Wie Commodore mithilfe von Buchmachern Millionen sparte und seinen Chelsea-FC-Trikot-Deal absicherte. Ein Text von Colin Proudfoot.

Buchcover: Commodore: The Inside Story

Commodore: The Inside Story

Dieses Buch des Verlags Look Behind You bietet 30 unerzählte Geschichten über den Computergiganten, spannende Einblicke in den Aufstieg und Fall der legendären Firma, die die Computerrevolution prägte – von bescheidenen Anfängen bis zum tragischen Ende durch Missmanagement.

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Dieser Text von Colin Proudfoot ist eine Leseprobe aus der deutschen Fassung des Buch “Commodore: The Inside Story” von David John Pleasance (siehe Kasten rechts), hier veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung des Verlages Look Behind You. Pleasance und Proudfoot sind zwei Manager der britischen IT-Szene, die in den frühen 1990er Jahren die britische Niederlassung des Computerherstellers Commodore gemeinsam geführt haben. Kurz zur Einordnung:

John David Pleasance begann seine berufliche Laufbahn im Finanzvertrieb, bevor er 1982 als Vertriebsleiter zu Commodore UK wechselte. Dort stieg er schnell auf und wurde 1988 Leiter von Commodore Electronics in der Schweiz. 1991 übernahm er die Rolle des Verkaufsleiters von Commodore International in den USA. Bereits ein Jahr später kehrte er nach Großbritannien zurück, um zusammen mit Colin Proudfoot die Leitung von Commodore UK zu übernehmen.

Colin Proudfoot war ebenfalls im Finanzwesen tätig, bevor er bei Commodore einstieg, obwohl er ursprünglich eine Ausbildung als Produktionsingenieur absolvierte. Seine Karriere begann in der Hightech-Industrie, zunächst bei Tube Investments, später bei Rank Xerox als Finanzanalyst. Dann war er bei Wang, danach gründete er eine eigene Unternehmensberatung. 1990 kam er zu Commodore UK, zunächst als Commercial Controller. Bereits vier Monate später wurde er Finanzdirektor und schließlich 1993 gemeinsam mit Pleasance Geschäftsführer.

Proudfoot und Pleasance wurden international bekannt, als sie 1994 versuchten, eine Übernahme des in Schwierigkeiten geratenen US-Mutterunternehmens zu realisieren. So sahen die beiden übrigens damals aus:

Ausriss einer Presse-Story über den Verkauf von Commodore an Escom 1995. Das Foto von Pleasance und Proudfoot stammt vom Launch des Amiga CD32 aus dem Jahr 1993.

1987 wurde Commodore der erste langfristige Trikotsponsor des Chelsea Football Clubs. Als David und ich die Kontrolle über Commodore UK übernahmen, war eine unserer ersten Entscheidungen, das Logo vom Commodore-Symbol zum Amiga-Symbol zu ändern. Wir haben das aus zwei Gründen getan. Erstens hatten die PCs der Marke Commodore (einschließlich des Commodore 64) ihr Lebensende erreicht und waren ein viel kleinerer Teil unseres Geschäfts. Wir hatten mit dem Amiga 1200 und dem bevorstehenden CD32 das Gefühl, dass eine Konzentration auf die Marke Amiga uns mehr Nutzen bringen würde. Der zweite Grund war, dass das Amiga-Logo mit weniger Buchstaben im Fernsehen und auf den Tribünen viel besser sichtbar wäre.

Der Chelsea FC trug das Commodore-Logo auf dem Trikot von 1987 bis 1993. Zunächst war das klassische Commodore-Logo auf den Trikots zu sehen, ab den frühen 1990er-Jahren wurde es durch das Amiga-Logo ersetzt, als Commodore UK den Fokus stärker auf die Amiga-Marke legte, insbesondere durch den Amiga 1200 und das CD32.

Zu unserer Überraschung war Chelsea sehr entgegenkommend: Die Änderung des Logos bedeutete, dass sie ihre Trikots nicht neugestalten mussten. Sie konnten die gleichen wie in der Vorsaison verwenden, aber alle Fans mussten die neuen Trikots kaufen, um aktuell zu sein. Chelsea verdiente mit seinem Trikot-Anbieter Umbro mehr Geld als je zuvor mit dem Commodore-Sponsoring.

