produkten. Der Macintosh hat zwar dieses 3,5 Zoll-Laufwerk, da ist aber kein Auswurfknopf dran. Wenn du die Diskette da rausbekommen möchtest, musst du das über die Benutzeroberfläche des macOS machen. Und wenn die Diskette mal klemmt, dann gibt es da, das kennt man ja auch wieder von späteren Laufwerken, als so ein kleines Löchlein, wo du mit einer Büroklammer reinpriemeln musst. Und dann kriegst du sie zur Not halt doch noch raus.
Henner:
[2:03:26] Stimmt, genau.
Henner:
[2:03:27] Im gleichen Jahr, also 1984, erscheinen auch weitere 3,5 Zoll Laufwerke für weitere Computer, für die MSX-Heimcomputer, die vor allem in Japan populär sind, wird dann auch auf diesen 8 Zoll Computern bald zum Standard, zumindest in den meisten Ländern.
Henner:
[2:03:44] 85 gibt es nochmal einen großen Schub für dieses neue kleine Format. Da setzen ja die neuen 16-Bit-Computer der Atari ST und der Commodore Amiga ebenfalls auf das neue Format. Die kommen also gar nicht mehr mit einer Option für 5,25 Zoll auf den Markt, sondern die setzen von Anfang an auf das neue Microfloppy-Format. Und 86 muss dann auch IBM sich geschlagen geben. Die mögen das nicht, Industriestandards von anderen zu übernehmen. Die wollen selber welche etablieren, aber das gelingt ihnen halt nicht immer. Und so müssen sie auch hier nachziehen und mit dem PC Convertible, das ist so ein tragbarer Computer, steigen sie dann auch um auf das neue 3,5 Zoll Format und ab 87 dann auch bei den Desktop Rechnern mit der PS2 Reihe. Nguyen, der Mensch, mit dem ich sprechen konnte aus diesem Sugar-Entwickler-Team, der sagte auch, als Apple und IBM das Format etabliert hatten, verschwanden alle Alternativen vom Markt, die kleineren Formate und die größeren mit höherer Kapazität. Denn es gab noch einige Versuche, die 5,25 Zoll-Diskette wieder zum Sieg zu führen mit höheren Kapazitäten. Das ist ja der eine Vorteil, den sie hat. Sie ist größer, also kann man auch mehr Daten drauf unterbringen. Aber das hat nicht gereicht. Die Mikrofloppy mit den 1,44 Megabyte, mal mehr, mal weniger, hat sich durchgesetzt. Und das sieht man wieder an den Verkaufszahlen.
Henner:
[2:05:06] 1983 werden 400.000 von diesen Laufwerken verkauft. Klingt schon beeindruckend, ist aber noch gar kein Vergleich zum Vorgänger, denn im gleichen Jahr werden über 10 Millionen 5,25 Zoll und 8 Zoll Diskettenlaufwerke verkauft. Da führt also die Mini-Floppy noch deutlich, aber ab Mitte der 80er Jahre, durch die verschiedenen Computer, die wir aufgezählt haben und später auch durch IBM, gelingt dann dem 3,5 Zoll Format der Siegeszug. Da gibt es zeitweise sogar eine Verdopplung der jährlichen Verkaufszahlen. Im Jahr 85 sind es 3 Millionen Exemplare, dann sind es 6 Millionen, dann 12 Millionen und es geht so weiter. 1988 überholt die Mikro-Floppy das Mini-Floppy-Format und in den 90ern werden später über 100 Millionen Exemplare erreicht. Wohlgemerkt, wir reden von den Laufwerken, noch nicht von den Disketten. Da sind die Zahlen noch sehr, sehr viel höher.
Henner:
[2:06:04] Damit einher geht natürlich auch ein riesiges Wachstum auf dem Softwaremarkt. Denn dafür ist die Diskette schließlich da, für den Vertrieb von Software.
Chris:
[2:06:15] Ja, das bedingt sich alles gegenseitig bei diesem großen Erfolg. Der Computer wird ein Massenprodukt und die Diskette wird gleichzeitig zu dem Datenträger, der diesen Erfolg begleitet und teilweise auch erst möglich macht. Denn die Diskette macht den Umgang mit dieser neuen Geräteklasse einfacher und komfortabler, als es zum Beispiel die Kassettenlaufwerke vorher waren. Da musste man ja ständig vor- und zurückspulen oder auch die Wiedergabelautstärke fein justieren und natürlich ewig warten. Das braucht also einige Frustrationstoleranz. Das ist bei der Diskette nun passé und damit fördert sie die PC-Revolution, also trägt zur massenhaften Verbreitung von Mikrocomputern bei in Büros und in Haushalten. Und gleichzeitig gelingt es ihr, die daraus erwachsende Nachfrage nach Software zu stillen, weil vorbei sind jetzt die Zeiten, in denen Heimcomputernutzer ihre eigenen Programme schreiben mussten, wie es ja in den 70ern noch der Standard war. Dank der Diskette explodiert nun das kommerzielle Angebot. Die Software kann auf etwas geliefert werden.
Henner:
[2:07:15] Ja, denn die Diskette ist nicht nur schön praktisch für uns als Nutzerinnen und Nutzer, sondern auch für die Entwickler. Mithilfe der Diskette können sich jetzt ganz neue Formen von Anwendungen durchsetzen, weil ja erst jetzt mit der Diskette durch diesen wahlfreien Zugriff das Dokumentenmanagement viel einfacher ist. Das Dateimanagement, einzelne Dateien zu speichern, zu bearbeiten, zu kopieren, weiterzugeben, das ist mit der Diskette viel, viel einfacher als mit der Kassette. Und das erlaubt einfach einen längerfristigen, produktiveren Einsatz des Computers, wenn ich also über Tage, über Monate hinweg an denselben Dateien arbeite und sie jeden Tag verändert neu abspeichern kann.
Henner:
[2:07:57] Außerdem werden ja, wir haben es schon beschrieben, dadurch ganz neue Formen von Anwendungen möglich, wie eben Tabellenkalkulationen oder Datenbanken, die mit einer Kassette auch nicht machbar wären. Wir sind ja immer noch in der Zeit, in der die meisten Computer-PCs, aber vor allem auch Heimcomputer noch ohne Festplatte auskommen müssen. Und da ist die Diskette die einzige Lösung, die sowas möglich macht. Und auch der Vertrieb wird leichter. Das freut die Entwickler und die Softwarehäuser vor allem natürlich. Die Diskette bietet einfach mehr Platz als die meisten anderen Datenträger. Auch für größere Programmsammlungen. Das sieht man an den allerersten Disketten-Spielen, die so verkauft werden. Das sind meistens Sammlungen mehrerer Programme. Sie ist außerdem natürlich sehr günstig in großen Massen zu produzieren, auch durch diese Standardisierung. Sie ist vor allem viel günstiger als Steckmodule. Die gibt es ja nicht nur bei den Konsolen, sondern auch bei den frühen Heimcomputern. Da kann man ja noch Module reinstecken, aber da sind Chips drin, da ist ein großes, klobiges Gehäuse drumherum. Also die sind in der Produktion und im Transport erheblich teurer als so eine einfache Diskette. Und die Diskette ist verglichen mit der Kassette, die ähnlich günstig ist, viel robuster, schneller und weniger störanfällig.
Henner:
[2:09:12] Und dann gibt es noch einen Software-Vertriebsweg, der damals noch üblich ist, der jetzt aber auch durch die Diskette nach und nach obsolet wird. Da gibt es ja noch diese Code-Listings, also Programme als gedruckter Code in Zeitschriften und auch in Büchern, die man abschreiben muss, um die Software zu erhalten. Das ist nicht sehr bequem und darauf kann man jetzt verzichten, indem man einfach so eine schlanke Diskette einem Magazin beilegt zum Beispiel. Und das wird auch bald gemacht. 1983 wird Microsofts Word eröffnet. Erste Microsoft-Textverarbeitung als Demo-Version, als Diskettenbeilage der PC World beigelegt. Das ist die Cover-Mount-Diskette. Die wird ja später zum Standard und später dann ja abgelöst durch die Heft-CD. Das fängt also schon im Jahr 1983 an. Das wäre mit einer Kassette auch nicht so ohne weiteres möglich gewesen und mit einem Modul erst recht nicht.
Chris:
[2:10:10] Also neue Vertriebsformen werden möglich, zum Beispiel auch die Shareware-Szene. Die blüht in den frühen 80er-Jahren auf. Vor allen Dingen auch deswegen, weil sich die Programme auf Diskette per Post einfach verschicken lassen, muss man also nicht zwangsläufig in den Laden stellen. Später kommen dann auch Magazine, die sich auf die beiliegende Diskette konzentrieren. Da ist dann also die Diskette das hauptsächliche. Das Heft wird dann schon eher zur Nebensache oder manche lassen das Heft auch ganz weg. Es gibt dann 89 zum Beispiel die erste Ausgabe von Softdisk. Das ist ein Apple II Magazin, das auf einer Diskette geliefert wird. Es gab für den PC auch so ein Magazin, ein bisschen später, ab 86 erschien monatlich Big Blue Disc. Entgegen dem Namen ist das nicht blau, also selbst das Label der Disketten ist weiß. Und da liegt auch bald nicht nur eine 45 Zoll Diskette drin, sondern gleich zwei.
Chris:
[2:10:59] Dieses Diskettenmagazin, das gibt es bis 1991 und da zeigt sich dann auch bald ein Problem, das sich durch diese zwei Standards ergibt, 45 Zoll und dreieinhalb Disketten, die ja nebeneinander existieren. Nämlich die Frage, soll man da nicht 3,5 Zoll Disketten reintun? Am Anfang sind das, wie gesagt, 5,5 Zoll Disketten. Das sind ja eigentlich konkurrierende Formate. Oder haben PC-Besitzer wirklich beide Laufwerke? Am Anfang wird das gelöst, indem dann halt ein Coupon mit drin liegt, wo man das andere Format bestellen kann. Also wenn du eine 3,5 Zoll Disketten haben möchtest, schick uns den Coupon ein, dann schicken wir dir das per Post. Aber das ist natürlich ein Problem, das viele Anbieter in dieser Zeit haben, auch viele Spielehersteller, zu denen wir dann noch kommen werden. Und deswegen sind wir da in den späten 80ern, frühen 90ern in einer Ära, wo es nicht unüblich ist, dass in so einer Spielepackung beide Formate drin liegen. Also die Spiele von Sierra zum Beispiel, die haben ab Werk 45 Zoll Disketten und 3,5 Zoll Disketten drin. Was bedeutet, du bekommst im Endeffekt das Spiel zweimal und kannst dann auch ein Set weitergeben, was wir auch oft getan haben damals. Ich habe die 45 Zoll Disketten behalten und dem Kumpel die 3,5 Zoll Disketten gegeben, also eine Art legale Raubkopie sozusagen.
Henner:
[2:12:09] Ah, clever.
