Final Fantasy Tactics kehrt als The Ivalice Chronicles zurück – schöner, zugänglicher, aber immer noch gnadenlos. Ein Text von Fabian Käufer.

Lebhaft erinnere ich mich daran, wie ich 1998 viele Wochen begeistert ein Buch gelesen habe. Aber keine Schullektüre, natürlich nicht. Es war das dicke, offizielle Lösungsbuch von Prima zu Final Fantasy Tactics, das ich damals als US-Import auf meiner PlayStation spielte. Ohne den Wälzer wäre ich aufgeschmissen gewesen, taktische Rundenkämpfe kannte ich bestenfalls von Shining Force auf einem ausgeliehenen Mega Drive. Aber Final Fantasy Tactics war eine andere, härtere, kompliziertere Nummer.

Mit Müh und Not und wackligen Englischkenntnissen kämpfte ich mich Stunde um Stunde durch Fantasy-Schlachten in der Welt Ivalice, bis mein vermutlich unterlevelter Held Ramza und ich an einem Eins-gegen-Eins-Kampf mit dem Ritter Wiegraf verzweifelten. Ob ich Wiegraf jemals besiegt habe, weiß ich nicht mehr, vielleicht habe ich es verdrängt. Viele Jahre lang habe ich Final Fantasy Tactics (abseits einer kurzen Begegnung mit der PSP-Neuauflage War of the Lions 2007) dann nicht mehr gespielt. Jetzt ist es mit dem neuen Untertitel The Ivalice Chronicles zurück in meinem Leben.

So sah das Spiel noch auf der PS1 aus …
So sah das Spiel noch auf der PS1 aus …

An sich ist diese Neuveröffentlichung keine Überraschung: Square Enix legt ständig alte Spiele neu auf, selbst in staubigsten Nischen gräbt man gern mal was aus. Da ist es logisch, dass über die Jahre auch die großen Namen zu neuen Ehren kommen. Eine relative Überraschung ist aber die Sorgfalt, die in The Ivalice Chronicles geflossen ist. Das Skript wurde nicht nur überarbeitet, sondern auch in andere Sprachen übersetzt, so gibt es auf Wunsch deutsche Texte. Die Grafik wurde verbessert, bewahrt sich aber den Charme des Originals. Außerdem lauscht man erstmals japanischer oder englischer Sprachausgabe, so fühlt sich das Geschehen deutlich lebendiger an. Die Musik ist großartig wie eh und je, da bestand kein Handlungsbedarf.

… und so kommt die Neuauflage daher.
… und so kommt die Neuauflage daher.

Im Original war das Spiel stellenweise gnadenlos schwer, jetzt gibt es einen jederzeit veränderbaren Schwierigkeitsgrad. Außerdem machen eine bessere Benutzeroberfläche und Komfortfunktionen wie automatisches Speichern das Ganze zeitgemäßer. Wer sich an all dem modernen Schnickschnack stört, kann sich zu Spielbeginn auch für eine weitgehend unveränderte Version des Originals entscheiden. Wiegraf gefällt das.

Spielerisch präsentiert sich Final Fantasy Tactics auch nach fast 30 Jahren noch als sehr ausgeklügeltes und tiefes Strategie-Rollenspiel. Auch wenn mich bei solchen Titeln eher die Kämpfe und weniger die Story interessieren, ist die hier erzählte Geschichte um Macht und Verrat ganz spannend. Alternativ lässt sie sich nun vorspulen. Grundsätzlich muss man aber – und das ist für ein solches Spiel sicher ein Lob – viel Zeit und Verstand investieren: Die ersten Schlachten sind schnell gewonnen, später muss man in den 40 bis 50 Spielstunden jedes Ziehen, Zaubern und Zuschlagen sinnvoll planen. Wichtig ist es auch, optimal aufgestellt in die Kämpfe zu gehen. Die Charaktere lassen sich in über 20 Jobs – vom Ritter über den Schwarzmagier bis hin zum Dragoon – ausbilden, es gibt endlos viele Fertigkeiten und Feinheiten.

Die Kämpfe sind das typische Taktieren in Einzelfeld-Arenen.
Die Kämpfe sind das typische Taktieren in Einzelfeld-Arenen.

Den vergleichsweise großen Aufwand, den Square Enix für diese Neuauflage betrieben hat, lässt man sich allerdings auch bezahlen: 60 Euro kostet das Spiel auf den Konsolen, immer noch 50 auf dem PC. Da unter audiovisueller Aufwertung und inhaltlichen Komfortfunktionen noch das gleiche spielerische Herz schlägt, ist das ein stolzer Preis – grundsätzlich ist Final Fantasy Tactics aber immer noch ein Meisterwerk seines Genres.

Das komplexe Jobsystem erlaubt flexible Weiterentwicklungen.
Das komplexe Jobsystem erlaubt flexible Weiterentwicklungen.