TOP 10 | Blizzard Box Art
Meine persönliche Top 10 der besten Schachtelmotive der Firma Blizzard. Ein Text von Paul Schmidt, dem Grafiker von Stay Forever.
Denke ich an Blizzard, denke ich an … Gesichter. Oder besser: große Gesichter auf großen Boxen. Kaum ein anderes Studio hat so konsequent auf Nahaufnahmen gesetzt, egal ob Helden, Schurken oder Dämonen. Mal als klassisches Porträt, mal im Kopf-an-Kopf-Duell – und manchmal so, als wollten sie direkt durch den Karton in unsere Seele starren.
Nach meinen Rankings zu den schönsten Artworks von Westwood und der Might & Magic-Reihe ist jetzt Blizzard Entertainment dran – und die haben im Laufe ihrer Geschichte einige wirklich ikonische Verpackungen abgeliefert. Hier kommen meine persönlichen Favoriten.
10. RPM Racing
Den Auftakt macht mit RPM Racing dann auch gleich ein Frühwerk von Blizzard – bzw. “Silicon & Synapse”, wie sie damals noch genannt wurden. Das Cover ist zweifellos ein Produkt seiner Zeit und zeigt noch nicht die „Erfolgsformel“ der großen, ikonischen Figuren, die Blizzard später perfektionieren sollte. Stattdessen sehen wir hier das, was uns auch im Spiel erwartet: Sportwagen, Monster-Trucks und Explosionen. Die kommen hier zwar allesamt etwas farbenfroher daher, als es im Super-Nintendo-Remake des C64-Originals “Racing Destruction Set” dann tatsächlich der Fall ist, aber das sei verziehen.
9. The Lost Vikings
The Lost Vikings war einer der ersten großen Erfolge von Blizzard. Es ist ein cleveres Puzzle-Plattformspiel, und sein Cover spiegelt diesen Charakter perfekt wider. Die drei ungleichen Wikinger-Helden – Erik, Baleog und Olaf – sind prominent in Szene gesetzt und das Packungsmotiv lässt bereits ihre unterschiedlichen Fähigkeiten erkennen. Das farbenfrohe Artwork auf dem die drei sinnbildlich die vierte Wand durchbrechen vermittelt sofort: Hier geht es um Teamwork und charmante Hauptcharaktere. Das Cover ist insgesamt deutlich weniger martialisch als spätere Blizzard-Motive. Aber nicht weniger ikonisch.
8. Rock & Roll Racing
Ein wilder Genre-Mix aus Rennspiel, Metal-Attitüde und Comic-Krawall: Das Cover von Rock & Roll Racing schreit förmlich nach “90er-Jahre BRAVO-Poster”. Mit seinem Comic-Stil, den um sich schießenden Fahrzeugen und dem Klischee-Metalhead vereint es alle klassischen “Hell Yeah!”-Elemente. Und bricht sie dann – vermutlich ganz bewusst – mit einem fetten Pinkton im Hintergrund. Ein rebellisches, lautes Motiv, das perfekt zu den flotten Rennen des Spiels passt. Und damit auch einen guten Vorgeschmack liefert auf Songs wie “Highway Star” (Deep Purple), “Paranoid” (Black Sabbath) oder “Born to be wild” (Steppenwolf), die als Instrumental-Version im Spiel auftauchen und überraschend nah dran am Original sind.
Die Genesis-Version hingegen setzt mehr auf brachiale Ernsthaftigkeit – und verliert dadurch etwas von ihrem Poster-Charme.
7. World of Warcraft: Warlords of Draenor
Die Artworks der World of Warcraft-Erweiterungen sind – genau wie die des Hauptspiels – generell alle sehr stimmig und schaffen es immer wieder, die Essenz des jeweiligen Add-ons einzufangen. Auch wenn das manchmal einfach nur ein Panda mit einem Kampfstock ist. Warlords of Draenor sticht für mich aber besonders hervor. Grommash Hellscream nimmt mit seiner übermenschlichen Physis fast das komplette Packungsmotiv ein. Der martialische Stil und die völlig übertriebenen Proportionen lassen gut erahnen, dass die ursprüngliche Inspiration für Warcraft im ähnlich überzeichneten Warhammer-Universum liegt. Insgesamt ist das Cover damit ein starkes Statement und gibt einen Vorgeschmack auf die epischen Schlachten, die das Spiel mit sich brachte.
Lobend erwähnt sei hier auch kurz noch Wrath of the Lich King: Das Motiv von Arthas als Lich King, wie er die Klinge Frostmourne umklammert, ist gleichermaßen grandios. Außerdem ist es in einem stimmungsvollen, frostigen Blauton gehalten, der schon auf Entfernung die Blicke auf sich zieht.
6. Blackthorne
Bevor Blizzard zu dem Strategie- und Rollenspiel-Giganten wurde, den wir heute kennen, experimentierten sie mit unterschiedlichen Genres. Blackthorne war dabei ein knallharter Plattformer, irgendwo zwischen Prince of Persia und Flashback. Was die Gestaltung des Covers angeht, ist es ein fantastisches Beispiel dafür, wie die „Erfolgsformel“ der großen, prägnanten Figur auf der Packung hier das erste Mal so richtig zum Tragen kam. Protagonist Kyle Vlaros dominiert das Cover – in der PC-Version sogar noch stärker als auf der nicht minder stimmungsvollen SNES-Variante. Die Box versprach Action und eine coole, düstere Atmosphäre – und die lieferte das Spiel auch ab.