Chris:
[2:12:11] Aber Raubkopie ist auch das Stichwort, die Diskette hat nicht nur ihre Lichtseiten, sondern auch Schattenseiten.
Henner:
[2:12:19] Ja, denn Disketten lassen sich ja sehr leicht und unauffällig beschreiben und kopieren. Und das hat eine Kehrseite, denn auf diese Weise kommt das Phänomen der Schadsoftware auf, also der Viren. Das erste Computervirus, das nennenswert verbreitet wird, ist ein Apple-2-Virus, der Elk-Kloner, 1982 als Gag von einem Schüler entwickelt. Der richtet jetzt nicht viel Schaden an, der gibt nur ab und zu mal so eine Spaßbotschaft auf dem Bildschirm aus. Aber trotzdem, das ist der Anfang einer großen Schwämme von Viren, die dann zum Teil auch erheblich größeren Schaden anrichten. Und dieses Programm, der Elk-Kloner, der bleibt halt im Arbeitsspeicher, wenn er einmal geladen ist, resistent. Und von dort aus infiziert er unbemerkt vom User weitere Disketten, die eingelegt werden. Das passiert einfach unsichtbar, ohne dass der Nutzer das merkt oder dafür was tun müsste. Das geht mit einem Magnetband nicht. Eine Kassette müsste man ja erstmal manuell an die richtige Stelle spulen, damit das Virus sich da einnisten kann. Das ist hier bei der Diskette nicht mehr nötig. Das heißt, ja, auf diese Weise beginnt auch das Virus leider einen Siegeszug.
Henner:
[2:13:27] Aber nicht nur die Viren, sondern auch das Phänomen, du sagtest, ist ja gerade der Schwarzkopien auch als Raubkopien bekannt. Das ist natürlich nicht ganz neu, das gab es bei den Kassetten auch schon, aber bei der Kassette, da gab es natürliche Limits. Man konnte eine Kassette einfach nicht nach Belieben immer und immer wieder kopieren, denn das Signal einer Kassette, das ist ja analog und jede einzelne Kopie einer Kassette geht einher mit einem Qualitätsverlust. Also das Tonsignal ist einfach nicht mehr so gut wie beim Original. Und wenn ich eine Kopie nochmal kopiere und die noch einmal, dann ist irgendwann das Signal nicht mehr klar genug und dann kann das nicht mehr gelesen werden. Das heißt, jetzt ist das Ende erreicht. Man kann diese Kopie nicht mehr weitergeben. Und diese natürliche Grenze, die wird durch die Diskette komplett aufgehoben, denn die ist digital, da gibt es nur Nullen und Einsen und die lassen sich beliebig oft vervielfältigen, ohne dass dabei die Qualität leidet. Und das eröffnet den Raubkopierern jetzt ganz neue Möglichkeiten. Es gibt einen Bericht der Zeitschrift Soft Talk, die schreibt schon im Oktober 1980 über dieses Problem. Mit dem Boom der PC-Industrie schreibt sie einhergehe, eine Habgier vieler Benutzer, die die Gesundheit der Branche bedroht. Es sei eine neue Form der Piraterie, aber die Beute besteht nicht mehr aus Diamanten und Dublonen, sondern aus Plastik in Form von Disketten.
Chris:
[2:14:52] Sehr poetisch.
Henner:
[2:14:53] Ja, und sie hat ja auch recht, das Problem wird nicht so schnell behoben. Das setzt sich in den 80ern fort und da gibt es ja einige Diskettenboxen bei manchen C64-User, die nur bevölkert sind mit Schwarzkopien und da ist kein einziges Originalspiel drin.
Henner:
[2:15:11] Die Hersteller versuchen dem entgegenzuwirken mit verschiedenen Maßnahmen. Es gibt da Aufklärungskampagnen, zum Beispiel aus den 90er Jahren, diese US-amerikanische Herstellervereinigung, die das mit einem leicht fremdschämigen Song versucht. Den hat der ein oder andere vielleicht schon mal gehört. Der heißt Don’t Copy That Floppy. Hören wir mal kurz rein.
Sound:
[2:15:40] Okay, when you buy a disc, you’re saying to the team, we respect what you do and what you’re working for. We’ll keep up our support so you can make us some more. We’ll do the right thing and the future will be clear. There will be new programs year after year. Don’t copy. Don’t copy that floppy.
Henner:
[2:15:59] Ja, das wird niemanden abgehalten haben davon, diese Diskette zu kopieren.
Henner:
[2:16:04] Etwas wirksamer sind da schon Kopierschutzverfahren, aber die werden auch schnell ausgehebelt. Das sind dann zum Beispiel nicht standardgemäße Sektoren auf der Diskette, die von einem normalen Leseralgorithmus nicht erkannt werden und ein normales Kopierprogramm scheitert daran, diese Diskette richtig auszulesen, kann sie also auch nicht richtig schreiben. Und so läuft der Kopiervorgang ins Leere. Aber auch das wird sehr schnell ausgehebelt. Es gibt dann neue Kopierprogramme wie Locksmith auf dem Apple II oder Turbo Nibbler auf dem C64. Die umgehen diesen Schutz. Die lesen die Disketten nicht mehr mit den Standardbefehlen Sektor für Sektor aus, sondern einfach Bit für Bit. Und dann wird auch der Kopierschutz mit übertragen. Es gibt natürlich viele, viele weitere Methoden, um das Kopieren zu verhindern oder zumindest zu erschweren. Aber naja, am Ende gewinnen immer die Cracker. Und so kommt es dann auch, dass ich zeitweise Leerdisketten wahrscheinlich, auch wenn ich keine Zahlen habe, um das zu belegen, deutlich besser verkaufen als vorbespielte Disketten, weil sie einfach für die Raubkopien verwendet werden.
Henner:
[2:17:13] Und das hat noch eine ganz interessante Folge, das erzählt mir ein weiterer Veteran, Heinrich Lenhardt, ein Branchen-Urgestein, der schon bei so ziemlich allen Magazinen war und heute Vivjörg beim Spiele-Veteranen-Podcast, der erzählt etwas über Disketten-Labels.
Einspieler:
[2:17:30] Ach, die Diskette, ein geradezu magischer Datenträger mit einer gewissen Sinnlichkeit. Und da denkt man natürlich vor allen Dingen an die 5,25 Zoll Disketten für den C64 und Co., diese labbrigen Dinger. Aber hier ist ein Detail, dass diese Disketten alle irgendwie gemeinsam haben, wenn auch in unterschiedlicher Größe die Bedeutung.
Einspieler:
[2:17:54] Des Aufklebers. Ich habe noch im Kopf, es gab mal eine Leserumfrage im 64er Magazin und da ging es um die Kriterien beim Leerdiskettenkauf, denn man erinnert sich vielleicht, die ein oder andere Sicherheitskopie natürlich neben den zahlreichen Hausaufgaben, die man gespeichert hat. Also man hatte doch als Spieler einen gewissen Diskettenbedarf und das waren gar nicht wenige Firmen, die haben auch Anzeigen geschaltet und so. Deswegen sind dann über die Anzeigenabteilung, also die Gesamtergebnisse der Umfrage weitergegeben worden. Und was manchen Vertreter der Industrie damals völlig überrascht hat, war anscheinend, dass der Aufkleber mit Abstand das wichtigste Bonus-Feature war. Und zwar im Sinne von, wie viele sind denn dabei? Das war ja alles wieder beschreibbar und man hat vielleicht mal was ausprobiert. Und dann, neue Disketten waren nicht billig, kamen neue Ware drauf sozusagen. Also wurden jene Diskettenmarken bevorzugt, wo ein paar zusätzliche Aufkleber dabei waren. Also falls jemand den Erinnerungen hat, dass bei manchen Disketten im Laufe der späten 80er Jahre auf einmal mehr Aufkleber mit in der Packung waren, dann könnte das auch daran gelegen haben, dass der 64er da mal eine Umfrage zu dem Thema gemacht hat. So, ich übergebe jetzt wieder an die Sendezentrale.
Henner:
[2:19:20] Ja, das wusste ich auch noch nicht, dass die Leute in den 80er-Jahren ihre Disketten danach gekauft haben, wie viele Labels beiliegen.
Chris:
[2:19:27] Das fand ich auch faszinierend. Damit Raubkopien attraktiv werden, muss es natürlich erst mal Software geben, die attraktiv genug ist, dass man sie kopieren möchte. Und das sind oft genug Spieler. Die Diskette ist natürlich auch das Medium, auf dem dann über kurz oder lang die meisten Spieler ausgeliefert werden. Es ist nicht ganz klar, wann das erste Spiel auf Diskette in den Handel gegangen ist. Wahrscheinlich rund um das Jahr 1979. Da erscheint die Brosage benannte Adventure Disc A für den Apple II und den TRS-80.
Chris:
[2:19:58] Auf dem IBM PC, der ja 1981 rauskommt, ist die Diskette von Anfang an der Datenträger der Wahl, also auch für Spiele. Schon am ersten Tag gibt es von Microsoft selbst das Microsoft Adventure auf Diskette und natürlich Donkey Bus, das ist ja bei Microsoft Basic mit dabei. Die Diskette ist auch deswegen für Spiele relevant, weil sie durch das Nachladen Spielinhalte erlaubt, die größer sein können als der Arbeitsspeicher des Computers. Und damit können sie auch komplexer sein. Also zum Beispiel Rollen- und Strategiespiele statt nur Arcade-Umsetzungen. Es gibt solche Spiele schon auf Kassette, wo Levels nach Bedarf nachgeladen werden. Sogenannte Multi-Load-Titel, Defender of the Crown zum Beispiel für den C64, das kommt auf zwei doppelseitigen Kassetten. Aber das ist halt ein mühsamer Prozess. Wenn diese Levels nicht in der festen Reihenfolge gespielt werden, dann müssen die Spielenden regelmäßig das Band wechseln und zu einer bestimmten Stelle spulen und von da laden. Deswegen erscheinen viele der umfangreicheren, der komplexeren Spiele, zum Beispiel die frühen Ultima-Spiele, ausschließlich auf Diskette und gar nicht erst auf Kassette.
Henner:
[2:21:07] Wobei bestimmt Raubkopien auf Kassette existierten, aber naja.
Henner:
[2:21:12] Von diesem größeren Speicherplatz und von dieser Möglichkeit, jederzeit Daten nachzuladen, profitiert dann teilweise auch die Grafik eines Spiels oder die audiovisuelle Qualität. The Hobbit zum Beispiel, dieses Adventure von 83, das erscheint für den C64 anfangs auf Kassette mit ziemlich schlichter Grafik, selbst für diese 8-Bit-Plattform und ohne Musik. Aber 1985 kommt dann noch eine Neuauflage, ein HD-Remaster, würde man heute dazu sagen, auf Diskette.
