Was Scott Miller (3DRealms) auf LinkedIn teilt, ist faszinierend. Eine Beobachtung von Gunnar Lott.

Scott Miller ist der Gründer von Apogee/3DRealms, blickt also auf ein phasenweise ziemlich aufregendes Berufsleben zurück: Er ist dabei gewesen bei der Shareware-Revolution, hat mit Duke Nukem 3D und Max Payne Welthits gelandet und mit dem Fiasko rund um Duke Nukem Forever auch die andere Seite des Ruhms kennen gelernt. Er ist auch ziemlich aktiv auf sozialen Medien. Und hat einen Reichtum an Dokumenten, Fotos und Informationen zu teilen. Ob es nun Konzeptzeichnungen des Logos des ersten Prey sind oder der von uns in der Max-Payne-Folge erwähnte Vorvertrag mit Remedy, das sind alles Dinge, die in ein Museum gehören. Ich wünschte, es gäbe mehr Veteranen der Games-Entwicklung, die so freigiebig mit ihren Schätzen sind.

Aber worum es mir eigentlich geht, ist ein LinkedIn-Post von Scott. LinkedIn ist eine Art Facebook für Firmen und Geschäftsleute, einerseits oft hilfreich für die Suche nach Personal und Kontakten (und Interview-Partnern!), andererseits auch oft nervig wegen massiver Selbstdarstellung von irgendwelchen Business-Kaspern. Aber man kann die Plattform auch benutzen wie Instagram oder Twitter/X, als Sender oder Influencer.

Und das ist es, was Scott tut, er postet oft sogar die gleichen Sachen wie auf Twitter/X. So hatte er neulich einen kurzen Hinweis darauf, dass er sich jetzt die berühmte Anzeige von Electronic Arts, mit der das Unternehmen damals seine Gründung (und seine Werte als „Vereinigung elektronischer Künstler“) bekannt gemacht hat, einrahmen lässt, um sie aufzuhängen. Das gab aber nur eine Handvoll belangloser Reaktionen auf Twitter und bescheidene 2.000 Views.

Die gleiche Sache postete er auch auf LinkedIn und das war viel spannender. Ich nehme euch mal mit:

Das ist sehr nett – und es ist ja wirklich eine tolle Anzeige (hier in hoher Auflösung), die Geschichte geschrieben hat. Wer mehr darüber wissen will, das Magazin Game Developer hat eine schöne Aufarbeitung der EA-Historie und Eurogamer eine Story zur Anzeige selber. Aber zurück zu LinkedIn, der erste Kommentar zu Scotts Post war anders als bei Twitter nicht von einem unbekannten User, sondern direkt mal von Entwickler-Legende Don Daglow (den hatten wir zu Utopia interviewt):

Don war von 1983 bis 1987 als Producer bei Electronic Arts, also hautnah dabei, und merkt an, dass die in der Anzeige formulierten Ansprüche bezüglich der Repräsentanz der Künstler hinter den Spielen eben auch wirklich die in der Firma gelebten Werte waren – Don kam vom Großkonzern Mattel (Macher der Intellivision-Konsole) zu EA und weiß, wovon er redet: Bei den Intellivison-Spielen blieben, ebenso wie bei Atari, die Entwickler größtenteils anonym.

Der nächste Zeitzeuge ist direkt noch prominenter! Trip Hawkins schaltet sich ein:

Trip Hawkins ist der Gründer von Electronic Arts und direkt verantwortlich für die Werte der ersten Jahre und die Anzeige dazu. Er blieb bis 1991 Geschäftsführer der Firma und gründete dann 3DO, einen Konsolenhersteller, was nicht ganz so erfolgreich ausging wie die Sache mit EA. Aber das ist eine andere Geschichte. Auf LinkedIn geht das Gespräch weiter:

Ein User namens „Ki .“ bringt die Rede auf den Handschuh von Bill Budge. Bill Budge, Entwickler des Pinball Construction Kit, ist in dem Foto ganz oben rechts zu sehen und trägt in der Tat einen komischen Handschuh:

Was das bedeutet, klären wir gleich, kurz noch zu „Ki .“: Hinter dem Pseudonym verbirgt sich Baron Reichart Von Wolfsheild, ein Tausendsassa in vielen Gebieten, er war Art Director bei MTV in den 80ern, hatte eine eigene Sendung auf dem History Channel und berät als Lead Scientist einer Agentur große Firmen. Zwischendurch hat er aber auch mal ein Spiel namens Return Fire für Hawkins‘ glücklose 3DO-Konsole gemacht, daher vermutlich die Connection zu Leuten wie Trip und Scott.

Der nächste Diskussionsbeitrag klärt dann die Handschuh-Geschichte auf:

Daniel Arey ist nicht ganz so bekannt wie die anderen hier, aber durchaus auch ein Schwergewicht in der Branche, er hat schon Karrierestationen wie Blizzard, Niantic und Google vorzuweisen. Und der Hinweis auf die Party stimmt ungefähr. Die Story ist gut dokumentiert: Bill hatte am gleichen Tag wie das Foto-Shooting eine Einladung für eine Motto-Party am Abend mit „Punk Rock“ als Thema und war mit einer Freundin vorher dafür einkaufen, ärmelloses schwarzes T-Shirt, Nietengürtel und eben den nietenbesetzen, fingerlosen Handschuh. Er hatte das Kostüm in einer Tüte dabei, der Fotograf entdeckte es und überredete Bill, die Sachen anzuziehen. Vom Gürtel sieht man nichts auf dem finalen Foto, aber das ärmellose T-Shirt kann man erahnen und der Handschuh ist voll im Bild. Passt gut zum Rockstar-Vibe, den das Foto ausstrahlt.

Danach fadet die Diskussion dann aus. Und okay, ich habe nur stumm mitgelesen, aber es fühlte sich an, als wäre ich bei einer Art Gipfeltreffen der Gaming-Legenden dabei gewesen. Fehlt nur noch Jordan Mechner, der Vater von Prince of Persia.

Ah, da ist er. Würdiger Schlusspunkt. Jetzt muss ich nur noch dran arbeiten, dass die alle auf meine nächste Geburtstagsparty kommen.