Gezeichnet wurde das Artwork von dem bekannten Comiczeichner Jim Lee. Der war Anfang der 90er insbesondere am Erfolg der X-Men beteiligt. Heute hat er die Comic-Lager gewechselt und ist Herausgeber bei DC.
5. Diablo
Das originale Diablo-Cover ist weniger „in your face“ als das des Nachfolgers, dafür aber nicht minder stimmungsvoll. Mehr als den aus der Dunkelheit dräuenden Herrn der Finsternis braucht es nämlich gar nicht, um eine beklemmende Atmosphäre zu schaffen, die perfekt zum düsteren Dungeon-Crawler passt. Es ist subtil, aber genau das macht seine Stärke aus.
Im direkten Vergleich zeigt die PlayStation-Variante eindrucksvoll, dass ein bisschen “mehr” diesen schmalen Grat zwischen subtiler Bedrohung und plakativem Metal-Kitsch schnell kippen lässt.
4. StarCraft II: Wings of Liberty
StarCraft II: Wings of Liberty setzt die Tradition der großen Einzelfiguren auf dem Cover fort. Hier mit Jim Raynor, der entschlossen und kampfbereit in die Ferne blickt. Das Artwork ist enorm detailreich, fängt die raue Sci-Fi-Atmosphäre des Spiels ein und gibt bereits einen Vorgeschmack auf die Schlachten, die uns erwarten.
Auch die Motive der nachfolgenden Erweiterungen Heart of the Swarm (mit Kerrigan) und Legacy of the Void (mit Artanis) sind gleichermaßen exzellent gelungen und folgen der bereits im Vorgänger etablierten Blaupause. Denn schon die Cover des ersten Teils folgten diesem Prinzip. Sie waren aber in ihrer Gestaltung deutlich roher und weniger ausgefeilt. Deswegen für mich ein verdienter vierter Platz für den Nachfolger.
3. Warcraft III: Reign of Chaos
Mit Warcraft III wagte Blizzard den Sprung in die 3D-Grafik. Das Cover folgt aber der gewohnten Gestaltungs-Linie. Wie schon bei StarCraft (und später bei World of Warcraft) gibt es hier verschiedene Packungsmotive, passend zu den Fraktionen im Spiel. Egal ob Mensch, Nachtelfe oder Untoter: Sie alle sind in einer eindrucksvollen Nahaufnahme im leicht angeschnittenen Frontalporträt gestaltet. Besonders gut gefallen hat mir die Version der Horde, repräsentiert durch Kriegshäuptling Thrall. Der guckt nicht nur angemessen finster auf uns herab, sondern ist auch wunderbar detailliert gestaltet. Bis hin zu den feinen Spuckefäden, Bartstoppeln und Narben.
Auch die Erweiterung The Frozen Throne führt den visuellen Stil der Hauptreihe konsequent weiter, zeigte nun aber den Helden Arthas, den wir schon von der Packung der Menschen kannten als untoten Lich King.
2. Diablo II
Wenige Motive haben sich so in das kollektive Gedächtnis der Spieler gebrannt, wie das ikonische Cover von Diablo II. Der dunkle Wanderer starrt uns mit hämischem Grinsen unter seiner blutroten Kapuze entgegen. Die drum herum platzierten Runen und der zerfranste Hintergrund schreien dabei förmlich „Dark Fantasy“ und „Hack’n’Slay“. Es ist minimalistisch und dabei trotzdem maximal eindringlich. Man erkennt sofort, dass hier etwas Uraltes und Böses lauert.
Gezeichnet wurde es von Gerald Brom. Der hatte zu dem Zeitpunkt schon einen enormen Track Record in der Gaming-Branche, war er doch unter anderem für die grandiosen Cover von Doom II, Heretic und zahlreichen D&D-Klassikern verantwortlich. Abseits von Videospielen findet man seine Artworks auch auf zahlreichen Magic-Karten und diversen Fantasy-Büchern.
Für das Remake Diablo II: Resurrected entwarf Brom eine Neuauflage des dunklen Wanderers, das dem Original in nichts nachsteht. Und neben grafischen Arbeiten steuert er bei Blizzard zuletzt auch talentiertes Personal bei: seine beiden Söhne Devin (Game Design) und Killian (Sound Design) arbeiten inzwischen beide bei den Diablo-Machern in Kalifornien.
1. Warcraft II: Tides of Darkness
Absolut unangefochten auf dem Thron sitzt für mich das Artwork von Warcraft II. Es ist nicht nur ein Meisterwerk für sich, sondern auch die konsequente Weiterentwicklung dessen, was bereits Warcraft: Orcs & Humans so gut gemacht hat. Das zeigte bereits die rohe Gewalt der Orks im Kampf gegen die Menschen, als wäre es direkt aus einem Fantasy-Gemälde entsprungen. Warcraft II nahm diese Blaupause und perfektionierte sie. Ork und Mensch stehen sich wieder kampfbereit gegenüber. Piratentuch, Korsarenmütze und die stürmische See im Hintergrund deuten aber bereits an: Hier kommen einige spielmechanische Neuerungen auf den Spieler zu.
Das Artwork ist nicht nur wunderschön gemalt, sondern fängt die epische Stimmung des Spiels perfekt ein. Es ist konfliktgeladen, dynamisch und verspricht genau das, was man dann auch im Spiel bekommt: wuchtige Fantasy-Kriegsführung, zu Land und auf dem Meer.