Henner:
[2:21:42] Und da ist die Grafik jetzt viel schöner und es gibt Musik dabei. Und das wird alles möglich durch die größere Kapazität der Diskette. Also ein Spiel auf Diskette ist in vielen Fällen besser als ein Spiel auf Kassette. Sie können auch deswegen umfangreicher, komplexer werden, weil die Diskette ja den Umgang mit Speicherständen erleichtert. Wir haben es schon vorhin beschrieben, im Bürokontext dieses Dokumentenmanagement, das Management von einzelnen Dateien, das hilft ja auch beim Spielen, denn so kann ich ein Spiel abspeichern mit einem selbstbenannten Speicherspielstand auf einer eigenen Spielstanddiskette und am nächsten Tag fortsetzen. Das heißt, auf die Weise sind viel komplexere, viel abendfüllendere, längere Spiele möglich. Nicht nur einfache Arcade-Umsetzungen, die ich fünf Minuten lang spiele und dann fange ich von vorne an, sondern komplexe Strategiespiele oder Rollenspiele, die ich über Wochen, über Monate hinweg weiterspiele und dabei mit mehreren Spielständen hantiere. Ich hatte früher auch eigene Disketten, die nur für Spielspeicherstände bestimmter Spiele reserviert waren. Eine Pirates-Speicherdiskette, eine SimCity-Städte-Speicherdiskette und so weiter. Hattest du sicher auch?
Chris:
[2:22:53] Ja, natürlich.
Henner:
[2:22:54] Also wir haben sie nicht nur für Raubkopien benutzt, die Disketten. Wir haben auch was Sinnvolles gemacht, was Legales. Und man konnte natürlich auf der Diskette auch eigene Kreationen hinterlegen, eine eigene SimCity-Stadt, klar, aber auch eigene Konfigurationsdateien, angepasste DOS-Startdisketten zum Beispiel oder selbst erstellte Maps oder Cheat-Programme, was auch immer ich Freunden weitergeben wollte oder Viren, das konnte ich auf Disketten sehr einfach machen. Das ging auf der Kassette nicht im gleichen Maße. Wir haben gerade sehr viele Vorteile der Diskette aufgezählt. Also so verhalf die Diskette schließlich dem Computer, insbesondere anfangs dem Heimcomputer, als Spieleplattform zum Durchbruch. Und der Heimcomputer hat zumindest in Europa den Rückstand gegenüber den Konsolen so langsam aufgeholt. Die hatten ja ihre Module und dadurch sehr, sehr kurze Ladezeiten. Das Handling war sehr viel einfacher als bei der Kassette. Aber mit der Diskette haben die Heimcomputer einiges an Boden gut gemacht.
Henner:
[2:23:56] Und so haben dann auch die Computer in den späten 80er Jahren ihre Modulschächte verloren. Wir haben es ja beschrieben, die frühen 8-Bit-Computer wie der C64 oder der Atari 800, die hatten noch eigene Modulsteckplätze. Die Nachfolgesysteme der Atari ST, der Amiga, die haben das nicht mehr. Die setzen jetzt voll auf die 3,5 Zoll Diskette. Das Konsolenlager wurde neidisch auf diese neue Technik und einige Konsolen haben im Gegenzug eigene Diskettenlaufwerke bekommen. Aber das waren Nischenanwendungen. Das Fermicom Disk System und das N64DD, die kamen auch nur in Japan raus. Sprechen wir vielleicht eines Tages mal drüber in einer Stay Forever Technik Bits Folge, aber das ist eine Randnotiz der Geschichte geblieben.
Chris:
[2:24:44] Also in den späten 80ern bis in die frühen 90er hinein sind die Disketten das Medium der Wahl auf den Heimcomputern, aber irgendwann erreichen die auch die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit. Das sieht man auch wieder sehr gut an Spielen, denn im Laufe der Jahre werden die Spiele immer größer und damit schrumpft dann so langsam der Vorteil der Diskette als ein schneller Datenträger. Man muss zwar immer noch keine Kassette spulen, aber dafür beginnt es jetzt mit dem Diskettenwechsel. Und je größer das Spiel, desto mehr kann das ausarten. Berühmterweise erscheint auf dem Amiga ja zum Beispiel Monkey Island 2 im Jahr 1992 auf elf Disketten. Oder Beneath the Steel Sky von 1994 auf 15. Bing 1995 in der erweiterten AGA-Version für den Amiga 1200 sogar auf 19 Disketten.
Henner:
[2:25:32] Wahnsinn.
Chris:
[2:25:33] Und je nachdem, wie gut das dazugehörige Programm programmiert ist, muss man mehr oder weniger oft die Diskette wechseln. Teilweise bei einem Grafikadventure zum Beispiel beim Wechsel zwischen einem Schauplatz.
Chris:
[2:25:44] Und das kann natürlich ausarten. Aber die Tatsache, dass die Spiele sich jetzt dann auf so viele Disketten erstrecken, ist jetzt nicht nur für die Nutzer anstrengend. Das ist auch für die Hersteller von den Spielen nicht ideal. Denn natürlich sind mehr Disketten ein relevanter Kostenfaktor. Und das nicht nur, weil jede Diskette bezahlt werden muss. Die muss ja auch bespielt werden. Also die Vervielfältigungskosten steigen, der Aufwand steigt. Und viele Disketten erhöhen auch das Gewicht der Packung. Wer mal eine Box mit zehn oder mehr Disketten in der Hand hatte, der weiß, dass das gut was ausmacht. Damit steigen die Transportkosten. Die Packungen müssen das auch aufnehmen können. Die frühen C64-Spiele, die erscheinen ja in so kleinen Plastik-Cases. Oder Electronic Arts hat berühmterweise seine frühen Spiele in so hübschen Plattencover-Packungen rausgebracht. Da passt so eine dünne 5,25 Zoll floppy auch easy rein. Aber schon zwei oder drei davon beginnen das dann auszubeulen. Und erst recht die 3,5 Zoll Disketten, da ist das irgendwann dann nicht mehr zumutbar. Da stehen dann die sogenannten Big Boxes. Also so eine richtig ordentliche Schachtel, die Platz hat nicht nur für ein hochwertiges Handbuch und eventuell Beigaben, sondern halt vor allem auch für mehrere Disketten. Also der Formfaktor der Packung passt sich da auch der Tatsache an, dass da halt einfach immer mehr reinpassen muss.
Chris:
[2:26:57] Aber gerade bei den Computern, die ab Werk noch keine Festplatte haben, also wie der C64 oder der Amiga 500, heißt mehr Disketten halt auch mehr Wechselarbeit für die Person, die da vorsitzt.
Chris:
[2:27:07] Und manche Spiele machen aus der Not dann auch eine Tugend. Zum Beispiel gibt es dann nette Aufforderungen zum Diskettenwechsel statt einer profanen Texteinblendung mit einem hübsch gestalteten Bildschirm. Zum Beispiel beim C64-Spiel G.I. Joe, da scheint dann so ein grimmiger Soldat und der befiehlt dem Spieler, turn the disc over. Oder Secret of Monkey Island, das macht er ja auch Witzchen dann drüber. Da versucht man einen vermeintlichen Geheimraum zu betreten und dann kommt die Einblendung, man solle Diskette 22 einlegen oder eine andere Zahl. Ich glaube, das ist zufällig eine hohe, zufällige Zahl, die da angegeben wird. Natürlich hat das Spiel nicht so viele Disketten.
Henner:
[2:27:43] Bei späteren Computern, insbesondere beim IBM-PC, wird dieses Problem mit dem ständigen Diskettenwechsel ja auch gelöst. Dadurch, dass man halt von Festplatte spielt und nicht mehr von der Diskette. Da wird das Spiel dann immer noch auf Diskette ausgeliefert, aber dann ist die Diskette nur noch ein Installationsmedium und kein Spiele-Lademedium mehr. Das heißt, man braucht die Diskette eigentlich nur ein einziges Mal, um das Spiel eben zu installieren. Das kann natürlich auch eine Weile dauern, auch mal ein paar Stunden, bis das Spiel dann endlich auf der Festplatte gelandet ist. Aber zumindest hat man danach nicht mehr diesen Stress.
Henner:
[2:28:16] Und die Zahl der Disketten, die ist bei den Spielen zumindest nicht so hoch wie bei den Anwendungen. Da gibt es noch extremere Auswüchse. Bing hast du gerade genannt mit 19 Disketten. Aber die Anwendungen, die seriöse Software, die übertrifft das noch. Windows 98, das gibt es optional auf 38 Disketten.
Chris:
[2:28:34] Kass.
Henner:
[2:28:35] Und Office 97 Professional, das scheint wohl so der traurige Höhepunkt zu sein. Das gab es optional auf 55 Disketten. Aber ich sage optional, denn im Handel gab es das nur auf CD, vernünftigerweise. Aber es lag da bei Office 97 ein Coupon bei anfangs. Mit dem man bei Microsoft gegen eine kleine Gebühr eine Diskettenversion bestellen konnte. Da musste man diesen Coupon ausfüllen und im Original an Microsoft schicken nach Irland. Eine Kopie des Coupons galt nicht. Microsoft mag keine Kopien, das ist immer noch so. Und dann hat man innerhalb von einer Woche angeblich so einen Diskettenstapel bekommen.
Chris:
[2:29:12] Da ist dann der große Lieferwagen vorgefahren von Microsoft. Und auf der Palette wurde dann Office 97 ausgeladen.
Henner:
[2:29:19] Genau. Und ich wollte das mal erleben, Christian. Also habe ich es ausprobiert, ob es dieses Angebot vielleicht noch gibt bei Microsoft. Ich habe so einen Coupon eingeschickt, eben original. Aber nach einer Woche habe ich nichts von Microsoft gehört. Auch nicht nach zwei Wochen. Und naja, muss ich fairerweise ergänzen. In der Anleitung, die dazu gehört, auf diesem Coupon steht, dieses Angebot gelte nur, solange der Vorrat reicht. Und wahrscheinlich ist der einfach erschöpft. Aber es gibt ein Schlupfloch, Christian. Das steht nur in der deutschen Fassung drauf, nicht in der englischen. Also habe ich auch ein englisches Office 97 besorgt. Da steht es nicht. Und das auch noch mal eingeschickt. Ich dachte mir, vielleicht haben die einfach in Irland mehr von den englischen Disketten lagern als von den deutschen. Vielleicht ist das nicht begrenzt. Aber da kommt wieder nichts. Und dann habe ich das getan, was für so ein Fall vorgesehen war. Das steht da nämlich auch explizit drauf. Ich habe einen Fax an Microsoft geschickt und nachgefragt.
Henner:
[2:30:15] Aber das gab leider nur eine Fehlermeldung. Das Zielgerät war nicht mehr erreichbar. Wahrscheinlich ist das also vor ein paar Jahren abgeschaltet worden, dieses Faxgerät. Dann habe ich den Microsoft Support kontaktiert. Der konnte mir erst mal nicht helfen, weil ich die Software ja nicht im Microsoft Store gekauft habe. Aber irgendwann hat der Mitarbeiter begriffen, dass es den Microsoft Store im Jahr 97 noch nicht gab. Das Ende vom Lied, er konnte mir auch nicht helfen. Also ich habe bis heute keine Diskettenversion von Office 97 Professional erhalten. Vielleicht kommt sie ja noch. Vielleicht kommt morgen überraschenderweise doch noch dieser Lieferwagen mit den Disketten. Aber ich rechne nicht mehr damit.