1992 wurde die Premier League, die oberste englische Fußballliga, gegründet, und die TV-Rechte und Berichterstattung wurden erweitert. Bei unserem Deal mit Chelsea ging es hauptsächlich darum, dass unser Logo von einem möglichst großen Publikum gesehen wird. Es ist in Bezug auf die Markenbekanntheit viel billiger als jede andere Werbeform. Fußballvereine wissen das und strukturieren Sponsoring-Deals entsprechend, sodass Boni auf Basis von Ligaplatz- und Pokalergebnissen (sowohl Ligapokal als auch FA Cup sowie Europa-Einsätze) ausbezahlt werden.

Diese Boni können sich zu viel Geld summieren – wenn Chelsea den FA Cup gewonnen hätte, hätte es uns eine halbe Million Pfund gekostet. Das Erreichen des FA-Cup-Finales hätte 350.000 Pfund gekostet und entsprechend weniger beim Abschneiden weiter unten in der Tabelle und in den verschiedenen Runden der Pokalwettbewerbe.

Ein potenzielles Engagement mit so hohen Verbindlichkeiten stellte eindeutig ein Problem für das Geschäft dar. Ja, gute Ergebnisse bedeuteten, dass wir mehr TV-Berichterstattung, größere Zuschauerzahlen und mehr Markenbekanntheit erzielen würden – aber wie sollten wir die potenziellen Kosten planen? Die Antwort? Lloyds of London.

Bei Lloyds konnte man so ziemlich alles versichern – auch gegen das gute Abschneiden von Chelsea. Zu dieser Zeit, im Jahr 1993, gab es einige Makler, die sich auf den Versicherungsschutz für Sponsoren von Fußballmannschaften spezialisiert hatten. Also schickten wir ihnen die Struktur unseres Chelsea-Vertrags und baten um ein Angebot zur Deckung der Verbindlichkeiten, falls Chelsea in der Saison 1993/1994 gut abschneiden sollte.

Ich habe keine Ahnung, mit welchen versicherungsmathematischen Tabellen die Makler die Prämien berechnet haben und wie wissenschaftlich sie vorgegangen sind, aber wir haben trotzdem Angebote für die Saison 1993/1994 eingeholt.

Ein Teil der Grundlage aller Versicherungsangebote ist die Schadenhistorie. In der Saison 1992/1993 landete Chelsea in der Premiership im Mittelfeld (also ohne Bonus) und schied in der dritten Runde des FA Cups aus (also ohne Bonus), erreichte aber das Viertelfinale des Ligapokals (mit Bonus), was zu einem bescheidenen Anspruch auf unserer Police führte.

Dadurch lagen die Versicherungskosten für 1993/1994 deutlich über dem Vorjahr. Vielleicht hatte die Ernennung von Glen Hoddle zum Spielermanager die Schadenregulierer optimistisch gestimmt? Optimistisch für Chelsea, aber pessimistisch für unsere Versicherungspolice.

Angesichts einer – unserer Meinung nach inakzeptablen – Kostensteigerung durch Lloyds wandten wir uns einem alternativen Markt zu. Es gab zwei Optionen: William Hill und Ladbrokes. Wir hätten zum Beispiel darauf wetten können, dass Chelsea den Meistertitel gewinnt. Ich denke, die Chancen standen 12:1. Wenn wir also knapp 42.000 £ gewettet hätten, hätten wir unsere Kosten dafür abdecken können. Durch Berechnung der Quoten für jedes Ereignis, dem wir in unserem Vertrag ausgesetzt waren, stellten wir fest, dass Ladbrokes bei weitem die günstigste Option war.

Jetzt werden einige Leser wissen, dass man nicht einfach zu Ladbrokes gehen und mehr als 100.000 £ auf einen Fußballverein wetten kann. Sie würden einfach keine Wetten dieser Größe annehmen und wahrscheinlich die Quoten gegen einen ändern. Zu unserem Glück befanden wir uns im Jahr 1994, und die Technologie war nicht so fortschrittlich wie heute. Also haben wir eine Fachfirma beauftragt, die Wette aufzuteilen.

An einem bestimmten Tag und zu einer bestimmten Zeit gingen 40 „Berater“ in 40 verschiedenen Städten im ganzen Land in Filialen von Ladbrokes und platzierten Wetten auf Chelsea. Sie waren fehlerfrei und alle erhielten die veröffentlichten Quoten und deckten unser finanzielles Risiko ab.

Am nächsten Morgen lauteten die Schlagzeilen auf den Rückseiten der Zeitung:

DIE WAHRSCHEINLICHKEIT, DASS CHELSEA DIE PREMIERSHIP GEWINNT, WURDE VON 12 ZU 1 AUF 4 ZU 1 GESENKT

Nur unsere Berater und wir kannten den wahren Grund …