Chris:
[2:30:54] Du musst den Intel Support einschalten.
Henner:
[2:30:56] Ja, die können das. Die sind auf Zack in der Hinsicht.
Chris:
[2:30:59] Ja, vielleicht haben die gute Drähte zu Microsoft.
Henner:
[2:31:01] Vielleicht. Ich fürchte aber, dieses Fulfillment Center in Irland, das existiert einfach nicht mehr.
Chris:
[2:31:08] Ja, wie schade.
Henner:
[2:31:09] Ja, wirklich schade. Naja, die Ära der Diskette ist nun mal bei Microsoft irgendwann mal beendet gewesen und das gilt auch für den Rest der Branche, denn irgendwann mal ist der technische Fortschritt erlarmt, Disketten sind nicht mehr kleiner geworden und die Kapazität ist nicht mehr gestiegen und dann hat die Zeit irgendwann mal die Diskette überholt. Wie kam es denn dazu? Warum haben wir heute keine Disketten mehr?
Chris:
[2:31:35] Tja, also erstmal ist zwar mit der 3,5 Zoll Diskette der technische Fortschritt erlarmt. Die ist ja über die 1,44 Megabyte im Massenmarkt zumindest nicht rausgekommen. Aber die Zahl der jährlich verkauften Diskettenlaufwerke steigt noch lange weiter. Die klubigeren Vorgängerformate, die kamen zusammen nie über 20 Millionen Stück. Aber das 3,5 Zoll des Kettenlaufwerk, das hat seinen Höhepunkt im Jahr 1998. 120 Millionen Mal allein in diesem Jahr verkauft.
Henner:
[2:32:05] Irrsinn, ja.
Chris:
[2:32:07] Und das ist nur das Laufwerk. Die passenden Medien, die erreichen in den späten 90er Jahren jährliche Stückzahlen von über 5 Milliarden Stück. Das ist der Höhepunkt. Aber dann beginnt der Abstieg.
Henner:
[2:32:18] Ja, da passt dann auch Call of Duty drauf, auf diese 5 Milliarden Disketten. Ja, kurz vor der Jahrtausendwende in den späten 90ern kommt die Diskette so langsam mal aus der Mode. Das liegt vor allem natürlich an dieser begrenzten Kapazität. Du hast es ja gerade gesagt, über die 1,44 Megabyte ist sie nie wirklich hinausgekommen. Und das wird immer hinderlicher, denn Programme werden viel größer, die Dateien werden immer größer. Und der PC wird ja auch vom Arbeitsgerät, das immer nur Word-Dateien abspeichern muss und sonst nichts, zur Multimedia-Zentrale zu dieser Zeit. Das heißt, da läuft auch digitale Musik drauf, da laufen Videos und dafür sind Disketten nun wirklich viel zu klein.
Henner:
[2:32:59] Das heißt, man muss immer häufiger große Dateien aufteilen für den Transport auf mehrere Disketten. Das haben wir auch damals häufiger gemacht, wenn wir eine frisch runtergeladene MP3-Datei im Freundeskreis teilen wollten. Für eine E-Mail waren die zu groß, dann haben wir sie halt aufgeteilt auf mehrere Disketten. Wie man das nicht machen sollte, das erzählt mal unser Grafikkünstler Paul in einer eigenen Anekdote.
Einspieler:
[2:33:24] Ich habe euch heute eine eher traumatische Disketten-Geschichte mitgebracht, also jedenfalls für mich traumatisch. Es geht um das Spiel Doom, das muss 1995 oder 96 gewesen sein, ich war da in der dritten oder vierten Klasse. Und mein Kumpel Sebastian hatte einen 386er zu Hause und auf dem hatte er Doom drauf.
Einspieler:
[2:33:44] Und das wollte ich unbedingt haben, ich fand das total toll. Also habe ich von zu Hause einfach jede Menge Disketten mitgebracht und wollte das Ding da drauf kopieren, das kann doch nicht so schwierig sein. Und das klappte nicht, denn eine Datei war zu groß. Ich glaube, das war die Doom.WAD, wenn ich mich jetzt nicht irre, aber das ist gefährliches Halbwissen. Aber ich habe das überhaupt nicht verstanden. Das Spiel kam doch auch auf einer Diskette zu ihm. Also wieso konnte ich das jetzt da nicht drauf kopieren? Und ich habe alles Mögliche probiert an mehreren Tagen, die ich dann danach noch bei ihm war. Wir hatten auch immer nur kurze Zeitfenster, in denen wir an den PC durften. Das war wie früher üblich, so ein Familien-PC, der irgendwo im Wohnzimmer an der Ecke stand. Da durften wir jetzt nicht die ganze Zeit dran rumhocken. Und ich habe sogar mit dem MS-DOS-Editor versucht, diese Datei in zwei Teile irgendwie aufzuteilen, damit die auf die Diskette draufpasst, aber keine Chance, das hat nicht funktioniert. Gut, ich war zu dem Zeitpunkt auch erst neun Jahre alt oder so und habe erst Jahre später erfahren, was Komprimierungsverfahren und Co. Sind und dass eine Datei natürlich auf Diskette viel kleiner sein kann, als dann im entpackten Zustand auf der Festplatte. Aber das habe ich dann später selber erfahren, als ich leidgeplagt vor der Installation von Star Trek Judgment Right saß und gefühlt stundenlang Disketten wechseln musste. Aber gut, das ist eine andere Geschichte.
Chris:
[2:35:04] Das hat mich daran erinnert, Pauls Anekdote, dass wir ja, wie du gerade sagtest, damals große Dateien auf mehrere Disketten aufgeteilt haben und das Zauberwort hieß PK-Zip und PK-Unzip. Das waren mit die wichtigsten Tools im Diskettenmanagement damals, weil die halt nicht nur Dateien komprimieren konnten, verkleinern konnten, sondern vor allen Dingen auf mehrere Disketten verteilen.
Henner:
[2:35:23] Das war unverzichtbar für einige Jahre zumindest. Und die ganze Branche empfand die Diskette noch als unverzichtbar für einige Jahre, obwohl sie technisch längst überholt war. Noch in den späten 90er Jahren enthalten praktisch alle neuen PCs, also ich spreche von den IBM-kompatiblen PCs, diese uralten Laufwerke. Aber dann beginnt das so langsam zu bröckeln, die Dominanz der Diskette und die Unverzichtbarkeit.
Henner:
[2:35:49] Damals hat Microsoft jährlich gemeinsam mit Intel so eine Hardware-Empfehlung rausgegeben, den PC Hardware Design Guide. Der wurde für einige Jahre jährlich aktualisiert, auch abgekürzt als PC 97 oder PC 98 je nach Jahrgang. Und im Jahr 97 steht da schon drin, der Disketten-Controller, der Floppy-Controller, der sei nur noch optional. Man könne ein Disketten-Laufwerk einfach bei Bedarf per USB anschließen, wenn man denn unbedingt eins bräuchte. Aber die Branche folgt dem noch nicht so ganz, noch enthalten halt alle PCs so ein Laufwerk.
Henner:
[2:36:25] Wer da schon einen Schritt weiter ist, ist Apple. Denn der erste iMac, der 1998 erscheint, der kommt ohne Legacy-Technik raus, ohne all diese uralten, überkommenen Anschlüsse und Technologien der 80er Jahre, ohne PS2-Anschlüsse oder serielle Ports oder Parallelports und eben auch ohne Diskettenlaufwerk.
Henner:
[2:36:47] Das ist schon sehr fortschrittlich. Das ist damals auch umstritten und es gibt dann auch Bastellösungen, wie man ein Diskettenlaufwerk nachrüsten kann. Aber das weist den Weg in die Zukunft. Bei den IBM-PCs dauert das trotzdem noch so ein bisschen länger. Erst in den frühen 2000er Jahren verzichten da nach und nach einige PCs auf das Diskettenlaufwerk Dell zum Beispiel ab dem Jahr 2003. Und im Jahr 2007, da gibt es eine Marktuntersuchung, enthalten nur noch 2% aller neu verkauften PCs und Laptops ein Diskettenlaufwerk. Das heißt, da ist es nun wirklich fast zu Ende und es gibt auch eine große US-Handelskette PC World, die in diesem Jahr 2007 verkündet, die Laufwerke nicht mehr zu verkaufen, sobald die Lagerbestände aufgebraucht sind. Und in der Zwischenzeit ist auch die Zahl der verkauften Disketten stark geschrumpft. Du hast den Höhepunkt ja genannt. Fünf Milliarden Stück waren es mal Ende der 90er Jahre. Jetzt sind es nur noch einige hundert Millionen, die jedes Jahr verkauft werden.
Henner:
[2:37:49] Aber worauf haben wir denn dann unsere Daten gespeichert, Christian? Gab es denn da einen Nachfolger? Floppy 2 oder sowas?
Chris:
[2:37:58] Es gab zumindest keine Daten. Ich kann dir sagen, worauf ich meine Daten nicht gespeichert habe, nämlich auf den Produkten der Firma Iomega. Aber da gab es durchaus einige Menschen, die das gemacht haben. 1982 schon haben die ein Gerät namens Bernouille-Box rausgebracht, eine Art Hochleistungsdiskettenlaufwerk. Das kann auch Medien mit 8 Zoll lesen, aber nicht die alten Floppy-Discs, sondern das ist ein neues, ein eigenes Format. Und das zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass die Scheibe, die da drin liegt, viel schneller rotiert wird. 1500 Mal pro Minute und damit bringt man dann bis zu 20 Megabyte auf so eine Scheibe. Das ist also von der Funktionsweise wieder ganz ähnlich zur Festplatte, aber ist halt Medium und Laufwerk getrennt und damit tragbar im Gegensatz zur Festplatte. Und dieses System, diese Bernouille-Box, die hält sich über zehn Jahre lang auf dem Markt. Am Ende bringt es dieser Datenträger sogar auf 230 Megabyte. Aber das ist was für den Profimarkt. Das kostet ganz schön viel. Also das 20 Megabyte Modell, das kriegt man im Jahr 1984 für 3.700 Dollar. Das wären nach heutiger Kaufkraft 11.000 Euro, die man dafür hinlegen müsste. Nochmal deutlich mehr als ein kompletter Macintosh, was ja eh schon eine super teure Plattform damals ist.
Chris:
[2:39:13] Aber in den 90ern nimmt iOmega dann nochmal einen neuen Anlauf, versucht es da dann doch im Publikumsmarkt. 1995 kommt die SIP des Graus und die könnte der eine oder andere tatsächlich noch kennen. Das sind also auch so robustere, größere, diskettenförmige Datenträger. Die haben eine Kapazität von anfangs 100 MB, später dann bis zu 750 MB.
Chris:
[2:39:35] Die haben nur das Problem und damit sind wir wieder bei der Bedeutung von dem Interface der Schnittstelle. Das sind ja externe Laufwerke, die werden über den Parallelport an den Computer angeschlossen. Und das ist doch ziemlich langsam, denn 100 Megabyte zu übertragen wird damit dann wieder zur Geduldsprobe, fast als würde man beim C64 wieder vom alten Floppy-Laufwerk lesen, ohne Beschleunigung.
Chris:
[2:39:58] Und dieser alte Parallelport-Anschluss wird ja auch noch direkt durch den Hauptprozessor gesteuert. Also in der Regel wird dann auch noch das ganze System lahmgelegt, während ja was von der ZipTIS geladen wird. Da gibt es später dann auch Modelle, die den USB-Port benutzen. Die sind dann natürlich schneller. Aber diese ZipTIS setzt sich trotzdem nicht breit durch, obwohl sie doch noch das erfolgreichste von diesen verschiedenen Nachfolgeformaten ist. Aber sie erreicht halt nie die kritische Masse, dass man das als Standard ansehen
Chris:
[2:40:25] könnte. Auf ihr Mega geht zum Beispiel auch noch die Superdisk zurück. Die wird aber von denen nicht zur Marktreife gebracht, sondern dann von einer Tochter von 3M, einer Firma namens iMation. Und diese Superdisk, die gibt es in zwei Varianten mit 120 Megabyte oder 240 Megabyte auf wieder einem 3,5 Zoll Medium. Das Interessante daran ist, die Laufwerke sind abwärtskompatibel. Also da kann man sowohl Superdiscs drin lesen, als auch ganz normale 3,5 Zoll Disketten. Man kann diese alten 3,5 Zoll Disketten sogar überformatieren in so einem Laufwerk und bringt dann da 32 Megabyte drauf unter. Das ist schon ganz cool. Auch die Technik ist fortschrittlicher. Der Lese-Schreibkopf, der da drin ist, wird jetzt mit einem hochpräzisen Laser gesteuert. Deswegen heißt dieses Prinzip auch Floptical, als Mischung aus Floppy und Optical. Nicht der allerschönste Name.
Henner:
[2:41:19] Aber prophetisch.
Chris:
[2:41:20] Ein bisschen prophetisch, genau. Aber das Hauptproblem von dieser Technologie ist, dass die ziemlich unzuverlässig ist. Dementsprechend kann sich das jetzt nicht durchsetzen im Markt. Es gibt auch noch andere Varianten, zum Beispiel Sony, die 98 einen Versuch unternehmen mit einem Laufwerk namens Hi-FD. Auch das wieder hat 3,5 Zoll Disketten, also ein spezielles Format davon. Da passen 150 MB drauf, später 200. Auch das ist abwärtskompatibel, kann man alte 3,5 Zoll Disketten reinlegen. Aber erstens ist Sony damit ziemlich spät dran. Und zweitens sind die noch unzuverlässiger, produzieren noch mehr Lesefehler. Da muss Sony sogar die erste Generation dieser Laufwerke wieder zurückholen. Was ja schon ganz schön peinlich ist. Also all diesen Nachfolgeformaten gemeinsam ist, dass die Datenträger, die sie benutzen, nach wie vor ein magnetisches Medium sind, nach wie vor beschichtete Scheiben. Aber in den 90er Jahren ist schon klar, die Zukunft des Datenaustausches wird nicht magnetisch sein.
Henner:
[2:42:25] So ist es. Wobei ich das damals gedacht habe, ich hatte ein ZipDrive, kein internes und kein USB angesteuertes, sondern so ein paralleles aus der ersten Generation. Und ja, meine Güte, war das langsam. Fürchterlich. Und das war dann völlig unpraktikabel, diese 100 Megabyte Kapazität auch wirklich zu nutzen. Das hat einfach zu lange gedauert. Und dann habe ich kurz gedacht, ich bräuchte ein Superdisk-Laufwerk, das ist ja ein bisschen schneller und das ist eben abwärtskompatibel und ich war mir ganz sicher, das würde sich durchsetzen.
Henner:
[2:42:55] Ja, ist auch nicht passiert. Stattdessen kam etwas anderes, die CD wurde beschreibbar. Die CD, die gibt es ja schon als CD-ROM sehr viel länger. Wir haben schon mal drüber gesprochen in der Folge über das Philips CDI. Gibt es seit den 80er Jahren und als Datenträger für Software setzt sie sich in den frühen 90er Jahren durch, vor allem dank Rebel Assault oder vielleicht war es auch Myst bei dir oder es war Seventh Guest, eins von diesen dreien.
Chris:
[2:43:22] Bei mir war es Rebel Assault.
Henner:
[2:43:24] Ja, Rebel Assault, bei mir auch. Und die setzt sich sehr schnell durch, zumindest was den Vertrieb von neuen Spielen angeht. Ich habe mal verglichen, auf welchen Datenträgern Spiele rausgekommen sind für den IBM PC. Im Jahr 93 war das in fast allen Fällen noch die Diskette. 94 ist dann schon Gleichstand zwischen Diskette und CD. Und 95 liegt dann die CD deutlich vorne. Und zum Jahresende 95 findest du in Preislisten von Spielemagazinen nur noch ganz vereinzelt Diskettenversionen. Also da dominiert die CD-ROM den Spielemarkt. Und zum Ende des Jahrzehnts hat sie sich dann komplett durchgesetzt, auch auf dem Anwendungssoftware-Markt und bei den Betriebssystemen. Windows 98 ist das letzte Microsoft-Betriebssystem, das man alternativ auch auf Diskette bekommt, wenn man so einen Coupon einschickt und viel Geduld und Glück hat. Und dann kommt noch etwas hinzu, da gibt es erstmals OEM-Versionen von Windows 98 zumindest, die bootfähig sind von CD. Das heißt, wenn du Windows installieren willst, musst du jetzt nicht mehr so eine Boot-Diskette einlegen und von der dann die CD starten, sondern du kannst direkt von der CD starten.
Henner:
[2:44:35] Das war eine Revolution, aber damit ist natürlich die Diskette immer unwichtiger geworden. Also auch für diese Nischenanwendung war sie dann irgendwann gar nicht mehr nötig.
Henner:
[2:44:46] Aber die CD-ROM hat natürlich ein großes Problem, genau wie die allererste Diskette damals von IBM. Sie ist gar nicht wiederbeschreibbar. Das ist ein Read-Only-Memory-Datenträger, also ein nur lesefähiger, nicht wiederbeschreibbarer Datenträger. Das ändert sich mit der CD-R, die ist wiederbeschreibbar. Da kann man spezielle CD-Rohlinge zumindest einmalig mit spezieller Software mit Daten versehen oder auch Musik drauf spielen. Die gibt es seit den späten 80er Jahren, aber diese Technik ist noch viel zu teuer. Erst Mitte der 90er Jahre wird sie langsam erschwinglich und dann kommt 97 auch die CD-RW raus, die wiederbeschreibbar ist. Also nicht nur einmalig beschreibbar, sondern immer wieder. Oder zum Ende der 90er Jahre sind die einzelnen CD-Rohlinge dann auch günstig genug, dass man sie im Alltag einsetzen kann. Aber so ein richtig optimaler Ersatz für die Diskette ist das immer noch nicht, weil eine CD zu beschreiben immer noch ein recht aufwendiger Prozess ist. Nicht nur, dass die einzelnen Rohlinge teurer sind als Disketten.
Henner:
[2:45:50] Das ist auch ein Prozess, für den man spezielle Software braucht. Du musst also dafür erstmal ein Brennprogramm starten, dann die Dateien da reinziehen, dann langsam den Brennvorgang starten und hoffen, dass das alles geht und dass es kein Buffer-Underung-Problem oder sonstiges gibt, womit dann der Rohling verbrannt ist und dann kannst du von vorne anfangen. Also solche Probleme gab es noch und das Ganze ist nicht sehr handlich. Es wird also recht bald deutlich, dass wir noch eine andere Alternative brauchen, noch ein anderes Datenträgersystem, um die Diskette wirklich endgültig abzulösen und das kommt dann zur Jahrtausendwende so langsam auf.
Chris:
[2:46:26] Ja, da kommt dann der wahre Erbe der Diskette. Es ist der USB-Stick. Denn im Jahr 2000 wird der neue USB-Anschluss, der den Wildwuchs der ganzen Anschlussformate am PC eindämmen soll, dann zur Basis für einen Datenträger, in dem Flash-Speicherchips drinstecken. Und das ist der USB-Stick. Das ist anfangs noch arg limitiert, weil der USB-Port der ersten Generation, der ist ziemlich langsam. Aber spätestens dann mit dem USB 2.0, also dem High-Speed-Modus, nimmt das Fahrt auf. Nun haben wir eine Übertragungsrate von 480 Megabit pro Sekunde und das ist flott genug. Der neue Anschluss findet dann ab 2002 auch große Verbreitung, als Intel die Technik in neue Chipsätze einbaut und Microsoft auch passende Treiber dafür in Windows XP integriert. Jetzt wird es also auch einfach, USB-Sticks zu benutzen. Und parallel zu der Geschwindigkeit steigt natürlich auch die Kapazität von den Sticks. Anfangs sind das in der Regel 8 Megabyte und im Jahr 2004 sind wir dann im Standard schon bei einem Gigabyte. Und damit übertrifft der Stick auch die CDR. 2001 kommen auf gleicher technischer Grundlage SD-Speicherkarten auf den Markt. Die boomen überwiegend im Markt der Digitalkameras. 2005 gibt es da auch eine Variante davon, das MicroSD-Format. Und damit werden also die alten magnetbasierten Speichermedien auch aus anderen Gerätegattungen verdrängt, nicht nur auf dem Computer.
Chris:
[2:47:56] Der gute Al Shugart, von dem wir heute ja schon häufig geredet haben, der hat das alles im Jahr 1983 noch nicht für möglich gehalten. Ja, wie auch, möchte man sagen. Da gab es ja dieses Interview in Computer Chronicles und damals hat er unter anderem auch gesagt, Halbleiter-basierte Speichermedien, wie also zum Beispiel die USB-Sticks, die würden die Diskette und andere magnetbasierte Speichermedien niemals ersetzen, weil die Diskette hat einfach ein unschlagbares Verhältnis zwischen Kosten und Kapazität. Und damit hat er ja auch auf 20 Jahre hinaus Recht behalten. Also schon okay, die Prognose. So schlecht ist das gar nicht. Und dann haben wir natürlich auch noch den Boom der Smartphones und der Netbooks, also kompaktere Geräteformen, die ohne jede Magnetspeichertechnik auskommen und die ja auch mobil sind. Also unser Handy heutzutage ist ja in gewisser Weise ein eigener Datenträger.
Henner:
[2:48:49] Das stimmt. Das passiert so ab 2007. Da kommt das iPhone raus und auch das erste Netbook, der Asus-i-PC.
Henner:
[2:48:57] Und im Jahr 2007 passiert noch was, denn da kommen all diese Speichermedien, die du gerade aufgezählt hast und auch die alte Diskette. Ganz neue Konkurrenz aus einer ganz anderen Richtung, nämlich durch die Datenträgerlosigkeit, also die Übertragung und auch die Archivierung von Dateien im Internet, in der Cloud. Und warum 2007? Nun, in dem Jahr gehen einige sehr populäre Cloud-Anbieter online. Dropbox zum Beispiel oder auch von Microsoft der Konkurrenzdienst SkyDrive, der heute OneDrive heißt. Und dann kommt ja auch noch hinzu, dass mehr und mehr Menschen in die sozialen Netzwerke drängen. Facebook ist 2004 gegründet. Und auch darüber lassen sich Dateien, insbesondere Fotos, natürlich leicht verbreiten, sodass man gar nicht mehr unbedingt einen eigenen physischen Datenträger braucht, um Fotos an Freunde weiterzugeben. Streaming-Dienste kommen auf. YouTube wird 2005 gegründet. Das ist noch ein Grund, auf physische Datenträger zu verzichten. Wenn ich Medien einfach jederzeit im Netz abrufen kann, dann brauche ich sie auch nicht mehr zu archivieren oder zu transportieren.
Henner:
[2:50:03] Das ist die technische und die praktische Ebene. Es gibt aber darüber hinaus auch noch eine Meta-Ebene, auf der die Cloud-Technik unseren Umgang mit Informationstechnik und Informationen an sich verändert. Denn mit dem physischen Datenträger wie der Diskette verschwindet auch die Bedeutung des Konzepts der Datei. Das ist ja mit der Diskette erst richtig relevant geworden, weil sie das Dateimanagement so sehr vereinfacht hat. In der Cloud wird es jetzt irrelevant. Die Datei ist keine klar verortete und messbare, greifbare Entität mehr, die ich auf einem Datenträger verwalte und bewege, sondern es ist nur noch ein Link in einer App.
Chris:
[2:50:44] Es gibt überhaupt nach der Jahrtausendwende nur noch wenige Gelegenheiten, wo Nutzer in der Ära von CD und ja den aufkommenden USB-Sticks noch eine Diskette in die Hand nehmen. Aber immerhin, es gibt sie noch. Das ist ja etwas, was heutzutage auch verschwunden ist. Zum Beispiel bei der Installation von Treibern. Da hat man schon ganz gerne nochmal eine Treiber-Diskette benötigt, die man dann einlegen musste. Oder vor allen Dingen bei einem BIOS-Update. Da brauchte man in der Regel noch eine Diskette, weil das ist ja ein kritischer Vorgang. Das konnte man damals nicht von Windows aus anstoßen oder gar über einen Internetzugang, sondern da brauchte man dann eine eigens anzufertigende bootfähige Diskette, wo dieses BIOS-Update drauf war. Und das ist ja nicht so unähnlich dem Micro-Code-Ladeprozess bei einem Mainframe-Computer, für den die Diskette 30 Jahre vorher erdacht worden ist.
Henner:
[2:51:34] Ja, ich bin auch ziemlich sicher, das war das letzte Mal, dass ich produktiv außerhalb des Retro-Kosmos eine Diskette benutzt habe für ein BIOS-Update an einem PC. Ja, das war noch bis weit in das neue Jahrtausend hinein noch üblich, das von einer Diskette aus zu machen. Hätte man auch von der CD machen können, aber man konnte dabei ja das alte BIOS speichern als Sicherheitskopie und das geht natürlich nur auf einer Diskette. Das ist mittlerweile alles nicht mehr nötig. Mittlerweile machen wir BIOS-Updates dann doch von Windows aus oder direkt aus dem BIOS oder aus dem BIOS-Nachfolger EFI heraus. Und so ist die Ära der Diskette dann doch langsam zu einem Ende gekommen. Im Jahr 2011, also 30 Jahre nach Erfindung des 3,5 Zoll Formats und 40 Jahre nach der Erfindung der Diskette oder nach der Einführung der ersten Diskette, stellt Sony als vorletzter Hersteller die Produktion der Diskette ein. Und damit gibt es nur noch einen Hersteller. Der letzte verbliebene Diskettenproduzent zu der Zeit ist Verbatim. Der hält auch noch für einige Jahre durch. Wie lange genau die noch Disketten hergestellt haben, weiß ich nicht. Ich habe mal nachgefragt, aber das haben sie mir nicht verraten.
Chris:
[2:52:42] Wissen sie vielleicht selber nicht.
Henner:
[2:52:44] Vielleicht tun sie es auch noch und schämen sich ein bisschen dafür.
Chris:
[2:52:47] Ja, irgendwo steht eine Maschine im Keller von der Fabrik, wer weiß.
Henner:
[2:52:50] Schön, wie erst denn so langsam gehen der Welt die Disketten aus. Das fängt natürlich an mit den älteren Formaten, vor allem die 8 Zoll und mittlerweile auch die 5 und Viertel Zoll Disketten, die sterben langsam aus. Das zeigt sich dann zum Beispiel bei so einem Retro-Label wie Psytronic Software. Die verkaufen neue Spiele für klassische Systeme wie den C64 auf 5,25 Zoll Diskette in begrenzter Auflage für Retro-Fans. Aber 2023 mussten sie dieses Angebot einstellen, weil der Nachschub an bezahlbaren, neuen, leeren 5,25 Zoll Disketten einfach versiegt ist. Es gibt keine mehr, niemand stellt die Dinger mehr her.
Henner:
[2:53:30] Einige der letzten Vorräte von Disketten in allen Formaten, die lagern bei einem Händler, der betrieben wird von Tom Persky. Das ist nämlich der Betreiber des Online-Shops floppydisc.com. Der wurde in der Presse auch schon als Last Man Standing im Diskettengeschäft bezeichnet. Der hat sich nämlich vor ein paar Jahren, als so die letzten Diskettenproduktionen gerade ausliefen, Dann hat er sich die letzten Millionen Exemplare der produzierten Disketten gesichert, sehr weitsichtig. Der hat also einige Millionen Disketten auf Lager gehabt und er erhält auch weiterhin noch regelmäßig Restbestände, die irgendwo in irgendeiner Kiste in einem Lagerraum auftauchen. Und die verkauft er bis heute. Tom Persky ist damit die letzte Rettung für alle, die heute noch Disketten brauchen. Ich habe mit ihm gesprochen und er sagte, er habe noch einige hundert neue 8 Zoll Disketten und einige tausend fünfeinviertel Zoll Disketten auf Lager und etwa hunderttausend dreieinhalb Zoll Disketten.
Henner:
[2:54:34] Bei denen ist natürlich die Nachfrage am größten klar, da kann man am meisten mit anfangen. Die Preise sind auch noch relativ niedrig, also man kriegt bei ihm im Zehnerpack 3,5 Zoll Disketten neu für 13 Dollar. Die kann man auch anderswo noch kaufen bei Amazon, aber die Vorräte gehen zur Neige. Ich habe ihn gefragt, wie lange halten die denn noch? Und er sagt, ungefähr ein Jahr. Dann ist es Schluss. Er meint, ja, kleinere Mengen wird es dann schon noch geben, aber die Möglichkeit, tausend Disketten oder noch mehr neu zu kaufen, die wird verschwinden. Und das passt ihm auch ganz gut, denn er möchte bald in den Ruhestand gehen.
Henner:
[2:55:11] Und dann kommt noch hinzu, dass Disketten natürlich nicht ewig halten. Selbst wenn sie noch irgendwo seit 40 Jahren im Lagerraum liegen, heißt das nicht, dass sie noch funktionieren. Denn einige Disketten, das kommt darauf an, wie sie gelagert werden und wer sie hergestellt hat, aber einige halten nur einige Jahre, andere einige Jahrzehnte lang. Dann sind sie einfach unbrauchbar, ohne dass man sie benutzt hätte. Sie können auch zerstört werden durch defekte Laufwerke, wenn der Lesekopf aus der Spur geraten ist, wenn das Laufwerk nicht richtig kalibriert ist. Das kann auch passieren, dass dadurch die Diskette kaputt geht. Und die ausfallenden Laufwerke sind sogar noch ein größeres Problem als die ausfallenden Disketten. Richtig gute funktionierende 5,25 Zoll Laufwerke, die sind mittlerweile richtig rar. Die sind ziemlich teuer. So ein gut funktionstüchtiges C64-Diskettenlaufwerk, das ist zuweilen genauso teuer wie der passende Computer. Also nicht nur die Disketten gehen zur Neige, auch die funktionierenden Diskettenlaufwerke. Und somit ist diese lange Disketten-Ära wirklich bald zu Ende.
Chris:
[2:56:15] Wie zuverlässig so ein Datenträger ist, zeigt sich ja in der Regel erst, wenn er längere Zeit im Einsatz war.
Chris:
[2:56:22] Und da, finde ich, schneiden die Disketten gar nicht so schlecht ab. Im Jahr 2016 gab es so eine Meldung bei CNN, die im Internet dann zyffisant rumgereicht wurde, wo CNN sagte, im US-Nuklearwaffenarsenal Nuklearwaffenarsenal werden immer noch 8 Zoll-Floppys benutzt, um die Atomraketen zu steuern. Das ist heutzutage übrigens nicht mehr der Fall, das haben sie inzwischen abgedatet, aber damals war das ein großes Hallo. Und ich würde sagen, nun, wenn man irgendwelche Disketten benutzen will, um sein Nuklearwaffenarsenal zu steuern, dann sollte man doch am besten 8 Zoll-Floppys benutzen, denn die haben kleine Kapazität, große Fläche, Das heißt, große Abstände zwischen den magnetischen Bits, die sind tatsächlich am wenigsten fehleranfällig. Die Zuverlässigkeit der Disketten sinkt ganz allgemein gesprochen mit der Menge an Daten, die du da drauf quetscht. Insbesondere, wenn die vielleicht ein bisschen schlecht produziert sind, dann sind eher die kleineren, dichtgepackteren Diskettenformate viel störungsanfälliger als die großen Daten. Aber nichtsdestotrotz, Disketten sind vergleichsweise durchaus zuverlässige Speichermedien. Ich habe neulich zum Beispiel zufälligerweise eine Mini-Doku gesehen über Film, also über Kinofilme, die ja früher, als sie noch nicht digital aufgenommen wurden, auf Celluloid-Band aufgenommen wurden und die haben eine unglaublich schlechte Haltbarkeit. Also so ein Celluloid-Film, der zerfällt innerhalb von Jahren.
Chris:
[2:57:46] Da gibt es ganz große Probleme, das für die Nachwelt zu erhalten. Bei den Datenträgern gibt es sehr unterschiedliche Angaben, wie die Lebenszeiten da aussehen. Ich habe eine Metastudie von 2011 gelesen. Die hat sich die Eignung verschiedener Datenträger für die Langzeitarchivierung von Daten angeguckt. Da waren jetzt Disketten nicht dabei, aber Magnetbänder. Da wurde die Lebenszeit mit 10 bis 50 Jahren angegeben. Das, was man meistens bei Disketten liest, ist eine Lebenszeit von ungefähr 30 Jahren für die Daten, die da drauf liegen. Aber das ist deutlich besser als zum Beispiel beschreibbare CDs oder DVDs. Da liegt es bei ungefähr 25 Jahren. Flashspeicher ungefähr zwölf Jahre Lebenszeit. Am schlechtesten Festplatten. Da wird auch eine Google-Studie zitiert, wo 38 Prozent der untersuchten Festplatten nach fünf Jahren schon kaputt waren. Die durchschnittliche Lebenszeit wird da mit sieben Jahren angegeben. Gut, Festplatten sind natürlich in der Regel auch viel häufiger im Einsatz, da wird viel mehr drauf geschrieben und gelesen als auf so einer typischen Diskette, aber nichtsdestotrotz so im Vergleich ist die Diskette da gar nicht so schlecht dabei.
Henner:
[2:58:47] Ich kann das auch bestätigen. Ich habe jetzt extra für diese Folge mir mal im Internet eine Diskettenbox mit Amiga 500 Disketten gekauft, um einfach mal zu sehen, was der Besitzer damals so gespielt, gesammelt und gespeichert hat. Das finde ich spannend, fand ich immer schon. Die Diskettenbox war ja so eine mystische Wundertüte. Etwas, worauf man sehr neidisch geschielt hatte, wenn der Nachbar eine 80er-Diskettenbox hatte und man selbst hatte nur eine 40er. Da waren jetzt sehr viele selbstbespielte, kopierte Disketten drin, aber auch viele Originale. Und die selbstbespielten und kopierten, die handbeschrifteten Disketten sind fast alle nicht mehr lesbar. Aber die Original-Disketten, die Spiele, Public-Domain-Software-Sammlungen, die Heft-Disketten, die gekauften, die funktionierten durch die Bank alle noch. Also eine späte Genugtuung für die Softwareindustrie. Da gibt es doch noch einen Vorteil, wenn man eine Originaldiskette gekauft hat, statt eine Kopie anzufertigen.
Chris:
[2:59:39] Sehr gut.
Henner:
[2:59:40] Und die sind ja auch fast 30 Jahre alt. Aus den späten 80ern dürften die stammen. Also das ist wirklich gar nicht schlecht.
Henner:
[2:59:48] Trotzdem, wenn man heute mit alten Gerätschaften zu tun hat, seien es alte Computer oder Atomwaffenlager oder auch Synthesizer zum Beispiel oder Nähmaschinen, die teilweise noch auf Diskettenlaufwerke setzen, Dann sollte man dieses Laufwerk vielleicht besser ersetzen. Es gibt ja mittlerweile sehr gute, ausgereifte Disketten-Emulatoren, also Laufwerke, Geräte im Format eines 3,5 Zoll Laufwerks, die ich in den gleichen Schacht einsetzen und dort an die Anschlüsse anschließen kann, nutzen kann wie ein Diskettenlaufwerk, aber ich schiebe keine Disketten rein, sondern SD-Karten oder USB-Sticks zum Beispiel. Das ist natürlich erheblich bequemer und hält vermutlich auch länger, als weiterhin auf Disketten zu setzen.
Henner:
[3:00:32] Aber einige wollen die Diskette vielleicht gar nicht ersetzen. Ich stellte fest, dass es eine sehr lebhafte Kulturszene gibt rund um die Diskette. Und einige der Kunden von Tom Persky, von seinem Disketten-Shop, sind auch Künstlerinnen und Künstler, die Disketten-Kunstwerke erschaffen. Die bauen daraus Mosaike zum Beispiel. Oder es gibt viele Musiker, Bands, die ihre Musik auf Diskette verkaufen. Eine erstaunlich große Musikszene sogar in dieser Floppy-Musik-Szene. Aber das ist natürlich eine kleine Nische und hat mit dem Massenmarkt nichts mehr zu tun.
Chris:
[3:01:11] Dann lass uns mal zum Abschluss noch darüber sprechen, zusammengefasst, was wir denn der Diskette jetzt eigentlich verdanken, welche Bedeutung sie für den Computermarkt, für die Spiele, für uns als Gesellschaft insgesamt hat. Und man muss erstmal festhalten, die Diskette war erstaunlich lange relevant für den PC-Markt. Das ging los 1978, als Apple das erste Diskettenlaufwerk für den Apple II auf den Markt gebracht hat und hielt etwa bis zum Jahr 1998, als ebenfalls im Apple, also im iMac, auf so ein Laufwerk verzichtet wurde. Vielleicht sogar bis in die 2000er rein, als der PC dann langsam Abschied nahm. Also sagen wir so 20 bis 25 Jahre Relevanz. Und das ist eine Ewigkeit auf dem schnelllebigen Computermarkt, wenn man es insbesondere mit anderen Datenträgern vergleicht. Datenkassetten oder die CDR zum Beispiel, die beschreibbare CD, die haben etwa zehn Jahre durchgehalten. Da war die Floppy-Ära doch sehr viel länger. Und was ist uns von der jetzt geblieben, Henna?
Henner:
[3:02:13] Erheblich mehr, als die Erfinder damals für möglich gehalten hatten. So viel ist sicher. Der Miterfinder Herbert Thompson, der hat mal in einem Interview gesagt, ich trete mich immer wieder selbst dafür, dass ich damals nicht das Potenzial der Floppy erkannte. Ich sah darin lediglich das, als was sie definiert wurde. Also ein Lesemedium für den Mikrocode. Als solche war sie ja ursprünglich mal entworfen worden. Aber die Diskette ist ja weit über das hinausgewachsen, über dieses ursprünglich vorgesehene Nutzungsszenario. Die Diskette hat sehr viele Qualitäten bewiesen, die haben wir ja schon ausführlich beschrieben und damit hat sie sich sehr stark abgehoben vom Magnetband, also sowohl von den alten Magnetbandrollen der Großrechner als auch von den kleinen Magnetkassetten, die wir am Heimcomputer benutzt haben. Und weil sie größere Kapazität hatte, weil sie schneller war, weil sie den direkten Datenzugriff ermöglicht hat, weil sie praktischer war, es gab keinen Bandsalat. Und wegen all dieser Vorteile hat sie dem PC oder auch dem Heimcomputer, das ist ja letztlich das Gleiche, zum Durchbruch auf dem Massenmarkt verholfen. Also die PC-Revolution, der Aufstieg des Mikrocomputers zum Massenprodukt wäre nicht denkbar gewesen ohne die Diskette.
Chris:
[3:03:30] Zudem hat sie eben auch dank der Festlegung auf Standardformate, also insbesondere 5,25 Zoll und dann 3,5 Zoll, die Entstehung des modernen Softwaremarkts mit ermöglicht und damit einhergehend die Explosion des Angebotes an kommerzieller, aber auch an gemeinfreier Software. Insbesondere Anwendungen, aber auch, wie wir sagten, komplexe Spiele haben profitiert von den Eigenschaften der Diskette. Von der hohen Kapazität, von dem wahlfreien Datenzugriff, von der Wiederbeschreibbarkeit. Dadurch konnte sich Software wandeln, wachsen, neue Formen annehmen und hervorbringen. Und das noch bevor sich die Festplatten in den PCs durchgesetzt haben.
Henner:
[3:04:09] Und jetzt haben wir nur von der Diskette als Datenträger für kommerzielle Software gesprochen, aber sie ist ja viel mehr. Ich kann ja auch eigene Dateien drauf abspeichern. Und so erlaubt die Diskette erstmals praktikablen Datenaustausch über das Sneakernet. So wurde es ja auch genannt, das Tonschuh-Netzwerk. Wenn die Computer keinen richtigen Netzanschluss hatten, weder ans Internet noch an ein lokales Netzwerk, weil das zu teuer war, zu aufwendig oder auch gar nicht möglich, im Falle einiger Heimcomputer, dann konnte ich auf diesem Wege trotzdem Daten austauschen. Ob jetzt privat oder beruflich. Das half dem Computer aus der Isolation des Einzelplatzes auszubrechen. So konnte er sich auf rudimentäre Weise vernetzen, auch ohne Netzwerktechnik.
Henner:
[3:04:56] Aber damit haben wir jetzt beschrieben, was die Diskette für uns wirtschaftlich und technologisch bedeutet. Was bedeutet sie denn für uns persönlich oder kulturell?
Chris:
[3:05:05] Das ist vielleicht sogar noch wichtiger als dieser unbestreitbare wirtschaftliche, ökonomische Faktor. Aber die Diskette hat Software greifbar gemacht. Das ist eine physische Manifestation von Software. Viel mehr als andere Datenträger davor, als zum Beispiel auch die Kassette, die ja in erster Linie immer noch im Kopf eine Audiokassette ist. Das heißt, digitale Daten werden versinnbildlicht und stofflich und anfassbar gemacht durch die Diskette. Denn Programmcode und elektronische Dokumente, Dateien, die sind ihrem Wesen nach ja gestaltlos. Das sind ja einfach nur Einsen und Nullen. Aber die werden durch den Datenträger eben greifbar und verortbar und auch kontrollierbar. Und klar, das gilt eben neben der Kassette auch für die CD oder die DVD. Aber wie gesagt, die stehen primär eigentlich für andere Inhalte, für Musik oder für Filme. Und diese Greifbarkeit ist ja auch was, was uns heutzutage in der Cloud-Ära verloren gegangen ist. Du hast vorhin den Tom Persky erwähnt, diesen Diskettenhändler, dem gibt das zu denken. Der hat ja zum Beispiel gesagt, für ihn gehört die Diskette zu den letzten Werkzeugen, die der Mensch intuitiv versteht. Und er habe den Eindruck, dass wir im Diskettenzeitalter zum letzten Mal verstanden haben, wo sich unsere Informationen befinden. Jetzt fließt alles einfach durch den Äther und er findet das irgendwie beunruhigend. Und ich kann das verstehen, dieses Gefühl. Ich teile jetzt diese Beunruhigung nicht, aber die Diskette hat schon etwas Beruhigendes. Sie hat sowas Manifestes. Da liegt sie und da sind meine Sachen drauf.
Henner:
[3:06:32] Und die gehören mir oder das Programm, das ich gekauft habe, gehört mir, weil mir der Datenträger gehört. Und das gibt es ja gar nicht mehr.
Henner:
[3:06:40] Wenn ich heute ein Spiel kaufe in digitaler Form bei Steam oder anderswo, dann erwerbe ich ja auch nur ein Nutzungsrecht. Aber mir gehört die Software nicht. Und das ist mit den physischen Datenträgern wie der Diskette verloren gegangen. Aber die Diskette dient nicht nur der Verwahrung von Dateien oder dem Vertrieb von Programmen, sie ist auch ein Symbol des persönlichen Ausdrucks.
Henner:
[3:07:01] Finde ich, weil wir selbst ihren Inhalt bestimmen können, zumindest wenn wir sie selber beschreiben und wir sie mit unseren eigenen Dateien, mit unseren Erinnerungen, mit unseren Spielständen, mit unseren Gedanken, mit unseren Tagebüchern füllen können. Sehr viele meiner alten Disketten, die im Keller in einer Diskettenbox schlummern für den Atari ST, die sind gefüllt mit persönlichen Texten, die ich damals geschrieben habe. Und das macht die Diskette also zu einem Symbol oder einem Werkzeug des persönlichen Ausdrucks. Nicht nur was den Inhalt angeht, sondern auch das Äußerliche, weil ich sie ja selber über das Label ein bisschen gestalten und beschriften oder bemalen kann. Und das unterscheidet die Diskette doch sehr von einem Spielmodul, das völlig unpersönlich ist, das bei jedem gleich ist, das immer die gleichen Dateien enthält, das nichts von mir enthält, mit dem ich mich nicht ausdrücken kann. Das geht in ähnlicher Form mit der Kassette natürlich, insbesondere mit dem Mixtape aus den 80ern, mit dem man eigene Musik zusammengestellt hat, aber das geht nicht mit dem Modul und das geht auch nicht mit einem Datenpaket von Steam.
Chris:
[3:08:10] Ja und zuletzt steht die Diskette in gewisser Weise auch für Datensicherheit. Das mag ein bisschen komisch klingen, wenn man bedenkt, dass wir vorhin schon ja gesagt haben, dass sich auch Viren verteilen über Disketten und dass ja immer mal wieder auch eine ausgefallen ist. Aber die Diskette kennen wir zum Beispiel auch in ihrer Form als Boot-Diskette. Und da erlaubt sie uns die Rettung von Systemen, die Neuinstallation des Betriebssystems, wenn das unbrauchbar geworden ist oder den Scan durch ein Antivirenprogramm. Und sie ist ein Backup-Medium. Ich würde sogar sagen, das erste wichtige Backup-Medium. Da bewahren wir unsere Daten dann gut geschützt in einer abgeschlossenen Diskettenbox, um sie dann Jahrzehnte später über Ebay an einen Wildfremden zu verkaufen, der dann die Amiga-Disketten durchguckt, um zu schauen, was drauf ist.
Henner:
[3:08:56] Stimmt, das war immer wichtig, dass man die Diskettenboxen abschließen konnte. Das war immer grundsätzlich so ein kleiner Schlüssel dabei.
Chris:
[3:09:02] Ja, immer ein kleiner Schlüssel.
Henner:
[3:09:05] Völliger Unsinn, wenn man da rankommen will, dann schafft man das auch, dieses dünne Plastik zu durchbrechen. Aber es ging und wir haben es auch gemacht, nach jeder Benutzung abgeschlossen.
Chris:
[3:09:13] Natürlich, damit der kleine Bruder nicht rankam.
Henner:
[3:09:16] Genau. Also manch einem IT-Experten stellen sich jetzt die Nackenhaare auf. Natürlich ist die Diskette kein wirklich gutes Backup-Medium, aber wie du schon sagst, das erste wirklich relevante und als solches praktisch nutzbare Backup-Medium, weil ich darauf eben mehrere Dateien auch versioniert in verschiedenen Versionen einzeln abspeichern kann.
Chris:
[3:09:36] Ja, und es ist auch ein Backup-Medium, das die Portabilität von Daten zwischen Systemen ermöglicht und zwischen PC-Generationen. Ich meine, bei den frühen PCs, als wir unseren XT ersetzt haben durch den 386er, den 386er, durch den 486er, das, was mit umgezogen ist, die Daten, die mit umgezogen sind, sind nie auf der Festplatte umgezogen. Die ist immer im alten Gerät drin geblieben, sondern das Wichtige habe ich auf Diskette überspielt oder hatte es schon auf Diskette und damit ist es auf das neue System gewandert.
Henner:
[3:10:04] Also deine eigenen Texte, deine eigenen Spielstände und so weiter. Hast du per Diskette in die nächste Generation gebracht, ja?
Chris:
[3:10:10] Ja, ganz genau.
Henner:
[3:10:12] So habe ich es auch gemacht, als ich vom Atari ST auf den PC umgestiegen bin, in den späten 90ern, viel zu spät. Da habe ich auch meine wichtigsten Texte vom ST auf den PC übertragen. Man konnte die mit der bestimmten Software so formatieren, dass sie in beiden Systemen gelesen werden konnte. Also es war auch ein Vermittler zwischen den Welten, die Diskette, wenn man so will.
Henner:
[3:10:30] Ja, und weil die Diskette also in gewisser Weise für Datensicherheit steht mit Einschränkungen, ist das wenig verwunderlich, dass die Diskette in dieser Form weiterlebt als Symbol für nicht unbedingt Sicherheit, aber für das Speichern, für das Sichern eines Dokuments. Das gibt es ja in zahllosen Anwendungen, nicht in allen, aber zum Beispiel bei Microsoft Office ist das nach wie vor so, wenn ich eine Datei speichern will und sie nicht sowieso automatisch über die Cloud gespeichert wird, wenn ich das also manuell anstoßen will, den Speichervorgang, dann drücke ich auf ein kleines Disketten-Symbol. Bei der Konkurrenz in LibreOffice ist es genauso. In Paint.net, im Edge-Browser, im Foxit-Reader, in ganz vielen verschiedenen Programmen. Ich habe mich hier mal unter Windows durchgeklickt durch meine Software-Sammlung. In ganz vielen Programmen, in Spielen wahrscheinlich eher selten, ist das Symbol fürs Speichern eine Diskette. Und das mag überraschen, weil ja eigentlich dieses Symbol heute von jungen Menschen gar nicht mehr erkannt wird, als das, was es ist. Ich glaube, wenn ich meine Tochter davor setze, dann wird die nicht wissen.
Henner:
[3:11:35] Dass das für eine Diskette steht und was überhaupt eine Diskette sein soll. Und wir speichern ja auch nichts mehr auf Diskette, ist ja Quatsch, sondern wir speichern etwas auf einer SSD oder im Netz.
Henner:
[3:11:46] Aber trotzdem hat sich dieses Symbol erhalten und es hat sich mittlerweile einfach von seiner ursprünglichen Bedeutung entkoppelt. Also man muss darin gar keine Diskette mehr sehen. Es ist einfach nur entscheidend, dass es als solches eindeutig und wiedererkennbar ist. Und dass das Symbol nichts mehr mit dem Original wirklich erkennbar zu tun hat, mit dem Ursprung des Symbols, das ist ja nicht nur bei der Diskette so. Das ist bei ganz vielen etablierten Icons so. Beim Telefonhörer-Icon auf dem Handy zum Beispiel, da wird die junge Generation auch nicht mehr erkennen, was das eigentlich sein soll, dieses komische, hörnchenförmige Ding. Oder das Clipboard-Symbol zum Kopieren oder das Start- und Stopp-Symbol auf jedem Media-Player. Was hat denn das mit dem Vorgang zu tun, was ich da mache, mit dem Starten oder Stoppen? Da ist keine erkennbare Verbindung mehr und so ist es auch bei der Diskette nicht mehr wirklich für die junge Generation zumindest erkennbar, was das überhaupt sein soll, aber es hat sich nun mal etabliert und es wird auch, glaube ich, für alle Zeit so bleiben. Denn dieses Symbol ist einzigartig, es ist unverwechselbar, leicht zu erkennen und das ist das Entscheidende und das führt dazu, dass wir es wahrscheinlich auch bei Office 2100 immer noch zu sehen bekommen.
Chris:
[3:12:59] Und die Diskette steht eben auch dank ihrer Langlebigkeit für eine ganze Ära der Computertechnologie und ist nicht zuletzt deswegen ja auch unser Stay Forever Logo.
Henner:
[3:13:11] Oh, stimmt. Und weißt du was? Ich habe mal ausgerechnet, Christian, wir könnten theoretisch diesen Podcast oder jede andere Folge auch auf eine Diskette vertreiben und verschicken. Denn es gibt mittlerweile Codex, also Audio-Codex, die den Ton so stark komprimieren, dass eine komplette 4-Stunden-Folge Stay Forever-Technik auf eine 1,44-Megabyte-Diskette passen würde. Das geht.
Chris:
[3:13:36] Aber ist das dann noch hörenswert? Möchte man das auch? Hast du es ausprobiert?
Henner:
[3:13:41] Das ist nebensächlich. Ja, ich habe es ausprobiert. Also ich habe keine Folge auf eine Diskette gespeichert, aber ich habe sie so stark runter komprimiert, dass sie passen würde. Und man kann das noch erkennen, was wir da sagen.
Chris:
[3:13:52] Also wenn genügend Menschen sich melden und sagen, ich wäre bereit, für eine solche Diskette ein paar Euro in Zeckel zu werfen, dann machen wir vielleicht eine Special Edition Pressung, Limited Edition und bieten die über den Retro Shirtie Shop an. Die Diskettenfolge auf Diskette.
Henner:
[3:14:10] Schöne Idee. Ich schreibe gleich mal Tom Persky an, ob er mir vielleicht ein paar Disketten schicken kann dafür.
Chris:
[3:14:15] Ja, 13 Euro für einen Zehnerpack brauchen wir nicht so viele, glaube ich. Aber wenn ihr so was haben wollt, dann meldet euch.
Henner:
[3:14:22] Ja, und wenn ihr sonst noch Ideen habt, was man mit Disketten heute noch alles anstellen kann oder wenn ihr eigene Anekdoten aus der langen Disketten-Ära teilen möchtet mit uns, tut das gerne übers Forum oder über Discord. Es gibt ja verschiedene Kanäle, über die ihr das tun könnt.
Chris:
[3:14:39] Genau. Dann bedanke ich mich an dieser Stelle bei euch fürs Zuhören und Henna bei dir für die Recherche und für das angenehme Gespräch und bei all den Leuten, die wir in den Einspielern gehört haben. Vielen Dank an euch und natürlich auch an die Interviewpartner.
Henner:
[3:14:53] Ich danke ebenfalls.
Chris:
[3:14:54] Tschüss.
Henner:
[3:14:55] Tschüss.
Ist das jetzt ein Gag, dass ausgerechnet zur Disketten-Folge das ikonische Podcastbild der SF-Diskette gegen eine furchtbare Fotomontage getauscht wird?
Falls ja: Respekt!
Falls nein: …
Wo ist das Wochenende, wenn man mal eins braucht?
Warum etwas ohne Not ändern
gefällt mir gar icht, hoffe die Folge kann meine Stimmung da etwas bessern
Edit: bei podcast addict kann man zumindest für die Listenansicht das Cover überschreiben
Ui!
Darauf hab ich ja schon so´n bisschen gehofft und bin nun sehr gespannt was es dazu alles zu erfahren und lernen gibt
Ist nicht für dich, du kennst den Cast schon. Wir experimentieren in nächster Zeit ein bisschen mit dem Icon in den Playern.